Voraussetzung fr die Umsetzung dieser Vorgehensweise ist das Vorliegen einer beantwort- bzw. recherchierbaren Fragestellung, deren Formulierung kein Bestandteil der hier beschriebenen Vorgehensweise ist.
Ob eine Fragestellung breit oder sehr speziell formuliert ist, spielt fr die Auswahl des Rechercheprinzips eine untergeordnete Rolle. Prinzipiell kann fr jegliche Fragestellungen sowohl eine sensitive als auch eine spezifische Recherche durchgefhrt werden.
Zur Veranschaulichung der Auswirkungen beider Rechercheprinzipien auf das Ergebnis einer Recherche sollev die folgenden Abbildungen dienen. Es handelt sich um die Darstellung der Ergebnismengen einer (fiktiven) systematischen Literaturrecherche, d. h. des Verhltnisses zwischen den relevanten und nicht relevanten Treffern. Aus der Anzahl der gefundenen Treffer, die relevant sind (A) und der Anzahl der gefundenen Treffer, die nicht relevant sind (B) setzt sich die Gesamtzahl aller in dieser Recherche gefundenen Treffer (C) zusammen. D ist die Anzahl der Treffer, die nicht in der Recherche gefunden wurden, aber eigentlich relevant sind, d. h. in der Recherche bersehen wurden. Aus der Anzahl der gefundenen, relevanten Treffer (A) und der Anzahl der bersehenen, relevanten Treffer (D) setzt sich die Gesamtzahl aller vorhandenen, relevanten Treffer zusammen (E).
Die Anzahl aller vorhandenen relevanten Treffer (E) bleibt unabhngig vom Rechercheprinzip immer gleich, whrend A, B, C und D sich verndern, je nachdem, ob die Recherche sensitiv oder spezifisch ausgerichtet ist. Im Folgenden werden diese Vernderungen anhand der Abbildung veranschaulicht.
Im Fall eines sensitiven Rechercheprinzips erhht sich die Anzahl der gefundenen Treffer, die relevant sind (A) sowie die Anzahl der gefundenen Treffer, die nicht relevant sind (B), wodurch auch die Gesamtzahl aller in der Recherche gefundenen Treffer (C) steigt. Die Anzahl der bersehenen, relevanten Treffer (D) hingegen wird geringer.
Im Fall eines spezifischen Rechercheprinzips verringert sich die Anzahl der gefundenen Treffer, die relevant sind (A) sowie die Anzahl der gefundenen Treffer, die nicht relevant sind (B), wodurch auch die Gesamtzahl aller in der Recherche gefundenen Treffer (C) sinkt. Die Anzahl der bersehenen, relevanten Treffer (D) hingegen wird grer.
Die folgende Tabelle soll verdeutlichen, wie sich die Auswahl des Rechercheprinzips konkret auf die nachfolgenden Schritte auswirkt bzw. wie die Schritte in Abhngigkeit des gewhlten Rechercheprinzips tendenziell auszugestalten sind.
Auch fr diese Fragestellung gilt, dass die Wahl des Rechercheprinzips nicht von ihrem Inhalt bzw. Umfang abhngt, sondern vom Ziel der Recherche bzw. der damit verbundenen Wichtigkeit, mglichst alle relevanten Treffer zum Thema zu identifizieren.
In einem anderen Fall soll unsere Fragestellung dazu dienen, einige Nachweise zur Wirksamkeit interdisziplinrer Fallkonferenzen fr einen Kurzvortrag zum Thema zu generieren. Hier stellen die Ergebnisse der Literaturrecherche also keine wichtige Entscheidungsgrundlage dar. Ein mglichst vollstndiges Suchergebnis ist in diesem Fall nicht notwendig, vielmehr reicht es aus, einige wichtige Studien zu identifizieren, in denen die Wirksamkeit interdisziplinrer Fallkonferenzen auf die Zufriedenheit von Krebspatientinnen und -patienten untersucht wurde. Daher wre in diesem Fall ein spezifisches Rechercheprinzip mglicherweise ausreichend, um Zeit und Aufwand zu sparen.
Im Rahmen der Darstellung der zehn Schritte fr diese Beispielfragestellung nehmen wir an, dass ein mglichst vollstndiges Bild aller relevanten Studien zum Thema zwar angestrebt, jedoch nicht zwingend notwendig ist. Die anhand unserer Beispielfragestellung veranschaulichte Bearbeitung der folgenden Schritte entspricht daher einem Mittelweg zwischen einem sensitiven und spezifischen Rechercheprinzip.
Diese Zerlegung in Suchkomponenten ist notwendig, weil sie der Funktionsweise der Datenbanken entspricht. Sie ist die Grundvoraussetzung, um in nachfolgenden Schritten geeignete Suchbegriffe zu finden und diese sinnvoll bei der Eingabe in die Datenbanken miteinander zu verknpfen.
Hilfreich fr die Festlegung von Suchkomponenten sind Schemata (auch Mnemonics genannt), welche die grundlegenden Komponenten einer Fragestellung enthalten. Ein bekanntes Schema ist PICO, welches die Frage folgendermaen strukturiert bzw. die folgenden vier Komponenten beinhaltet:
Grundstzlich gilt: Je mehr einzelne Komponenten eine Fragestellung beinhaltet, desto spezifischer ist sie und desto weniger Treffer sind zu erwarten. Mit anderen Worten: je mehr Suchkomponenten fr die Suche definiert werden, desto grsser wird das Risiko, potentiell relevante Treffer zu bersehen (Bramer, Jonge, Rethlefsen, Mast & Kleijnen, 2018).
So kann bspw. im Fall einer sensitiven Recherche bei einer Fragestellung nach PICO ggf. auch die Suchkomponente C (Control) und/oder O (Outcome) weggelassen werden, um die Suche weniger stark einzugrenzen. Bei einer spezifischen Recherche knnte eine zustzliche Suchkomponente hingegen fr Zeitersparnis sorgen, da sie die Anzahl der Treffer reduziert. Gegebenenfalls kann es in diesem Zusammenhang auch von Vorteil sein, bereits bei der Entwicklung der Suchstrategie bestimmte Ein- und Ausschlusskriterien (bspw. Studiendesign, Publikationszeitraum, Sprache, Lnder) als eigenstndige Suchkomponenten zu definieren. Daher sind die Schemata als Orientierungshilfen anzusehen, von denen in begrndeten Fllen durch das Hinzufgen oder Entfernen von Suchkomponenten abgewichen werden kann.
zielt darauf ab, zu untersuchen, wie sich eine bestimmte Manahme (interdisziplinre Fallkonferenzen) in einem bestimmten Versorgungsbereich (Akutkrankenhuser) und fr eine bestimmte Zielgruppe (onkologische Patientinnen und Patienten) auf eine bestimmte Zielgre (Zufriedenheit) auswirkt. Es handelt es sich somit um eine Fragestellung zur Wirksamkeit einer Intervention.
Fr Fragestellungen von Wirksamkeits- bzw. Interventionsstudien eignet sich das PICO-Schema (P=Patient, I=Intervention, C=Control, O=Outcome) als Untersttzung zur Festlegung der Suchkomponenten. Gem PICO wrde sich unsere Fragestellung vorlufig in die folgenden Suchkomponenten zerlegen lassen:
Schemata wie PICO stellen jedoch nur Orientierungshilfen dar und hufig sind in Abhngigkeit der jeweiligen Fragestellung sowie des Rechercheprinzips Abweichungen von der strikten schematischen Einteilung sinnvoll.
Die Suchkomponenten Onkologische Patientinnen und Patienten (Population) sowie Zufriedenheit (Outcome) knnen beibehalten werden, da wir uns hier deutlich sicherer sind, mglichst alle relevanten Suchbegriffe darunter identifizieren zu knnen.
Die Komponente Kontrollintervention ist nicht Bestandteil unserer Beispielfragestellung, da wir uns nicht auf bestimmte Kontrollinterventionen festlegen wollten, sondern denkbar alle Interventionen relevant sind, mit denen die interdisziplinre Fallkonferenz in vorhandenen Studien mglicherweise verglichen wurde. Des Weiteren nehmen wir an, dass fr unsere Fragestellung auch Studien relevant sind, in denen die Wirksamkeit interdisziplinrer Fallkonferenzen nicht mit einer Kontrollintervention verglichen wurde, bspw. Vorher-Nachher-Studien. Wenn wir eine Suchkomponente fr Suchbegriffe zu Kontrollinterventionen festlegen, wrden wir damit jedoch automatisch alle Studien ohne Kontrollinterventionen ausschlieen. Zudem wissen wir nicht, welche Kontrollinterventionen zu interdisziplinren Fallkonferenzen es gibt. Daher knnen wir auch hier wahrscheinlich nicht alle denkbaren Suchbegriffe fr Kontrollinterventionen identifizieren, was mglicherweise zum Verlust weiterer relevanter Studien fhrt. Aus diesen Grnden verzichten wir auf diese Komponente. Generell sollte die Suchkomponente Kontrollintervention nur festgelegt werden, wenn im Rahmen der Fragestellung bereits eine konkrete Intervention beschrieben ist, mit der verglichen werden soll.
Die Auswahl geeigneter Datenbanken erfordert eine Auseinandersetzung damit, wie viele und welche Datenbanken zu durchsuchen sind bzw. ob weitere Datenbanken einbezogen werden sollten. Zu beachten bei der Auswahl sind die unterschiedlichen Mglichkeiten, mit denen sich in Datenbanken recherchieren lsst. In RefHunter unterscheiden wir dabei zwischen Volldatenbanken, datenbankspezifischen Suchmaschinen, Meta-Suchmaschinen und unspezifischen Suchmaschinen.
Teilweise gibt es mehrere Suchmaschinen fr dieselbe Datenbank mit manchmal unterschiedlichen Suchfunktionen (bspw. kann die Datenbank MEDLINE sowohl via PubMed als auch via EBSCO, Ovid, ProQuest oder Web of Science durchsucht werden).
Problematisch an Meta-Suchmaschinen ist, dass die einzelnen Datenbanken sehr unterschiedlich funktionieren und es daher schwer nachvollziehbar ist, wie die entsprechende Meta-Suchmaschine die jeweiligen Datenbanken durchsucht. In bestimmten Fllen kann die Recherche mit Meta-Suchmaschinen dennoch hilfreich sein, etwa zu einer orientierenden oder ergnzenden Recherche (bspw. um mehrere weniger relevante Datenbanken zur Sicherheit trotzdem durchsuchen zu knnen). Zudem lassen sich einige Datenbanken ausschlielich mit einer bestimmten Meta-Suchmaschine durchsuchen, in diesem Fall stellt die Recherche in der betreffenden Datenbank ebenfalls eine direkte Recherche dar.
Da diese Algorithmen wenig nachvollziehbar sind und unklar ist, wo berall gesucht wird, eignen sich unspezifische Suchmaschinen nicht zur systematischen Recherche in Datenbanken. Eine orientierende oder ergnzende Recherche ist jedoch mglich.
Im Rahmen einer systematischen Literaturrecherche sollten inhaltlich bzw. thematisch passende Datenbanken durchsucht werden, d. h. Datenbanken, in denen sich Referenzen finden lassen, mit denen die jeweilige Fragestellung beantwortet werden kann. Entscheidend ist dabei weniger die Anzahl der zu durchsuchenden Datenbanken, sondern vielmehr deren begrndete Auswahl. Dennoch werden bei einem sensitiven Rechercheprinzip tendenziell mehr bzw. alle potentiell geeigneten Datenbanken durchsucht, da teilweise unterschiedliche Zeitschriften bzw. Literaturquellen in verschiedenen Datenbanken indexiert sind (Relevo, 2012). Bei einem spezifischen Rechercheprinzip konzentriert man sich hingegen eher auf die wichtigste(n) Datenbank(en). Grundvoraussetzung fr die Mglichkeit der Recherche in einer Datenbank ist deren Zugnglichkeit.
Nicht alle Datenbanken sind frei zugnglich, sondern lizensiert. Das bedeutet, ihr Zugang ist kostenpflichtig und ob eine Zugnglichkeit besteht, ist meist vom Vorhandensein einer Lizenz in der jeweiligen Einrichtung abhngig.