On 7 Jan., 11:37, Monika Förster <
m.foerste...@gmail.com> wrote:
> Am 07.01.2012 03:56, schrieb Robert:
>
> > Formal ist das wohl richtig, ich halte es _in_diesem_Fall_ aber für
> > nicht so wichtig.
>
> (Unterstreichung nachträglich von mir eingefügt)
>
> Hallo Robert,
>
> Menschenrechte sind _nicht_teilbar_.
Das gilt aber nur für staatliches Handeln, und formell wird das wohl
auch gewahrt.
>
> Das "Allerunterste", auf das man sich in einem Rechtsstaat, der sich die
> Menschenrechte ins GG geschrieben hat, verständigen kann, ist, daß Frau
> Zschäpe - so ihr das gerichtlich nachgewiesen wird - ein Mensch ist, der
> Verbrechen begangen bzw. sich daran beteiligt hat. Sie ist dann mit der
> gesetzlich für diese Tat(en) vorgesehenen Strafe zu belegen.
Jou.
>
> > egal wie es sich verhält, ist durchaus der
> > Anlaß gegeben, dieser "Dame" äußerste Verachtung entgegegenzubringen.
>
> Ich bin mit Vorverurteilungen lieber vorsichtig.
Mir fallen auch in der Phantasie keine Entlastungsmomente ein, die
mich zu einem milderen Urteil führen könnten. Zschäpe war eine
Nazitussi, die in ihrer Menschenverachtung kongrunent mit ihren
Nazikumpels war, ansonsten hätte sie nicht mit denen zusammengelebt.
Das alleine reicht schon aus, Frau Zschäpe zu verachten.
>
> Wenn unmittelbare Angehörige da weniger beherrschen, kann ich das
> nachvollziehen. Aber als Außenstehende - bin weder mit Frau Zschäpe,
> noch mit ihren etwaigen Opfern verwandt, verschwägert oder auch nur
> bekannt - denke ich, daß diese Zurückhaltung nicht zuviel verlangt ist.
Wozu? Es handelt sich ganz offensichtlich um eine Nazitussi, und so
lange sie mental ein
Nazi ist, hat sie Verachtung verdient, so wie alle Nazis Verachtung
verdienen.
Erst wenn sich jemand nachvollziehbar von seinem Nazitum distanziert,
bin ich bereit, ihn wieder als Mensch zu akzeptieren.
>
> > Das Mensch sein alleine ist noch kein Grund, jemanden nicht zu
> > verachten,
>
> Das sehe ich anders.
Das steht dir frei...
> Siehe weiter unten.
>
> Ich würde sagen: Das Menschsein allein ist noch kein Grund zur
> Rechtfertigung oder gar Gutheißung von Verbrechen. Es ist auch kein
> Grund, einen Menschen nicht _ablehnen_ zu dürfen. Und erst recht keiner,
> einem Menschen unbedingt Zuneigung entgegenbringen zu müssen.
Nun ja, vielleicht meinen wir ähnliches, verweden dafür aber
unterschiedliche
Formulierungen.
Worin besteht denn für dich der Unterschied, zwischen "einen Meschen
ablehnen" und
"einen Menschen verachten" - also ich sehe da keinen nennenswerten
Unterschied.
Es gibt da allenfalls noch graduelle Unterschiede, die sich aus dem
Grunde ergeben.
So kann man Menschen ablehnen oder verachten, weil sie einem
unsympathisch sind,
weil sie irgend welche Angewohnheiten haben, die man nicht leiden
kann, oder auch
weil sie Einstellungen haben, die man nicht akzeptieren kann.
Aber was hat denn nun eine noch größere Verachtung verdient, als
erklärte
Menschenfeinde?
Nazis sind per se erklärte Menschenfeinde, die alles und jeden am
liebsten vernichten würden,
die nicht ihn ihr beschränktes Weltbild passen - also im Zweifelsfalle
auch dich, mich oder ihre
Angehörigen, falls sie an ihnen ein Attribut erkennen, welches ein
Ausschlußkriterium für
ihre kleine bekoppte und intolerante Welt darstellt.
>
> > und so sehr ich das Gebot des Staates schätze, die
> > Menschenwürde hochzuhalten,
>
> Wenn der Staat die Menschenwürde - sie ist wie gesagt unteilbar -
> wirklich hochhält, dann muß er auch die Voraussetzungen dafür schaffen,
> daß diesem Anspruch Genüge getan wird. Nun sind Pannen natürlich
> menschlich. Wenn es also einmal dazu kommt, daß Häftlinge im Hof von
> anderen Zelleninsassen bespuckt werden, so ist das bedauerlich, mag aber
> verzeihlich sein. Sobald diese Dinge sich aber wiederholen, entsteht der
> Geruch eines systematischen Inkaufnehmens, womöglich gar von böser
> Absicht. Und das kann nicht im Sinne des Erfinders sein.
Nun - formell wird die Menschenwürde von dem Staat auch hochgehalten.
Wenn nun Justizangestellte es zulassen, dass Zschäpe angespuckt wird,
dann sind die
Justizangestellten die "Panne"...
Auf der anderen Seite - weshalb so ein Drecksstück wie die Zschäpe
nicht erleben
dürfen, wie sehr sie verachtet wird? Schließlich hat sie ebenfalls
ausländische Menschen
so sehr verachtet, dass sie deren Ermordung billigend in Kauf genommen
hat, wenn sie
selbst nicht gar aktiv daran beteiligt gewesen ist.
Für mich ganz normal, dass ausländische Menschen jetzt auf sie spucken
und ich
finde es gut, wenn sie diese Verachtung erfährt. Vielleicht setzt das
ja ein
Denkprozess in Gang....
>
> > so sehr kann ich den Leuten in ihrer
> > Eigenschaft als Privatmensch nicht verdenken, wenn sie Dreckschweine
> > verachten - Nazis gehören zu diesen Dreckschweinen, und deshalb halte
> > ich es prinzipiell für in Ordnung diese zu verachten.
>
> Ich finde Mensch-Tier-Vergleiche grundsätzlich unglücklich - vor diesem
> Hintergrund (also daß man Menschen ihr Menschsein nicht absprechen soll,
> egal was sie verbrochen haben).
Ach es handelt sich hierbeil lediglich um einen Ausdruck der
Verachtung.
Ich würde Nazis niemals mit Schweinen vergleichen, denn das wäre ja
eine Beleidigung für die Schweine (scnr...)
Aber mal im Ernst - ob du jetzt in klinisch reinem Soziologendeutsch
dir einen
abdrückst, und und sagst: "...diese Person lehne ich ab..." oder ob du
einfach sagst,
"das ist eine Drecksau" - das macht so viel unterschied nicht.
Lediglich ist die letzte Formulierung authentischer und sie drückt
aus, was man meint, während die
erste Formulierung doch sehr gekünstelt ist und der Sprecher sich
hinter der
Fassade des "Neutralen" versteckt....
>
> Mir fällt dazu gerade ein, daß ein entfernter Verwandter in den 1970er
> Jahren über die RAF-Terroristen von Stammheim sowas sagte wie "Das sind
> doch TIERE... früher hätte man kurzen Prozess mit denen gemacht... jetzt
> müssen wir die auch noch im Knast mit durchfüttern."
Nun, der hat halt einfach ausgedrückt, was _ER_ dachte.
>
> Ich war noch sehr jung damals, hatte aber die Berichterstattung über die
> Schleyer-Entführung im Fernsehen mitvefolgt und war bestimmt alles
> andere als angetan von Baader-Meinhof & Co - aus denselben Gründen, die
> mir nun ob dieser Äußerung meines Verwandten einen Schauer über den
> Rücken jagten:
>
> - Auch die RAF hatte anderen Menschen ihr Menschsein abgesprochen;
> Polizisten beispielsweise wurden als "Tiere" bezeichnet
> - Das kaum getan, sprach die RAF diesen "Tieren" prompt auch deren
> Lebensrecht ab.
> - Und nun war es nur noch ein kleiner Schritt zur praktischen Gewalt-
> anwendung.
Nun - die praktische Gewaltanwendung ist bei Nazis gang und gäbe -
über was unterhalten
wir uns eigentlich?
Und ja, es ist richtig, dass der Mensch ab einer bestimmten Schwelle
der Verachtung
auch zu Gewalthandlungen neigt.
Und da stellen sich mir zwei Fragen:
1. Gibt es berechtigte Gründe für eine massive Verachtung.
2. An welchem Punkt können auch Gewalthandlungen gerechtfertigt sein.
Über die Beantwortung dieser Fragen könnte man bestimmt Bücher
schreiben.
Um die Reaktionen der RAF von damals zu verstehen, muss man sich in
die Zeit von damals zurück versetzen.
Der Student Benno Ohnesorg wurde von dem Polizisten Kurras ermordet -
also von hinten in den Kopf geschossen, und die Justiz und der ganze
Staat damals war so korrupt, dass es weder eine Mordanklage noch eine
Bestrafung des Mörders Kurras gab - ein Skandal, der die ganze
Studendentenschaft damals hat aufheulen lassen und wie er größer nicht
sein konnte, und während der Anti-Schah-Demonstration hat die Polizei
untätig zugelassen, wie die Prügelperser mit Dachlatten auf
unbewaffnete Demonstranten eingedroschen haben. Auch hat die Polizei
selbst eine Demo aufgelöst, in dem sie mit brutaler Gewalt auf
Demonstranten einprügelte - ich glaube das hieß in Polizeikreisen
"Weißwursttaktik" - von der aufgeplatzten Weißwurst - mitten in die
Demo hinenprügeln, damit sie sich auflöst...
In diesem Kontext wundert es mich nicht, dass man in den Polizisten
von damals nur "Schweine" gesehen hat, und sich dementsprechend
verhalten hat.
>
> Vor einiger Zeit stellte ich mal ein Gaus-Interview mit Christian Klaar
> hier in die NG ein:
http://groups.google.com/group/de.soc.politik.misc/msg/a80a880ef2c8e2...
> Leider wurden die Youtube-Clips aufgrund urheberrechtlicher
> Reklamationen inzwischen gelöscht.
>
> Eine Interviewpassage finde ich bezeichnend:
>
> (Zitat C. Klar)
> "Ich überlasse der anderen Seite ihre Gefühle und respektiere die
> Gefühle. Aber ich mach mir's nicht zu eigen, nicht... Das... das sitzt
> zu tief drin, daß in ... grad' hier in den reichen Ländern zuviele
> Menschenleben nichts zählen... und vor der Trauer müßte sich sehr viel
> ändern. Belgrad wird bombardiert, das bedeutet nicht(s). In vielen
> Ländern werden Verhältnisse hergestellt, wo ein Menschenleben nicht mal
> einen Namen hat."
>
> Verachtung - das hat den Geruch eines
> Sich-selbst-Aufwertens-gegenüber-einem-anderen-den-man-dafür-dämonisiert. Genau
> damit fängt es immer an:
>
> Bei einem Christian Klar, der sich aufgrund seiner Beobachtungen
> anmaßte, Andersdenkenden das Lebensrecht abzusprechen, ebenso wie bei
> meinem Verwandten, der am liebsten kurzen Prozess mit Klar gemacht hätte.
Es ist eine Frage des Denkens, und hierbei wäre dann noch zu fragen,
ob
dieses Denken jeweils seine Berechtigung hat.
Oder anders formuliert: Gibt es berechtigte Gründe, dass jemand jemand
verachtet.
>
> Ich erwarte sicher keine Sympathie gegenüber Terroristen. Ablehnung ist
> ein Grundgefühl, daß angesichts der Taten eines Herrn Klar oder einer
> Frau Zschäpe völlig nachvollziehbar bzw. auch respektabel ist.
>
> Verachtung und Dämonisierung hingegen reichen weiter - auch wenn's noch
> so schwerfällt, sollte man sich davor hüten, denn das ist genau der
> Stoff, aus dem jenes Verhalten erwächst, das einen selbst zu dem macht,
> was man eigentlich bekämpfen möchte.
>
> So jedenfalls meine Meinung dazu.
Da muss ich nochmals drüber nachdenken...
Ich halte "...Ablehnung..." für klinisches Soziologengeschwätz - weil
man sich ja als Wissenschaftler mit seinen Gefühlen raus zu halten
hat, während ich "Verachtung" als das authentische Gefühl ansehe,
welches sich hinter der "...Ablehnung..." ausdrückt.
Und ob ich nun jemandem aus Ablehnung oder aus Verachtung die kalte
Schulter zeige, das bleibt sich egal.
>
> > Staatliche Folter ist natürlich in keinem Fall akzeptabel, egal was
> > ein Mensch verbrochen hat, wenn aber aufgrund von berechtigten Gründen
> > Privatpersonen anderen "Unmenschen" aka Dreckschwein (z.B. Nazis) ihre
> > persönliche Verachtung zuteil werden lassen, so halte ich das für in
> > Ordnung und findet meine Unterstützung.
>
> Ich sehe das anders. Keiner kann mich zwingen, mit einem Nazi befreundet
> zu sein. Auch auf der Arbeit muß ich mir keine Nazisprüche anhören,
> sondern kann gegen KollegInnen vorgehen, die sie ablassen (ist mir zum
> Glück noch nie untergekommen). Ich muß eine Frau Zschäpe nicht
> sympathisch finden, und wenn sie verurteilt wird, so geschieht ihr das -
> bei entsprechender Beweislage - in meinen Augen völlig Recht.
Ich denke es ist eine Frage der Emotionen, die entweder vorhanden sind
oder nicht.
So lange du deine eigenen Emotionen raus halten kannst ist das in
Ordnung.
Im Falle der Nazis hat das aber noch eine zusätzliche Dimension, denn
Nazis stellen eine unterschwellige Bedrohung dar - sowohl
gesellschaftlich als auch privat, und damit kommen zwangsläufig
Emotionen ins Spiel, und damit ist es mit einfacher Ablehnung nicht
getan...
>
> Wenn es aber losgeht mit persönlichen Beschimpfungen wie "Dreckschwein",
> mit Bespucken beim Hofgang oder mit (wenn es denn wirklich so ist)
> systematischer Schikane durch die Gefängnisleitung, also z.B.
> Schlafentzug, etc. - dann tue ich doch genau das, womit es bei Frau
> Zschäpe auch mal angefangen hat: Ich überschreite jene Grenze, die
> eigentlich dazu da ist, den Frieden unter den Menschen zu wahren.
>
Jetzt muss man vielleicht noch dazu sagen, dass Zschäpe wie ich
gelesen hab, überwiegend von ausländischen Strafgefangenen angespuckt
wurde, was ich aufgrund von der Identifikation verständlich finde.
In wie weit die Gefängnisleitung hierfür verantwortlich ist, kann ich
nicht sagen.
Ach halte ich den "systematischen Schlafentzug" für eine Mär - man hat
Zschäpe schließlich eine Schlafmaske gegeben.
Viel mehr gehe ich davon aus, dass Zschäpe hier alles etwas
dramatisiert darstellt, um von ihren Gesinnungsgenossen Mitleid zu
erhaschen und diesen Staat als unmenschlich zu diskreditieren.
Nun sind leider - und das kann man durch aus kritisch sehen, generell
die Haftbedingungen bei Untersuchungshäftlingen beschissen, denn ein
Teil der Untersuchungshäftlinge ist völlig unschuldig - und ja, das
ist ein Skandal, aber das hat mit Zschäpe nix zu tun, denn mein
Mitleid für diese Person hält sich in engen Grenzen...
> Weder macht das NS-Opfer wieder lebendig, noch wird diese Erde dadurch
> zu einem lebenswerteren Ort, im Gegenteil.
>
> Insofern frage ich mich, was daran unterstützenswert sein soll, daß man
> Menschen vorverurteilt, sie als "Dreckschweine" tituliert und sich
> heimlich die Hände reibt, weil sie beim Hofgang bespuckt und künstlichem
> Schlafentzug unterworfen werden. Auch ohne nur einen Funken presönlicher
> Sympathie für Frau Zschäpe in mir zu tragen, kann ich dazu nur sagen:
> Ich finde solche Reaktionen armselig; sie stoßen mir ebenso negativ auf
> wie die meines Verwandten auf die RAF-Terroristen damals.
Es steht dir frei, diese Reaktionen zu bewerten wie du willst, genau
wie ich mich nicht für meine Gefühle entschuldigen werde.
>
> > > P.S.: AH war auch kein "Monster", sondern ein Mensch.
>
> > Biologisch war er wohl ein Mensch - ja, aber von seinen Taten her
> > gesehen war er ein Schwerstverbrecher der millionen Menschen auf dem
> > Gewissen hat, und deshalb jede Form von Verachtung und Strafe verdient
> > hat. Von daher finde ich nix dabei den Adolf als Monster zu sehen oder
> > auch ihn so zu behandeln.
>
> Es gibt Symptome, die darauf hindeuten, daß er eine narzisstisch
> gestörte Persönlichkeit hatte. Das rechtfertigt nicht seine Verbrechen,
> macht seine Denke und sein Verhalten [...]aber nachvollziehbarer.
Das mag ja alles sein.
Die Sache ist einfach mal die, ob du etwas aus dem klinischen
Elfenbeintum der Wissenschaft heraus beurteilst, dann ist auch der
abscheulichste Mensch einfach nur ein Produkt seiner Umwelt, welches
ihn zum abscheulichen Menschen hat werden lassen, und als solches
müssten dann auch solche abscheulichen Menschen unser Mitgefühl
verdienen, oder ob du die Sache als Mensch siehst, der von den
Abscheulichkeiten eines Monsters betroffen ist. Die verständnisvolle
klininische Elfenbeintumposition kannst du nur einnehmen, so lange du
innerlich nicht beteiligt bist, oder du bei bischen provozieren
willst, in dem du den Anderen als vulägr oder einfach gestrickt
vorführen willst. Aber spätestens dann, wenn du selbst Betroffener
bist von solchen Unmenschen, ist Schluß mit Lustig und dem
analytischen Verständnis...
>
> Manchmal frage ich mich, ob es nicht ratsam wäre, ein einwandfreies
> psychologisches Gutachten zur Grundvoraussetzung für die Aufnahme von
> Spitzentätigkeiten in Politik und Wirtschaft zu machen
Diese "Gutachten" nennen sich Studium, Bachelor, und sonstige Titel...
...aber das ist wieder ein anderes Thema...
> - damit könnten
> solche Fehlbesetzungen wie AH womöglich von vornherein vermieden werden.
Kaum vorstellbar, das Hitler sich einem psychologischen Test
unterzogen hätte - wahrscheinlich hätte der eher alle Psychologen ins
KZ geworfen.
In der Summe betrachtet waren aber die Deutschen selbst Schuld an
Adolf...