-------- Original-Nachricht --------
[Kuta, 03. Januar 2012]
der Rest der Anreise verläuft weiter glatt.
Während am Kuala Lumpur International Airport die Sonne aufgeht und ich
meine verdrückte Münchner Hauptbahnhof Käsesemmel verdrücke, geht das
Boarding nach Bali an. Eingestiegen, abgeflogen und über eine
wunderschöne Insellandschaft dann nach Bali angereist, das Gepäck vom
Gepäckband gegriffen, Geld gewechselt (so schnell wird man Millionär:
der kleinste Schein, den ich bekomme sind 100000!) und mit dem dick

en
Bündel Geldscheine durch den Zoll raus in die Arme von meinem Fahrer.
Obwohl man die Distanz zum Hotel selbst mit meinem Rucksack hätte
laufen können, schicken die nen Fahrer. Nett. So trage ich meinen
Rucksack eben zum Auto, anstatt ins Hotel.
Nach 3 Stunden unruhigem Schlaf mach ich mich per Pedes auf und such
mir ein Hotel im Zentrum vom Kuta. Meine Güte, die Stadt erliegt
bereits jetzt einem Verkehrsinfarkt.
Kleine Strassen, die zweireihig überfüllt sind mit Autos, Mopeds und
Pferdedroschken.
Gehwege gibt es wenig, wenn dann zerrissenes Kopfsteinpflaster mit
wadenbeintiefen Schlaglöchern, so dass einem Angst und Bange wird, da
nachts reinzutreten. Da reissen die Aussenbänder schon beim bloßen
Hineinsehen.
Strassenbeleuchtung gibt es auch keine, sieht man von den unzähligen
T-Shirt-, Massage, K-Marts, Mopedverleihern, Touristeninformationen und
Tattooschuppen ab, die ihre Dienstleistungen beleuchten.
Je weiter rein ich nach Kuta komme, desto mehr steht der Verkehr. Ein
Blick in die Nahverkehrsbusse zeigt mir, dass ich mir nen anderen Plan
ueberlegen muss, wie ich über die Insel komme. Die Minivan Toyotas in
der Grösse von VW Bullys sind zum Bersten voll. Auf dem Vordersitz
neben dem Fahrer seh ich eine komplette 4 köpfige Familie sitzen. Wie
ich da noch - inklusive Rucksack - rein und stundenlang über die Insel
fahren soll? Ganz einfach: garnicht. Ich brauch nen Fahrer.
Zunächst besorg ich mir ne SIM Karte fuer mein iPhone, hat doch
offensichtlich mein

deutscher
Handyprovider keinen Roamingvertrag mit Indonesien. Witzig: hier ist
sogar der Handy-Datentarif Verhandlungssache und sinkt im Preis während
des Gesprächs um 100%(!).
Sonnenuntergang am Strand.
Dann weiter auf der Suche nach dem Hotel für morgen. Kuta ist laut,
aufdringlich und hektisch.
"Transport?", "Massage?", "Marihuana?", "Young girls?" - das eifrige
Geschäftsgebahren der Balinesen geht mir schnell auf den Zeiger. In
einer Nebenstrasse stolpere ich durch einen kleinen Absatz in einer
Mauer in eine grüne Oase. Es ist schlagartig still und man vergisst
sofort, das man eigentlich in der Mitte des Aussie-Mallorcas ist... Ein
verschlungener, sauber gepflasterter Weg windet sich an mehreren
kleinen, sehr verwinkelt stehenden Block- und Steinhuetten vorbei und
endet an einem kleinen aber feinen Überlaufpool.
Jede Menge Wasserspiele, dezente Beleuchtung. Wenn ich in dem Labyrinth
hier die Rezeption finde, buch ich mich ein. Und so geschiehts. Die
Hütten sind voll ausgestattet. Unerwarteterweise mit Flatscreen,
Marmorbad(!) mit Buddhaschrein und Soundanlage. Frühstück wird vor der
Hütte serviert. Und aus dem Hotel abgeholt werd ich auch noch. Wow.
Dann kann der naechste Tag ja kommen.
Und der kommt nach weiterem, unruhigen Schlaf. Unterbrechungen durch
den Muezzin, der die Gläubigen zum Gebt ruft; die eiskalte
nichtregelbare Klimaanlage, die mich erst zum Ausschalten und
irgendwann dann wieder zum Wiedereinschalten der Klima ruft (ich liege
im eigenen Saft). Dazwischen fiese Wachträume...
Ich packe meinen 17kg Rucksack, in dem jetzt auch meine Wanderschuhe,
meine Jeansjacke und mein Pullover verschwinden. Alles Sachen, die ich
in nächster Zeit erstmal nicht brauchen werde. Dann bringt mich der
Fahrer in mein nächste Unterkunft. Das
Poppies mitten im Zentrum
Kutas. Für die Fahrt brauchen wir genausolang, wie ich gestern per
Pedes benötigt habe. Mir fällt auf, dass der Fahrer die Spiegel seines
Minivans nach vorne verlegt hat, um so an Breite seines Fahrzeuges zu
sparen. Warum wird mir in den kleinen, verstopften Gäßchen klar, hier
zählt jeder Zentimeter um weder den Strassenverkäufern, noch den
"Massage" Mädchen über die Füßchen zu fahren. Und wehe es kommt jemand
entgegen. Selbst die allgegenwärtigen Mopeds müssen in die
Verkaufsstände ausweichen, damit wir vorbeikommen. Cool.
Den Vormittag verbringe ich am - laut Reiseführer -"weltberühmten"
Strand und auf der Suche nach einer Surfschule - die Brandung sieht so
aus als könnte ich mich nach 13 Jahren erneut auf ein Longboard
stellen. Nicht zu viel los und die Wellen sind auch nicht so
furchteinflößend. Nach der Westcoast USA ist jetzt also die Westcoast
Bali dran. Ich flachse mit den Betreibern der
Big Kahuna Surfschool rum
und verhandle einen Discount, wenn meine 1,96cm nicht in ihre
Surfshirts passen :-)
Dann setze ich mich auf meine Veranda und schmeisse meinen ersten
beiden Vorsätze fürs neue Jahr über Board - ich trinke einen 640ml
Humpen Bier und rauch eine während ich den Moskitos zuschaue, wie sie
auf meiner
Deet
getränkten Haut aufsetzen und unverrichteter Dinge - wahrscheinlich
sogar echt angeekelt - wieder abheben. Hinter mir an der Wand laufen
die Geckos hoch und runter.
Die erste
Urlaubslektüre
ist ausgelesen. Wie der Polarforscher Shakleton seine Mannen in
einem zweijährigen Überlebenskampf durch die Antarktis führt, passt
irgendwie auch nicht in das subtropische Regenzeitklima von Bali. Das
Buch ist grossartig, bleibt aber - meinem schweren Rucksack geschuldet
- dennoch zurück in Bali.

Zum Sonnenuntergang fahr ich nach
Pura
Uluwatu, einem DER Tempel in Bali. Am Südzipfel der Insel direkt an
der Steilküste gelegen. Traumhaft schön. Und ich ohne Photo damit mit
kurzer Hose (damn!) - so muss halt das iPhone herhalten. Ich lass die
Short baggy-style rutschen, so dass wenigstens anstandsmässig die Knie
bedeckt sind und geh in das Gelände. Vor dem Tempel jede Menge
kurzbehoste Touristen (ich fall also garnicht weiter auf) - und
angefütterte Affen, die auf der Anlagenmauer die sie angaffenden
Touristen angaffen.

Ein
Bulle von Russe mit zwei angerösteten Blondinen baut sich vor einem
Bullen von Affen auf und will - ja was eigentlich? Wahrscheinlich seine
Mädels beeindrucken - zumindest grunzt er den Affen an. Der Affe
schaut, und beim zweiten mal russischen Anbrüllen, springt er den
Russen an und brüllt zurück! Alle drei fallen rückwärts. Ein Bild für
Götter :-)
Apropro Götter: während die Sonne entgültig in den Ozean kippt, läuft
ein Gottesdienst der Hindus. Schöner Moment.
Dann ist es schlagartig dunkel und mein Fahrer bringt mich nach Nusa
Dua, wo ich Ani treffe. Ani ist eine Freundin meines Bosses, der seit
einigen Jahren seinen Urlaub in Bali verbringt.
Die Nacht in
Nusa
Dua ist nicht vergleichbar mit Kuta. Wir treffen uns in einer Open
Air Shopping Mall. Sehr offen und sichtbar amerikanisch entworfen,
verlauf ich mich in der weitläufigen Anlage. Vorbei an wohlhabenden
Touristen die gediegen in den Restaurants dinieren, biege ich ab in den
Starbucks, wo ich Ani und ihre Freundinnen treffe. Alle arbeiten
irgendwie mit Touristen. Als General Manager, als Gärtner, als
Souvenirverkäufer. Es wird ein netter Abend bis der Starbucks zu macht
und ich mich mit einem Taxi zurück nach Kuta mache.
Es regnet in Strömen, bis wir an meinem Cottage ankommen.
Ich zieh mich um (lange Hose!) und schau mir das Nachtleben in Kuta an.
Das spielt sich an der Hauptstrasse, einige Blocks entfernt vom Strand
ab.
Während ich die genau diese Strasse langlaufe ändert sich die
Ansprache. Das "Massage?" hör ich nicht mehr. Dafür sitzen jetzt auch
keine Jungs mehr auf den parkenden Mopeds sondern balinesische Nutten.
"Transport?" hör ich auch nicht mehr. Dafür - in der Reihenfolge -
"Marihuana?", "Kokain", "Heroin?". Immer mal wieder werden mir komische
Ampullen entgegengestreckt. Und daneben stehen die uniformierten
Sicherheitskräfte der Bars, die das null interessiert. Krass.
Ich lauf an den Discos vorbei zu der Gedenkstätte wo
2003 eine
Bombe 202 Leute in den Tod gerissen hat. An dem Monument wälzt sich
eine Blechlawine von Taxis vorbei. Nebenan geht das Feiern unbekümmert
weiter.
"Bounty": langgestrecktes Gebäude mit 3, 4 oder mehr Dancefloors. 95%
besoffene Australier, davon bestimmt 80% Männer, viele oben ohne, in
Shorts, Flipflops und racketendicht.
Auf Podesten tanzen Balinesen(häh?) in Trainingsanzügen und gelben
ärmellosen Basketballshirts. Auf dem Klo ein Balinese der mir mit einem
nassen Handtuch die Hände abrubbelt und auch noch Geld sehen will. Pfui
deiwie.
Nicht viel anders in der "Apache Reggae Bar". Von Reggae spielenden
Apachen keine Spur. Dafür stinkt der mit Lasern beleuchtete
Eingangsgang nach Kotze.
Auf dem Weg nebenan zum "Sky Garden" wird der Asphalt des Gehwegs neu
gegossen. Was eine Reihe von Kriegsgefangenenabkömmlingen nicht daran
hindert über die Absperrung zu steigen und vor den Augen der
irritierten, balinesischen Arbeitern im frischen Beton zu tanzen und
somit einen eigenen australische "Walk of fame" zu produzieren...
Kopfschüttelnd geh ich rein in den "Sky Garden" und lass mich von
Soldaten mit Uzis auf dem Rücken(!) sicherheitschecken. Meine
Kaugummidose wirkt beim Abtasten verdächtig, bis ich das vermutliche
Klappmesser zeige...
Hoppla, der dreistöckige Laden mit Feuershow und Rooftoptaussicht über
Kuta ist anders.
Hier sieht man neben den Aussies auch noch Balinesen. Zumindest die
einheimischen Damen im netten Schwarzen. Wobei ich mir nicht sicher
sind ob die nicht Business hier drin machen.
Wer hier ganz sicher Business macht, sind die Vortänzerinnen in noch
kürzeren Röcken, ja teilweise im uniformen, roten, japanisch anmutenden
Stripperoutfit: rote Boleros über schwarzen BHs, winzige Röckchen über
den Slips. Dazu High-Heels. Nett anzuschauen wie die durchweg
gelenkigen Damen da tanzen.
Lustig auch ihre Mission: Leute auf die Tanzfläche ziehen. Was einige
Herren der Schöpfung auch tun, nur das die nicht so nett anzusehen sind.
Unter anderem springt einer in Aussieuniform - also mit Flipflops und
Shorts dafür mit dicker Pudelmütze(!) - auf die Tanzfläche und macht
ein paar B-Boy Moves inklusive
Downrocking
(in Flipflops!) und
Powermoves.
Respect! Ghettofaust Alter ;-).
Anfassen darf er die Ladies trotzdem nicht ;-)
Ich schau mir das Ganze amüsiert mit nem Bier in der Hand an.
Interessant auch, wie die Barkeeper hier arbeiten: Das Bier wird betont
vor meinen Augen geöffnet und meine dafür abgegebe Kohle wird über den
Kopf hochhaltend bei der Kassiererin nebenan abgegeben. Dasselbe gilt
für das Wechselgeld.
Wieder draussen werd ich Zeuge wie ein kotzender Aussie von einem
balinesischen Barangestellten von der Bar an der Hüfte rücklinks
weggezogen wird, damit er doch bitte vor den Nachbarladen hinspeit :-)
Auf meinem Rückweg ins Poppies laufen mir die Dealer inzwischen
hinterher und halten mir ihren Kanten zur Geruchsprobe sogar unter die
Nase. Unglaublich.
Um drei bin ich in der Falle. Das wird wieder eine kurze Nacht, um 8.00
morgens hab ich doch nach langer Pause wieder ein Rendez-Vous mit dem
Ozean.
Wie es mir mit dem Longboard ergangen ist, erzähl ich euch ein
andermal. Bis dahin!
Liebe Grüße,
M.
--
Von marc am 1/03/2012 11:45:00 PM unter
Der Reisefisch
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