vor 10 Jahren hatte der ambitionierte Freak eine eigene Homepage.
Heute hat keiner mehr Homepages. Heute hat jeder ambitionierte Freak
ein Blog. Natürlich ist ein Blog auch nichts anderes als eine Art von
Homepage. Aber davon weiß man ja nichts, wenn man gar nichts anderes
kennengelernt hat - und wer hat das schon, zumindest von den Jüngeren.
HTML ist das Zeugs, was man im Posting-Textfeld der Blogsoftware
eingeben kann, um irgendwas zu erreichen, was im Standard-Wysiwyg-Mode
nicht geht. Basta.
Eines scheint vordergründig gleich zu sein. Auch die Homepage von vor
10 Jahren war um so erfolgreicher, je mehr sie an konkreten Inhalten
zu bieten hatte. Das ist auch heute noch so, bei den Blogs. Oder etwa
doch nicht? Hier gibt es eine interessante Diskussion:
http://nanopub.de/2007/03/26/mit-masse-statt-klasse-zu-mehr-besuchern/
Dort wird einer der bekanntesten Blogger im deutschen Sprachraum,
Robert Basic - Basic Thinking Blog - hatten wir auch gerade erst:
http://groups.google.com/group/webkompetenz/browse_frm/thread/3d12463c0cf1b770
beschuldigt, seine Kapazitäten als Einzelperson zu überschreiten und
einfach zu viel zu veröffentlichen.
Und es wird auf eine Umfrage von Darren Rowse hingewiesen, der zu
Folge der häufigste Grund für das Abbestellen (unsubscribe) eines Blog-
Feeds der ist, dass in dem betreffenden Blog-Feed zu viel gepostet
wird:
http://www.problogger.net/archives/2007/03/01/34-reasons-why-readers-unsubscribe-from-your-blog/
Robert Basic hat natürlich auf die Vorwürfe geantwortet:
http://www.basicthinking.de/blog/2007/03/26/massebloggen-oder-qualitaetsbloggen/
Fragen, die sich daraus ergeben:
* Ist an der Studie von Darren Rowse was dran? D.h. gibt es
mittlerweile wirklich eine Art Feed-Overflow, die dafür sorgt, dass
Feedreader-Benutzer Blogs, in denen täglich ein halbes Dutzend, ein
Dutzend oder mehr Postings erscheinen, allmählich ignorieren, weils
ihnen insgesamt einfach zu viel wird?
* Sind Blogs um so erfolgreicher, je mehr Postings sie publizieren?
Zumindest auf Quellen mit originären (selbst formulierten) Inhalten
scheint das ja zuzutreffen: Heise-Ticker, Robert Basic, Bild-Blog usw.
Auf Blogs mit vielen, aber nur aggregierten (software-technisch
zusammenkopierten) Inhalten wiederum nicht, was ja auch in den meisten
Fällen gut so ist.
* Gibt es bei originären Postings, die nicht aus nur aggregierten
Inhalten bestehen, trotzdem oder gerade weil sie originär sind,
tatsächlich ein "zu viel"? Ist "originär" nicht gleich "qualitativ
hochwertig"?
* Und zu guter letzt: interessiert das hier alles eigentlich
irgendwen? Oder wird gerade die niedrige Posting-Frequenz in diesem
Forum von den Usern des Forums geschätzt? ;-)
viele Grüße
Stefan Münz
> * Und zu guter letzt: interessiert das hier alles eigentlich
> irgendwen? Oder wird gerade die niedrige Posting-Frequenz in diesem
> Forum von den Usern des Forums geschätzt? ;-)
für mich ist das alles ziemlich neu, was Du im Blog so schreibst.
"Anspruchsvoll" wäre wohl das richtige Wort. Sehr viel auf Meta- und
Meta-Meta-Ebene, wenig zum "Anfassen".
Grüsse!
King^Lully
ich vermute mal, das hängt stark vom Lese- und Konsumverhalten eines
jeden einzelnen ab. Was mich angeht, ich verfolge nur eine Handvoll
Blogs/Feeds regelmäßig: Dein Webkompetenz-Blog, das SELFHTML-Aktuell-
Weblog, die Webkrauts und einige wenige andere. Eine niedrige Posting-
Frequenz bevorzuge ich, da ich ein eher gründlicher Leser bin, gute
und fundierte Postings schätze und oft auch noch geraume Zeit mit
verlinkten Quellen verbringe.
Für jemanden, der gut im Überfliegen und Querlesen ist und der schon
drei Links weiter ist, wenn ich das ursprüngliche Posting erst halb
durch habe, mag sich das ganz anders darstellen. Das ist einfach eine
andere Kultur der Informationsaufnahme, die zumindest bei mir schnell
dazu führen würde, dass ich alles nur sehr oberflächlich wahrnehme und
dass sich ein "Lost-in-Hyperspace-Gefühl" einstellt. (Hm, den Ausdruck
habe ich bestimmt aus SELFHTML ...)
Viele Grüße
Christian
ich denke auch, dass die Blog-Welle genauso wieder abebben wird,
wie die Welle der privaten Homepages es tat.
An der Überlegung "Weniger Posts -> mehr Wertschätzung derselben"
ist sicherlich etwas dran.
Auch ich empfinde die Informationsflut hin und wieder erdrückend, bin
andererseits beim Stöbern auf meiner Festplatte immer mal wieder
erstaunt,
womit ich mich offensichtlich schon beschäftigt habe.
schöne Grüße,
Elisabeth
> ich denke auch, dass die Blog-Welle genauso wieder abebben wird,
> wie die Welle der privaten Homepages es tat.
Die Form der privaten Webseiten verändert sich.... was zunächst als
über ein Formular auf einen Gratis-Webspace geladen wurde, findet sich
nun in Blogs und in Profileinträgen von Foren oder einer Community-
Webseite.
Jeder "muss" sich irgendwo präsentieren - und "keinen" interessiert
es. Und das wird auch in nächster Zeit so bleiben. Das Internet wird
mit zugemüllt - und es ist ein guter Ort, um Umweltverschmutzung zu
betreiben - da kann man leichter wegsehen :)
Nur eines stimmt mich nachdenklich: Es kommt vielfach nicht auf die
Relevanz (sofern sowas zu bestimmen ist) der Beiträge an, sondern oft
auch auf die Künste der Suchmaschinenoptimierung, ob nun etwas
gefunden wird - oder eben nicht.
Gedankenspiel
War das ernstgemeint oder ist mir was entgangen?
Cheers,
Axel
> Jetzt beim Bloggen ist das eine andere Welt. Ich muss plötzlich kein
> eigenes Design mehr präsentieren, es ist völlig ok, ein Template zu
> wählen und schon kann es los gehen. Denn plötzlich geht es um den
> Inhalt, den manche ja eh nicht mehr auf der Website sondern ganz ohne
> mein Layout im Feedreader lesen. Das ist wie bei den Foren, die haben
> das Homepage-Sterben auch überlebt, aus dem gleichen Grund...
Treffend gesagt! Es sind denke ich auch nicht unbedingt die Blogs als
Konzept, welche für so viel Umwälzung gesorgt haben, sondern eher die
leistungsfähigen Webanwendungen dahinter. Das Gleiche passiert ja auch
bei Wikis oder bei den Foto- und Video-Hostern. Endlich muss man sich
nicht erst wochenlang in Webdesign üben (und auch kein
ultrakompliziertes CMS mehr erlernen), um mal ein paar Sachen im Web
zu präsentieren. Den Erfolg möglich gemacht haben jene Webanwendungen,
die den User nicht mit Funktionen überladen und einfach in etwa so
funktionieren, wie man es erwartet - und immer mit halbwegs
ansprechendem Output.
HTML an sich ist dabei eigentlich gar nicht das Problem - viele
Blogger editieren durchaus auf HTML-Ebene. Das Problem bei den von
Grund auf selbst erstellten Websites liegt zum einen darin, dass viele
Autodidakten nicht genügend Feeling und/oder nicht genügend Kenntnisse
haben, um ein halbwegs ordentliches Design hinzubekommen. Und zum
anderen liegt das Problem für viele Leute in der Datenorganisation und
Verlinkung, wenn die Anzahl der Inhalte erst mal ein, zwei Dutzend
Seiten übersteigt. Webanwendungen wie Blogs oder Wikis nehmen den
Usern genau diese Probleme ab.
viele Grüße
Stefan Münz
hi, community.
freilich führt der umstand, daß immer mehr über templates läuft,
auch zu einer gewissen uniformität vieler blogs.
aber das muß ja kein fehler sein:
content counts.
lesenwertes WIRD gefunden und zieht kreise.
um schmarrn (österr.= unwertes zeug) ist eh nicht schad.
> freilich führt der umstand, daß immer mehr über templates läuft,
> auch zu einer gewissen uniformität vieler blogs.
> aber das muß ja kein fehler sein:
> content counts.
> lesenwertes WIRD gefunden und zieht kreise.
> um schmarrn (österr.= unwertes zeug) ist eh nicht schad.
Das beobachte ich in der Tat auch so. In diesem Thread:
http://groups.google.com/group/webkompetenz/browse_frm/thread/75747dc445c0c4aa
habe ich ja auch schon mal etwas advocatus diaboli gespielt und zu
fragen gewagt, welche Bedeutung individuelles Webdesign im Zeitalter
von sich durchsetzenden defacto-Webanwendungen, Feeds und Content
Syndication überhaupt noch hat. Und wenn man mal ganz ehrlich die
Frage beantworten soll, was man vom Design einer Website erwartet, so
lautet die Antwort - zumindest bei allen Sites, deren Aufgabe nicht
nur ein ambitionierter Showcase ist: angenehm, unaufdringlich,
funktionell, an der Funktion orientiert.
Meine persönliche Ansicht dazu ist, dass anstelle von höchst eigenen
und unverwechselbaren Seitenlayouts andere Dinge viel wichtiger
werden, die eher mit Usability zu tun haben. So etwa ein sinnvoller
Einsatz von Ajax bei Webanwendungen, damit nicht für jeden Mist wieder
eine neue Seite geladen werden muss. Also z.B. Dialog-Layer, um bei
der Texteingabe eine Grafik einzufügen usw. Auch
anwendungsübergreifende Features gehören dazu. Mittlerweile erscheint
beispielsweise bei einigen Previews von snap.com gar nicht mehr ein
Thumbnail-Screenshot der Seite des Verweisziels, sondern eine
gescannte Definition, also lesbarer Text (Beispiele: wenn man im
aktuellsten Eintrag des Webkompetenz-Blogs über BarCamps die snap.com-
Icons hinter den Links zu "OpenSource" oder "Larry Wall" überfährt,
erscheint direkt eine entsprechende Definition. So was finde ich
Klasse, und das ist Mehrwert, den ich mir von Design wünsche -
inhaltlicher Mehrwert.
viele Grüße
Stefan Münz