Am Tue, 27 Sep 2022 11:47:43 +0200 (Custom) schrieb Alexander
Ausserstorfer <
bavari...@chiemgau-net.de>:
Damit wirst du i.A. wohl recht haben, aber diese Fahrt hier fand nicht
auf touristischen Wegen statt, sondern auf den Straßen, über die
Aremberg von hier aus erschlossen ist, ausschließlich auf Straßen ohne
Radweg. Es gibt da keine Radwege, weder innerhalb der Dörfer, noch
ausserhalb. Ich habe es genossen.
Die Bemerkung bzgl. "nicht die kürzeste Strecke" bezog sich auf eine
Alternative für den ersten Teil der Fahrt, die zwar ebenfalls gut mit
dem Rad befahrbar ist, die zwar weniger schön ist, jedoch kürzer und
schneller zu fahren. Die kenne ich schon gut genug.
Alltag umfasst, meint jedenfalls die Wikipedia, Arbeit und Freizeit,
nicht aber Feiertage und Urlaub. Als Rentner fällt mir schon schwer,
mich da wiederzufinden, aber auch wenn man den Begriff etwas weiter oder
anders fasst, greift die Gegenüberstellung von Alltag und Freizeit zu
kurz.
Wenn jemand mit dem Auto zur Arbeit fährt, im Urlaub aber für
Sightseeing die 60-80 km pro Tag mit dem Fahrrad fährt, wo andere dafür
das Auto nehmen, 100 km fahren und 10 km laufen, dann ist das offenbar
ein Freizeitradler. Bei uns hatte das genau so angefangen, der
Komplettumstieg vom Auto, der immerhin zehn Jahre der Zeit gehalten hat,
in der wir unsere Kinder großgezogen haben, war viel später. Als wir
dann wieder ein Auto hatten, wurde das i.W. nur noch für den Transport
von Gepäck und Rädern an den Urlaubsort benutzt, ansonsten wurde im
Alltag Fahrrad gefahren. Also waren wir da Alltagsradler. Dass wir im
Urlaub Strecken, die im Alltag dem Arbeitsweg und den Freizeitfahrten
entsprechen, nicht wie üblich mit dem Auto, sondern mit dem Fahrrad
zurückgelegten, wird von der Begrifflichkeit nicht erfasst. Und wie es
sich für Rentner darstellt, lässt sich gar nicht ausdrücken.
Deswegen bevorzuge ich inzwischen die Formulierung, dass das Fahrrad
nach der Phase als Urlaubsverkehrsmittel für kurze und mittlere
Distanzen sowohl im Alltag als auch jenseits des Alltags unser
Hauptverkehrsmittel geworden ist und wir damit Distanzen abdecken, die
von der Mehrheit der Bevölkerung überwiegend motorisiert zurückgelegt
werden.
Alltagsverkehrsmittel und speziell Alltagsradfahren lebt von der
Annahme, dass Alltage häufiger sind als Urlaubs- und Feiertage. So viel
häufiger sind sie aber hierzulande nicht.
Bayern hat, natürlich, mit 13 bzw. 14 die meisten Feiertage, 52
Kalenderwochen haben entsprechend viele Wochenenden. Soweit ich mich
noch erinnere :-), hat das typische Arbeitnehmerjahr 220 Arbeitstage,
das sind ungefähr 60% des Jahres.
Der alltägliche Arbeitsweg ist ein, wie die Wikipedia es ausdrückt, sich
wiederholendes Muster, insofern bindet sich da auch ein sich
wiederholender Verkehrsmittelgebrauch heraus. Insb. wer ein Auto fährt,
das sich längst zum rollenden Wohnzimmer entwickelt hat, tendiert dazu,
dabei auch zu bleiben, wenn es Alternativen gibt, die aus dem einen oder
anderen Blickwinkel vorteilhafter sind. Und das dehnt sich dann auch auf
die Freizeit aus.
Der Spruch "Das _Fahrrad_ ist mein Alltagsverkehrsmittel" ist quasi als
kompakt formulierte Gegenposition zu verstehen, ich hab das auch oft
gesagt oder geschrieben, auch als Abgrenzung vom trivialen Umstand, dass
kaum jemand hierzulande nicht immer mal wieder in der Freizeit ein
Fahrrad benutzt. Wer sich, aus welchen Gründen auch immer, das Fahrrad
als Verkehrsmittel statt als Spielzeug nutzt, merkt mit der Zeit, dass
sich die Nutzung mit der Zeit genau so habitualisiert wie der Gebrauch
eines Kfz: man entwickelt eine Geläufigkeit und nutzt es dann
gelegentlich auch, wenn es bessere (oder sagen wir: bequemere oder
leistungsfähigere) Alternativen gibt.
Radfahren hat viele Facetten und dient vielen Zwecken. Beim Gebrauch
als Mittel zum Zweck kann man mindestens drei unterscheiden: den
Gebrauch als Verkehrsmittel (effektiv von A nach B kommen), den Gebrauch
als Sportgerät (Steigerung bzw. Erhalt der Fitness) und, last but not
least, den Gebrauch als erfreuliches Werkzeug, als Spielzeug.
Das unmotorisierte Fahrrad ist einzigartig insofern, als mit einem Gerät
alle drei Zwecke gleichzeitig und umfänglich verfolgt werden können. Das
macht seinen Wert aus, unabhängig davon, ob das im Alltag oder in der
Freizeit stattfindet. Insofern würde ich eine Bewertung daran
festmachen, wie umfänglich es genutzt wird (Bandbreite, Intensität und
Dauer) und nicht daran, ob der Zeitraum der Nutzung Alltag ist oder
Freizeit.