Bettlach

Ein Sommer – ganz ohne Schwalben

Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer, sagt der Volksmund. Doch wenn keine einzige mehr brütet, an einem Ort, an dem seit Menschengedenken immer Schwalbenpaare ihr Sommerquartier hatten, ruft das nach einer Erklärung.
Schwalben sind am und im Stall Gäste, die die Landwirte gern sehen. Die eleganten kleinen Flugkünstler vertilgen das Ungeziefer, das sich beim Vieh breit-macht. Das ist beim Bauernhof neben der früheren «Krone» in Bettlach nicht anders als irgendwo sonst. «Ich kann mich an keinen Sommer ohne Schwalben erinnern. Seit 20 oder 25 Jahren führen wir sogar Buch über die Ankunfts- und Abflugdaten», sagt der Landwirt, der sein ganzes Leben auf dem Hof verbracht hat. Die Rauchschwalben wohnen in offenen Nestern im Stall, die Mehlschwalben draussen unter dem Vordach. Dort hängt die Bauernfamilie seit Jahren künstliche Kugelnester auf, die die Vögel gern annehmen.

Beobachten, nicht beschuldigen

Dieses Jahr ist alles anders. «Zum ersten Mal seit Menschengedenken brütet hier kein einziges Schwalbenpaar», bedauert der Landwirt. Seinen Namen will er nicht in der Zeitung lesen, dazu ist ihm das Thema zu heikel.

Denn der einzige Grund, der dem Bettlacher Ehepaar nach reiflicher Überlegung für die Veränderung einfällt, ist die Natelantenne auf dem «Kronen»-Dach. «Wir beobachten nur. Wir wollen keinesfalls haltlose Anschuldigungen in die Welt setzen», bemühen sie sich darum, die Lage vorurteilsfrei einzuschätzen. «Es ist interessant zu sehen, was nächstes Jahr geschieht.»

Vorerst ist die Familie einfach traurig über das Ausbleiben der Vögel. «Einzelne Schwalben fliegen zwar ums Haus, aber sie nisten nicht mehr.» Eine Aussage, die bestätigen kann, wer dem Hof einen Besuch abstattet.

Elektrosmog und Hormone

Bei der Schweizerischen Vogelwarte hört man diese Geschichte nicht zum ersten Mal. «Wir erhalten vereinzelt solche Meldungen, besonders über Schwalben und Spatzen. Diese Beobachtungen klingen aber sehr plausibel», sagt Erich Bächler, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Programm Vogelzug.

Es gebe diverse Untersuchungen über den Einfluss von Mobilfunkantennen auf Vögel, doch die Ergebnisse seien widersprüchlich. «Im Labor wurde nachgewiesen, dass Elektrosmog den Hormonhaushalt von Vögeln stören kann. Aber in der freien Natur spielen so viele Faktoren zusammen, dass es schwierig ist, verlässliche Daten zu erhalten.»

Aufgrund bisheriger Erkenntnisse gewichtet Erich Bächler andere Faktoren stärker für das Verschwinden der Schwalben. «Wenn in einer Gegend viele Bauernhöfe aufgegeben werden, ziehen auch die Schwalben weg. Ihnen fehlt dann schlicht das Futter.» Nur: Im betroffenen Bettlacher Hof lebt nach wie vor Vieh. Und rundherum gibt es diverse Landwirtschaftsbetriebe.

Antenne als Mückenschocker?

Bei der Interessengemeinschaft für Elektrosmog-Betroffene ist klar, wer schuld ist am Ausbleiben der Schwalben: die Antenne. Präsident Hansueli Jakob verweist auf einen Fall in Reutlingen ZH, wo eine Bauernfamilie seit dem Betrieb einer Mobilfunkantenne in der Nachbarschaft die Schwalben vermisst.

Er erklärt seine Theorie: «Wir glauben, dass die Strahlen einen Grossteil der Mücken in der Nähe töten. Dann finden die Schwalben nicht genügend Futter, um zu brüten.» Diese Idee sei ihnen angesichts von Mückenschockgeräten gekommen. «Ein Teil dieser Geräte sendet Strahlen aus», argumentiert Jakob. (mz/dd/wst)
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