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Beipackzettel für den Joint

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Nov 19, 1998, 3:00:00 AM11/19/98
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Cannabis: Beipackzettel für den Joint

Von Harro Albrecht

Marihuana, das Wunderkraut: tröstend, heilend, nützlich. Nach viel
Rauschromantik holen australische Mediziner jetzt zum Gegenschlag
aus: Cannabis als nebenwirkungsreiche Droge.

"Für Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie ihren Arzt oder Apotheker",
heißt es. "Rauchen gefährdet Ihre Gesundheit", steht auf der
Zigarettenpackung. Und wo bleibt die Gesundheitswarnung vor dem
"psychoaktiven" Rauchkraut Marihuana, vor den potenten Cannabis-
Extrakten "Schwarzer Afghane" und "Grüner Libanese"?

Die Wunderdroge Tetrahydrocannabinol (THC), gewonnen aus den
Bestandteilen der "Cannabis sativa", steht im Ruf einer gut
verträglichen Naturdroge. Zuviel Verklärung und zuwenig handfeste
Information in den Augen der australischen Wissenschaftler Wayne Hall
und Nadia Solowij. In der jüngsten Ausgabe des britischen Fachblatts
"The Lancet" stellten die Wissenschaftler vom "National Drug and Alcohol

Research Centre" der University of New South Wales in Sydney nun einen
umfangreichen Beipackzettel für den geneigten Joint-Konsumenten
zusammen.

In neun Abschnitten von den "psychomotorischen Effekten beim Autofahren"

über den "Einfluß auf die Fortpflanzung" bis hin zur "vorzeitigen
Sterblichkeit" handelten die Australier den Katalog möglichen
Cannabis-Unbills ab. Ihr Fazit:
Wie reine Tabak-Konsumenten riskieren auch Joint-Kettenraucher die
Entwicklung einer chronischen Bronchitis, welche zum gefährlichen
Lungenemphysem führen kann. Umstritten bleibt, ob die Lungenfunktion auf

Dauer ebenso abnimmt wie die eines Tabak-Rauchers. Besonders warnen die
australischen Autoren aber vor Entartungen der Zellen: "Da die
feingeweblichen Veränderungen bei Cannabis-Konsum den Vorstufen zum
Lungenkrebs ähneln, kann nicht ausgeschlossen werden, daß auch das
Rauchen von Cannabis zum Lungenkrebs führt."

Kinder Cannabis rauchender Eltern litten im Alter zwischen vier und neun

Jahren häufiger an Lern- und Aufmerksamkeitsstörungen, allerdings bei
weitem nicht so ausgeprägt wie die Kinder Tabak rauchender Mütter.

Starke Dauer-Kiffer müßten langfristig leichte Veränderungen der
Hirnleistung befürchten.
Wie Nikotin, Alkohol oder Kokain, so die Wissenschaftler, macht auch
Cannabis abhängig. Einer von zehn regelmäßigen Cannabis-Usern bleibt
nach vier bis fünf Jahren am Joint hängen.

Am gravierendsten und gleichzeitig am weitesten verbreitet sind die
vielfältigen psychischen Joint-Entgleisungen. Konfusion,
Gedächtnisverlust, Angst- und Panik-Attacken, die psychoaktive Substanz
kann alle Spielarten psychischer und psychiatrischer Schieflagen
hervorrufen. So wurde in Studien ein direkter Zusammenhang zwischen
frühem und häufigen Cannabisgebrauch
und dem späteren Ausbruch einer Schizophrenie festgestellt.

Bei solchen Aussichten sollten nicht nur die Jungen den Konsum des
Rauchkrauts überdenken. Auch vom gepflegten Joint im Ohrensessel raten
die Experten ab - wenigstens für herzschwache Senioren. Innerhalb von
wenigen Minuten beschleunigt der Herzschlag um 20 bis 50 Prozent, und
das bis zu drei Stunden lang. Im Sitzen steigt der Blutdruck, im Stehen
saust er in den Keller.

Zusammenfassend schlug das australische Forscherduo eine ärztliche
Beratung nach folgendem Schema vor: "Vermeiden Sie gleichzeitiges Kiffen

und Trinken, wenn Sie fahren. Entscheiden Sie sich für Tabak oder
Cannabis, und rechnen Sie bei Dauerkonsum mit geringfügigen Einbußen
Ihrer Hirnleistungsfähigkeit."

Eines mußten die kritischen Drogenexperten dem Stoff aber lassen:
Weltweit hat sich noch niemand mit einem "Goldenen Joint" ums Leben
geraucht.

SPIEGEL ONLINE 47/1998

--
Love and Peace

Angie, Moana und Ommes
Email: Thomas....@kiel.neturf.de

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