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Schwachwindfliegen an einer Leine

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Andreas Hardtung

unread,
Aug 31, 1998, 3:00:00 AM8/31/98
to
Schwachwindfliegen an einer Leine (Teil 1)

Oft werde ich gefragt, warum meine Drachen bei wenig Wind
noch fliegen, andere aber nicht. Meist antworte ich dann,
daß es an meinen sehr leichten Drachen liegt. Das ist aber
nur die halber Wahrheit. Es gehört genausoviel Wissen und
Erfahrung dazu, die bei mir zu einer Taktik oder Strategie
geführt haben.

Da das Ganze etwas zu langatmig für die Wiese erscheint,
versuch ich mal hier meine Gedanken dazu etwas aus zu
breiten. Selbst für die Newsgroup ist das alles etwas viel,
so werde ich das Thema in mehreren Häppchen servieren.


Schwachwind?
Schwachwind ist kein scharfer Begriff. In Km/h kann ich da
keine Angabe machen. Der für mich interessante Bereich
beginnt, wenn ich einen Drachen steigen lassen will und es
ohne 'Tricks' nicht geht, weil der Wind zu schwach ist. Er
endet bei absoluter Windstille, wie sie in Hallen herrscht.

In diesem Bereich haben wir es mit drei 'Windarten' zu tun:
1.) Gleichmässigen schwachen Wind.
2.) Böhigen Wind aus wechselnden Richtungen mit Flauten.
3.) Windstille

Gleichmässiger Wind entsteht durch Luftmassen die sich
zwischen Tiefs und Hochs bewegen. Richtung und Stärke
bleiben über Stunden gleich, oder ändern sich nur wenig.
Sind die Hochs und Tiefs ausgeprägt, herrscht starker Wind.
Liegt das Zentrum eines Hochs oder Tiefs über uns so
herrscht Windstille. Im Bereich der uns interessiert, also
bis ca. 500m Höhe, kommt der Wind immer aus der gleichen
Richtung, hat keine auf- oder abwärts gerichteten Anteile
und nimmt an Stärke nach oben hin zu, weil er durch die
Reibung am Boden gebremst wird. Wieviel langsamer der
Bodenwind ist, ist von der Geländebeschaffenheit abhängig.
Städte und Bäume bremsen mehr als das Mehr. Die
Windgeschwindigkeit in der Höhe kann man gelegentlich an den
Wolkenschatten gut abschätzen.

Böiger Wind entsteht einerseits an Hindernissen wie großen
Gebäuden, andererseits aber, und darauf kommt es mir an,
durch thermische Luftbewegungen. Bei Sonneneinstrahlung
(auch durch dünne Wolken) erwärmt sich der Boden
unterschiedlich stark; Asphalt und Wiesen stärker als Wald
oder Wasser. Der Boden erwärmt die auf ihm liegende Luft.
Bei schwachem Wind bilden sich Warmluftblasen über den
warmen Bodenstellen. Bei starkem Wind werden sie gleich
verweht. Sind die Blasen groß genug, lösen sie sich vom
Boden und steigen durch die umgebende kältere Luft, bei
Windstille senkrecht, auf (Thermik). Große Blasen lösen sich
meist nicht komplett ab, sondern 'tropfen' kleinere Blasen
nach oben. Es entstehen also senkrechte Luftströmungen (bis
zu 15-20m/s), die so lange anhalten, bis die Warmluft nach
oben abgeflossen ist. Das kann einige Minuten dauern. Je
nach Luftfeuchtigkeit und Temperaturverteilung in den
Luftschichten entstehen aus diesen Blasen Haufenwolken. Die
aufsteigende Luft muss irgendwie ersetzt werden. Deshalb
fliesst in bodennähe, Luft aus der Umgebung der Ablösung,
zum Ablösungsort. Auch die Bodenströmungen können recht
schnell werden (2-3bft). Die Luft der Bodenströmung wird, in
der Regel, grossflächig von oben ersetzt, was zu einer
langsamen Fallströmung in der weiteren Umgebung der Ablösung
führt. Ist der durch die Großwetterlage verursachte Wind
klein gegenüber den Bodenströmungen, erhalten wir umlaufende
Winde, je nach dem wo die Ablösungen gerade stattfinden -
ist der Wind stärker, dreht er möglicherweise nur um einige
Grad. Bei geringer Sonneneinstrahlung, bei starker
Bewölkung, in der Dämmerung, Nachts, kommt das Thermisch
system zum erliegen, weil ihm die Energie aus geht.

Windstille herrscht also, wenn sie einerseits durch die
Großwetterlage bedingt ist und gleichzeitig zu wenig Sonne
scheint um das thermische System in Gang zu bringen. Das ist
auch die Erklärung, warum zum Nachtfliegen immer der Wind
nach lässt. Andererseits in geschlossenen Räumen.


Drachenflieger müssen diese drei verschiedenen
Windsituationen im Auge behalten und entsprechend darauf
reagieren.

Bei gleichmässigem Wind ist die vielversprechendste Taktik,
einen sehr leichten Drachen in grösstmögliche (erlaubte)
Höhe zu bringen und zu hoffe, daß der Wind dort ausreicht.
Der Drache kann dabei regelrecht zerbrechlich sein, weil
Belastungsspitzen durch Böhen nicht zu erwarten sind. Sofern
der Platz am Boden ausreicht ist ein Hochstart angesagt,
sonst muss der Drache eventuell zunächst durch 'Pumpen' in
die Höhe gebracht werden. (Zu Hochstart und Pumpen später
mehr) Weiterhin kann es nicht schaden, wenn der Drache erst
mal fliegt, sich am windabgewanten Ende der Wiese zu
postieren, damit man notfalls etwas zurückgehen kann. (Auch
dazu später mehr)

Böiger umlaufender Wind stellt deutlich höhere Anforderungen
an Drache und Pilot. Die Drachen müssen mit deutlich
größeren Belastungen fertig werden. 4Bft sollten sie schon
aushalten, ausser der Pilot versteht es die Belastungen,
durch geben von Leine zu verringern. Da aber jede Leine ein
Ende hat und Böen schon mal länger anhalten können, sollte
der Drache mindestens 3Bft. aushalten können. Auch macht es
keinen Sinn an wirklich langer Leine zu fliegen. Wenn der
Wind dreht und der Drache tief steht, braucht der Drache
sonst eine kleine Ewigkeit um wieder in der Windrichtung zu
stehen. Auch Gegenwind oder Fallwinde sind nicht aus zu
schliessen. Deshalb sollte man schnell Leine einholen
können. Haspeln mit großem Durchmesser oder flinke Hände
sind also Pflicht. Ständige Beobachtung ist erforderlich,
denn sonst verheddert man sich über kurz oder lang mit
anderen Drachen und wird abgeschnitten. In Flauten werden
alle Tricks benötigt um den Drachen für die nächste Böhe in
eine gute Ausgangsposition zu bringen. Wald- oder
Gebäudekanten an denen der Wind aufsteigen muss können
ausgenutzt werden. Kreisende Greifvögel können helfen die
nächste Windrichtung zu erraten. Die eigene Position auf der
Wiese kann entscheidend sein, ob der Drache vom Himmel fällt
oder nicht. Und so weiter und so weiter. (Auch dazu später
mehr)
Bei totaler Windstille kommen wieder andere Aspekte zum
vorschein. Es geht darum den Drachen in der Luft zu halten.
Höhe kann man als Energie betrachten. Da ein Drache durch
fallen ständig Energie verliert müssen wir ihm ständig neue
Energie zu führen. Wie das wirtschaftlich und möglichst
sogar elegant geschehen kann ist das Geheimniss des
Indorfliegens. (Auch darüber später mehr)

Andreas

(Ich fliege Eddys und brauche dazu wenig Wind)

----Die TestWebSite des DCD----
http://members.aol.com/DCDTest/

Volker Busch

unread,
Sep 1, 1998, 3:00:00 AM9/1/98
to

Andreas Hardtung schrieb in Nachricht
<35eacb7...@news.castrop-rauxel.netsurf.de>...

>Schwachwindfliegen an einer Leine (Teil 1)
>
Danke Andreas,
das war genau das, was ich mir in dieser NG erhofft habe.

Informationen, Erfahrungsaustausch, Hilfestellung
(nich son Schrott von wegen wer hat was gesagt bzw. wer beleidigt wenn) :-((

Ich warte schon gespannt auf die nächsten Teile.

Andreas Hardtung

unread,
Sep 1, 1998, 3:00:00 AM9/1/98
to
Schwachwindfliegen an einer Leine (Teil 2)

Betrachten wir zunächst den schwachen gleichmässigen Wind.

Wie gesagt können wir einen extrem leichten Drachen wählen.
Da im Flug keine großen Belastungen auftreten, können auch
sehr dünne Stäbe zum Einsatz kommen. Die größten Kräfte
treten beim Start auf, denen sollte der Drache gewachsen
sein. Mehr ist pure Verschwendung.

Weiterhin sollte der Drache einen steilen Winkel fliegen.
Wir wollen ihn schliesslich hoch fliegen, weil da der Wind
ist, nicht weit. Jeder Meter Schnur, der zusätzlich zur Höhe
in der Luft hängt hat Gewicht und erzeugt Widerstand, was
den Flugwinkel nur weiter verschlechtert. In der Praxis ist
es allerdings unerheblich ob der Drache nun 75 oder 85 Grad
Steil steht.
Der Drache sollte zwar steil stehen, aber keinesfalls
überfliegen. Im Zweifelsfalle erhöht man den Widerstand am
Drachen durch offene Kiele, Schwänze, Schleppsäcke, ... was
aber in der Regel nicht notwendig sein sollte. Oft
überfliegen Drachen erst dann, wenn sie viel Leine zu tragen
haben. Das liegt daran, daß der Waagepunkt in vorderen Teil
des Drachens liegt. Hängt nur das Gewicht der langen Leine
an der Waage wird der Drache kopflastig. Schnelle Abhilfe
können Gewichte am Schwanzende des Drachens schaffen, oder
natürlich eine leichtere Leine.

Als Leine kommt die dünnste zum einsatz, die den Belastungen
beim Start gerade gewachsen ist. Böhen müssen wir nicht
abfedern, also braucht die Leine auch keine Dehnung. Kevelar
oder Spectra sind also die Materialien der Wahl. Bei Drachen
mit eingebauter Zugbegrenzung (Russel Hall, Roler mit
Federwaage) kann man nicht viel falsch machen. An weniger
als 3Kg/m^2 habe ich mich allerdings auch noch nicht ran
getraut.

Kommen wir zum Start. Wenn der Platz es erlaubt ist es am
günstigsten die gesamte zur verfügung stehende Leine aus zu
legen und den Drachen dann durch gehen in die Luft zu
ziehen. Den Drachen durch Aufrollen der Schnur zu starten
hat schon den Nachteil, daß dabei die Schnur verkürzt wird
und die Maximalhöhe nicht erreicht wird. Besonders wenn der
Drache sowieso schon recht steil steht hat Schnuraufrollen
den Effekt, daß der Drache zwar steiler steht und damit so
aussieht als sei er höher, in wirklichkeit aber herunter
gezogen wird. Falls der Platz also nicht vollständig reicht
- erst rollen, dann laufen - nicht umgekehrt, wie man es oft
sieht.
Wenn der am Boden verfügbare Platz viel kleiner ist, als
unsere Leinenlänge, oder geplante Flughöhe, müssen wir den
Drachen hoch 'pumpen'. Dabei machen wir uns zwei Umstände zu
Nutze. Einerseits, daß die Kräfte am Drachen sich bei
verdoppelter Windgeschwindigkeit vervierfachen, bei
halbierter aber nur vierteln. Ziehen wir also für einen
Zeitraum an der Leine mit doppelter Geschwindigkeit und dann
für den doppelten Zeitraum mit halber Geschwindigkeit haben
wir gleichviel gezogen wie drei Zeiträume mit einfacher
Geschwindigkeit. Haben aber die 4 + 0.25 + 0.25 = 4.5-fache
statt die 1 + 1 + 1 = 3-fache Kraft entwickelt. Andererseits
haben viele Drachen die Eigenschaft sich beim Nachlassen der
Schnurspannung flach auf den Wind zu Legen und dann
langsamer sinken. Durch abwechselndes Anziehen und
Nachlassen der Leine (pumpen) können wir also Höhe gewinnen.
Je schneller wir Ziehen und Nachlassen, desto größer der
positive Effekt. Wie alles hat aber auch das seine
natürlichen Grenzen. Ziehen wir zu viel zu stark, zerbricht
der Drache. Aber so weit sollte es garnicht erst kommen.

Die meisten Drachen verformen sich bei Belastung, und werden
durch die Verformung weniger effektiv. Der optimale Punkt
lässt sich relativ einfach finden. Ein Rokakku z.B. steht
bei schwachen Wind relativ flach. Bei zunehmendem Wind
steigt er immer höher, bis er unter dem Winddruck zwischen
den Spreizen einen so großen Bauch ausbildet, daß er wieder
zu sinken beginnt. Merken wir uns die Leinenspannung am
höchsten Punkt der Kurve, so haben wir die optimale
Leinenspannung für das Anziehen beim Hochstart und beim
Pumpen.

Auch nachlassen dürfen wir die Leine bei vielen Drachen
nicht unbegrenzt schnell, weil sie sonst instabiel werden -
abkippen. Gut ausgewogene, eigenstabiele Drachen haben hier
klare Vorteile.

Es gibt sogar Drachen, die beim Leine geben zu relativ guten
Gleitern werden, sich also ohne viel zu sinken schneller als
der Wind Leine 'nehmen'. Eine äusserst wünschenswerte aber
seltene Eigenschaft. (Meine Rokakkus machen das)


Wenn wir den Drachen nun auf größter Höhe haben, können wir,
für den Fall, daß der Wind weiter nachlässt, noch etwas
Vorsorge treffen, indem wir uns ans windabgewante Ende der
Wiese begeben, um dann eine Flaute durch Rückwärtsgehen
überbrücken zu können. Wenn wir eher mit auffrischendem Wind
rechnen, kann das andere Ende der Wiese sinnvoller sein um
Böhen auslaufen zu können, oder beim Einholen der Leine
Druck aus dem Segel nehmen zu können.

Andreas

All inovativ spelling (c) Andreas Hardtung

Thomas Knorr

unread,
Sep 1, 1998, 3:00:00 AM9/1/98
to
Hallo Andreas!

Dein Exkurs über die hohe Schule des Einleiner-fliegens bei
verschiedenen Windvrhältnisssen hat mich wirklich sehr begeistert. Wenn
man so Deine beiden Artikel liest, bekommt man selbst als
"Zappelflieger" Lust, ja schon fast das körperliche Verlangen, sich auch
einen Einleier zu bauen. Diese Artikel sind mir um ein vielfaches
lieber als gewisse artikel (FP, kleine Raubtiere namens CS, GB usw.),
die zwar menschlich sind und für eingefleischte Soap-opera Zuschauer ja
sogar spannend sein mögen, jedoch wenig zum Drachensport beitragen. Ich
möchte dir danken, daß du dir die nicht zu gering einzuschätzende Mühe
gemachst hast, diesen umfangreiche Artikel zu verfassen. Ich hoffe, es
kommt zu einer Fortsetzung!

Nun zu etwas anderem: Wie ich aus deinen Artikeln entnohmen habe,
scheint ein guter Einleiner ein Rokkaku zu sein. Ist es für einen
Einleiner-Anfänger empfehlenswert, diesen Drachen zu bauen oder raetst
du erst mal zu einem anderen Drachen.

Thomas Knorr

(Die Freiheiten eines Individuums enden da, wo die Grenzen eines anderen
beginnen!)

Andreas Hardtung

unread,
Sep 1, 1998, 3:00:00 AM9/1/98
to
Am Tue, 01 Sep 1998 09:27:41 +0200, schrieb Thomas Knorr
<kn...@pluto.lmb.uni-muenchen.de> :

>Nun zu etwas anderem: Wie ich aus deinen Artikeln entnohmen habe,
>scheint ein guter Einleiner ein Rokkaku zu sein. Ist es für einen
>Einleiner-Anfänger empfehlenswert, diesen Drachen zu bauen oder raetst
>du erst mal zu einem anderen Drachen.

Es gibt viele gute Einleiner. Der Rokakku ist nur einer
davon. Rokakkus sind besonders für Lenkdrachenumsteiger
interessant, weil das kämpfen damit einen gewisse
'Äktschenfaktor' hat. Rokakkus sind leicht zu bauen und
fliegen in einem sehr großen Windbereich. Es spricht
wirklich nichts gegen einen Rokakku.


Wenn ich aber in den beiden Leichtwindartikeln den Rokakku
zur eierlegenden Wollmilchsau gemacht habe, entsprach das
nicht meiner Intention. Bisher wollte ich nur sagen: 'Meine
Rokakkus kann man gut Pumpen.' Andere Drachen können Anderes
besser. An meinen Eddys begeistert mich vor allem, daß sie
absolut minimalistisch sind - viel Leistung und Spass bei
praktisch nicht zu unterbietendem Aufwand.

Andreas

G. Bott

unread,
Sep 1, 1998, 3:00:00 AM9/1/98
to
. An weniger
>als 3Kg/m^2 habe ich mich allerdings auch noch nicht ran
>getraut.

Hallo Andreas,
danke für deine sehr fundierte Betrachtung des Themas.

Gehe ich recht in der Annahme das du meinst 3kg (daN) Zugfestigkeit pro m2
Segelfläche,das halte ich persönlich für gewagt da scheinen mir die Reserven
doch sehr knapp kalkuliert.
Ich habe mich bisher mit Segelflächen um 2-2,5 m2 nicht unter 2o daN Dacron
bzw. 40 daN bei Spectra/Kevlar getraut.


hät freud dran mött een liyn in et Stoelke de sette
un mott vatzunn jett jecke Koal de doen

Andreas Hardtung

unread,
Sep 1, 1998, 3:00:00 AM9/1/98
to
Schwachwindfliegen an einer Leine ( Ergänzung zu Teil 2)

>Auch nachlassen dürfen wir die Leine bei vielen Drachen
>nicht unbegrenzt schnell, weil sie sonst instabiel werden -
>abkippen. Gut ausgewogene, eigenstabiele Drachen haben hier
>klare Vorteile.

An der Grenze zur Windstille kann man Drachen durch Pumpen
auch über längere Zeit am Himmel halten (Vorsicht
Muskelkater). Wird der Wind zu schwach, wird der Drachen vom
Wind nicht mehr zurück getrieben, er fällt senkrecht. Dann
geht auch das Pumpen nicht mehr. Aber


>Es gibt sogar Drachen, die beim Leine geben zu relativ guten
>Gleitern werden, sich also ohne viel zu sinken schneller als
>der Wind Leine 'nehmen'. Eine äusserst wünschenswerte aber
>seltene Eigenschaft. (Meine Rokakkus machen das)

Das funktioniert aber auch wesentlich besser, solange es
noch eine Windrichtung gibt.

Andreas

Andreas Hardtung

unread,
Sep 1, 1998, 3:00:00 AM9/1/98
to
Schwachwindfliegen an einer Leine (Teil 3)

Durch den großen Zuspruch beflügelt jetzt schon zum fliegen
bei Thermikbedingungen.

Unter Thermikbedingungen werden völlig andere Drachen
benötigt. Sie müssen deutlich höhere Kräfte aushalten
können. Senkrechte Strömungsgeschwindigkeiten von 15 - 20
m/s sind selten, aber nicht aus zu schliessen, besonders
wenn man sehr hoch (über 300m) fliegt . Das ist zwar schon
Sturmstärke, trotzdem reichen Drachen aus, die ca. 3 - 4Bft.
aushalten können. Sie brauchen sich bei dem Wind nicht mehr
wohl zu fühlen, aber sie sollten nicht zerbrechen. (Totale
Sicherheit gibt es nie - ein Restrisiko verbleibt immer)
Ein paar Meter Schnur auf der Rolle, die man noch auslassen
kann, helfen die schlimmsten Böhen ab zu dämpfen (nach oben
laufen ist nicht). Zudem dauern die Maximalbelastungen
gewöhnlich nicht lange.
Machen wir uns klar, daß wir es jetzt mit nahezu senkrechten
Luftströmungen zu tun haben. Die Drachen stehen dann, wenn
sie voll in der Thermik stehen auch senkrecht. Leine und
Wind stehen also genauso parallel wie beim Start - und wie
beim Start wird der Drachen versuchen den Winkel zwischen
Luftströmung und Leine zu vergrössern - er fliegt also von
allein aus der Blase heraus.
Genauso chancenreich wie gefährdet sind Drachen, die bei
viel Wind nicht ordentlich fliegen. Bei zu viel
(horizontalem) Wind fangen z.B. meine Eddys an, stark zu
schwingen (das typische Eddyschaukeln), legen sich auf die
Seite, stellen sich auf den Kopf, verformen sich stark,
erhöhen den Luftwiederstand, werden in Windrichtung zu Boden
gedrückt. Stellen wir uns das nun in der Senkrechten vor, so
zentrieren sie sich, fliegen also in die Blase HINEIN. Wenn
dann keine Leine zum auslassen da ist, führt das zu Bruch
oder Freiflügen (und die Drache fliegen dann richtig Weit
:-( ).

Die starken senkrechten Strömungen sind wie gesagt selten -
machen über den Tag verteilt einige Minuten aus. Die meiste
Zeit über hat man entweder leichten Wind, der wie in Teil 2
beschrieben zu handhaben ist, oder Flaute in der der Drachen
nur durch Einholen der Leine oder Rückwärtslaufen in der
Luft zu halten ist. Für die Auswahl der Drachen bedeutet
das, daß sie neben stabil auch möglichst leicht sein
sollten.

Bei der Leine benutze ich eine Kombination aus Spectra und
Polyester. Die ersten hundert Meter in Spectra, weil sie
wenig Dehnung hat und weniger durch hängt und damit der
Drachen schneller auf geben und nehmen von Leine reagiert.
Den Rest in Polyester, weil es Böhen besser abfedert. Wenn
mehr als hundert Meter Leine draussen sind, fällt der Drache
auch gewöhnlich nicht gleich aus dem Himmel.

Das eigentliche Problem ist, daß man sich auf nichts
verlassen kann. Böhen wechseln sich mit Gegenwind ab. Der
Wind dreht oft, manchmal um 180 Grad. Aufsteigende Luft
wechselt sich mit fallender ab. Im gegensatz zu Greifvögeln
können wir Luftströmungen nicht sehen und können unsere
Position am Himmel auch nicht frei wählen. Wind können wir
nur indirekt wahrnehmen. Hinweise bekommen wir durch, das
Verhalten unserer und der anderen Drachen, Bäume und Fahnen
in der Umgebung, Wolkenbildung, Greifvögel, Rauch, fliegende
Samen, ... . Unsere Mittel sind das Geben und Einholen von
Leine, Kampfdracheneigenschaften der Drachen (hat in
gewissem Masse jeder Drachen) und unsere Position auf dem
Flugfeld.

Da wir trotz aller Hinweise auf das weitere Geschehen
allenfalls Ahnungen habe, wie der Wind ein paar Minuten
später aus sehen könnte, müssen wir prinzipiell versuchen
dafür zu sorgen, daß der Drachen bei einer plötzlichen
Flaute noch möglichst lange in der Luft bleiben kann.

Wir gehen in die 'Grundstellung'. Wir lassen also möglichst
viel Leine aus und stehen an der windabgewanten Seite der
Wiese. Dabei achten wir darauf, daß der Drache nicht zu tief
absinkt - in Bodennähe ist der Wind schwächer. Weiterhin
können wir dann versuchen, den Drachen in einem möglichst
hohen Winkel fliegen zu lassen. Aber nicht übertreiben. Zu
jedem Drachen gehört bei einer bestimmten
Windgeschwindigkeit ein bestimmter Leinenwinkel. Wenn man
versucht den Drachen steiler zu fliegen macht man nur
verlust oder man muss ihn dahin pumpen.

Dreht der Wind langsam, oder nur um wenige Grad (bis ca. 30)
wird der Drache brav mit herum schwenken ohne viel ab zu
sinken.
Dreht der Wind schnell, oder stark bekommt der Drache
Seitenwind und sinkt und treibt seitwärts, bis er wieder in
Windrichtung steht. Das Neuausrichten kann man
beschleunigen, in dem man Leine einholt, damit den Drachen
näher an den Drehpunkt des Systems (den Piloten) heran
bringt und damit die Strecke verkürzt, die der Drache
zurücklegen muss um wieder in Windrichtung zu stehen.
Unterstützen kann man das, indem man zur Seite geht um den
Winkel zu verkürzen.
Dreht der Wind um mehr als 90 Grad hat man plötzlich
Gegenwind. Leine schnell einholen, bis der Drache senkrecht
über einem steht. Dabei in Windrichtung laufen. Sobald der
Drachen direkt über Kopf fliegt hört man zu kurbeln auf und
läuft wieder gegen den Wind, bis der Drache wieder einen
vernünftigen Winkel fliegt. Dann wieder versuchen mit dem
Wind zu laufen und Leine aus zu lassen.
Hat man das Gefühl der Drachen sinke für den Zug den er
entwickelt zu schnell, befindet man sich wahrscheinlich in
einem Abwindfeld. Dann kann man nur versuchen da hinaus zu
kommen. Leine geben, oder Einholen, die Position auf der
Wiese wechseln - alles ist möglich. Der Drache muss da raus!
Steht der Drache zu Steil für den Leinenzug, befindet man
sich in einem Aufwindfeld. Leine geben - aber auf Reserve
achten. Aufpassen, daß der Drache im Aufwind bleibt.
Notfalls auf dem Boden umher gehen oder Leine einholen um
die Blase wieder zu finden.
Steht der Drache schon senkrecht über dem Piloten und die
Schnur ist fast zu Ende? Freuen! Aber wachsam sein. Gleich
kommen andere Drachen, die sich verheddern werden, weil sie
kreuz und quer über den Himmel schiessen. Leinenkreuzungen
am Boden auslaufen. Vorsicht! gleich reisst die senkrechte
Strömung ab. Danach ist die Windrichtung unbestimmt.
Möglicherweise gab es den Tag über eine Vorzugswindrichtung
- dann ist die Wahrscheinlichkeit groß, daß das auch wieder
die neue Windrichtung wird. Im Zweifelsfalle kann man wie
bei Winddrehungen reagieren.
Bei totaler Flaute kann man langsam Leine einholen, damit
der Drachen oben bleibt. Da die neue Windrichtung völlig
unbestimmt ist - zur Mitte der Wiese gehen. Darauf achten,
daß der Drachen nicht zu weit absinkt. In Bodennähe gibt es
keinen Wind. Wird die Leine zu kurz (10 - 20 m) kann man
einen großen Kreis laufen, dessen Radius mindestens doppelt
so groß ist wie die Leinenlänge (bei Radius = Leinenlänge
laufen wir nur um den Drachen herum, ziehen ihn aber nicht).
Falls es eine Windrichtung gibt werden wir sie so finden.

Das der Wind dreht gibt uns Gelegenheit mit verschiedenen
Objekten in der Nähe zu spielen. Ist eine Wald- oder
Gebäude-kante in der Nähe, sollte man unbedingt
ausprobieren, wie und wo die Luft an ihr auf steigt. Dar
Effekt lässt sich oft auch noch hundert Meter über der Kante
feststellen. Oder ist da eine gepflasterte, betonierte,
asphaltierte oder sandige Fläche oder ein Steinbruch? Die
Wahrscheinlichkeit, daß von dort eine Thermikblase aufsteigt
ist größer als sonst wo. Manchmal, an besonders
schwachwindigen Tagen, bewirkt das Eindringen eines Drachens
gar die Ablösung der Blase. Ist da ein großer Grillstand
oder der Kamin einer größeren Heizanlage? Unbedingt mal
probieren ob da nicht ein wenig mehr Auftrieb zu finden ist.

Fortsetzung folgt
Andreas

Andreas Hardtung

unread,
Sep 1, 1998, 3:00:00 AM9/1/98
to
Am 1 Sep 1998 19:41:52 GMT, schrieb G.B...@t-online.de (G.
Bott) :

>Gehe ich recht in der Annahme das du meinst 3kg (daN) Zugfestigkeit pro m2
>Segelfläche,das halte ich persönlich für gewagt da scheinen mir die Reserven
>doch sehr knapp kalkuliert.

Es IST gewagt. Abgerissen habe ich meine 7daN Spectra an
2m^2 Eddy aber nur ein mal - in Thermik. War ein ca. 5km
Freiflug über Münster.

>Ich habe mich bisher mit Segelflächen um 2-2,5 m2 nicht unter 2o daN Dacron
>bzw. 40 daN bei Spectra/Kevlar getraut.

Warum traust Du Spectra/Kevlar weniger zu? Oder ist es nur
wegen der Griffigkeit? 20daN ist ein guter Wert zum fliegen
tagsüber in Thermik. Beim Nachtfliegen trau ich mich weiter
runter.

Jeder nimmt das Risiko auf sich, was er bereit ist zu Tragen

Andreas

G. Bott

unread,
Sep 2, 1998, 3:00:00 AM9/2/98
to
Andreas Hardtung schrieb in Nachricht
<35f17e7d...@news.castrop-rauxel.netsurf.de>...

>
>>Ich habe mich bisher mit Segelflächen um 2-2,5 m2 nicht unter 2o daN
Dacron
>>bzw. 40 daN bei Spectra/Kevlar getraut.
>
>Warum traust Du Spectra/Kevlar weniger zu? Oder ist es nur
>wegen der Griffigkeit? 20daN ist ein guter Wert zum fliegen
>tagsüber in Thermik. Beim Nachtfliegen trau ich mich weiter
>runter.

Hallo Andreas,
nicht des Vertrauens wegen aber die dünnen Schnüre sind doch ganz schön
schnittig nicht nur im Wind,
werde mir aber jetzt für ne 25 Dynnema eine schicke Rolle bauen ich dafür
in Holland ne Klasse Idee gesehen die haben als Halteknauf eine Skateboard
Rolle genommen und in die Rolle gesetzt lief Superleicht und hatte ein
tolles Handling.


hät freud dran mött een liyn in et Stoelke de sette
un mott vatzunn jett jecke Koal de doen

Gerd


Andreas Hardtung

unread,
Sep 2, 1998, 3:00:00 AM9/2/98
to
Am 2 Sep 1998 10:19:25 GMT, schrieb G.B...@t-online.de (G.
Bott) :

>nicht des Vertrauens wegen aber die dünnen Schnüre sind doch ganz schön


>schnittig nicht nur im Wind,
>werde mir aber jetzt für ne 25 Dynnema eine schicke Rolle bauen ich dafür
>in Holland ne Klasse Idee gesehen die haben als Halteknauf eine Skateboard
>Rolle genommen und in die Rolle gesetzt lief Superleicht und hatte ein
>tolles Handling.

Als extrem preisgünstig und fingerschonend hat sich bei mir
die Kombination von einfachen Ringhaspeln mit
Schlüsselkarabiner zum Wickeln bewährt.

Nicht vergesse: Schnur immer über die Rollenkante ablaufen
lassen. Das vermeidet Verdrillungen.

Andreas

Andreas Grundnig

unread,
Sep 2, 1998, 3:00:00 AM9/2/98
to
On Wed, 02 Sep 1998 15:34:42 GMT,
andreas....@recklinghausen.netsurf.de (Andreas Hardtung) wrote:

>Als extrem preisgünstig und fingerschonend hat sich bei mir
>die Kombination von einfachen Ringhaspeln mit
>Schlüsselkarabiner zum Wickeln bewährt.

Hallo Andreas,

koenntest Du das mal genauer erklaeren?

--
Andreas (der Deinen Beitrag echt spannend findet)

Andreas Hardtung

unread,
Sep 3, 1998, 3:00:00 AM9/3/98
to
Am Wed, 02 Sep 1998 19:40:10 GMT, schrieb p...@bigfoot.de
(Andreas Grundnig) :

>On Wed, 02 Sep 1998 15:34:42 GMT,
>andreas....@recklinghausen.netsurf.de (Andreas Hardtung) wrote:
>
>>Als extrem preisgünstig und fingerschonend hat sich bei mir
>>die Kombination von einfachen Ringhaspeln mit
>>Schlüsselkarabiner zum Wickeln bewährt.
>

>koenntest Du das mal genauer erklaeren?

Eigentlich gibts da nicht viel zu erklären.

Rechtshänder nehmen die Rolle gewöhnlich in die linke Hand
und wickeln mit der rechten. Auf die Dauer bekommt man dann
entweder Hornhaut oder Löcher in der rechten Hand, weil die
Schnur da ständig durch läuft. Um das zu vermeiden, nehme
ich einen Schlüsselkarabiner in die rechte, klinke ihn um
die Schnur und wickle fleissig drauf los. Schlüsselkarabiner
sind die Dinger, mit der relativ kleinen Öse an einer art
Stiel. Man findet sie auch häufig an Hundeleinen. Der
Vorteil gegenüber normalen Karabinern ist, die relativ
kleine Öse, die die Schnur genauer führt als ein normaler
Karabiner. Ausserdem gibt es an den Dingern keine scharfen
Kanten.

Mehr fällt mir dazu aber nun wirklich nicht ein :-)
Andreas

Ps: Die ideale Ringspule gibt es nicht. Für mich müsste sie
einen Umfang kurz unter meiner Armlänge haben.

Hat einer von Euch noch eine Quelle für die grossen
Ringspulen? Werden angeblich nicht mehr hergestellt.

simon Brinkrolf

unread,
Sep 3, 1998, 3:00:00 AM9/3/98
to
Hallo!

Danke Andreas, richtig was gelernt!

Tschüß, simon

Andreas Hardtung

unread,
Sep 5, 1998, 3:00:00 AM9/5/98
to
Schwachwindfliegen an einer Leine (Teil 4)

Nachdem wir in den ersten drei Teilen das Fliegen in
gleichmässigem Wind und unter Thermikbedingungen besprochen
haben, schläft uns der Wind heute völlig ein. Ein Grund zum
aufgeben? Weit gefehlt. Mit den passenden Drachen und oder
ein wenig zusätzlichem Gerät kann man auch bei totaler
Windstille, auch in geschlossenen Räumen, seinen Spass
haben.

Machen wir uns zunächst noch einmal Gedanken darüber, woher
die Energie, die zum fliegen benötigt wird, her kommen soll,
beziehungsweise wo sie hin geht.

Nehmen wir zunächst einen Stein vom Sandboden auf. Zum
Hochheben stecken wir Arbeit in ihn hinein. Lassen wir ihn
los, fällt er. Das heisst er wandelt seine Lageenergie in
Bewegungsenergie um. Am Boden angekommen schlägt er in den
Sand ein. Die Bewegungsenergie leistet am Sand
Verformungsarbeit. Der Flug war sehr kurz. Da hätten wir
auch gleich den Stein in den Sand treten können.

Bei einem leichteren Ding, mit mehr Fläche, wie einem
Fallschirm, liegen die Verhältnisse schon anders. Lassen wie
den Fallschirm los, so schwebt er zu Boden. Seine
Lageenergie wird auch in Bewegung umgewandelt. Diesmal wird
die Bewegung aber schon durch die Luft gebremst. Luft wird
verformt (verwirbelt). Der Flug war jetzt schon wesentlich
länger.

Geben wir der dem Ding eine besondere Form und bringen den
Schwerpunkt an die richtige Stelle, wie an einer
Papierschwalbe oder einem Segelflugzeug, so erhalten wir
einen Gleiter. Auch der Gleiter wandelt seine Lageenergie in
Bewegung um - nur besser. Er versucht möglichst viel von der
Energie in horizontale Geschwindigkeit um zu setzen. Durch
die erhöhte Geschwindigkeit erzeugt er mehr Auftrieb als ein
Fallschirm. Gleichzeitig verwirbelt er pro Zeiteinheit
weniger Luft, verliert damit weniger Energie, fliegt länger.
Zudem können wir ihm auch noch Bewegungsenergie mit auf den
Weg geben, in dem wir ihn werfen.


Auf welche Weise bekommen wir nun Energie in unsere Drachen?
Gewöhnlich müssen wir nichts dafür tun. Gewöhnlich bewegt
sich die Luft und der Drache steht fest an seiner Leine.
Lässt der wind nach, so sinkt er, an festgehaltener Leine,
wie ein Fallschirm zur Erde. Haben wie Windstille müssen wir
also den Drachen gegenüber der Luft bewegen. Dazu gibt es
verschiedene Varianten.

Die Methode der Kinder ist das Rennen. Erwachsene lassen
sich da schon beträchtlich mehr einfallen um ihre
Körperkräfte zu schonen. Eine Angel z.B. läßt beim Gehen den
Kurvenradius und damit den Weg des Drachen, wesentlich
größer werden. Oder man dreht sich mir ihr nur langsam im
Kreise. Selbst Tricks, wie das Axeln von Einleinern, sind
mit ihr möglich. Noch faulere Naturen lassen die nötige
Energie durch Technik auf bringen. Motorbetriebene Angeln,
Modelleisenbahnen, das Bohrmaschinen betriebene
Drachenkarussel (der Osnabrücker?) sind Beispiele dafür.
Selbst ein ferngesteuertes Modellauto wurde schon gesichtet.

Etwas kniffeliger ist es den Drachen die benötigte Energie
durch Einholen der Leine zu zu führen. Das eigentliche
Problem dabei ist, daß die Leine irgendwann zu Ende ist und
der Drachen in unserer Hand. Wir müssen uns also etwas ein
fallen lassen, um unsern Tank, die Leinenlänge, wieder auf
zu füllen. Die Leine aus zu legen, den Drachen zu starten
und dabei die Leine wieder auf zu rollen, ist schrecklich
unelegant. Viel besser ist es, den Drachen dazu zu bringen
sich von selbst wieder zu entfernen, Leine aus zu ziehen.

Wie war das noch mit den Gleitern? Sie sind in der Lage Höhe
in Entfernung um zu setzen. Also genau das, was wir
brauchen.

Auch dabei gibt es wieder drei Möglichkeiten.

Beim Pumpen haben wir schon eine Möglichkeit kennen gelernt
- Das Gleiten nach hinten. Dazu brauchen wir einen Drachen,
dessen Schwerpunkt relativ weit hinten liegt, der
gleichzeitig auf Leinenzug gut (steil) Höhe gewinnt, der
sich bei nachlassendem Zug möglichst schnell und stabil so
auf die Luft legt, daß er in möglichst flachem Winkel vom
Piloten weg gleitet und sich auf Zug gleich wieder
aufrichtet und Höhe annimmt. Das hört sich auf der ersten
Blick ganz einfach an, ist es aber nicht. Besonders der
Übergang von der Steigphase in die Gleitphase erfordert sehr
viel Übung, oder sehr gutmütige Drachen, damit der Drachen
nicht die Richtung verliert, oder zu irgend einer Seite ab
kippt. (Daran arbeite ich immer noch. Bei meinen Rokkakus
scheinen nach hinten verlängerte Kielstäbe, relativ kurze
Waagen mit vergleichsweise schweren Waageringen die richtige
Entwicklungsrichtung zu sein. Viel Bogen (vorn 10-15% u.
hinten 20%) schadet offenbar auch nicht.) Ein winziges
bisschen Wind hilft gerade bei diesen Übergang enorm.

Bei Stafford Wallace, einem in England lebenden Meister
indischer Kampfdrachen habe ich gesehen, daß es seine
Drachen vorwärts gleiten lassen kann. Er zieht sie an,
wendet sie in der Luft so, das die Nase nach unten steht,
lässt sie irgendwie vorwärts gleiten, wendet sie kurz über
dem Boden und zieht sie wieder an. Stafford kann damit über
wenige Minuten hinweg auch indoors fliegen, bis er einen
Fehler macht. Auch hier liegt die Schwierigkeit bei den
Wenden. Diesmal erscheinen mir allerdings beide Wenden
schwierig. (Ich habe das nie hin gekriegt) Ob es auch in der
Gleitphase noch Tricks gibt weis ich leider nicht.

Im März in Almere sah ich eine weitere Methode Einleiner
über längere Zeit in der Luft zu halten. Ein Franzose (Alain
Perolat?) brachte relativ schwere Vogeldrachen mit, die
ihren Schwerpunkt vergleichsweise weit vorn hatten. Selbst
Piloten die die Drachen zum ersten mal ausprobierten
konnten, fast ohne Schwierigkeiten, die Vögel anziehen, bis
sie im Zenit standen und dabei recht schnell flogen. Die
Drachen flogen dann in gleicher Richtung (ohne Wende) in
flachem Winkel weiter und zogen die etwa 5-10m lange Schnur
wieder aus. Am Ende der Leine galt es die Drachen zu wenden.
Dazu waren nur ein paar Schritte zur Seite und ein gut
dosierter Zug an der Leine notwendig. Danach konnte das
Spiel von vorn beginnen. Auch hier war die Wende das
schwierigste. Wenn man die Schritte zur Seite vergass, also
direkt hinter dem Drachen stand, zog man die Nase herunter
und knallte den armen Vogel damit, im Sturzflug, auf die
Erde. Das ganze war aber wesentlich leichter und
zuverlässiger zu handhaben, als das Gleiten nach hinten oder
mit Kampfdrachen. Zudem sah es ungemein elegant aus, fast
wie ein Tanz mit den Vögeln. Ich glaube hier liegt die
Zukunft des Indoorfluges mit Einleinern.

Die drei Ansätze haben alle gemeinsam ein weiteres Problem.
Einerseits muss die Leine schnell und dosiert eingeholt
werden, andererseits ist der Zug, der die Leine wieder aus
zieht relativ gering. Die Leine dabei zwischendurch auf eine
Rolle zu bekommen ist relativ aussichtslos, also liegt sie
auf dem Boden. Deswegen sollte der Untergrund möglichst
glatt sein. Gewöhnlich führt schon ein einziger Verhaker,
der Leine, an einem Löwenzahn oder Grashalm, zu einen
Absturz.


Na? Auf den Geschmack gekommen? Erscheint Einleiner fliegen
immer noch so langweilig?
Für mich gibt noch genügend andere Herausforderungen die
Einleiner stellen können, auch wenn ich den Schwachwind
eines Tages gemeistert haben sollte. Wie wäre es mit Lasten,
die man in die Höhe bringen kann, oder mit Sturmfliegen, mit
Taktik im Rokkakukampf, mit der Flugstabilität bei großer
Streckung? Lauter andere Gebiete auf denen man noch forschen
oder wieder entdecken kann.

Immer schön üben
dann klappt es
wie am Schnürchen gezogen.

Aber nicht traurig sein
es sind auch schon Meister vom Himmel gefallen.

Andreas

[ENDE]


Ps: Ursprünglich habe ich mal über ein Kapitel über gute und
schlechte Leichtwinddrachen nach gedacht. Ich habe mich
dagegen entschieden. Wenn ich jetzt eine Empfehlung
ausspreche, baut und fliegt alle Welt einen einzigen Drache.
Das ist nicht im Sinne der Vielfalt und der
Weiterentwicklung. Die nötige Information, wie sich ein
Leichtwinddrache in den verschiedenen Situationen verhalten
sollte habt ihr jetzt. Ich bin gespannt, was IHR daraus
macht. Lasst uns einen ausfliegen!

G. Bott

unread,
Sep 5, 1998, 3:00:00 AM9/5/98
to
Andreas Hardtung schrieb in Nachricht
<35f35e93...@news.castrop-rauxel.netsurf.de>...

Hallo Andreas,

so jetzt wissen wir wie es gehen sollte jetzt fehlen nur noch die Drachen!!!


(-)baut und fliegt alle Welt einen einzigen Drache.

Glaub ich nich das das passiert,daß schafft ja selbst Aldi nicht!!!

>Das ist nicht im Sinne der Vielfalt und der

>Weiterentwicklungbin gespannt, was IHR daraus
>macht.

Da bin auch gespannt, ich jedenfalls arbeite dran,nach Eddy UL und Dopero
light steht jetzt Genki light an,
damit denke ich für wesentliche Schwachwindsituationen gewappnet zu sein.:-)
Lasst uns einen ausfliegen!

Jo is gebongt irgendwann, irgendwo, unter diesem Himmel werden wir die
Schnüre kreuzen,
in diesem Sinne ;-)
--
däm Wenkvügel net eenlinech jenoch sien könne!!
Gerd

Frederick Page

unread,
Sep 5, 1998, 3:00:00 AM9/5/98
to
Response to Author : andreas....@recklinghausen.netsurf.de (Andreas Hardtung)


Hi Andreas,

>Na? Auf den Geschmack gekommen? Erscheint Einleiner fliegen
>immer noch so langweilig?

Nein, so wie Du es beschreibst überhaupt nicht. Das kannte ich überhaupt
nicht, das Klischee vom älteren Menschen mit den Aufnähern auf der Weste,
der ein mehr oder weniger zusammengebasteltes Etwas an einer Leine fliegt
hat bei mir wohl etwas die Sicht verdunkelt.

Naja auch bei den Lenkdrachen fliegt die überwiegende Mehrheit Aldi und
sonstigen Billigmüll :-( das muß ja kein Maßstab sein.

Deine Artikel zum Thema sind das Beste, was ich bisher zum Drachenfliegen
in den Newsgroups gelesen habe, selbstverständlich sind sie in meiner
Archiv-Datenbank gelandet, nochmals herzlichen Dank dafür.

FFPX Frederick


Sebastian Laiblin

unread,
Sep 15, 1998, 3:00:00 AM9/15/98
to

>Als extrem preisgünstig und fingerschonend hat sich bei mir
>die Kombination von einfachen Ringhaspeln mit
>Schlüsselkarabiner zum Wickeln bewährt.
>
>Nicht vergesse: Schnur immer über die Rollenkante ablaufen
>lassen. Das vermeidet Verdrillungen.

Aber nur, wenns die selbe Kante ist wie beim Aufwickeln, ansonsten gibts 2fache
Verdrillung !!!
Ich wuerde empfehlen immer beim Aufwickeln, 10 Windungen rechts und 10 Windungen
links abzuwechseln. Dann muss man aber rollig abrollen, also einfach gerade aus
der Rolle raus, nicht ueber den Rand.

Ich nehem jetzt immer fuer alles diese schoenen Cardwinder, auf denen die Schnur
8-foermig aufgewickelt wird, da verdreht nix ... Ich habe mir da eine Schablone
gemacht, die sich bisher gut bewaehrt hat (eigentlich ganz einfach), die
entsprechenden Groessen habe ich dann aus Holz ausgesaegt.

Wer die Schablone als Gif haben moechte schicke mir doch einfach ne Email.
laib...@sp.zrz.tu-berlin.de

Sebastian
--
*****************************************************
* < http://www.geocities.com/yosemite/2131 > *
* Shutterspeedtesting with a soundcard, Pictures of *
* my homebuild View Camera, How to build your own *
* Forge from an old brake-drum, Encode the DX-Code,*
* Folding bellows *
*****************************************************

Patrick Mann

unread,
Sep 15, 1998, 3:00:00 AM9/15/98
to
Sebastian Laiblin wrote:
> Ich nehem jetzt immer fuer alles diese schoenen Cardwinder, auf denen die Schnur
> 8-foermig aufgewickelt wird, da verdreht nix


Und wie muß man dann abwickeln? Über die Kante oder rollen?

Patrick

--
Patrick Mann | patric...@bigfoot.com | http://www.geocities.com/SoHo/1911/

Andreas Hardtung

unread,
Sep 17, 1998, 3:00:00 AM9/17/98
to
Am Tue, 15 Sep 1998 09:47:29 GMT, schrieb
laib...@sp.zrz.tu-berlin.de (Sebastian Laiblin ) :

>
>>Als extrem preisgünstig und fingerschonend hat sich bei mir
>>die Kombination von einfachen Ringhaspeln mit
>>Schlüsselkarabiner zum Wickeln bewährt.
>>
>>Nicht vergesse: Schnur immer über die Rollenkante ablaufen
>>lassen. Das vermeidet Verdrillungen.
>
>Aber nur, wenns die selbe Kante ist wie beim Aufwickeln, ansonsten gibts 2fache
>Verdrillung !!!
>Ich wuerde empfehlen immer beim Aufwickeln, 10 Windungen rechts und 10 Windungen
>links abzuwechseln. Dann muss man aber rollig abrollen, also einfach gerade aus
>der Rolle raus, nicht ueber den Rand.
>

>Ich nehem jetzt immer fuer alles diese schoenen Cardwinder,

>...

Wunderbare Methoden um Lenkdrachenschnüre und Leinen von
Einleinern zur LAGERUNG auf zu wickeln. Bein fliegen in
Thermik wird die Leine aber fast ständig eingeholt und
wieder aus gelassen - und das unter Umständen sehr schnell.

Bei Deinen Methoden landet dann die Rolle oder die Karte
sehr schnell auf dem Boden, und Du holst die Leine Hand über
Hand ein. Der Schnurhaufen auf dem Boden behindert Dich dann
erst so richtig - oder Beschäftigt Dich für ein paar
Stunden. :-)

Zum Thermikfliegen haben sich natürlich auch die tollen
kugelgelagerten Haspeln bewährt - leider haben die ihren
Preis.

Wirklich schnell kann ICH nur dann wickeln, wenn die Rolle
in der linken Hand ist und die Schnur oben nach vorn
abläuft. Deswegen habe ich die Rolle auch immer gleich in
der Hand.

Andreas

Sebastian Laiblin

unread,
Sep 24, 1998, 3:00:00 AM9/24/98
to
On Tue, 15 Sep 1998 13:22:07 +0200, Patrick Mann <patric...@bigfoot.com>
wrote:

>Sebastian Laiblin wrote:
>> Ich nehem jetzt immer fuer alles diese schoenen Cardwinder, auf denen die Schnur
>> 8-foermig aufgewickelt wird, da verdreht nix
>
>
>Und wie muß man dann abwickeln? Über die Kante oder rollen?

geht doch dann nur auf eine Art !!!

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