Am Tue, 17 Jan 2012 09:56:05 -0800 (PST) schrieb Stinkfried Breuer:
> Frank ... unterhalte dich lieber mit deinen Altenpfleger .... und
> sülze uns nicht mit
> deinen braunen Quatsch zu.
Du musst Lügel als das verstehen, was er ist:
Ein williges Spielzeug der antifaschistigen Bewegung.
Er führt uns hier immer wieder vor, dass es ihn gibt - den "häßlichen
Deutschen"
Wer ist das - der "häßliche Deutsche"?
Sollte ihm diese Lektüre unterkommen, wird er sich, wo immer er auch sei,
sogleich wiedererkennen - denn obwohl millionenfach individualisiert,
reagiert er doch auf die Vergangenheit mit der gleichen kollektiven
Verdrängungsideologie:
"Es waren ja gar keine sechs Millionen Juden, die umgebracht wurden"
- der Völkermord an den Juden im deutschbesetzten Europa ist für ihn
vor allem eine Frage der Zahl, der Quantität. Die Logik des "häßlichen
Deutschen": je niedriger diese Ziffer wäre, des beruhigter wäre er.
"Die anderen haben auch Verbrechen begangen"
- Opfer anderer Unmenschlichkeitssysteme werden zu
Kompensationsobjekten für das eigene schlechte Gewissen - Ermordete
entsetzen nicht mehr, sie trösten.
"Die Konzentrationslager waren keine deutsche Erfindung, sondern eine
britische im Kampf gegen die Buren Südafrikas"
- vorgegebene Erkenntnis weit zurückliegender Ereignisse in zehntausend
Kilometer Entfernung und in einem fremden Land, bei gleichzeitiger
Beharrung auf Unkenntnis der eigenen Geschichte im eigenen Land zu seinen
Lebzeiten:
"Wir haben nichts gewußt und konnten nichts dagegen machen"
- wogegen wollte der "häßliche Deutsche" etwas machen? Gegen das, was
er nicht gewußt hat?
"Die Todesstrafe gehört wieder eingeführt!"
- und zwar für Taximörder und Terroristen, nicht aber für die
NS-Verbrecher vor deutschen Schwurgerichten. Dafür lautet das Motto des
"häßlichen Deutschen":
"Es muß doch mal vergessen, es muß doch mal ein Schlußstrich gezogen
werden"
- wobei er genau sortiert: KZ und alles wofür der Begriff ein Synonym
ist - vergessen; die verlorenen deutschen Gebiete jenseits der
Oder/Neiße-Linie - nicht vergessen! Der "häßliche Deutsche" ist der
hartnäckige Erinnerer.
"Hitler hat nicht nur Schlechtes, er hat auch Gutes geschaffen, zum
Beispiel die Autobahnen"
- noch nach dreißig Jahren völliger Informationsfreiheit über den als
System undifferenzierbaren NS-Verbrecherstaat mit seinem Führerprinzip
beharrt der "häßliche Deutsche" auf der Zweiteilung in einen "guten" und
einen "bösen" Hitler. Das äußert sich auch an einem anderen Affekt:
"Unter Hitler herrschten jedenfalls Zucht und Ordnung, da konnte man
wenigstens nachts ruhig auf die Straße gehen"
- daß an einem einzigen Tag oft genug auch in einer einzigen Stunde, in
einem der zahlreichen Konzentrationslager des Dritten Reiches allein schon
mehr Menschen aus politischen und rassischen Gründen ermordet wurden, als
es in der Bundesrepublik Deutschland seit ihrer Gründung Morde (mit ganz
anderem Charakter und Ursachen) gegeben hat, das kommt dem "häßlichen
Deutschen" überhaupt nicht in den Sinn. Auf den Staat selbst als kriminelle
Energie angesprochen, erwidert er ebenso stereotyp wie spontan: "Das ist
etwas ganz anderes" - die Reaktion eines moralischen Wracks.
Die kollektiven Affekte gegenüber der Vergangenheit sind nur der Ausschnitt
einer nichtreformierbaren Mentalität mit offensichtlichem Massencharakter,
der sich vor allem und am ungehemmtesten in der Rubrik "Leserbriefe" auf
den Seiten der veröffentlichten Meinung niederschlägt. Die
Wertvorstellungen des "häßlichen Deutschen" sind nicht die des Jahres 1979,
sondern 1939. In meinen Augen ist er deshalb als Zeitgenosse eine optische
Täuschung, gleich, welcher Generation er angehören mag.
Ich halte den "häßlichen Deutschen" aber auch im ethischen, nicht im
physischen Sinne des Wortes - als Mensch für eine optische Täuschung.
Hinter der Unbelehrbarkeit der kollektiven Affekte steht die Identifikation
mit den herrschenden Ideen einer deutschen Geschichtsepoche (mit fließenden
Grenzen zwischen Preußentum, Wilhelminischen und Alldeutschen Imperialismus
und Drittem Reich), deren Enthumanisierungsdruck bis in unsere Tage hinein
wirkt. Für mich besteht kein Zweifel, daß die unkritische Übernahme der
Nazi-Ideologie samt ihrer historischen Vorstufen die menschliche Substanz
eines beträchtlichen Teils der alten und älteren Generationen zerstört hat.
Natürlich beschränken sich Ansichten wie diese keineswegs nur auf
Angehörige und Staatsbürger der Bundesrepublik Deutschland, sondern
begreifen jene in der Deutschen Demokratischen Republik mit ein - der
Unterschied besteht nur darin, daß hier der Mensch der demokratischen, dort
der sozialistischen Nächstenliebe über den häßlichen Deutschen" gebreitet
worden ist.
Theodor Heuss hat einmal von "Kollektivscham", statt "Kollektivschuld",
gesprochen. Wenn es stimmen sollte, daß die gigantische
Verdrängungsleistung des "häßlichen Deutschen" gegenüber der
Hitlervergangenheit tatsächlich ursprünglich mal Scham, also ein
moralischer Antrieb, war, dann ist es doch ebenso wahr, daß diese
Verdrängung ihre Initialzündung im Verlauf von mehr als drei Jahrzehnten
längst vergessen und sich bis in die Versteinerung hinein völlig
verselbständigt hat.
Ich bin immer, ohne je zu schwanken, ein Anhänger der Kollektivschuld-These
gewesen. Nicht in dem Sinne, wie die Demagogen der Kollektivunschuld-These
sie mißinterpretieren wollen, nämlich daß Kollektivschuld unter Hitler auch
den deutschen Säugling in der Wiege, ja das Embryo im Mutterleib betreffe
(schamloser Versuch, den Sachverhalt zu trüben), sondern in diesem: die
überwiegende Mehrheit der damals von ihrem Lebensalter her verantwortlichen
Deutschen, und hier spreche ich als historischer Augenzeuge, war eindeutig
pronazistisch, sie hat mitgemacht, und nichts hätte ihr ferner gelegen als
Widerstand - er ist bezeichnender Weise beim "häßlichen Deutschen" noch
heute verpönt.
In diesem Sinne also, bezogen auf bestimmte Altersstufen, kann es überhaupt
kein Zweifel an der Kollektivschuld und -verantwortlichkeit der damaligen
Deutschen geben. Hitler hat sich auf sie verlassen, und er konnte es, wie
die Geschichte gezeigt hat.
Ebenso offen, wie ich mich zur Kollektivschuld-These bekenne, gebe ich zu:
wenn mein persönliches Schicksal nach der Befreiung von der Lernfähigkeit
der von ihrem Lebensalter her für Hitler verantwortlichen Generationen
abhängig gewesen wäre, so wäre ich längst emigriert. Mich hat hiergehalten,
was Karl Jaspers einmal treffend als "die glückliche Einschränkung unserer
Souveränität" bezeichnet hat.
Das heißt hier, weil Deutschland geteilt ist, und maße mir an, zu
behaupten: diese Wahrheit gilt für viele der wenigen Juden, die sich auf
dem Territorium der Bundesrepublik Deutschland (und der Deutschen
Demokratischen Republik) befinden - sie sind hier, geblieben oder
zurückgekommen, weil Deutschland keine selbstständige Großmacht mehr ist.
Ein einheitliches Deutschland, gegen das Italien ein Säugling, England ein
Liliputaner und Frankreich ein Zwerg wären? Die Summe meiner Erfahrungen
ist viel zu sehr von der unheimlichen Kontinuität des "häßlichen Deutschen"
und seiner Verbreitung geprägt, als daß mir diese Vorstellung nicht kalte
Schauder den Rücken herunterlaufen ließe.
Dazu kommt, daß sich in meinen Augen ein professioneller, von der
Nazi-Ideologie her entscheidend geprägter, also undemokratischer und
inhuman motivierter Antikommunismus bestätigt sehen will: "In diesem
Punkte, seinem Antibolschewismus, hatte Hitler also recht!"
Jeder kann sich selbst die Antwort geben, wieviel Vertrauen eine Demokratie
in die Anhänger eines ebenfalls totalitär bestimmten Antikommunismus haben
kann - nämlich überhaupt keines. Ein gnädiges Schicksal hat der
Bundesrepublik bisher die Probe aufs Exempel erspart.
Der "häßliche Deutsche" - er ist mein, er ist das Problem. (...)
Die Gesellschaft der Bundesrepublik muß wissen, daß Juden unter ihr sich
fragen, wie es kommt, daß der Todfeind von gestern, sei es im altem, sei es
in neuem Gewand, in Gestalt der betagteren oder der jüngeren Generation,
auf dem Territorium der zweiten deutschen Demokratie sein Haupt so frech
erhebt - haben sich die NS-Anhänger doch selbst am überzeugensten als
notorische Feiglinge ausgewiesen!
Die überlebenden Opfer brauchten nicht einmal ein überdurchschnittliches
Erinnerungsvermögen zu haben: nach dem Zusammenbruch des Hitlerregimes war
Feigheit quer durch die ganze Skala von Schuld und Mitschuld, Verantwortung
und Mitverantwortung so überwältigend offenbar, so massenhaft schäbig, so
grauenhaft einhellig, daß sich dieser Eindruck sogar den vergeßlichsten
Naturen eingeprägt hätte. Niemand wollte Nazi, wollte dabei gewesen sein -
für eine kurze Weile bestand das Deutsche Volk ausschließlich aus
Hitlergegnern.
(...) Die Jugend von heute hätte sie damals sehen, hätte sie erleben
sollen, all diese früheren Anhänger, Befürworter, Großsprecher, Nutznießer,
Beschöniger, Mitläufer, Denunzianten und Mörder - es hat in der Geschichte
kein Beispiel so schamloser Selbstcharakterisierung gegeben wie das
deutsche.
Verwunderlich ist an dieser Feigheit nichts, sie liegt im Wesen der
Naziideologie. Besonders offenkundig wurde das übrigens an Mitgliedern des
Vernichtungsapparats selbst. Der Massenmord an Millionen wehrloser Frauen
und Kinder sowie waffenloser Männer durch schwerbewaffneter Schergen, der
industrielle Fließbandmord, wäre ohne diese Art Feigheit überhaupt nicht
denkbar - nur Feiglinge konnten so morden! Die um Gnade winselnden
SS-Männer bei den zunächst erfolgreichen Häftlingsaufständen der
Vernichtungslager Treblinka und Sobibor im August und November 1943 runden
hier nur ein unumkehrbares Bild ab.
Die Bundesrepublik Deutschland aber wird sich fragen müssen, was sie falsch
gemacht hat, daß die Anhänger einer notorischen Feigheitsideologie heute
längst wieder "Mut" gefaßt haben, denn stark fühlen sie sich nur dort, wo
sie Schwäche wittern, frech werden Nazis nur unter den Bedingungen der
Risikolosigkeit - Überzeugungstäter von rechts unter Bedingungen, die nicht
die ihren sind, hat man in Deutschland allemal mit der Lupe suchen können.
Es gibt keine politische Untat, die auf dem Boden der Bundesrepublik den
Ermordeten und den überlebenden Opfern nicht angetan wäre - die Jahrgänge
der "Allgemeinen Jüdischen Wochenzeitung" widerspiegeln eine fast
lückenlose Chronik: von den periodisch wiederkehrenden Schändungen
jüdischer Friedhöfe; der Komödie der Entnazifizierung und der
Inflationierung neonazistischer Druckerzeugnisse über die Gründung
neonazistischer Parteien bis hin zu den skandalösen Minimalurteilen
gegenüber NS-Verbrechern, die einen klaren Aufschluß zulassen, wieviel
diesen Gerichten an Tagen oder auch nur Stunden Haftzeit ein ermordeter
Jude wert war.
(...)
Auf die Frage, warum die braune Vergangenheit so massiv ihr Haupt erheben
kann, gibt es nur _eine_ Antwort: weil die zweite deutsche Demokratie dem
Feind von rechts, anders als dem Feind von links, nie _militant_
entgegengetreten ist _ Januskopf Bundesrepublik!
(...)
Die frühe Bestätigung des "häßlichen Deutschen" durch den Gang der
Geschichte begann mit dem Zerfall der Anti-Hitler-Koalition fast
unmittelbar nach der militärischen Zerschmetterung des Dritten Reiches. Die
Neuformierung der Sieger in die globale Rivalität der beiden Supermächte
USA und UdSSR und ihre Hemissphären schuf eine Situation, die für die
Rehumanisierung einer von der Nazi-Ideologie schwerinfizierten Bevölkerung
nur als Katastrophe bezeichnet werden kann - ganz plötzlich sahen sich die
Deutschen als Partner gegnerischer Bündnissysteme umworben, fand sich das
geteilte Land in einer Rolle, die für erzieherische Wirkungen denkbar
ungünstig war. (...) Die Deutsche Demokratische Republik, indem sie,
allerdings nach einer rigorosen Zerschlagung des alten nazistischen Staats-
und Verwaltungsapparats, sich zu einem immer schon antifaschistischen
Territorium ausrief und damit die Bewältigung der Vergangenheit unter den
Teppich einer offiziell verordneten Polithaltung kehrte, hinter deren
Fassade nichts wirklich und schmerzhaft ausgestanden ist; die
Bundesrepublik Deutschland, indem Konrad Adenauer, ihr erster Kanzler, das
131er Gesetz schuf - von wenigen Ausnahmen abgesehen, wurde fast der
gesamte Beamten- und Verwaltungsapparat der Hitlerzeit samt seinem
hierarchischen Status quo übernommen. Das heißt: die ehemaligen Diener der
totalitären Staatsbürokratie bildeten das administrative Rückgrat auch des
demokratischen Staates, eingeschlossen Justiz, Polizei, Lehrerschaft - von
dieser Entscheidung wird die Bundesrepublik personell noch bis in die
achtziger Jahre hinein gezeichnet bleiben.
(...) Der "häßliche Deutsche" und sein organisierter und unorganisierter
Anhang sind aber noch in anderer Beziehung perspektivlos: Die Welt wird
sich nie ein zweites Nazi-Deutschland gefallen lassen!
Deshalb hätte der "häßliche Deutsche" als Wahlpotential nur bis zu einer
bestimmten meiner Meinung nach ziemlich niedrigen, Prozentschwelle
Erfolgsspielraum. Alles, was darüber läge, würde nur bestätigen, wie
unvergessen Hitler und sein Angriffskrieg wirklich sind. Mit anderen
Worten: Der "häßliche Deutsche" kann als in seinem Sinne erfolgreiches
Wahlpotential der Bundesrepublik nichts als die Aussicht, das ungeheure
Erinnerungsvermögen des ehemals deutschbesetzten Europa zu mobilisieren,
wenn nötig, bis zur Intervention von NATO-Bundesgenossen. Ohne selbst zu
triumphieren, könnte der häßliche Deutsche auf diese Weise immerhin der
zweiten deutschen Demokratie den Garaus machen.
Ich bleibe, weil ich meinen persönlichen Anteil daran haben will, diese
destruktivste aller destruktiven Möglichkeiten des "häßlichen Deutschen"
verhindern zu helfen. Ich bleibe, weil ich mir vor, bei und nach der
Befreiung immer wieder geschworen habe: Diesen Feind läßt du nicht, bis er
unschädlich ist.
Militärisch ist er endgültig geschlagen, ideologisch lebt er wie eh und je.
Der "häßliche Deutsche" - er ist mein, er ist das Problem.
aus: RALPH GIORDANO Das Problem der häßliche Deutsche
in: Henryk M.Broder und Michel R.Lang Fremd im eigenen Land