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IR Berlin - Bad Bentheim - Amsterdam

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Robert Weemeyer

unread,
Mar 21, 2001, 6:53:11 PM3/21/01
to
Mal wieder eine parlamentarische Anfrage - diesmal beantwortet vom
Auswärtigen Amt, weil der Abgeordnete seine Frage in einen außenpoli-
tischen Zusammenhang gestellt hat.

Thema ist die Verbindung Berlin - Bad Bentheim - Hengelo - Amsterdam.
Die Interregios auf dieser Linie sind seit vielen Jahren das einzige
Zugangebot zwischen den Niederlanden und Niedersachsen, sieht man
einmal von der seit einem Jahr gesperrten Strecke Groningen - Leer ab.
Bis 1992/93 fuhr alle zwei Stunden ein Zug in der Niederlande: teils
direkt nach Amsterdam, teils nur bis Hengelo mit Anschluss an das
niederländische Fernverkehrsnetz.

Heute fahren nur noch vier Zugpaare täglich. Parallele Busverbindungen
bestehen nicht. Die einzige Möglichkeit außer den wenigen Interregios,
mit öffentlichen Verkehrsmitteln von Bad Bentheim nach Hengelo zu fah-
ren, ist eine Busreise mit Umsteigen in Nordhorn. Für eine Strecke,
die eigentlich nur 27 Kilometer lang ist, braucht man so über 100
Minuten.

Dass eine dermaßen schlechte Verbindung nachteilige Wirkungen auf die
Nahverkehrsbeziehungen in der Grenzregion hat, ist völlig unbestreit-
bar. Nur die Bundesregierung stellt sich doof und behauptet, ihr lägen
"keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die [...] Angebotsveränderungen
[...] nachteilige Wirkungen auf die Nahverkehrsbeziehungen in der
deutsch-niederländischen Grenzregion hervorgerufen haben, die nicht
durch Angebote im ÖPNV (Bahn und Bus) ausgeglichen werden konnten".

Geradezu ein Treppenwitz ist, warum die Interregiozüge, die früher in
Hengelo (mit Anschluss an das niederländische Bahnnetz) endeten, in
Bad Bentheim (mit Anschluss an so ziemlich gar nichts) gekappt wurden:
Die Niederländischen Eisenbahnen sahen nicht ein, warum sie allein die
Kosten für die Reinigung der in Hengelo endenden Züge übernehmen soll-
ten, die Hunderte Kilometer auf deutschem Gebiet, aber nur 20 Kilo-
meter in den Niederlanden gefahren waren.

Das ist zwar von der DB nie bestätigt, aber auch nach mehrfacher Ver-
öffentlichung in der Presse nicht dementiert worden.

Dass sich ein Endbahnhof Bad Bentheim nicht lohnen kann, ist ziemlich
offensichtlich, weswegen dort mittlerweile bekanntlich nur noch ein
Zugpaar endet, während drei andere Zugpaare jetzt in Münster enden,
anstatt Rheine und Bad Bentheim zu bedienen.

So, nachdem ich nun meinen Ärger abgelassen habe, hier der Original-
text der Frage und der Antwort, zitiert aus Bundestagsdrucksache
14/5401, S. 2 f.:


| Abgeordneter Welche Bedeutung misst die Bundesregierung der Ver-
| Dr. Karl-Heinz tiefung der deutsch-niederländischen Beziehungen
| Hornhues bei, und wie beurteilt sie vor diesem Hintergrund
| (CDU/CSU) die seit 1998 auf der Schienenfernverkehrsverbindung
| Amsterdam - Hengelo - Bad Bentheim - Rheine - Osna-
| brück - Hannover - Berlin zum Nachteil der deutsch-
| niederländischen Region vorgenommenen Angebotskür-
| zungen und Angebotsverschlechterungen im Schienen-
| fernverkehr?
|
|
| Antwort des Staatsministers Dr. Ludger Volmer
| vom 16. Februar 2001
|
| Die Deutsche Bahn AG (DB AG) gestaltet in Zusammenarbeit mit den
| Niederländischen Eisenbahnen (NS) das Schienenfernverkehrsangebot
| für die angesprochene Verbindung entsprechend der Nachfrage in
| eigener unternehmerischer Verantwortung und nach wirtschaftlichen
| Gesichtspunkten.
|
| Soweit im deutsch-niederländischen Grenzgebiet Nahverkehrsleistun-
| gen auf der Schiene nachgefragt bzw. angeboten werden, gestalten
| diese die nach Landesrecht zuständigen Aufgabenträger für den Schie-
| nenpersonennahverkehr (SPNV). Nach hier vorliegenden Informationen
| der DB AG beabsichtigt das Land Nordrhein-Westfalen eine Wiederauf-
| nahme des SPNV auf dem grenzüberschreitenden Streckenabschnitt Gro-
| nau (D) - Enschede (NL).
|
| Der Bundesregierung liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die
| von den beteiligten Eisenbahnen vorgenommenen Angebotsveränderungen
| der Fernverbindung Amsterdam - Berlin tatsächlich auch nachteilige
| Wirkungen auf die Nahverkehrsbeziehungen in der deutsch-niederländi-
| schen Grenzregion hervorgerufen haben, die nicht durch Angebote im
| ÖPNV (Bahn und Bus) ausgeglichen werden konnten.
|
| Ob das Fernverkehrsangebot dem Wohl der Allgemeinheit - insbesondere
| den Verkehrsbedürfnissen - entspricht oder nicht, kann nur im kon-
| kreten Einzelfall nach gründlicher Analyse und Prüfung bewertet wer-
| den. Dabei kommt es nicht darauf an, möglichst viele Zugkilometer zu
| fahren, sondern möglichst viele Fahrgäste dann zu befördern, wenn
| diese das Angebot nachfragen. Dies bedeutet für das Angebot im
| Schienenpersonenfernverkehr, dass das Wohl der Allgemeinheit, insbe-
| sondere die Verkehrsbedürfnisse nicht tangiert werden, wenn die
| Nachfrage nach dem Verkehrsmittel Schiene so gering ist, dass das
| Verkehrsbedürfnis vertretbar und besser anderweitig befriedigt wer-
| den kann.
|
| Es war eines der Ziele des vom Deutschen Bundestag und Bundesrat
| verabschiedeten Eisenbahnneuordnungsgesetzes, den Verantwortungs-
| bereich und die Entscheidungskompetenz des Vorstandes der DB AG auf
| dem unternehmerischen Sektor zu erweitern und auf politische oder
| administrative Vorgaben an die Geschäftsführung zu verzichten.
|
| Die deutsch-niederländischen Beziehungen werden nach Auffassung der
| Bundesregierung durch die Angebotsveränderungen im deutsch-nieder-
| ländischen Schienenfernverkehr nicht berührt.
|
| Die Bundesregierung misst der weiteren Fortentwicklung des sehr
| engen deutsch-niederländischen Verhältnisses große Bedeutung bei.


Robert Weemeyer

Ulf Kutzner

unread,
Mar 22, 2001, 7:19:45 AM3/22/01
to
On Thu, 22 Mar 2001, Robert Weemeyer wrote:

> So, nachdem ich nun meinen Ärger abgelassen habe, hier der Original-
> text der Frage und der Antwort, zitiert aus Bundestagsdrucksache
> 14/5401, S. 2 f.:

> | Antwort des Staatsministers Dr. Ludger Volmer
> | vom 16. Februar 2001
> |


> | Der Bundesregierung liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die
> | von den beteiligten Eisenbahnen vorgenommenen Angebotsveränderungen
> | der Fernverbindung Amsterdam - Berlin tatsächlich auch nachteilige
> | Wirkungen auf die Nahverkehrsbeziehungen in der deutsch-niederländi-
> | schen Grenzregion hervorgerufen haben, die nicht durch Angebote im
> | ÖPNV (Bahn und Bus) ausgeglichen werden konnten.

Hier fehlt ein Umlaut. Ich werfe Dir keinen Tippfehler vor.

> | Ob das Fernverkehrsangebot dem Wohl der Allgemeinheit - insbesondere
> | den Verkehrsbedürfnissen - entspricht oder nicht, kann nur im kon-
> | kreten Einzelfall nach gründlicher Analyse und Prüfung bewertet wer-
> | den.

Das ist nach diesem unserem Grundgesetz aufgabe der Bundesregierung.

> | Dabei kommt es nicht darauf an, möglichst viele Zugkilometer zu
> | fahren,

Soweit richtig.

> | sondern möglichst viele Fahrgäste dann zu befördern, wenn
> | diese das Angebot nachfragen.

Wie ermittelt die Bundesregierung die Reisendennachfrage in nicht
angebotenen Fahrplanlagen?

> | Dies bedeutet für das Angebot im
> | Schienenpersonenfernverkehr, dass das Wohl der Allgemeinheit, insbe-
> | sondere die Verkehrsbedürfnisse nicht tangiert werden, wenn die
> | Nachfrage nach dem Verkehrsmittel Schiene so gering ist, dass das
> | Verkehrsbedürfnis vertretbar und besser anderweitig befriedigt wer-
> | den kann.

Dem Herrn Staatsminister scheint nicht bekannt zu sein, daß zwischen
Fahrplanangebot und Nachfrage eine beiderseitige Wechselwirkung besteht.

> | Es war eines der Ziele des vom Deutschen Bundestag und Bundesrat
> | verabschiedeten Eisenbahnneuordnungsgesetzes, den Verantwortungs-
> | bereich und die Entscheidungskompetenz des Vorstandes der DB AG auf
> | dem unternehmerischen Sektor zu erweitern und auf politische oder
> | administrative Vorgaben an die Geschäftsführung zu verzichten.

Dem Herrn Staatsminister mag die gesamtstaatliche Verantwortung nach
Art. 87e Absatz 4 GG (nach 'sowie') entfallen sein.

Meines Erachtens könnte sie dieser Verantwortung außer durch Ausschreibung
strukturell notwendiger Fernverkehrsangebote (gibt es in der Relation
nicht auch eine Autobahn?) auch durch Mitfinanzierung an solchen Angeboten
des Nahverkehrs nachkommen, welche eine - wenn auch mit Umsteigen
verbundene - Kontinuität des Fernverkehrs herstellen könnten. Ein solches
Angebot wäre in der beschriebenen Verbindung mit mäßigem Aufwand
einzurichten und könnte der Zuggattung IRE angehören; es würde die
Mehrkosten durch Verbesserung der Auslastung im Streckennetz weit über
Hengelo - Bad Bentheim hinaus im Zweifel sogar einspielen. Das zuständige
Fachministerium könnte nach Einrichtung derartiger Verbindungen den
entsprechenden Effekt durch Fahrgastbefragungen auf der Grenzstrecke
evaluieren.

> | Die deutsch-niederländischen Beziehungen werden nach Auffassung der
> | Bundesregierung durch die Angebotsveränderungen im deutsch-nieder-
> | ländischen Schienenfernverkehr nicht berührt.
> |
> | Die Bundesregierung misst der weiteren Fortentwicklung des sehr
> | engen deutsch-niederländischen Verhältnisses große Bedeutung bei.

Das ist erfreulich und sollte sich auch durch die Unterstützung
euregionaler Förderung grenzüberschreitender ÖPNV-Angebote ausdrücken.

Gruß, ULF
--
________________________________________________________________________
Ulf Kutzner Backhaushohl 46 D-55128 Mainz
________________________________________________________________________

Ulf Kutzner

unread,
Mar 22, 2001, 7:28:27 AM3/22/01
to
On 22 Mar 2001, Rian van der Borgt wrote:

> >Thema ist die Verbindung Berlin - Bad Bentheim - Hengelo - Amsterdam.

> (...)

> >| Abgeordneter Welche Bedeutung misst die Bundesregierung der Ver-
> >| Dr. Karl-Heinz tiefung der deutsch-niederländischen Beziehungen
> >| Hornhues bei, und wie beurteilt sie vor diesem Hintergrund
> >| (CDU/CSU) die seit 1998 auf der Schienenfernverkehrsverbindung
> >| Amsterdam - Hengelo - Bad Bentheim - Rheine - Osna-
> >| brück - Hannover - Berlin zum Nachteil

> Hm. Ein Bisschen Fahrplanstudie vorab waere fuer den Abgeordneten nicht
> schlecht gewesen.
> Die einzigen Angebotsverschlechterung auf Schiphol - Berlin seit 1998
> war 1999 dei Einstellung des Nachtzuges im Winter und die Verlaengerung
> der Fahrzeit einiger IRs zwischen Deventer und Almelo. Aber der Nachtzug
> faehrt wieder ganzjaehrig (jetzt ueber Dortmund) und die
> fahrzeitverlaenerung ist rueckgaengig gemacht worden.
> In 1998 wurde auch der Nord-West-Express eingestellt, aber der fuhr
> nicht nach Berlin.
> Weitere Kuerzungen und Verschlechterungen sind mir (noch) nicht bekannt
> und wuerden mich wundern,


Die Anfrage beschänkt sich weder auf Nonstopverbindungen noch auf Verkehre
ausschließlich zwischen den Endpunkten der genannten Relation.

Du möchtest, ggf. zusammen mit dem Abgeordneten, die Fahrplanstudien
erneut durchführen.

Robert Weemeyer

unread,
Mar 22, 2001, 7:14:05 PM3/22/01
to
Rian van der Borgt schrieb:

> [...] der Nachtzug faehrt wieder ganzjaehrig
> (jetzt ueber Dortmund) [...]

Und wenn man der Fahrplanvorschau glauben darf, dann wird er im
nächsten Winter nicht mehr täglich fahren. Sie gibt nämlich fol-
gende Verkehrstage aus:

Amsterdam Centraal --> Berlin-Lichtenberg :
5 10 15 20 25 30
----+----+----+----+----+----+-
Jun ¦ xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
Jul xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
Aug xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
Sep xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
Okt xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
Nov xxx ¦ ¦ ¦ ¦ ¦ ¦
Dez ¦ ¦ ¦ xxxxxx xxxxxx
Jan xxxxxx xxx ¦ xxx¦ xxx ¦x
Feb xx ¦ xxx¦ xxx ¦xxx ¦ x ¦
Mär xx ¦ xxx¦ xxx ¦xxx ¦ xxx
Apr xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
Mai xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
Jun xxxxxxxxxxxxxxx ¦ ¦ ¦

Na ja! Mal gucken, was das wird.

> Weitere Kuerzungen und Verschlechterungen sind mir (noch) nicht bekannt

> und wuerden mich wundern, da es laut NS immer mehr Reisende gibt in
> diesen IRs, trotz der schlechten Frequenz, von etwa 300000 vor einigen
> Jahren bis 500000 in 1997/98. Wieviel es jetzt genau sind, weiss ich
> nicht.

Nehmen wir mal 500 000 Reisende an. Das sind dann 1369 Fahrgäste pro
Tag, die sich auf acht Tageszüge verteilen. Ergibt pro Zug 171 Perso-
nen. Und wo lag noch mal laut DB die Rentabilitätsgrenze?

Robert Weemeyer, Berlin

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