Am 09.02.2012 14:11, schrieb Frank Bügel:
> Am Thu, 09 Feb 2012 06:21:55 +0100 schrieb Fritz (for freedom and peace):
>
>> Am 09.02.12 02:11, schrieb Frank Toennes:
>>> Ein Europa der Vaterlaender, in dem sich souveraene Nationalstaaten auf
>>> Grundlage gemeinsamer Traditionen, Rechtsauffassungen u. Werte zusammen-
>>> schliessen.
> Die USA haben eine viel kürzere und ganz andere Geschichte als die
> europäischen Völker und Staaten.
Hallo Frank,
bis hierher: Zustimmmung.
> Voraussetzung für die freimaurerische Konstitution der USA
Kannst Du belegen, daß sie maßgeblich von Freimaurern geschrieben und
verankert wurde?
> war zudem die Ausmordung und Vertreibung der dort
> vormals siedelnden Urbevölkerung.
>
> Sowas kann von den europäischen Völkern wohl kaum als erstrebenswert
> erachtet werden.
Wird es ja auch nicht.
> Daher zwingt man es uns "von oben" auf und nennt es
> verlogenerweise noch demokratisch.
Stop!
Wir sind eine repräsentative Demokratie. Auch die EU ist übrigens eine.
Jeder wahlberechtigte Deutsche kann sich frei, gleich und geheim für
eine nationale Partei seiner Wahl entscheiden. So wie Österreicher ihre
FPÖ, oder Franzosen ihre Front National wählen - so hätten Deutsche
beispielsweise "Die Republikaner" wählen können, um mal eine Alternative
auch zur NPD zu nennen.
Was hält die Bürger eines freien Landes davon ab, das einfach zu tun?
Was die Änderung des Staatsbürgerschaftsrechts betrifft, so hätte man
noch 1998/99 an einer Unterschriftensammlung der CDU/CSU teilnehmen
können, um sich dagegen zu wehren. Man mag über Stoiber und Schäuble
denken, was man will - als "Nazis" werden sie gemeinhin nicht eingeordnet:
http://de.wikipedia.org/wiki/CDU/CSU-Unterschriftenaktion_gegen_die_Reform_des_deutschen_Staatsb%C3%BCrgerschaftsrechts
Was hält die Bürger eines freien Landes davon ab, das zu tun?
Zudem steht es jedem frei, sich mit Gleichgesinnten zusammentun und eine
eigene Partei gründen. O.k., ist natürlich sehr aufwändig, kostet auch
viel Geld, geschenkt. Dennoch:
Was hält die Bürger eines freien Landes davon ab, das zu tun?
Europawahlen gibt es auch, wie Dir sicher bekannt ist:
http://de.wikipedia.org/wiki/Europawahl
Was hält die Bürger eines freien Landes davon ab, sich an diesen Wahlen
zu beteiligen?
Nächster Punkt:
Streben multikulturelle Gesellschaften wirklich eine Vermischung ihrer
Bürger an, bis sämtliche nationalen Identitäten sich in Luft aufgelöst
haben? Oder ist sie nicht vielmehr so konzipiert, wie Cohn-Bendit schrieb:
"Nicht minder unverantwortlich wäre es, die multikulturelle Gesellschaft
als einen modernen Garten Eden harmonischer Vielfalt zu verklären und —
in einem Akt seitenverkehrter Fremdenfeindlichkeit — das ungeliebte
Deutsche mit dem Fremden vertreiben zu wollen."
Aha - das "ungeliebte Deutsche" wird also bleiben...
"In ihr ist vielmehr — erst recht dann, wenn sich wirklich fremde
Kulturkreise begegnen — der Konflikt auf Dauer gestellt."
Aha - auch Cohn-Bendit geht davon aus, daß es keine Vermischung geben
wird. Worauf sollte der Konflikt sich denn sonst so dauerhaft gründen?
Und jetzt kommt, worum es tatsächlich geht, nämlich nicht Völkermord
durch "Durchrassung" wie Stoiber es einst so derb beschrieb, sondern:
"Staaten und Nationen tun gerne so, als seien sie souverän. Doch
abgesehen davon, daß eine *unumschränkte* nationalstaatliche
Souveränität — etwa in Hinblick auf das föderierte Europa der Zukunft —
nicht wünschenswert ist: Sie ist längst eine Illusion. Die gegenwärtige
und die kommende Migrationsbewegung hat so tiefsitzende Ursachen, daß
kein Staat — mit welchen Maßnahmen auch immer — in der Lage sein wird,
sie sich vom Hals zu halten. "
http://www.zeit.de/1991/48/wenn-der-westen-unwiderstehlich-wird
In der Umkehrung heißt das, daß eine *beschränkte* *Souveränität* sehr
*wohl* auch in Zukunft weiter möglich ist.
Für mich liegt die Wahrheit meist in der Mitte.
Europa hat sich mit den Nationalstaaten gründlich langgelegt, salopp
gesagt. Daher denke ich auch, daß eine enge Bindung seiner Nationen
aneinander dem Frieden nur förderlich sein kann. Wie weit man diese
Bindung treiben sollte - *das* ist die Frage. Nicht, ob es überhaupt
eine gibt. Und da gehen unser beider Ansichten vermutlich ein wenig
auseinander, aber vielleicht doch zumindest ein Stück weit in eine
ähnliche Richtung? Oder willst Du Deutschland etwa komplett isolieren
und die EU gänzlich auflösen?
Noch etwas - Du schreibst: "man" zwingt es uns "von oben" auf. Wer ist
"man", lieber Frank?
Cohn-Bendit stellt es nämlich hier ganz anders dar:
Als längst eingetretene, völlig unaufhaltsames *Naturereignis* nämlich.
Bei Dir klingt es hingegen so, als handele es sich um die Umsetzung
eines irgendwo von ein paar bestimmten *Personen* in einer
Geheimkonferenz beschlossenen Masterplans, der *systematisch* und
*gezielt* umgesetzt wird...
... wie kommt's? Oder liege ich da etwa richtig?
Nach 1945 hat man sich vor allem erst mal dauerhaften Frieden auf dem
europäischen Kontinent erhofft. Bisher wurde diese Erwartung - vom
Balkankrieg abgesehen, diese Länder waren aber damals auch allesamt
nicht in der EU - nicht enttäuscht. q.e.d.
In der Tat bergen amerikanische Verhältnisse die Gefahr von
Bürgerkriegen in sich. Cohn-Bendit bleibt diesbezüglich zurückhaltend,
räumt aber immerhin einen oft und gern von Dir zitierten Satz ein, von
wegen "hart, schnell, grausam und wenig solidarisch".
Deutschland und Europa haben schon jetzt ein völlig anderes Gesicht als
ich es noch aus meiner Jugend erinnere. Und ich fürchte, diese
Entwicklung wird sich weiter fortsetzen.
Mir gefällt dieses Gesicht überhaupt nicht, und ich bin nicht die
einzige in meinem Umfeld, die sich ihm zumindest zu entziehen sucht, wo
immer es geht. Aber ich sehe es - ähnlich wie Cohn-Bendit - so, daß
Leben gleich Wandel ist und man den Wandel der Zeit nicht aufhalten
kann. Da mußten unsere Vorfahren auch schon durch.
Ich kann nur feststellen, daß ich mich immer fremder im eigenen Land
fühle; fast täglich wünsche ich mir das Lebensgefühl der 1970/80er Jahre
zurück. Wobei das nur zum Teil mit der Zuwanderung zu tun hat; ein Stück
weit ist diese Unzufriedenheit auch der Tatsache gestundet, daß ich mit
der jungen Generation nur noch wenig anfangen kann, die u.a. dank
elektronischer Medien völlig anders denkt, fühlt, redet, sich verhält
als meinesgleichen.
Ich kann als Einzelne unsere Gesellschaft nicht ändern. Mich selbst
hingegen könnte ich schon anpassen, in anderen Zusammenhängen gelingt es
mir ja auch heute noch.
In letzter Zeit frage ich mich oft, was eigentlich das Problem ist. Also
ob es an meiner Umgebung liegt, oder vielleicht einfach nur daran, daß
ich es schlicht nicht mehr schaffe, "mit der Zeit zu gehen", wie man so
sagt? Fakt ist aber, daß mich der Zeitgeist einfach anwidert. Was da
erwartet wird, das will ich nicht sein, also bewege ich mich nicht nur
nicht dahin, sondern auch gezielt davon weg.
Randale will ich allerdings auch keine, ich versuche nicht mal mehr,
Gleichgesinnte zu finden, sondern ziehe mich schlicht und ergreifend ins
private Schneckenhaus zurück. Andere Menschen um mich herum tun das
übrigens auch. Sogar solche, von denen ich bisher annahm, sie kämen viel
besser als ich in dieser neoliberalen Wüste zurecht, die mir noch vor
wenigen Jahren *Heimat* war - genau wie für die Hunsrücker in der
gleichnamigen Fernsehserie (wäre es heute überhaupt noch möglich, sowas
zu drehen?) ihre auch.
Noch gibt es genug Enklaven, so daß ich mich ganz gut durchwurschteln
kann. Aber ich hoffe, deren Verschwinden nicht mehr mitzuerleben (keine
Bange, ich bin nicht selbstmordgefährdet deswegen).
In den Vereinigten Staaten von Europa mag ich jedenfalls nicht leben,
jedenfalls nicht in so einer amerikanischen Version. Da hätte ich auch
gleich in Kanada bleiben können, seinerzeit. Dort sah es vor 30 Jahren
schon in etwa so aus, wie jetzt in Europa.
Macht mich immer noch nicht an.
--
Liebe Grüße
Monika