Wir mit unserem Ganztagsangebot haben immer das Problem, den Mittelweg
zwischen diesen konservativen Erwartungshaltungen (Hausaufgaben müssen
sein) und den stundenplantechnischen Gegebenheiten zu finden. (Der
Unterricht meiner 6. Klasse geht an zwei bzw. drei Tagen bis halb vier,
dazu noch Instrumentalunterricht und teils lange Fahrtwege)...
> Wer einen
> Monat lang alle Hausaufgaben hatte, bekommt einen Bonuspunkt, der an
> einem beliebigen Tag eingelöst werden kann. Viele Schüler sammeln diese
> Punkte bis zum Schuljahresende und haben dann dort zwei Wochen keine
> Hausaufgaben mehr.
Machen die Schüler die Aufgaben wegen der Bonuspunkte? Oder weil sie
ihnen Freude machen?
> Wir mit unserem Ganztagsangebot haben immer das Problem, den Mittelweg
> zwischen diesen konservativen Erwartungshaltungen (Hausaufgaben müssen
> sein) und den stundenplantechnischen Gegebenheiten zu finden. (Der
> Unterricht meiner 6. Klasse geht an zwei bzw. drei Tagen bis halb vier,
> dazu noch Instrumentalunterricht und teils lange Fahrtwege)...
>
Ja, das ist bei uns genau so! Ich bin Oberstufenlehrer und gebe immer
Hausaufgaben auf mit dem Hinweis, dass sie zu machen sind, damit man
Übung bekommt. Aber nicht unter Straf- oder Belohnungsandrohung.
Fazit: Nur die Schüler, die sowieso motiviert sind und gut mitarbeiten,
erledigen alle Aufgaben (und bekommen Übung). Die Aussage "Bitte
kontrollieren Sie die Hausaufgaben, damit mein Kind (ich) sie nicht
umsonst gemacht hat (habe)!" herrscht vor.
Frust!
Manfred
> Machen die Schüler die Aufgaben wegen der Bonuspunkte? Oder weil sie
> ihnen Freude machen?
In erster Linie, weil ich sie ihnen aufgebe. Freude ist da nicht so viel
mit drin, wenn man Prozentrechnung oder Grammatik machen muss. Durch das
Bonussystem bringe ich aber wenigstens ein Stück Freiwilligkeit hinein:
Man kann die Aufgaben auch mal sein lassen, wenn man es sich verdient
hat. - Das Ganze ist also nur ein Kompromiss zwischen der Befriedigung
der Elternwünsche und einem Entgegenkommen den Kindern gegenüber.
Jeden Tag, egal, welche Epoche gerade läuft, Rechen- und Deutschübungen
aufzugeben*, habe ich im Hinblick auf meine eigenen Erfahrungen aus der
Schülerzeit eingeführt. Meist ist es ja üblich, dass nur einmal in der
Woche, meist in einer Übstunde, gerechnet wird und die Schüler dann von
Woche zu Woche ein ganzes Horrorblatt voller Rechenaufgaben aufbekommen.
Da entsteht dann einen Tag vor der Abgabe das große Muffensausen, das
aber nur die eh schon Rechenschwachen betrifft und ihnen dieses an sich
schöne Fach noch mehr vermiest...
*) Diese Aufgaben nennen wir "Achtuhraufgaben", weil sie vor dem
Unterricht einzeln kontrolliert und direkt nach dem rhythmischen Teil
verglichen werden. Dann gibt es auch die neuen Aufgaben per Diktat.
> Ja, das ist bei uns genau so! Ich bin Oberstufenlehrer und gebe immer
> Hausaufgaben auf mit dem Hinweis, dass sie zu machen sind, damit man
> Übung bekommt. Aber nicht unter Straf- oder Belohnungsandrohung.
Das sehe ich allerdings ähnlich. Vor allem Mathematik bringt man
schwachen Schülern durch tägliche Routine näher. Wenig, aber dafür
immer. Bei Deutsch ist es ähnlich. In anderen Fächer denke ich, dass das
reichen muss, was im Unterricht gemacht wird - vielleicht mal von einem
Geschichtsaufsatz abgesehen.
> Fazit: Nur die Schüler, die sowieso motiviert sind und gut mitarbeiten,
> erledigen alle Aufgaben (und bekommen Übung). Die Aussage "Bitte
> kontrollieren Sie die Hausaufgaben, damit mein Kind (ich) sie nicht
> umsonst gemacht hat (habe)!" herrscht vor.
Bei den Kleinen steht das noch im Vordergrund. Die machen ihre Aufgaben
vor allem für mich und wollen ein nettes Wort hören, wenn (weil) sie
sich Mühe gegeben haben. Deshalb kontrolliere ich Hausaufgaben jeden
Morgen vor dem Hauptunterricht. Wenn meine Sechstklässler eintrudeln,
führt der erste Weg zu meinem Tisch. So etwas klappt selbst in einer
achten Klasse.
> Jeden Tag, egal, welche Epoche gerade läuft, Rechen- und Deutschübungen
> aufzugeben*, habe ich im Hinblick auf meine eigenen Erfahrungen aus der
> Schülerzeit eingeführt. ...
mmmh, machst du das individuell? Bei den Unterschieden im Rechnen-Können,
die ich in meiner (3.) Klasse habe, wäre eine tägliche Gießkanne nicht sehr
sinnvoll, will mir scheinen. Außerdem habe ich gerade im Rechnen den Segen
des Vergessens und Erinners schätzen gelernt, der im Epochenprinzip
veranalgt ist. Desdwegen gibt´s bei mir auch die wöchentlichen Rechenzettel
ab ca. 6 Wochen vor einer Rechenepoche nicht mehr.
> *) Diese Aufgaben nennen wir "Achtuhraufgaben", weil sie vor dem
> Unterricht einzeln kontrolliert und direkt nach dem rhythmischen Teil
> verglichen werden. Dann gibt es auch die neuen Aufgaben per Diktat.
Wie viele Kinder hast du in der Klasse und wie lange braucht das täglich so
in etwa (insgesamt)?
Gruß, Henning
> mmmh, machst du das individuell?
Nein, alle werden gleich behandelt. Und die paar Aufgaben täglich
schaffen auch die langsamen Rechner. Sieh es als Konzession an die
Erwartungen der Eltern. Manchen sind die Hausaufgaben immer noch zu
wenig, trotz Ganztagsschule. Sollen wohl zu Hause ruhig gestellt werden,
die Kleinen...
Damit die Schüler schon zu Hause wissen, ob sie richtig gerechnet haben,
gebe ich ihnen für die täglichen drei Aufgaben schon die Ergebnisse mit
(meistens fünf Zahlen, von denen dann zwei falsch sind).
Früher habe ich mal freigestellt, ob man zwei oder drei Aufgaben
rechnet. Weil aber gerade die langsamen Rechner oft den Ehrgeiz hatten,
alle drei zu rechnen, und die schnellen gerne mal einen auf faul gemacht
und nur zwei gerechnet haben, habe ich das wieder abgeschafft.
> sinnvoll, will mir scheinen. Außerdem habe ich gerade im Rechnen den Segen
> des Vergessens und Erinners schätzen gelernt, der im Epochenprinzip
> veranalgt ist.
Wir üben über einen Zeitraum von sechs bis acht Wochen z.B. nur
Prozentrechnung, dann wieder zwei Monate nur Bruchrechnung etc.
Das Vergessen klappt prima, glaub mir. ;)
> Wie viele Kinder hast du in der Klasse und wie lange braucht das täglich so
> in etwa (insgesamt)?
Zurzeit sind es dreißig Kinder. Für das gemeinsame Vergleichen und
Neu-Abschreiben gebe ich etwa zehn Minuten. Wenn es Fragen gibt, auch
mal mehr. Dafür sind meine Rechenepochen jeweils nicht länger als zwei
Wochen (etwa drei Stück pro Jahr).
> Das Vergessen klappt prima, glaub mir. ;)
HmmHmm... und das Erinnern (=> das aktive Heranschaffen)? Ich insistiere da
so, weil ich immer wieder erstaunt bin, was in der rechnerischen
"Pralaya-Zeit" gerade bei den Kindern, die es schwerer haben, an neuem
Können dazukommt. Es ist wie Einschlafen und Aufwachen. (Ich will das hier
nicht als Gegenargumente anführen, mich interessieren deine Erfahrungen.)
> Für das gemeinsame Vergleichen und
> Neu-Abschreiben gebe ich etwa zehn Minuten. Wenn es Fragen gibt, auch
> mal mehr.
Schade, dass ich deine Klasse nicht kenne. Danke für die Antworten.
Henning
> HmmHmm... und das Erinnern (=> das aktive Heranschaffen)?
Ich habe seit Aschermittwoch wieder die Prozentrechnung im Programm -
die Schüler sind nach mehrmonatiger Pause schnell wieder damit klar
gekommen (ich musste nichts mehr erklären). Wichtiger ist mir bei den
täglichen Aufgaben allerdings der generelle Angstabbau gegenüber Mathe
vor allem bei den schwachen Rechnern. Und das klappt.
> Schade, dass ich deine Klasse nicht kenne.
Ja, dir entgeht etwas. Netter Haufen. Jeden Morgen gerne aufzustehen,
das hat was, das haben nicht viele. :-)