Am 18.10.2023 um 10:44 schrieb Matthias Frank:
> "Das Standard-AC-Aufladen von 20 auf 80 Prozent dauert rund 4 Stunden
> bei einer Leistung von 7 kW oder 2 Stunden 50 Minuten, wenn 11 kW
> verfügbar sind."
>
> Mal ne andere Frage, kann man das weiter runterregeln oder macht das
> evt. die Wallbox?
Es gibt praktisch 3 Einflussmöglichkeiten.
1) die Wallbox
die statische Variante: in der Wallbox wird mit DIP-Switches die
Ladeleistung bewusst begrenzt.
dynamische Variante: wenn die Wallbox ein Lastmanagement unterstützt.
Dann bekommt sie über einen Kommunikationsweg (typisch sind:
LAN=Ethernet, WLAN oder PowerLine Communication) von einer Zentrale
gesagt, was sie als Ladebeschränkung an das AC-Bordladegerät über
J1772-Signalisierung weitergeben soll.
Siehe
https://de.wikipedia.org/wiki/SAE_J1772#Signalisierung
weiter geben soll. Es lässt sich dann feingranular bis 6A runterregeln.
* 1-phasig, bis runter auf 1p, 6A, 230V = 1,38 kW
* 2-phasig, bis runter auf 2p, 6A, 230V = 2,76 kW (manche AC-Bordlader
können maximal 2-phasig, das System hatten sich VW und Mercedes mal
ausgedacht für frühe BEV und etliche PHEV, am e-C3 wird es nicht
relevant, aber z.B. an Basis-Versionen der MEB-Fahrzeuge.)
* 3-phasig, bis runter auf 3p, 6A, 230V = 4,14 kW
Das funktioniert sehr zuverlässig mit quasi jedem Ladeauto, ist aber
eben eine statische Begrenzung.
2) das (intern mit einem Widerstand kodierte) Ladekabel zwischen Wallbox
und Auto - statischer Einfluss, hier über die Anzahl Phasen (1-phasig
oder 3-phasiges Kabel) und die Stromstärke pro Phase.
Das passiert über PP-Kontakt, ist nicht Teil der J1772-Signalisierung,
sondern eine europäische Erweiterung von Mennekes.
z.B. auf
* 1-phasig, 13A, (3,0 kW statt 7 kW, was 1p, 32A wäre)
* 1-phasig, 20A, (4,6 kW statt 7 kW)
* 3-phasig, 13A (9,0 kW statt 11 kW, was 3p, 16A wäre)
(2-phasig selbst ergänzen, für wen es interessant ist.)
Diese statische Grenze ist dann aber jeweils fix.
Widerstand PP-PE: max. Stromstärke: typ. Querschnitt:
1500 Ohm 13A 1,5 mm²
680 Ohm 20A 2,5 mm²
220 Ohm 32A 6 mm²
Das funktioniert sehr zuverlässig, ist aber eben wieder eine statische
Begrenzung. Oder man hantiert mit mehreren Kabeln. Wenn man das so "zu
Fuß" machen will, braucht man ein wechselbares Kabel, kein fest an der
Wallbox montiertes. Dafür klappt das mit jedem Auto.
3) das Lademanagement im Auto - hier lässt sich das AC-Onbordladegerät
beeinflussen (konfigurieren in einer Beschränkung der Ladeleistung oder
zeitprogrammieren), dass es gleich weniger zieht. Das ist so ne
Geschichte im Menü, oder per App, oder per API. Also ne
software-gesteuerte Sache.
> Hintergrund: Meine Solaranlage mach max 5 kW, eher 4 bei klarem Himmel.
OK.
> Oder anders gibt es Wallboxen die automatisch nur den Solarstrom nutzen?
Das kam ja schon: PV-Überschussladen heißt dieses Szenario.
Es ist ein Begriff, der mit einem oder mehreren Regelkreisen umgesetzt
wird. Eine einfache (oder komplexere) Energiemanagement-Software bekommt
dauernd den Wert von der PV. Sowie dauernd den Gesamtwert am Zähler
(also ob dort gerade eingespeist wird oder nicht).
Daraus wird zyklisch (immer so alle paar Sekunden) berechnet, ob noch
ein PV-Überschuss für das (in diesem Fall) nachpriorisierte Ladeauto
vorhanden ist. Und wenn ja: dann darf es laden.
Und dann sagt das Energiemanagement über ein
Lastmanagement-Kommunikationsinterface der Wallbox Bescheid. Und diese
sagt über die J1772-Signalisierung dem AC-Bordlader im Auto Bescheid,
dass der mehr oder weniger an Momentanladeleistung ziehen soll.
Über diese Signalisierung kann (leider nur indirekt und nicht explizit)
auch zwischen 1-phasig und 3-phasig umgeschaltet werden, denn oft wird
diese Grenze gerade überstrichen, wo mal 1-phasig und mal 3-phasig
besser ist. Oder die Ladung kann temporär ganz pausiert werden, später
aber wieder fortgesetzt werden.
Dieses Energiemanagement kann je nach Gegebenheiten auch einen Speicher
einbeziehen. Und dann diverse Regeln/Policies, die du definiert hast.
Zum Beispiel, ob doch aus Netzstrom ergänzt werden darf, wenn für eine
Weile keine PV-Energie kommt, oder so Prioritäten von Energieflüssen.
Man kann sich vorstellen, dass das flink komplexer wird, wer z.B. 3-4
Verbraucher hat: ein Ladeauto (das mal da ist, und mal nicht, das mal
noch freie Kapazität im Batteriepack hat und mal nicht), evt. auch ein
zweites Ladeauto (mit seiner Dynamik), einen Speicher mit individuellem
Ladestand, einen Herd, Waschmaschine, ggf. einige Durchlauferhitzer,
eine Wärmepumpe.
Und mancher hat ja noch Zwei-Tarif-Verträge (teurer Tagtarif + günstiger
Nachttarif) oder dynamische Strompreisbildung (Beispiel Tibber) mit
reingemischt.
Und an manchen Tagen ist es nicht wichtig, dass das Auto 80% vollgeladen
ist (dann würden auch 40% oder 50% SoC reichen), aber an anderen Tagen
sind 100% wichtig, wenn es den nächsten Tag in den Urlaub gehen soll.
Das muss/kann man dann alles einstellen und muss ein bisschen hoffen,
dass die ganze Kette klappt. In der Vergangenheit gab es da immer mal
Probleme, gerade wer wild die Hersteller der Komponenten mischte. Aber
es scheint auf dem Weg der Besserung und höheren Marktreife und
Interoperabilität angekommen zu sein.
Grüße, Ralf