Bundessozialgericht, Urteil vom 19.08.2003 - B 2 U 50/02 R
*Vorinstanz:*
SG Dortmund, Urteil vom 19. Juni 1996
LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 26. März 2002
*Normen:*
|| 580 Abs 1 und 581 Abs 3 RVO
|| 212, 214 Abs 3 Satz 1 SGB VII
| 581 Abs 1 Nr 2 RVO
| 581 Abs 1 Nr 1 RVO
| 581 Abs 3 Satz 2 RVO
*Stichworte:*
Gesetzliche Unfallversicherung
Verletztenrente
Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE)
Arbeitsunfall
Unfallversicherung
Unfall
>>Arbeitsunfall - Verletztenrente - Minderung der Erwerbsfähigkeit
Tatbestand
Streitig ist der Anspruch des Klägers auf Verletztenrente auf Grund der
Folgen von zwei Arbeitsunfällen; umstritten ist insbesondere, ob eine
Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) in rentenberechtigender Höhe
vorliegt.
Der im Jahre 1944 geborene Kläger erlitt am 17. August 1992 bei seiner
Tätigkeit als Lkw-Fahrer einen Arbeitsunfall. Die nach oben gefahrene
Lademulde seines Lkw fiel beim Rückwärtsfahren plötzlich nach unten und
erschütterte so den Lkw erheblich. Dadurch wurde der Kläger nach oben
geschleudert und schlug mit dem Kopf unter das Fahrerhausdach. Im
Durchgangsarztbericht wurde eine Platzwunde am Nasenrücken vermerkt und
festgestellt, Bewusstlosigkeit oder Erbrechen seien nicht aufgetreten.
Am 24. November 1992 erlitt der Kläger erneut einen Arbeitsunfall. Er
wurde auf Grund einer plötzlichen Schwenkbewegung eines Baggerarms von
der Baggerschaufel am Kopf getroffen und stürzte eine kleine Böschung
hinab. Im Durchgangsarztbericht wurden oberflächliche Hautabschürfungen
an der rechten Augenbraue sowie mäßige Kopfschmerzen festgestellt und
eine Schädelprellung mit oberflächlicher Hautabschürfung diagnostiziert.
Nachdem der Kläger in der Folgezeit über zunehmende Kopfschmerzen sowie
Schwindel, Seh- und Hörstörungen geklagt hatte, holte die Beklagte
Gutachten des Chirurgen Prof. Dr. S. und des Neurologen Dr. K. sowie
eine Stellungnahme des Chirurgen Dr. R. ein. Sodann lehnte sie die
Gewährung einer Verletztenrente anlässlich des Unfalls vom 17. August
1992 ab, weil eine MdE im rentenberechtigenden Grade über die 13. Woche
hinaus nicht vorliege (Bescheid vom 27. September 1993). Nachdem der
Kläger hiergegen Widerspruch eingelegt hatte, holte die Beklagte noch
eine Stellungnahme des Neurologen Dr. K. sowie Gutachten des Chirurgen
Dr. L. und des Orthopäden B. ein und lehnte sodann auch die Gewährung
einer Verletztenrente anlässlich des Unfalls vom 24. November 1992 ab.
Die vom Kläger gegen beide Bescheide erhobenen Widersprüche wies die
Beklagte zurück; die bei dem Kläger bestehenden Beschwerden könnten
nicht auf eines der Unfallereignisse zurückgeführt werden
(Widerspruchsbescheid vom 6. Dezember 1994).
Die vom Kläger gegen die ablehnenden Bescheide (jeweils in der Fassung
des Widerspruchsbescheides vom 6. Dezember 1994) erhobenen Klagen hat
das Sozialgericht Dortmund (SG) miteinander verbunden und nach Einholung
eines Gutachtens des Chirurgen Prof. Dr. B., nach dem die vom Kläger
geklagten Kopfschmerzen und die Sehstörungen auf keinen der
Arbeitsunfälle zurückzuführen seien, abgewiesen (Urteil vom 19. Juni
1996).
Auf die Berufung des Klägers hat das Landessozialgericht Nordrhein-
Westfalen (LSG) ua ein Gutachten des Radiologen Prof. Dr. L. eingeholt,
der zu dem Ergebnis gekommen ist, es sei nicht erkennbar, dass die bei
dem Kläger vorliegenden Befunde und Beschwerden allein oder annähernd
gleichwertig mit anderen Ursachen mit Wahrscheinlichkeit durch den
Arbeitsunfall vom 17. August 1992 und/oder vom 24. November 1992
hervorgerufen oder verschlimmert worden seien. In seinem auf Antrag des
Klägers gemäß | 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) eingeholten
Gutachten hat der Radiologe Dr. F. ausgeführt, im Anschluss an das erste
Trauma vom 17. August 1992 habe sich bei dem Kläger eine zuvor nicht
existente Beschwerdesymptomatik manifestiert, die durch das zweite
Trauma vom 24. November 1992 ungünstig beeinflusst worden sei. Das
bestehende cervico-encephale Syndrom, das als Unfallschaden anzusehen
sei, werde mit einer MdE um 20 vH bewertet. Der Chirurg Prof. Dr. S. hat
in einem vom LSG eingeholten Gutachten dargelegt, die Unfälle vom 17.
August 1992 und/oder vom 24. November 1992 hätten die in der Folgezeit
nachgewiesene gesundheitliche Schädigung iS der Entstehung eines
cervico-encephalen Syndroms verursacht, die eine MdE um 20 vH bedinge.
Das LSG hat die Beklagte daraufhin unter Aufhebung der ablehnenden
Bescheide und Änderung des erstinstanzlichen Urteils verurteilt, dem
Kläger wegen der gesundheitlichen Folgen der Arbeitsunfälle vom 17.
August 1992 und vom 24. November 1992 eine Verletztenrente ab 1. Januar
1993 nach einer MdE um insgesamt 20 vH nach Maßgabe der gesetzlichen
Bestimmungen zu gewähren (Urteil vom 26. März 2002). Der Kläger sei
wegen der gesundheitlichen Folgen der Arbeitsunfälle um 20 vH in seiner
Erwerbsfähigkeit gemindert. Dabei erfolge die Entscheidung "auf
wahldeutiger Grundlage". Entweder führten die bei dem Kläger
vorliegenden gesundheitlichen Folgen eines der beiden Unfallereignisse
vom 17. August 1992 bzw vom 24. November 1992 zu einer MdE um 20 vH oder
die Folgen jedes der Unfälle bewirkten für sich eine MdE um jeweils 10
vH. Dies stehe zur vollen Überzeugung des erkennenden Senats auf Grund
einer umfassenden Würdigung der durchgeführten Beweisaufnahme fest.
Prof. Dr. S. habe überzeugend dargelegt, dass das cervico-cephale bzw
cervico-encephale Syndrom mit den Symptomen Kopfschmerz, Schwindel,
Gleichgewichtsstörungen und Gangunsicherheit, depressiv-neurasthenischen
Beschwerden sowie Seh- und Hörstörungen auf die Unfallereignisse vom 17.
August 1992 und vom 24. November 1992 zurückzuführen und mit einer MdE
um 20 vH zu bewerten sei; diesen Feststellungen schließe sich der Senat
an. Die von der Beklagten unter Vorlage von Stellungnahmen ihrer
ärztlichen Berater erhobenen Einwände halte der Senat dagegen nicht für
überzeugend. Prof. Dr. S. wie auch bereits Dr. F. hätten darauf
hingewiesen, dass entgegen der Annahme der Berater ein enger zeitlicher
Zusammenhang zwischen den beiden Unfallereignissen und den geklagten
Beschwerden gegeben sei; unrichtig sei auch die Annahme, der Kläger habe
bereits vor den Unfallereignissen über ähnliche Beschwerden geklagt.
Schließlich habe Prof. Dr. S. unter Hinweis auf neuere wissenschaftliche
Publikationen dargelegt, dass die Annahme der Berater, ein ursächlicher
Zusammenhang scheide schon deshalb aus, weil knöcherne Verletzungen der
Halswirbelsäule bzw des Kopfes mit bildgebenden Verfahren nicht
nachweisbar gewesen seien, unzutreffend sei; vielmehr seien passagere
Verletzungen der Vertebralarterien durch Einengung oder Abknickung
möglich, ohne dass diese apparativ nachzuweisen seien. Die Einschätzung
der MdE durch Prof. Dr. S., auf dessen Gutachten sich der Senat stütze,
sei so zu würdigen, dass der gerichtliche Sachverständige davon ausgehe,
dass ab 1. Januar 1993 entweder die gesundheitlichen Folgen eines der
beiden Arbeitsunfälle eine MdE um 20 vH bewirkten oder aber jeder der
vom Kläger erlittenen Arbeitsunfälle eine MdE um jeweils 10 vH
hervorrufe; dieser Einschätzung schließe sich der Senat an.
Mit ihrer - vom Senat zugelassenen - Revision rügt die Beklagte eine
Verletzung der || 580 Abs 1 und 581 Abs 3 Reichsversicherungsordnung
(RVO). Das Urteil des LSG beruhe auf einer Wahlfeststellung, dass
entweder der eine oder der andere Arbeitsunfall eine MdE von 20 vH
hinterlassen habe oder dass jeder Unfall mit einer MdE um 10 vH zu
bewerten sei. Eine Ausdehnung der Wahlfeststellung auf den Bereich der
Kausalität zwischen Unfallereignis und Schaden, die sog
haftungsausfüllende Kausalität, habe bisher in der Rechtsprechung nicht
stattgefunden und vertrage sich auch nicht mit dem Regelungsgehalt der
|| 580, 581 RVO, nach denen für jeden Versicherungsfall die MdE getrennt
festzusetzen sei. Unabhängig von der Frage, ob überhaupt Unfallfolgen
gegeben seien, sei eine eindeutige Zuordnung als Unfallfolgen bzw
Festsetzung der MdE zu einem der Unfälle nicht möglich, wie sich aus den
Gutachten und insbesondere den Stellungnahmen der Ärzte Dr. L. und B.
ergebe. Grundvoraussetzung der Zulässigkeit einer Wahlfeststellung sei
jedoch, dass jeder Geschehensablauf für sich zur Anerkennung eines
Arbeitsunfalls führe. Die bisher zum Bereich der Wahlfeststellung
ergangenen Entscheidungen hätten in der Regel den Bereich versicherte
Tätigkeit bzw versicherte Person betroffen.
Des Weiteren verkenne das LSG den Kausalitätsbegriff der gesetzlichen
Unfallversicherung. Für die Feststellung der haftungsausfüllenden
Kausalität gelte die Theorie der wesentlichen Bedingung. Bei der Frage,
ob die vom Kläger geklagten Beschwerden auf einen Arbeitsunfall
zurückzuführen seien, stütze sich das LSG auf das Gutachten des Dr. S.,
der die These aufstelle, die Beschwerden seien auf die Unfallereignisse
vom 17. August und vom 24. November 1992 zurückzuführen. Dabei verkenne
das LSG aber, dass der Sachverständige Thesen über den Zusammenhang
aufstelle, die nicht mit der Theorie der wesentlichen Bedingung zu
vereinbaren seien. Es gelinge ihm nicht darzulegen, dass die Beschwerden
auf (nur) einen Arbeitsunfall zurückzuführen seien. Das röntgenologische
Gutachten des Dr. F. stütze nicht die Kausalitätsbeurteilung, da dieser
lediglich von der Möglichkeit spreche, dass die Ereignisse ein cervico-
encephales Syndrom auslösen könnten.
Im Ergebnis sei den Stellungnahmen der Ärzte Dr. L. und B. sowie der
erstinstanzlichen Entscheidung zu folgen, dass ein "Unfallzusammenhang"
zu verneinen sei. Ein solcher Zusammenhang müsse wahrscheinlich sein;
eine Möglichkeit verdichte sich dann zur Wahrscheinlichkeit, wenn nach
der geltenden ärztlich-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen
einen Zusammenhang spreche und ernste Zweifel hinsichtlich einer anderen
Verursachung ausschieden. Dem LSG gelinge die Zuordnung jedoch erst
dann, wenn die Verursachung kumulativ auf zwei Unfälle zurückgeführt
werde; damit wäre aber nach den Beweisgrundsätzen ein
"Unfallzusammenhang" sowohl zum Unfall vom 17. August 1992 wie auch vom
24. November 1992 abzulehnen.
Das angefochtene Urteil sei ferner aufzuheben, weil es nicht ausführbar
sei. Bei Verurteilung auf wahlweise Feststellung sei eine Berechnung des
Jahresarbeitsverdienstes nicht möglich.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 26. März 2002 aufzuheben und
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Dortmund vom 19. Juni
1996 zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist iS der Aufhebung des angefochtenen
Urteils und der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet. Die vom
LSG festgestellten Tatsachen reichen für die abschließende Entscheidung
über den vom Kläger geltend gemachten Anspruch nicht aus.
Der vom Kläger erhobene Anspruch auf Verletztenrente richtet sich noch
nach den Vorschriften der RVO, da nach den bindenden Feststellungen (|
163 SGG) des LSG die hierfür in Betracht kommenden Versicherungsfälle am
17. August 1992 und am 24. November 1992, also vor dem In-Kraft-Treten
des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) am 1. Januar 1997,
eingetreten sind und die Leistung nicht nach dem In-Kraft-Treten des SGB
VII erstmals festzusetzen war (Art 36 des Unfallversicherungs-
Einordnungsgesetzes, || 212, 214 Abs 3 Satz 1 SGB VII).
Rechtsgrundlage für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch ist | 581
Abs 1 Nr 2 RVO. Danach wird dem Verletzten als Verletztenrente der Teil
der Vollrente (| 581 Abs 1 Nr 1 RVO) gewährt, der dem Grade der MdE
entspricht, solange seine Erwerbsfähigkeit infolge des Arbeitsunfalls um
wenigstens ein Fünftel (20 vH) gemindert ist. Abweichend von diesem
Grundsatz ist nach | 581 Abs 3 RVO in den Fällen, in denen die
Erwerbsfähigkeit des Verletzten infolge mehrerer Arbeitsunfälle
gemindert ist und die Vomhundertsätze der durch die einzelnen
Arbeitsunfälle verursachten MdE zusammen wenigstens die Zahl 20
erreichen, für jeden, auch einen früheren Arbeitsunfall, Verletztenrente
zu gewähren. Die Folgen eines Arbeitsunfalls sind allerdings nur zu
berücksichtigen, wenn die Erwerbsfähigkeit jeweils um wenigstens 10 vH
gemindert ist (| 581 Abs 3 Satz 2 RVO). Diese Ausnahmeregelung von dem
in | 581 Abs 1 Nr 2 RVO festgelegten Grundsatz hat den Sinn und Zweck,
Unbilligkeiten zu vermeiden, die sich aus einer Anhäufung von Folgen aus
mehreren Unfällen geringfügiger Art, also mit einer MdE um weniger als
20 vH ergeben können (BSGE 28, 71, 72 = SozR Nr 3 zu | 581 RVO).
Dass es sich bei den beiden Unfällen, wegen deren Folgen der Kläger
Entschädigung beansprucht, um Arbeitsunfälle handelte, hat die Beklagte
mit den insoweit nicht angefochtenen Bescheiden vom 27. September 1993
und vom 19. September 1994 zumindest mittelbar anerkannt und ist im
Übrigen auch nicht umstritten. Streitig ist zwischen den Beteiligten
allerdings, welche gesundheitlichen Folgen diese Unfälle hatten, in
welchem Umfang die Erwerbsfähigkeit des Klägers dadurch gemindert ist
und ob und in welchem Umfang dem Kläger Verletztenrente hierfür zusteht.
Nach den Feststellungen des LSG besteht bei dem Kläger ein cervico-
cephales bzw cervico-encephales Syndrom mit den Symptomen Kopfschmerz,
Schwindel, Gleichgewichtsstörungen und Gangunsicherheit, depressiv-
neurasthenischen Beschwerden sowie Seh- und Hörstörungen, das mit
überwiegender Wahrscheinlichkeit auf die Unfallereignisse vom 17. August
1992 und vom 24. November 1992 zurückzuführen und mit einer MdE um 20 vH
zu bewerten ist.
Diese Feststellungen reichen indes für die Beurteilung des Anspruchs des
Klägers auf Verletztenrente nicht aus. Nach der Rechtsprechung des
Bundessozialgerichts (BSG) sind Gesundheitsschäden, die auf mehreren
Arbeitsunfällen beruhen, jeweils getrennt zu beurteilen; die Bildung
einer Gesamt-MdE kommt insoweit nicht in Betracht. Der sachlich und
örtlich zuständige Unfallversicherungsträger hat vielmehr für jeden
Arbeitsunfall die MdE und die Rente jeweils gesondert festzusetzen (vgl
BSG SozR 2200 | 581 Nr 21 mwN). Dies ergibt sich bereits aus dem
Wortlaut des | 581 Abs 3 Satz 1 RVO (bzw nunmehr | 56 Abs 1 Satz 2 SGB
VII), dem in der gesetzlichen Unfallversicherung geltenden Grundsatz des
Ausgleichs (allein) des durch den Unfall herbeigeführten Schadens und
der geschichtlichen Entwicklung des | 581 Abs 1 und 3 RVO (vgl BSG aaO).
Nach der Rechtsprechung des Senats gilt dies auch dann, wenn durch
mehrere Arbeitsunfälle dasselbe Organ betroffen wird (BSG Urteil vom 24.
August 1966 - 2 RU 53/62 -) und wenn für die Entschädigung dieser
Unfälle derselbe Unfallversicherungsträger zuständig ist. Die
Unfallfolgen aus den verschiedenen Versicherungsfällen sollen
nebeneinander bestehen bleiben, uU mehrere getrennte Rentenansprüche
auslösen und ggf auch eine unterschiedliche Entwicklung der Höhe der
einzelnen MdE erfahren.
An dieser Rechtsprechung, der die Literatur - soweit ersichtlich -
einhellig gefolgt ist (s etwa Brackmann / Burchardt, SGB VII, | 56 RdNr
92a; Kater in Kater / Leube, SGB VII, | 56 RdNr 55; Ricke in KassKomm, |
581 RVO RdNr 11; Ruppelt in Schulin, HS-UV, | 48 RdNr 59; Kranig in
Hauck / Noftz, SGB VII, K | 56 RdNr 45), hält der Senat fest, zumal sich
das LSG damit nicht auseinander gesetzt hat und auch anderweitig
nennenswerte Kritik daran nicht bekannt geworden ist.
Erforderlich ist mithin beim Vorliegen mehrerer Arbeitsunfälle die
konkrete Feststellung, welche gesundheitlichen Schäden jeder dieser
Unfälle im Einzelnen verursacht hat und welchen Grad der MdE die
jeweiligen Unfallfolgen - für jeden Unfall getrennt - bedingen. Nur auf
dieser Grundlage ist zu beurteilen, ob und in welcher Höhe Anspruch auf
Verletztenrente(n) besteht. Das LSG hat insoweit keine ausreichenden
Feststellungen getroffen. Die Ausführungen, das bei dem Kläger
vorliegende cervico-cephale bzw cervico-encephale Syndrom sei auf die
beiden Unfallereignisse vom 17. August 1992 bzw vom 24. November 1992
zurückzuführen und bedinge eine MdE um 20 vH, wobei die gesundheitlichen
Folgen eines der beiden Unfallereignisse eine MdE um 20 vH oder die
Folgen jedes der Unfälle für sich eine MdE um jeweils 10 vH bewirkten,
beinhaltet keine eindeutige Zuordnung konkreter bei dem Kläger
bestehender gesundheitlicher Schäden zu einem der beiden Arbeitsunfälle,
sondern lässt insoweit mehrere Möglichkeiten offen. Es kann
dahingestellt bleiben, ob eine "Entscheidung auf wahldeutiger Grundlage"
(zur Wahlfeststellung s BSGE 13, 51, 53 = SozR Nr 51 zu | 1 BVG; BSG
SozR 2200 | 548 Nr 80, SozR 3-2200 | 550 Nr 5) angesichts der besonderen
Struktur des | 581 Abs 1 und 3 RVO zulässig ist, wenn - wovon der Kläger
offenbar ausgeht - trotz Ausnutzung aller Erkenntnismöglichkeiten eine
den genannten Anforderungen entsprechende Aufklärung des Sachverhalts
nicht möglich ist. Denn im vorliegenden Fall finden sich in den
Entscheidungsgründen des angefochtenen Berufungsurteils keine
entsprechenden Ausführungen und auch weder dem Sachverständigengutachten
des Prof. Dr. S. vom 28. September 2001 noch dessen ergänzender
Stellungnahme vom 3. Januar 2002, auf die sich das LSG im Wesentlichen
stützt, ist dies zu entnehmen.
Da der Senat zur Nachholung entsprechender Feststellungen außer Stande
ist (| 163 SGG), war das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache
zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen
(| 170 Abs 2 Satz 2 SGG), damit die noch notwendigen Feststellungen
getroffen werden können.
Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden
haben.
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