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Unterschied Individualität und Subjektivität

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Christian Bell

unread,
Jun 22, 2004, 8:03:23 AM6/22/04
to
Hallo,

ich arbeite gerade an meiner Magisterarbeit in Germanistik und bin dabei
die theoretische Folie zu erstellen. Dafür muss ich die Begriffe
Individualität und Subjektivität differenzieren. Meine bisherigen Quellen
verwenden diesen Begriffe teilweise synonym. Könnt Ihr etwas Licht in diesen
dunklen Raum werfen? Habt Ihr Literaturngaben wo diese Differenzierung
eindeutig getätigt wird?

Ich wäre Euch für jegliche Hilfe äußerst dankbar!

Gruß,

Christian


Verena Link

unread,
Jun 22, 2004, 2:50:33 PM6/22/04
to

"Christian Bell" <c-b...@gmx.de> schrieb im Newsbeitrag
news:40d82008$1...@olaf.komtel.net...

> Hallo,
>
> ich arbeite gerade an meiner Magisterarbeit in Germanistik und bin dabei
> die theoretische Folie zu erstellen. Dafür muss ich die Begriffe
> Individualität und Subjektivität differenzieren. Meine bisherigen Quellen
> verwenden diesen Begriffe teilweise synonym. Könnt Ihr etwas Licht in
diesen
> dunklen Raum werfen? Habt Ihr Literaturngaben wo diese Differenzierung
> eindeutig getätigt wird?
>

Mal 'ne erste provisorische Unterscheidung:
"Individualität" - meint den Menschen hinsichtlich seiner _besonderen_
Verfassung.
"Subjektivität" - meint den Menschen hinsichtlich seiner _allgemeinen_
Verfassung.
Dass diese Begriffe in einer fundierten Betrachtung synonym verwendet werden,
kann ich mir nicht vorstellen.
Aber:
Wie lautet denn das Thema / die Zielrichtung deiner Arbeit? - Und:
Kannst du deine Probleme mit diesen doch sehr unterschiedlichen Begriffen
etwas präzisieren? Inwiefern verwenden deine bisherigen Quellen diese
Begriffe synonym? Aus welchem Wissenschaftsbereich stammen denn deine
"Quellen"?

Gruß
Verena


Uwe Flehmig

unread,
Jun 22, 2004, 5:29:06 PM6/22/04
to
Hallo Christian,

Christian Bell schrieb:

> Hallo,
>
> ich arbeite gerade an meiner Magisterarbeit in Germanistik und bin dabei
> die theoretische Folie zu erstellen. Dafür muss ich die Begriffe
> Individualität und Subjektivität differenzieren. Meine bisherigen Quellen
> verwenden diesen Begriffe teilweise synonym. Könnt Ihr etwas Licht in diesen
> dunklen Raum werfen? Habt Ihr Literaturngaben wo diese Differenzierung
> eindeutig getätigt wird?

Für *einen* von vielen möglichen Einstiegen in die Materie:

Manfred Frank: "Die Unhintergehbarkeit von Individualität. Reflexionen
über Subjekt, Person und Individuum aus Anlaß ihrer 'postmodernen'
Toterklärung". Ffm 1986 - edition suhrkamp 1377 -

[...]

f'up d.s.phil gesetzt

Mit freundlichen Grüßen

Uwe

Christian Bell

unread,
Jun 23, 2004, 7:33:10 AM6/23/04
to
"Verena Link" <veren...@web.de> schrieb im Newsbeitrag
news:2jrd4gF...@uni-berlin.de...

>
>> Dafür muss ich die Begriffe Individualität und Subjektivität
differenzieren.

>


> Mal 'ne erste provisorische Unterscheidung:
> "Individualität" - meint den Menschen hinsichtlich seiner _besonderen_
> Verfassung.
> "Subjektivität" - meint den Menschen hinsichtlich seiner _allgemeinen_
> Verfassung.
> Dass diese Begriffe in einer fundierten Betrachtung synonym verwendet
werden,
> kann ich mir nicht vorstellen.
> Aber:
> Wie lautet denn das Thema / die Zielrichtung deiner Arbeit? - Und:
> Kannst du deine Probleme mit diesen doch sehr unterschiedlichen Begriffen
> etwas präzisieren? Inwiefern verwenden deine bisherigen Quellen diese
> Begriffe synonym? Aus welchem Wissenschaftsbereich stammen denn deine
> "Quellen"?

Hallo,

erstmal danke für Eure schnellen Antworten!

Ich schreibe eine literaturwissenschaftliche Arbeit zum Thema
"Individualität in den Komödien der zwanziger Jahre". Dabei geht es grob
gesagt um die These, dass Individualität, wie sie vor allem im 18.
Jahrhundert entworfen wurde, im 20. Jahrhundert so nicht mehr möglich ist.
Das Ich wird zur unbekannten Größe. Die Literatur dieser Zeit setzt sich mit
diesem Phänomen auseinander und versucht eine Kategorie zu revitalisieren,
die historisch infrage gestellt ist. Das heile und intakte Konzept gibt es
nicht mehr, trotzdem versucht die Literatur eine Perspektive auf
Individualität zu schaffen.

Um einen theoretischen Rahmen für meine Textanalyse zu haben, möchte ich die
Begriffsgeschichte rekapitulieren. Allerdings ist mir in der
Sekundärliteratur aufgefallen, dass die Begriffe Individuum, Individualität,
Subjektivität in den verschiedensten Bedeutungen verwendet werden. So ist
manchmal vom 18. Jahrhundert als dem Zeitalter der Individualität und
manchmal als dem Zeitalter der Subjektivität die Rede und ebenso wird
manchmal vom Untergang des Individuums, manchmal von der Auflösung des Ichs
und an wieder anderen Stellen vom Verschwinden des Subjekts gesprochen. Mir
ist dabei keineswegs klar, ob und inwiefern sich diese Begriffe
unterscheiden. Kann es sein, dass bezogen auf die Philosophie vom Subjekt
und der Subjektivität und bezogen auf die Literaturwissenschaft und
Soziologie vom Individuum und der Individualität geredet wird? Was genau
meinst du mit der Unterscheidung zwischen besonderer und allgemeiner
Verfassung?

Vielen Dank für Eure Hilfe!


Jan

unread,
Jun 24, 2004, 6:02:30 AM6/24/04
to
> Kann es sein, dass bezogen auf die Philosophie vom Subjekt
> und der Subjektivität und bezogen auf die Literaturwissenschaft und
> Soziologie vom Individuum und der Individualität geredet wird?

So isses! Individuum und Individualität sind i.A. soziologische
Kategorien (wie "Gruppe", "Familie" u.ä.) um die Zusammenhänge des
Einzelnen zur Gruppe zu charakterisieren (vgl. Adorno "Individuum und
Gesellschaft", Seit den 80er Jahren vor allem auch Ulrich Becks
(Populär)Theorien zur Individualisierung). Der Schwerpunkt liegt hier
also in ein einer (im günstigsten Fall) äußeren(!) Betrachtung bzw.
Einordnung des (einzelnen) Menschen im Verhältnis zu seiner
(gesellschaftlichen) Umwelt.
Dem gegenüber steht das Subjekt bzw. die Subjektivität als
philosophischer Begriff i.S. einer inneren(!) Bewußtseins- oder
Wahrnehmungskategorie. Die Subjekt/Objekt-Problematik tritt vor allem
bei ontologischen und epistemologischen Fragestellungen in den
Vordergrund, ganz im Sinne der viel bemühten Frage: "Ist die Welt real
oder erschaffen wir sie durch unsere (subjektive) Wahrnehmung?" oder
"Gibt es ein (objektives) Wissen von der Welt, welches unabhängig vom
Beobachter (Subjekt) ist?" Viele äußere Betrachtungen des
Verhältnisses von Individuum und Gesellschaft sind sicher subjektiv,
aber nicht notwendigerweise individualistisch. Ich würde die
Unterscheidung genau hier ansetzen. Die Frage ist, welche Gewichtung
deine Arbeit haben soll. Eher philosophisch oder soziologisch? Die
Unschärfe in der Verwendung würde ich getrost der Ungenauigkeit der
Benutzer/Verfasser zurechnen, mich aber nicht davon anstecken lassen.

Guido Stepken

unread,
Jun 24, 2004, 6:50:21 AM6/24/04
to

Individualismus entsteht über die Identität:

Die Identität des Menschen ist die Summe der gedanklichen Vorstellungen
der Welt (Bilder) und ihren Eigenschaften, die ihm selbst nicht gegeben
, nicht an seinen Körper gebunden ist, sondern erst durch Kommunikation
und Interaktion mit anderen Menschen oder kommunizierenden Lebewesen
hergestellt wird. Man kann also Selbstbewußtsein niemals bei sich selber
suchen, weil sich die Identität aus der Interaktion mit anderen Menschen
definiert. Das erklärt, warum wir uns in einem bestimmten sozialen
Umfeld zurecht finden, und in einem anderen uns nicht mehr auskennen,
bzw. uns selber nicht mehr kennen.
Auch Logik existiert also nicht für sich alleine, sondern ist nur und
ausschließlich in einer Gruppe von Menschen existent, die Entitäten
(Dingen, Begriffen) gleiche oder ähnliche Eigenschaften zugeordnet
haben, d.h. Begriffen in bestimmen Zusammenhängen gleiche Bedeutungen
zuweisen, siehe auch unter Google: "Propositionalfunktion Begriff"
Dieselbe Logik kann also in anderen Gruppen falsch sein.
Kultureller Austausch ist der Abgleich der Eigenschaften der Entitäten
und der inneren Logiken (Weltsicht) zwischen zwei Menschengruppen.

LG, Guido Stepken

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