Neu-Rechts? Wir doch nicht! Wie eine studentische Pedition von Rechts
vereinnahmt wird
Zur Zeit sammeln Studierende des Historischen Institutes an der Uni
rostock online Unterschriften für die Weiterbeschäftigung eines
Corps-Mitgliedes im Wissenschaftsbetrieb. Nun droht das studentische
Engagement von rechts vereinnahmt zu werden.
Petition zur Weiterbeschäftigung eines "Alten Herren"
Anlässlich einer Petition auf der Plattform „
change.org“ waren wir etwas
überrascht. Die studentische Mitarbeiterin am Lehrstuhl von Frau Prof.
Dr. Hirschhausen, Elisabeth Kühn, hat eine elektronische
Unterschriftensammlung gestartet. Ziel der Petition ist es, zu
erreichen, dass der Zeitvertrag mit dem Geschichte-Didaktiker Sven
Hartig vom HI verlängert wird. Hartig ist Mitglied im Corps Visigothia
Rostock und ließ in früheren Semestern Pflichtveranstaltungen für
Lehramtsstudierende im Corpshaus stattfinden. Angeblich gäbe es in der
Uni – trotz Blockseminartermin in der vorlesungsfreien Zeit - keine
geeigneten Räume, war die damalige Begründung. Mehr Infos dazu:
http://kritischeunihro.blogsport.de/2013/10/14/extremismus-der-mitte-rostocker-profs-und-der-rechte-rand/
Unterstützung aus dem Sekretariat
Unsere erste Überraschung war, dass diese beschauliche Regung
studentischen Protestes nicht über den E-Mail-Verteiler des
Fachschaftsrates verbreitet wird, sondern von Frau Annedore Nauman aus
dem Sekretariat des Lehrstuhls für Europäische und Neueste Geschichte.
Aber wahrscheinlich ist es angesichts des politischen Verständnisses am
HI nur zwangsläufig, für einen erfolgreichen Protest von vornherein auf
eine autoritäre Revolte zu setzen.
Die Begründung
Die Begründung des Anliegens ließt sich eher bescheiden. Auf ca. zwei
Seiten schmücken die Initiatoren Herrn Hartig mit allerlei eigenen und
fremden Federn, um zu betonen, welch ein guter Hochschullehrer er sei.
Die InitiatorInnen suggerieren, dass mit dem Auslaufen des
Beschäftigungsverhältnisses die Didaktik am HI geschwächt werde. Davon,
dass seit ca. 2 Jahren klar ist, dass die Didaktik am HI durch einen
eigenen Lehrstuhl aufgewertet wird, findet sich kein Wort in der
Petition. Auch davon, dass Herr Hartig als M.A. beim Berufungsverfahren
für den neuen Lehrstuhl schlicht unterqualifiziert war, findet sich kein
Wort. So weit, so gut, wenig überaschend angesichts des Anliegens der
Initiatoren. Überraschend sind allerdings einige der geposteten
Kommentare zu den Unterschriften unter der Pedition. In diesen werden
die persönlichen Gründe für die Unterschrift genannt. Diese scheinen
sich jedoch kaum auf den Inhalt der Peditionsbegründung zu beziehen.
Beschädigung eines honorablen Mannes?
So schreibt jemand, der sich Herr Heiko Gallin nennt und Lima, Peru und
Deutschland als Aufenthaltsorte angibt: „weil der beschädigung eines
honorablen mannes entgegen getreten werden muss“. Herrn Gallins Profil
auf
change.org ziert ein doppelköpfiger Adler mit einem Symbol auf dem
Bauch, in das u.a. eine Swastika verwoben ist.
https://www.change.org/u/72285194 Von einer Rufschädigung steht zwar
nichts in der offiziellen Begründung, aber es lässt aufhören.
Rauswurf wegen Mitgliedschaft in einer Burschenschaft?
Herr Rene Queren aus DEUTSCHLAND benennt ganz deutlich, was seiner
Meinung nach hinter der Personalentscheidung des HI stünde : „Ihm wird
seine Mitgliedschaft in einer Studentenverbindung vorgeworfen - dazu
fällt mir wirklich nichts mehr ein!“ Laut Profil ist diese Pedition
übrigens die erste, an der Herr Queren teil nimmt. Ganz explizit nicht
auf den Begründungstext geht auch Herr Michael Ganz, Deutschland, ein:
„Weil Corpsstudenten zusammenhalten! Das ist alles wieder ein
Hirngespinst der Antifa“. Und eine mit dem Namen "Burschi
Burschenschaftler" unterschreibende Person aus DEUTSCHLAND gibt sich mit
seinem lediglich aus dem Wort „Lebensbundprinzip“ bestehenden Statement
überhaupt keine Mühe, seine einschlägige politische Motivation zu
verschleiern“.
"Lebensbund" als Teilnahmemotivation
Die Statements dürften deutlich machen, dass viele der Unterzeichnenden
weder in Rostock studieren, noch aufgrund der in der offiziellen
Begründung von Elisabeth Kühn aufgezählten Argumente an der Pedition
teilnehmen. Statt dessen steht für diese Gruppe von unterzeichnenden
Männern ihre und Herrn Hartigs Mitgliedschaft in universitären
Koorparation im Vordergrund.
Politische Agitation?
Diese Gruppe von Unterzeichnenden führt neben der Mitgliedschaft von
Hartig in einem Corps noch eine weitere Argumentationslinie an. So
schreibt z. B. Herr Ambors Tazreiter aus Berlin und Österreich: „Es ist
einfach nicht zu glauben, dass aufgrund politischer Agitation kompetente
Mitarbeiter entlassen werden sollen.“ Ganz ähnlich äußert sich Herr
Lazlo Matthias Simon aus Tübingen: „Es ist einfach eine Schande, dass
statt guter Wissenschaft und Lehre anscheinend politische Propaganda an
unseren Unis zählt." Aus der Burschenschaftsmetropole Wien, Österreich,
schreibt Herr Heiko Hoffmann: „Weil wir nicht in Nordkorea sind und mir
die Hexenjagd auf den Zeiger geht." Und Herr Heiner Kruse, der angeblich
aus Bad Sachsa kommt, führt zur Erläuterung seiner Motivation pathetisch
an: „Schützt die Meinungsfreiheit - gegen linken Faschismus“.
Rechte Verschwörungstheorien
Anhand der selbst angegebenen Ortsnamen ist ersichtlich, dass ein
Großteil dieser Gruppe nicht in Rostock studiert. Aufgrund des Tenores
ihrer Äußerungen sind diese Unterzeichnenden eher im rechten Spektrum zu
verorten. Zudem fällt die Häufung von männlichen Namen auf. Ihre
Kommentare zeigen, dass sie eine „linksfaschistische Kampagne“ gegen
einen aus dem Verbindungsmillieu stammenden Dozierenden als
"Entlassungsgrund" vermuten. In der offiziellen Begründung zur
Nichtverlängerung des Vertrages taucht hingegen kein politischer Kontext
auf. Auch in der Petition wird die kritisierte Personalentscheidung in
keiner Weise in einen politischen Zusammenhang gerückt. Wie aus dem
Nichts heraus scheint sich aber ein bestimmter Teil der Unterzeichnenden
genau aufgrund eines solchen Zusammenhanges für Herrn Hartig zu
engagieren. Der Verdacht, dass hier in Burschenschaftskreisen mit einem
inoffiziellen „Second Code“ gezielt zur Teilnahme aufgerufen wird, wird
u.a. dadurch bestärkt, dass viele der Unterzeichnenden mit einschlägigen
Statements ihren Acound-Informationen zu Folge zum ersten Mal an einer
e-Petition teilnehmen.
Ein Bärendienst
Mit ihrem Engagement dürften die Burschis ihrem Kameraden alledings eher
einen Bärendienst erwiesen haben. Denn die Kampagne belegt, wie tief
Herr Hartig offenbar in neu-rechte Lebenswelten eingebunden ist - wenn
sich so viele, eindeutig neu-rechts positionierende, Kommentatoren aus
dem ganzen deutschsprachigen Raum aufgrund einer Personalentscheidung
des Rostocker HIs dazu motivieren lassen, an einer studentischen
Petition teilzumehmen.
Rechte Positionen an der Uni Rostock
Das politische Engagement der Unterschreibenden macht aber noch etwas
deutlich, was an dem in der Pedition enthaltenem Aufruf fehlt. Da eben
dort gerade das politische Agieren Herrn Hartigs außen vorgelassen wird,
fehlt es an einer im ganzen differenzierten Darstellung des Herrn
Hartigs. Ersichtlich wird mal wieder, wie selbstverständlich neu-rechte
Positionen an der Rostocker Universität unwidersprochen bleiben.
Mehr Infos:
Wer sich selbst ein Bild machen möchte oder sogar Lust hat, für den
Verbleibt eines Dozenten zu unterschreiben, der neu-rechte Positionen
vertritt, findet hier den Link zur Pedition:
https://www.change.org/de/Petitionen/herr-sven-hartig-soll-am-historischen-institut-bleiben
Dokumenation von neu-rechten Ideologen am Historischen Institut der Uni
Rostock:
http://kritischeunihro.blogsport.de/2013/10/14/extremismus-der-mitte-rostocker-profs-und-der-rechte-rand/
Kontakt: Frank_a Schmidt
01575-2855482
kritis...@riseup.net
www.kritischeunihro.blogsport.de