"The evolution of culture marches with the elimination of ornament from useful objects," Loos proclaimed, thus linking the optimistic sense of the linear and upward progress of cultures with the contemporary vogue for applying evolution to cultural contexts.[2] Loos's work was prompted by regulations he encountered when he designed a building without ornamentation opposite a palace. He eventually conceded to requirements by adding window flower boxes.[3]
Der menschliche embryo macht im mutterleibe alle entwicklungsphasen des tierreiches durch. Wenn der mensch geboren wird, sind seine sinneseindrcke gleich denen eines neugeborenen hundes. Seine kindheit durchluft alle wandlungen, die der geschichte der menschheit entsprechen. Mit zwei jahren sieht er wie ein papua, mit vier jahren wie ein germane, mit sechs jahren wie Sokrates, mit acht jahren wie Voltaire. Wenn er acht jahre alt ist, kommt ihm das violett zum bewutsein, die farbe, die das achtzehnte jahrhundert entdeckt hat, denn vorher waren das veilchen blau und die purpurschnecke rot. Der physiker zeigt heute auf farben im sonnenspektrum, die bereits einen namen haben, deren erkenntnis aber dem kommenden menschen vorbehalten ist.
Das kind ist amoralisch. Der papua ist es fr uns auch. Der papua schlachtet seine feinde ab und verzehrt sie. Er ist kein verbrecher. Wenn aber der moderne mensch jemanden abschlachtet und verzehrt, so ist er ein verbrecher oder ein degenerierter. Der papua ttowiert seine haut, sein boot, seine ruder, kurz alles, was ihm erreichbar ist. Er ist kein verbrecher. Der moderne mensch, der sich ttowiert, ist ein verbrecher oder ein degenerierter. Es gibt gefngnisse, in denen achtzig prozent der hftlinge ttowierungen aufweisen. Die ttowierten, die nicht in haft sind, sind latente verbrecher oder degenerierte aristokraten. Wenn ein ttowierter in freiheit stirbt, so ist er eben einige jahre, bevor er einen mord verbt hat, gestorben.
Das erste ornament, das geboren wurde, das kreuz, war erotischen ursprungs. Das erste kunstwerk, die erste knstlerische tat, die der erste knstler, um seine berschssigkeiten los zu werden, an die wand schmierte. Ein horizontaler strich: das liegende weib. Ein vertikaler strich: der sie durchdringende mann. Der mann, der es schuf, empfand denselben drang wie Beethoven, er war in demselben himmel, in dem Beethoven die neunte schuf.
Aber der mensch unserer zeit, der aus innerem drange die wnde mit erotischen symbolen beschmiert, ist ein verbrecher oder ein degenerierter. Es ist selbstverstndlich, da dieser drang menschen mit solchen degenerationserscheinungen in den anstandsorten am heftigsten berfllt. Man kann die kultur eines landes an dem grade messen, in dem die abortwnde beschmiert sind. Beim kinde ist es eine natrliche erscheinung: seine erste kunstuerung ist das bekritzeln der wnde mit erotischen symbolen. Was aber beim papua und beim kinde natrlich ist, ist beim modernen menschen eine degenerationserscheinung. Ich habe folgende erkenntnis gefunden und der welt geschenkt: evolution der kultur ist gleichbedeutend mit dem entfernen des ornamentes aus dem gebrauchsgegenstande. Ich glaubte damit neue freude in die welt zu bringen, sie hat es mir nicht gedankt. Man war traurig und lie die kpfe hngen. Was einen drckte, war die erkenntnis, da man kein neues ornament hervorbringen knne. Wie, was jeder neger kann, was alle vlker und zeiten vor uns gekonnt haben, das sollten allein wir, die menschen des neunzehnten jahrhunderts,[278] nicht vermgen? Was die menschheit in frheren jahrtausenden ohne ornament geschaffen hatte, wurde achtlos verworfen und der vernichtung preisgegeben. Wir besitzen keine hobelbnke aus der karolingerzeit, aber jeder schmarren, der auch nur das kleinste ornament aufwies, wurde gesammelt, gereinigt, und prunkpalste wurden zu seiner beherbergung gebaut. Traurig gingen die menschen dann zwischen den vitrinen umher und schmten sich ihrer impotenz. Jede zeit hatte ihren stil und nur unserer zeit soll ein stil versagt bleiben? Mit stil meinte man das ornament. Da sagte ich: Weinet nicht! Seht, das macht ja die gre unserer zeit aus, da sie nicht imstande ist, ein neues ornament hervorzubringen. Wir haben das ornament berwunden, wir haben uns zur ornamentlosigkeit durchgerungen. Seht, die zeit ist nahe, die erfllung wartet unser. Bald werden die straen der stdte wie weie mauern glnzen. Wie Zion, die heilige stadt, die hauptstadt des himmels. Dann ist die erfllung da.
Aber es gibt schwarzalben, die das nicht dulden wollten. Die menschheit sollte weiter in der sklaverei des ornamentes keuchen. Die menschen waren weit genug, da das ornament ihnen keine lustgefhle mehr erzeugte, weit genug, da ein ttowiertes antlitz nicht wie bei den papuas das sthetische empfinden erhhte, sondern es verminderte. Weit genug, um freude an einer glatten zigarettendose zu empfinden, whrend eine ornamentierte, selbst bei gleichem preise, von ihnen nicht gekauft wurde. Sie waren glcklich in ihren kleidern und waren froh, da sie nicht in roten samthosen mit goldlitzen wie die jahrmarktsaffen herumziehen muten. Und ich sagte: Seht, Goethes sterbezimmer ist herrlicher als aller renaissanceprunk[279] und ein glattes mbel schner als alle eingelegten und geschnitzten museumstcke. Die sprache Goethes ist schner als alle ornamente der Pegnitzschfer.
Der ungeheure schaden und die verwstungen, die die neuerweckung des ornamentes in der sthetischen entwicklung anrichtet, knnten leicht verschmerzt werden, denn niemand, auch keine staatsgewalt, kann die evolution der menschheit aufhalten. Man kann sie nur verzgern. Wir knnen warten. Aber es ist ein verbrechen an der volkswirtschaft, da dadurch menschliche arbeit, geld und material zu grunde gerichtet werden. Diesen schaden kann die zeit nicht ausgleichen.
Das tempo der kulturellen entwicklung leidet unter den nachzglern. Ich lebe vielleicht im jahre 1908, mein nachbar aber lebt um 1900 und der dort im jahre 1880. Es ist ein unglck fr einen staat, wenn sich die kultur seiner einwohner auf einen so groen zeitraum verteilt. Der kalser bauer lebt im zwlften jahrhundert. Und im jubilumsfestzuge gingen vlkerschaften mit, die selbst whrend der vlkerwanderung als rckstndig empfunden worden wren. Glcklich das land, das solche nachzgler und marodeure nicht hat. Glckliches Amerika![281] Bei uns gibt es selbst in den stdten unmoderne menschen, nachzgler aus dem achtzehnten jahrhundert, die sich ber ein bild mit violetten schatten entsetzen, weil sie das violett noch nicht sehen knnen. Ihnen schmeckt der fasan besser, an dem der koch tagelang arbeitet, und die zigarettendose mit renaissance-ornamenten gefllt ihnen besser als die glatte. Und wie stehts auf dem lande? Kleider und hausrat gehren durchwegs frheren jahrhunderten an. Der bauer ist kein christ, er ist noch ein heide.
Noch viel grer ist der schaden, den das produzierende volk durch das ornament erleidet. Da das ornament nicht mehr ein natrliches produkt unserer kultur ist, also entweder eine rckstndigkeit oder eine degenerationserscheinung darstellt, wird die arbeit des ornamentikers nicht mehr nach gebhr bezahlt.
Da das ornament nicht mehr organisch mit unserer kultur zusammenhngt, ist es auch nicht mehr der ausdruck unserer kultur. Das ornament, das heute geschaffen wird, hat keinen zusammenhang mit uns, hat berhaupt keine menschlichen zusammenhnge, keinen zusammenhang mit der weltordnung. Es ist nicht entwicklungsfhig. Was geschah mit der ornamentik Otto Eckmanns, was mit der Van de Veldes? Stets stand der knstler voll kraft und gesundheit an der spitze der menschheit. Der moderne ornamentiker aber ist ein nachzgler oder eine pathologische erscheinung. Seine produkte werden schon nach drei jahren von ihm selbst verleugnet. Kultivierten menschen sind sie sofort unertrglich, den anderen wird diese unertrglichkeit erst nach jahren bewut. Wo sind heute die arbeiten Otto Eckmanns? Wo werden die arbeiten Olbrichs nach zehn jahren sein? Das moderne ornament hat keine eltern und keine nachkommen, hat keine vergangenheit und keine zukunft. Es wird von unkultivierten menschen, denen die gre unserer zeit ein buch mit sieben siegeln ist, mit freuden begrt und nach kurzer zeit verleugnet.
Die menschheit ist heute gesnder denn je, krank sind nur einige wenige. Diese wenigen aber tyrannisieren den arbeiter, der so gesund ist, da er kein ornament erfinden kann. Sie zwingen ihn, die von ihnen erfundenen ornamente in den verschiedensten materialien auszufhren.
Der wechsel der ornamente hat eine frhzeitige entwertung des arbeitsproduktes zur folge. Die zeit des arbeiters,[284] das verwertete material sind kapitalien, die verschwendet werden. Ich habe den satz aufgestellt: Die form eines gegenstandes halte so lange, das heit, sie sei so lange ertrglich, so lange der gegenstand physisch hlt. Ich will das zu erklren suchen: ein anzug wird seine form hufiger wechseln, als ein wertvoller pelz. Die balltoilette der frau, nur fr eine nacht bestimmt, wird ihre form rascher wechseln als ein schreibtisch. Wehe aber, wenn man den schreibtisch so rasch wechseln mu, wie eine balltoilette, weil einem die alte form unertrglich geworden ist, dann hat man das fr den schreibtisch verwendete geld verloren.
[285] Der verlust trifft nicht nur den konsumenten, er trifft vor allem den produzenten. Heute bedeutet das ornament an dingen, die sich dank der entwicklung dem ornamentiertwerden entzogen haben, vergeudete arbeitskraft und geschndetes material. Wenn alle gegenstnde sthetisch so lange halten wrden, wie sie es physisch tun, knnte der konsument einen preis dafr entrichten, der es dem arbeiter ermglichen wrde, mehr geld zu verdienen und weniger lang arbeiten zu mssen. Fr einen gegenstand, bei dem ich sicher bin, da ich ihn voll ausntzen und aufbrauchen kann, zahle ich gerne viermal so viel wie fr einen in form oder material minderwertigen. Ich zahle fr meine stiefel gerne vierzig kronen, obwohl ich in einem anderen geschft stiefel um zehn kronen bekommen wrde. Aber in jenen gewerben, die unter der tyrannei der ornamentiker schmachten, wird gute oder schlechte arbeit nicht gewertet. Die arbeit leidet, weil niemand gewillt ist, ihren wahren wert zu bezahlen.