Der Erste Internet-Krieg

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Stefan Münz

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May 14, 2009, 4:24:42 PM5/14/09
to Webkompetenz-Forum
Hallo,

Den Ersten Weltkrieg kennen wir, und den Zweiten. Und jetzt soll
wieder Krieg sein?

Anzeichen dafür gibt es. Es genügt, auf news.google.com oder
blogsearch.google.com oder bei Twitter nach Ausdrücken wie
Internetsperren, Paintball oder Zensursula zu suchen. In letzter Zeit
nehmen die Versuche von politischer Seite, das Internet zu
reglementieren, auffällig und massiv zu. Diese Verdichtung von
netzbedrohlichen Maßnahmen haben innerhalb des Netzes mittlerweile zu
einem Sturm der Empörung geführt und zu Mobilisierungen aller Art
(Online-Petition, öffentliche Briefe an Politiker, Stellungnahmen
namhafter Organisationen gegen die politischen Maßnahmen). Das
wiederum hat die herrschende Schicht mittlerweile dazu bewegt,
ihrerseits zur Unterstützung ihrer Vorhaben aufzurufen, und seltsame
Interessenskoalitionen von Lobbyisten helfen dabei.

Zeitgleich wird an der Front zwischen alten und neuen Medien immer
offener gemetzelt. Belletristik-Autorin Julia Franck sieht die
Existenz der Autoren und der Literatur bedroht, während Google munter
weiterscannt und sich immer offener einen Dreck schert um angeblich
verletzte Urheberrechte, weil sie wissen, dass sie in Wirklichkeit nur
Nutzungs- und Verwertungsrechte von Verlagen verletzen, und wenn man
genug Geld hat, um alle namhaften Verlage aus der Kaffeekasse
aufkaufen zu können, muss man sich über deren Ansprüche keine Sorgen
mehr machen.

Die französische Regierung prescht indessen besonders weit vor und
kappt Internetzugänge von jedem, der sich mal illegal einen Song
herunterlädt. In Schweden kommt die Piratenpartei dafür auf mehr als
5% der Stimmen. "Es mischen sich jetzt Online- und reale Welt", hat
Franziska Heine in einem Interview neulich gesagt.

Tatsächlich hat sich etwas verändert: früher hielten Politiker das
Internet unter vorgehaltener Hand für einen bösen Viren-, Porno- und
Chaotensumpf, doch es genügte, mit vorgehaltener Hand darüber zu
reden. Das Netz gab keinen Anlass zu konkretem Handeln, und so konnte
man es offiziell in Ruhe lassen. Die Netizens wiederum posaunten viele
Injurien über Politiker herum, aber das war einfach wie beim
Stammtisch. Man blieb letztlich unter sich, und das konnte man ja
auch, denn man wurde ja in Ruhe gelassen.

Jetzt gibt es direkten Kontakt zwischen den Welten, weil das Internet
so einflussreich geworden ist, dass man es auf Seiten der Politik
nicht länger ignorieren kann. Und die Netzbürger sitzen nicht länger
in einem abgelegenen Dorfgasthaus, sondern in einem regierungsseitg
videoüberwachten Glashaus, dessen Wände aber sehr dünn sind. Im besten
Fall wird noch miteinander geredet, wie heute Ursula von der Leyen mit
Blogger Johnniy Häusler alias Spreeblick. Doch dabei gibt es keinen
Konsens. Die Zeichen stehen auf Kampf. Die einen haben viel zu
verlieren, und die anderen sind sehr, sehr empört.

Eine Eskalation ist durchaus nicht auszuschließen. Regierungen
könnten, um immer größere Empörungswellen aus dem Netz zu unterbinden,
massive elektronische Sperren errichten ("Notstandsgesetze"). Hacker
könnten daraufhin durch Manipulation entsprechender Rechner die
öffentliche Ordnung stark beeinträchtigen. Elektronische Schlachten,
die durchaus reale Opfer kosten kann (z.B. durch zusammenbrechende,
elektronisch geregelte Infrastrukturen im Verkehr, im Gesundheitswesen
usw.). Bösartige Computerviren, Aufrufe zu zivilem Ungehorsam (z.B.
keine Steuern mehr zu zahlen) -- es sind eine Menge Szenarien
ausdenkbar, die aus den gegenwärtigen Scharmützeln einen hässlichen
digitalen Showdown machen könnten, bei dem am Ende niemand mehr
gewinnen kann und alles kaputt geht.

Wahrscheinlich wird es nicht gleich bis zum bitteren Ende gehen. Doch
fest steht, dass es nicht weitergeht wie bisher. Die Zeiten der
Koexistenz sind jedenfalls vorbei.

viele Grüße
Stefan Münz

xwolf

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May 14, 2009, 5:42:21 PM5/14/09
to Webkompetenz-Forum
Hallo Stefan,

es ist etwas unfair auf so eine sorgfältige Einleitung mit einem doch
eher kurzen Reply zu antworten; Dennoch will ich es tun.
naja, vielleicht hole ich auch etwas aus.

Meines Erachtens sollten die Netizens wegen dem Erfolg der Petition
beim Bundestag jetzt nicht
zu sehr aufjauchzen. Es gab in der Vergangenheit doch auch andere
Netzaktionen und "Internetstreiks",
die teilweise auch Medien- und Politikaufmerksamkeit weckten.
So zum Beispiel Abmahnwellen (sei es um Software, sei es um Karten)
oder Softwarepatente.

Ich fürchte, so hoch die Aufmerksamkeitswelle jetzt war, sie wird in
Kürze wieder stark abebben.
Ein paar Politiker werden vielleicht gelernt haben, daß es -auch nach
Einschläfern von echten Journalismus-
doch noch aufmerksame Leute gibt.

Aber Hand aufs Herz: Was sind 80.000. - 100.000 Leute in Verhältnis zu
einer Zahl von mehreren Millionen
Bundesbürgern die ebenfalls Netzanschluss haben? Selbst wenn man
annimmt, dass gerade die Unterschreiber
alle politisch interessiert sind und damit zur Wahl gehen - das sind
nicht mehr als effektive 3%
wirksame Stimmen (bei 30% Wahlbeteiligung).

Ich sag nicht, daß dies alles nichts bringt. ich hab ja gestern selbst
in mein Blog geschrieben, daß
auch symbolische Erfolge, wie z.B. ein potentieller Erfolg der
Piratenpartei bei der EU-Wahl
was ein Umdenken bewirken können.
Ich warne nur davor, die Bedeutung höher zu werten als wie sie ist.

Denn was wird kommen: Die Netzsperren werden IMHO kommen. Weil man in
politischen Kreisen daran "glaubt".
(Glauben != Wissen, Glauben ist mehr Gefühl). Aber um den größten
Kritikpunkt doch noch zu berücksichtigen, wird es dann einen
Richtervorbehalt geben. Damit wird dann wahrscheinlich jeder mögliche
Abweichler in den eigenen Reihen
befriedigt und das Ding wird durchgehen.

In Folge von den ganzen wird es - siehe auch Aufbereitung des Urteils
aus Hamburg heute- viele negative juristische Folgeeffekte
geben. An kommende Zensur seitens der Regierungen glaub ich nicht
(weil ich denen die Kompetenz nicht abnehme), wohl aber an die
Skrupelosigkeit der Anwälte von Medien- Unterhaltungs-, Pharma- und IT-
Industrie, die Gesetze zu ihren Zwecken auszunutzen.
Und wir werden unbewusst oder pawlowskt darauf reagieren. - So wie wir
es bereits in Sachen freies WLAN und offene Netze getan haben. (Wer
heute offene Netze anbietet, wird doch gleich als Depp angesehen, der
zu doof ist, sein Netzwerk zu sichern. Diese Sichtweise wurde gerade
von vielen der ach so tollen IT-Experten angenommen. )
Wenn es Zensur geben wird, dann durch die Ketten, die wir uns selbst
anlegen.

Ciao,
Wolfang









Sky

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May 15, 2009, 10:16:58 AM5/15/09
to Webkompetenz-Forum
Hi,

das was es zu beobachten gilt ist eine _politische_ Entwicklung.
Erkennbar u.a. daran, dass sich Effizienzfragen zurzeit zumindest in
der Politik gar nicht stellen.
Warum auch? Das Wahlvieh ist zufrieden und es werden bei den
Zensurbemühungen Arbeitsplätze geschaffen (in China ca. 60.000
fulltime-jobs).

An einer näheren Betrachtung der aktuell gegebenen pol. Verhältnisse
führt hier kein Weg vorbei, folgende Fragen könnten sich stellen:
- Warum leben wir in einer Angstgesellschaft, die Verbrechen meint
primär dadurch bekämpfen zu müssen, dass mehr verboten wird (bei
grundsätzlich aber geringem Strafmass)? Warum haben wir Angst um die
Eisbären im Jahr 2100, wenn unsere Bevölkerung sich zu diesem
Zeitpunkt gedrittelt haben wird (was uns aber gar nichts aus macht)?
- Steht vielleicht die Linke konzeptionell für antiliberale Massnahmen
der hier diskutierten Art? Hat das vielleicht auch etwas damit zu tun,
dass radikale (und zurzeit dominante politische Kräfte) wie die LINKE,
die Sozen und die Grünen als Ökologisten an eine einheitliche nicht-
kompetitive Welt glauben, die einfach nur angemessen verwaltet werden
muss?
- Warum kommt es wieder zu einem Versagen der bürgerlichen Kreise um
CDU und FDP? Sind vielleicht auch diese Parteien bereits
sozialchristdemokratisch und sozialliberal?

Linkes und rechtes Gedankengut, das sich heutzutage nicht offen direkt
ausleben lässt, findet seinen Boden in gutmenschlichen
Regulierungsbemühungen; überraschend insofern die hohe Linksquote in
der IT-Szene.

MFG
Sky

xwolf

unread,
May 16, 2009, 5:43:54 AM5/16/09
to Webkompetenz-Forum

Ich glaub einer der wichtigen Gründe im Unterschied zwischen Netizens
und der vorherigen Generation klingt da an.
Es gibt: "Linkes und rechtes Gedankengut".

Zwischen den 2.Weltkrieg und Perestroika war die politische Welt
wirklich in wesentlich zwei
dogmatisch angehauchten Richtungen geteilt. Dies wirkte sicherlich auf
die betreffenden Generationen
und dementprechend hat dies Einklang in den Selbstbild der Parteien
und darauf auf die Wahlentscheidung
vieler, sowie den Glauben an die Kompetenzen der politischen
Vertreter.

Bei den meisten Leuten aus der jüngeren Generation die ich kenne
speilt es jedoch keine Rolle
mehr ob eine Partei Links oder Rechts ist. Wichtiger ist die Kompetenz
und die Überzeugungskraft gewonnen.

Um jetzt auf das Thema zurückzukommen, das Stefan oben ansprach:
Ich denke der Konflikt zwischen Netizens und dem etablierten
Machtstrukturen geht
im Kern auf die Frage zurück ob man dazu übergeht, an Kompetenz oder
an Parteibüchern
zu glauben.
Die Netizens glauben an die Wichtigkeit von Kompetenz und leben
gemeinsames, dezentrales hierachiefreies
Arbeiten (siehe Wikipedia), die etablierten Parteien an die Bedeutung
von Macht, Kontrolle und
feste Hierarchien.

Wird also ein Konflikt kommen?
Möglich. Aber meines Erachtens unwahrscheinlich. Man kann Konflikte
auf zwei Wegen lösen: Man lässt sich
drauf ein oder nicht. Und gerade den Netizens sollten Möglichkeiten
haben, auszuweichen und "Angriffe"
ins Leere laufen zu lassen:
'Der Download von dieser oder jenes Ressource ist in einem Land
juristisch heikel - egal, nehmen wir halt ein Server im Ausland'.
'Die Filesharing Plattform XYZ wird geschlossen - egal, die nächsten 5
gehen deswegen gerade auf'
'Das Netz in einem größeren östlichen Land wird überwacht - egal, ich
hab VPN dabei und log mich auf einem befreundeten Server
ein'

Während andere ihr Kriegsgerät aus Anwälten und Lobbyisten in Stellung
bringen um auch die letzte Kommunikation
zu überwachen könnte das Netz längst mit neuen Anonymizer-Netzen
kontern, in denen für die nächsten 5 Jahre Ruhe ist
(bis Anwälte gelernt haben, die Technik zu nutzen).


Wie ich aber oben schon sagte: Die einzige Gefahr die Netizens
wirklich haben, sind sie selbst.
(Beispiel freie, offene Netze).


Ciao,
Wolfgang








Stefan Münz

unread,
May 16, 2009, 7:23:16 AM5/16/09
to Webkompetenz-Forum
Hallo XWolf,

> Bei den meisten Leuten aus der jüngeren Generation die ich kenne
> speilt es jedoch keine Rolle
> mehr ob eine Partei Links oder Rechts ist. Wichtiger ist die Kompetenz
> und die Überzeugungskraft gewonnen.

Den Eindruck kann ich bestätigen, auch wenn ich nicht unbedingt soo
viele Kontakte zu der Generation habe, die schon wählen kann, aber
20-30 Jahre jünger ist als ich. Das Links-Rechts-Schema gehört einer
Weltordnung an, die nicht mehr existiert. Sozialistisches Gedankengut
findet sich quer durch Fraktionen ebenso wie konservativistisches oder
gar faschistoides Gedankengut.

> Wird also ein Konflikt kommen?
> Möglich. Aber meines Erachtens unwahrscheinlich.

Dann wollen wir das hier:
http://www.zweipunktnull.org/blog/2009/05/16/zwischenstand-zensurgegner-1-zensursula-1/
mal unter "dummer Zufall" verbuchen?
Ja, das hat zweipunktnull.org schon richtig dargestellt. Aus Sicht des
friedlichen und systemkonformen Protests der Petitionsbewegung handelt
sich um ein wirklich unüberlegtes Eigentor. Aber es zeigt eine Tendenz
an, und die Tatsache, dass der wachsende Widerstand der digitalen Welt
gegen die Reglementierung durch ignorante Offliner nicht
gleichzusetzen ist mit der Petitionsbewegung. Da herrschen noch viel
mehr Wut und Weigerung vor, sich noch länger von "denen da oben"
regieren zu lassen. Nur dass das hier keine dummen Offline-Autonome
sind, die mit Pflastersteinen und Benzinkanistern operieren. Das sind
Leute, die sagen wollen: schaut mal her, so was können wir, und als
nächstes sind ein paar wichtigere Rechner dran. Das sind Soldaten, die
sich im Krieg befinden. Und es ist fraglich, wie die Gegenseite auf
solche Attacken reagiert.

viele Grüße
Stefan Münz

Sky

unread,
May 16, 2009, 9:26:16 AM5/16/09
to Webkompetenz-Forum
> Ich glaub einer der wichtigen Gründe im Unterschied zwischen Netizens
> und der vorherigen Generation klingt da an.
> Es gibt: "Linkes und rechtes Gedankengut".

> Bei den meisten Leuten aus der jüngeren Generation die ich kenne
> speilt es jedoch keine Rolle
> mehr ob eine Partei Links oder Rechts ist. Wichtiger ist die Kompetenz
> und die Überzeugungskraft gewonnen.

Natürlich gibt es rechtes und linkes politisches Gedankengut.
Erkennbar an den jeweils sozialistischen Inhalten mit
internationalistischem oder nationalistischem Hintergrund. Das
Verkennen dieses Sachverhalts und das Reden von "Lechts und Rinks" ist
allerdings symptomatisch für die heutige werteschwache Gesellschaft
und erschwert den Kampf gegen Regulierer aus dem rechten und linken
sozialistischen Lager immens.

Die von Dir festgestellte Entpolitisierung kann ich nur tendenziell
bestätigen, in der Tat war früher gerade die Jugend politisch
gebildeter und natürlich auch zahlenmässig stärker. Was Du hier mit
"Kompetenz und Überzeugungskraft" meinst erschliesst sich mir nicht.

> Die einzige Gefahr die Netizens wirklich haben, sind sie selbst.

Genau das (also Zitate wie diese) meine ich, darum geht es bergab in D
(stellvertretend genannt).

MFG
Sky

ClaudiaK

unread,
May 16, 2009, 5:00:09 PM5/16/09
to Webkompetenz-Forum

erst fand ich ja die Wortwahl "Internet-Krieg" etwas vermessen, doch
im Moment nehmen Auseinandersetzungen wohl tatsächlich andere Formen
an.

Grade eben hab' ich mitbekommen, dass der "Kinderhilfe"-Server gehackt
wurde

http://www.csommer.de/deutsche-kinderhilfe-gehackt/

Auch eine Aktion, die den verurteilten Pirate-Bay-Betreibern
zugeschrieben wird, hat eine neue Qualität:

http://www.taz.de/1/leben/internet/artikel/1/wenn-web-piraten-rache-nehmen/

Stefans Szenarien rücken näher...



ClaudiaK

unread,
May 16, 2009, 5:12:05 PM5/16/09
to Webkompetenz-Forum

Noch etwas passt hier ganz gut, denn es zeigt, dass die Rede von den
"Soldaten im Krieg" bezogen auf "die Netizens" doch etwas fehlt am
Platz ist. Die Haltung, die in folgender Selbstbeschreibung zum
Ausdruck kommt, könnte man nämlich mit weit MEHR Berechtigung als
Netizen-Mainstream ansehen.

Zitat aus dem lesenswerten Blog-Posting "Ich unterschreibe nicht" von
Florian Holzhauer - der drei Wege sieht, sich angesichts Zensursula
etc. zu verhalten. Die dritte ist die seine:

- “Dear World, fuck you”. Mein Ansatz. Absolut feige, aber ganz
egoistisch betrachtet zielführend. Ich nutze Swissvpn, ich hab ne
Maschine bei shinjiru, und nutze meine Kenntnisse um dem Schwachsinn
aus dem Weg zu gehen. Ich hab eigene Nameserver, und mach ansonsten
den Pipi-Langstrumpf-Approach: “Ich mach mir das Internet wie es mir
gefällt”. Ich bin und bleibe Single, bin in den nächsten Monaten mit
meinem Informatik-Diplom fertig, ich habe keine Riesterrente und keine
Verpflichtungen in Deutschland. Wenns mich also irgendwann zu sehr
annervt, geh ich halt woanders hin. Und irgendwann wird schon aus rein
biologischen Gründen dann eine vernünftigere Generation nachkommen, in
der Politik."

http://fholzhauer.de/archives/2009/05/06/ich-unterschreibe-nicht/

xwolf

unread,
May 18, 2009, 3:10:20 AM5/18/09
to Webkompetenz-Forum


On 16 Mai, 15:26, Sky <skyfl...@gmail.com> wrote:

> Natürlich gibt es rechtes und linkes politisches Gedankengut.
> Erkennbar an den jeweils sozialistischen Inhalten mit
> internationalistischem oder nationalistischem Hintergrund. Das
> Verkennen dieses Sachverhalts und das Reden von "Lechts und Rinks" ist
> allerdings symptomatisch für die heutige werteschwache Gesellschaft
> und erschwert den Kampf gegen Regulierer aus dem rechten und linken
> sozialistischen Lager immens.


Richtig lesen: Ich hab gesagt, diese Schubladen spielen heute nur noch
eine geringe Rolle.
ich hab nicht gesagt, daß es dieses Schachteldenken nicht mehr gibt.

Aber ja: Es ist durchaus wichtig zu erkennen, ob jemand noch diesen
(oder anderen)
Schubladen nachhängt.


>
> Die von Dir festgestellte Entpolitisierung kann ich nur tendenziell
> bestätigen, in der Tat war früher gerade die Jugend politisch
> gebildeter und natürlich auch zahlenmässig stärker. Was Du hier mit


Ich glaube die Betrachtungsweise, daß wir alle in unserer Jugend
besser ausgebildet
wurden und heute alles Lasch und Verlottert ist, dürfte bei jeder
Generation zutreffen.

Einen Zusammenhang zwischen dem nachlassen des Schachteldenkens
und einer Entpolitisierung sehe ich aber nicht. Und auch kein
Zusammenhang mit der Bildung.
Das sind drei verschiedene Themen, die man nicht einfach in einem Satz
pauschalieren sollte.

Ich kenne sehr viele sozial aktive Menschen, die durchaus politisch
interessiert sind,
aber keinen Drang haben sich einem Schema einer einzelnen Partei
unterzuordnen.




> "Kompetenz und Überzeugungskraft" meinst erschliesst sich mir nicht.


Sorry, da war ich nicht deutlich genug.

Meines Erachtens fragen die Leute heute weniger danach, ob jemand aus
der Partei XY ist, als danach, ob er denn wirklich Erfahrung hat auf
dem Gebiet.
Natürlich ist es immer noch so, daß Leute, die keine oder wenig Ahnung
vom Fach haben
von den Parteien in die betreffenden politischen Ämter gesteckt
werden.
Trotzdem hat sich etwas geändert, nämlich, daß Bürger und Reporter zu
fragen
wagen, warum gerade der und was den denn dafür qualifiziert.

Natürlich sind die betreffenden auch nicht ganz dumm und schauen dann
zu, daß die
sich gut präsentieren und überzeugend auftreten. Die einen eben damit,
daß die
wirklich was auf den Kasten haben, die anderen durch auf PR-getrimmte
Shows
mit immer nur tollen Zahlen.



> > Die einzige Gefahr die Netizens wirklich haben, sind sie selbst.
>
> Genau das (also Zitate wie diese) meine ich, darum geht es bergab in D
> (stellvertretend genannt).

Ach?
Die Ansicht halte ich für Unsinn.
Aber vielleicht überzeugst du mich durch eine Begründung.


xwolf

unread,
May 18, 2009, 3:14:48 AM5/18/09
to Webkompetenz-Forum

Hm, aber ist der Hack nicht mehr als ein Frustablassen mit technischen
Mitteln?
Früher hätte das Kind das Gebäude der Einrichtung oder die Personen
mit faulen Eiern beworfen.

Kann man das schlechte Verhalten eines einzelnen auf alle anrechnen?
Wenn du jetzt nein sagst, widersprichst du der "Kriegsthese" doch,
oder ;)

Sky

unread,
May 18, 2009, 4:13:07 AM5/18/09
to Webkompetenz-Forum
"Wie ich aber oben schon sagte: Die einzige Gefahr die Netizens
wirklich haben, sind sie selbst."

Wer so etwas schreibt verkennt die Ursachen der sich jetzt häufenden
Vorgänge, die dieser Beitragsstrang thematisiert.

Die Regulierungswut, die von den politischen Kräften ausgeht, hat ihre
Ursachen in radikalen politischen Denkrichtungen. Zurzeit ist es eher
Regulierungswut aus dem bürgerlich (in diesem Fall: rechten) Lager, es
könnte aber auch sehr gut linke Regulierungsfreude sein.

Die "Netizens" sind letztlich selbst das Problem, da sie ungeeignete
Volksvertreter wählen. Irgendwo hier in diesem kleinen Forum habe ich
bspw. diese Guttenberg-Aussage zur Bundestags-Petition repitiert,
solche Nasen reflektieren die Leistungsfähigkeit des Wahlviehs. Oder
ist diese dumm-böswillige Guttenberg-Aussage irgendwo in den Medien
kritisch aufgenommen worden (abgesehen von den Fachmedien)?

Ansonsten ist mir zudem nicht ganz klar, was Du hier vorträgst, LOL,
also in welche Richtung es gehen soll argumentativ.

MFG
Sky

PS: Natürlich darf das Internet nicht Vorbereitungs- und
Ausführungsraum krimineller Aktivitäten sein, es ist durchaus
interessant sich dbzgl. Gedanken zu machen, wie die Wehrhaftigkeit des
Staates zum Schutze seiner Bürger aussehen darf. Insofern verdamme ich
nicht jede Aktivität, bspw. begrüsse ich die möglichst effiziente
Ausspähung islamisch motivierter Radikaler, aber so wie es jetzt läuft
(personengebundene Internetsperren, Paintball, "Killerspiele" etc.)
ist es, dezent formuliert, nicht gut.

xwolf

unread,
May 18, 2009, 5:58:06 AM5/18/09
to Webkompetenz-Forum
Hi

On 18 Mai, 10:13, Sky <skyfl...@gmail.com> wrote:
> "Wie ich aber oben schon sagte: Die einzige Gefahr die Netizens
> wirklich haben, sind sie selbst."
>
> Wer so etwas schreibt verkennt die Ursachen der sich jetzt häufenden
> Vorgänge, die dieser Beitragsstrang thematisiert.
>

Ah, jetzt sehe ich wo dein Problem ist - du hast das "oben" nicht
nachgeschaut.


Dort begründete ich nämlich den Satz durchaus mit einem konkreten
Vorgang.
Nämlich dem Wechsel der Sichtweise von Netizens in Bezug auf
freie Netze: Galt es vor einiger Zeit noch als gute Sache, freie
Zugänge oder Dienste anzubieten, die auch für den anonymen
Zugang geeignet waren, ist dies inzwischen kaum noch so.
Wer beispielsweise heute ein offenes WLAN betreibt wird pauschal
verurteilt als jemand, der keinen Hauch Ahnung von Security hat.
Und wenn es dann auch Gerichturteile gegen diese Leute
als Mitstörer gibt, gibt es kaum noch Proteste.

Der einst von vielen Netizens so hoch gehaltene freie Zugang
wird daher in der konkreten Wirklichkeit garnicht so hoch gehalten.
Bewusst oder unbewusst wurde er jedenfalls im Falle der
WLAN-Accesspoints durch eine negative SIchtweise darauf
ersetzt. Hand aufs Herz: Wer macht bei FON mit?

Mein Aussprach bezieht sich daher auf solche Vorgänge.
Wir als Netizens durchlaufen bewusst oder unbewusst selbst
dauerend einen Wertewandel.
Und dieser kann in einigen Dingen auch ins Schlechte gehen.
Das ist die Gefahr, die wir uns selbst bauen.




Swen Wacker

unread,
May 18, 2009, 6:23:57 AM5/18/09
to webkom...@googlegroups.com
Hallo,

ich glaube nicht, dass das ein Krieg ist. Also sowas, wie "Sorry aber
ich erobere jetzt mal Dein Land, weil ich Raum brauche" oder "Ich
rotte Dich jetzt mal aus, weil Du blaue Haare hast" oder "Nimm die
Finger von meiner Frau" ist das nicht.

Ein wenig ist es natürlich eine Nachfolgediskussion. Wobei mich an
dieser (Print)Mediendiskussion in der Käseglocke Blogosphäre am
meisten die selbstmitleidige Zentrierung auif die Medien stört. Als ob
das Internet so was banales wie ein Zeitungsnachfolger wäre! Qutasch,
das Internet ist in seiner Dimensionalität so was von komplett Neu,
dass man das nicht auf irgendeneien Vorgänger eindampfen kann. Und
wenn, warum dann ausgerechnet die meiden? Warum nicht die
Tagebuchindustrie, der Versandhandel, das Pornokino um die Ecke, der
Buchladen oder die Briefpost.

Wir werden dem Ausmaß des Umbruchs sicher gerechter, wenn wir an
Erfindungen wie den Buchdruck, die Dampfmaschine oder das Auto denken.
Also kein (vermeidbarer) Krieg, sondern eine (zwangsläufige)
Revolutionen. Kriege sind vermeidbar, Revolutionen nicht.
Revolutionen kann man vielleicht niederschlagen, die bannen sich aber
ihren Weg. Das Intenret kann nicht ungeschehen gemacht werden, ebenso
wenig, wie Zahnpasta den Weg zurück in die Tube findet.

Ich denke an die Erfindung des Autos und stelle mir die "early
adopter" vor, die ungebremst und ungereguliert mit ihren
Benzinkutschen durch die Welt schaukelten. Technische Freaks auf der
einen Straße, Visionäre auf der anderen Straßenseite, lunteriechende
Kapitalisten auf einer noch anderen Straße. Auch hier, so stelle ich
mir das ohne Recherche vor, gab es zunächst kein oder nur
selbstgemachte Regeln, die sich die Schar der Enthusiasten gemacht
hat. Irgnedwann, als das Auto mitten in der Gesellschaft ankam, Du
schriebst vom "direkten Kontakt zwischen den Welten", da kamen die
Rugulierer aus den Löchern. Da war eine Ampel nicht nur ein Ampel
sondern bekam genaue Phasen verordnet. Da kamen die Maschinenstürmer,
die Sportler, die Kutscher, besorgte Eltern und autofahrende
Politiker, prasselten zusammen und der Stress fing an. Oder nahm ab.
Je nach Blickwinkel.

Nun würde es zu kurz greifen, glaube ich, zu sagen: Achso, jetzt kommt
der unvermeidbare Regulierungsschub. Alles klar. Da werden alle ein
wenig zurückstecken, eine Straßenverkehrsrordnung fürs Web kommt her
und alles läuft dann weiter so wie vorher. Mit Übergangsregelung.

Jede revolutionäre Erfindung ändern auch - und besonders - die
Beziehungen zwischen den Menschen. Das Internet kann also nicht als
eigenständiges, regulierbares Ding angesehen werden, das als in sich
geschlossenes System gefoprmt werden könne. nein, das Internet hat die
Beziehungen zwischen den Menschen geändert und erfordert und erzwingt
deshalb auch neuen Antworten. Ich habe neulich das Buch "Klick" von
der Zeitredakteurin Susanne Gaschke gelesen. Ein Buch, dass die
Hilflosigkeit der Kritiker vor der Umwälzung deutlich macht. Ich kenne
die Autorin, mag sie menschlich sehr und schätze ihren wachen, regen
Intellekt, bin aber völlig platt gewesen, wie gescheuklappt man sich
der "Gefahr" Internet nähern kann, wenn man sich nur ein wenig Mühe
gibt. Ich habe mich nicht mal drüber aufgeregen können.

Was jetzt als Gegenbewegung der Netizen (Susanne schimpft sie
Netz-Apologeten) ist doch komplett zu erwarten. Es gibt, wenn man das
mit den typischen Formen des bürgerlichen Protestes vergleicht,
Demonstrationen, die andere als Latschdemos oder Marsch durch die
Institutionen abtun und es gibt zerstörerische Angriffe, die wieder
andere als "rechtfertigenden Gewissensnotstand" interpretieren. Und es
wird sicher auch noch Kaufhausbrand-Parolen geben. Nur aufhören wird
es sicher nicht. Weder von der Seite der Netizens noch vom
"Schweinesystem". Und am Ende, da bin ich überzeugt, wird was komplett
neues stehen. Und politische Auslaufmodelle wie Frau von der Leyen
wird die uns nachfolgende Generation nicht mal mehr nachvollziehen
können.

Gruß

Swen

Sky Dumont

unread,
May 18, 2009, 6:33:39 AM5/18/09
to webkom...@googlegroups.com
> Nämlich dem Wechsel der Sichtweise von Netizens in Bezug auf
> freie Netze: Galt es vor einiger Zeit noch als gute Sache, freie
> Zugänge oder Dienste anzubieten, die auch für den anonymen
> Zugang geeignet waren, ist dies inzwischen kaum noch so.
> Wer beispielsweise heute ein offenes WLAN betreibt wird pauschal
> verurteilt als jemand, der keinen Hauch Ahnung von Security hat.
> Und wenn es dann auch Gerichturteile gegen diese Leute
> als Mitstörer gibt, gibt es kaum noch Proteste.

Ja, das sind schon jämmerliche Geschichten.
Irgendwo schrieb ein Blogger, dass er in Italien beim Besuch von
Internetcafes seinen Pass zeigen muss, dessen Kennung dann notiert
wird, LOL. Köstlich immer auch die Urteile des berüchtigten Buske vom
Hamburger Landesgericht.

Aus meiner Sicht ist die IT-Szene weitgehend politisch
desorierentiert, was wohl das Hauptproblem in diesem "Krieg" ist. Der
unselige CCC bspw. mit seinen Vorträgen (Wer erinnert sich noch an die
spektakuläre und supertolle Aktion "Wahlcomputer spielt auf einmal
Schach"?) trägt hier eher zum Abbau von Kenntnissen bei, so dass
gerade auch jüngere IT-Interessierte oft politische Kompetenz auf
Mickey Mouse-Niveau entwickeln. Ein Tiefpunkt war bspw. auch die
Diskussion beim "intellektuellen" Spreeblick über die
"Internetsperren" (die natürlich nie funktionieren werden), ein
gewisser Jonny war dort so gut auf das Argument "Aber es geht doch um
Kinderpornographie" abgefahren, dass er seine liberale Kompetenz an
der Garderobe abgegeben hat bevor er seinen unseligen Blogeintrag
verfasste.
Ja, es gibt schon üble Tiefpunkte.

Stefan nehme ich hier natürlich sehr gerne (und vorsichtshalber, also
bitte nicht angesprochen fühlen! :) aus, genauso wie die freundlichen
und geneigten wie verständigen Mitleser.

MFG
Sky

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