HRO: Überwachungs-Aktion bei Snowden-Lesung
Mit einer Theater-Performence machte heute eine Theatergruppe im
Rostocker Peter-Weiss-Haus auf Überwachung, Zensur und
Geheimdienstkooperationen aufmerksam. Anlass war eine Lesung mit
anschließender Podiumsdiskussion zum Thema „Edward Snowden“. Auf dem
Podium saßen u.a. die InitiatorInnen des Rostocker
Ehrendoktor-Spektakels Frau Prof. Dr. Mackenthun und Herr Prof. Dr.
Wensierski. Auf Flugblättern kritisierte das Theater-Kommando
„Nebelkerze“ die Untätigkeit des Fakultätsrates der Philosophischen
Fakultät angesichts von universitären Geheimdienstkooperationen und
Überwachung von Studierenden. „Eine Philosophische Fakultät, die eine
mutige Person wie Herrn Snowden ehren möchte, sollte auch selber
„Snowden-Werte“ im Alltag vertreten. Davon ist leider nichts zu
bemerken“ kritisiert , Willi Ensierski, einer der Beteiligten der
Aktion.
Bilder von der Aktion finden Sie unter:
https://linksunten.indymedia.org/de/node/122126
Überwachungs-Theater
Den Beginn der Lesung begleitete die Gruppe in weisen Anzügen mit weisen
Theatermasken als „antropromorphe Personalisierung“ der Überwachung. Mit
überdimensionierten Ohren und Augen ausgestattet bespitzelten die als
Überwachung in Person gestylten TeilnehmerInnen das Publikum. Außerdem
überreichten die Verkleideten den beiden Profs die
„Überwachungs-Nebelkerze 2014“ und verteilten entsprechende
Ehrenurkunden. Auf diesem erklärte die Theatergruppe auch ihr Anliegen.
Nebelkerze als Preis
Die zweifelhafte Ehrung begründet die Theatergruppe mit dem Wegsehen des
Fakultätsrates bei örtlichen Problemen. „Mit dem von ihnen inszenierten
PR-Gag gelingt es den beiden von UNS als Überwachungs-NebelwerferInnen
2014 geehrten universitären Eliten, völlig davon abzulenken, dass die
Uni Rostock an den Überwachungsplänen deutscher Geheimdienste beteiligt
ist“. Auch über die Überwachung von StudentInnen durch Geheimdienste
werde dank des Engagements der Geehrten nicht gesprochen. Ebenfalls
werde von den Geehrten die alltägliche Überwachung, Zensur und
Geheimdienstkooperation, mit der sich Studierende in Rostock auseinander
setzen müssen, geschickt ignoriert. „Angesichts des beeindruckenden
diskursiven Spektakels bei gleichzeitiger völliger Untätigkeit im
eigenen Wirkungsbereich sind WIR schwer beeindruckt von den Fähigkeiten
des Fakultätsrates, bei gleichzeitigen öffentlichen gegenteiligen
Beteuerungen von der alltäglichen Überwachung geräuschlos abzulenken und
stattdessen mit PR-Gags mediale Nebelkerzen zu werfen“.
Überwachungskooperation mit dem BND
In ihrem Schreiben weist die Gruppe u.a. auf die universitäre
Ausgründung GRAWIS hin. Dieses Institut entwickelt Software, die vom
Bundesnachrichtendienst und dem deutschen Militär zur
Internet-Überwachung eingesetzt wird. Auch die geheimdienstliche
Überwachung kritischer Studierender, der auf Verbindungen von Dozenten
ins rechte Milleu hinweisen, thematisiert die Gruppe. „Und anstatt sich
öffentlich gegen Geheimdienst in der Uni auszusprechen, fordern die
Mitglieder des Fak-Rates die Gruppe auf, ihre Namen bekannt zu geben“
sagt Willi Ensierski.
Verbote kritischer Veranstaltungen
Darüber hinaus gehören Verbote von Veranstaltungen, die das Handeln von
Dozierenden kritisieren, in Rostock zum Alltag. So habe das Rektorat
seit 2009 mehrere Veranstaltungen der Grünen Hochschulgruppe und der
Deutsch-Israelischen Hochschulgruppe sabotiert, ohne dass die
„Anti-ÜberwachungskämpferInnen“ vom Philo-Fakultätsrat sich daran
gestört hätten. Darüber hinaus gäbe es eine Vielzahl von Skandalen bei
den Themen Videoüberwachung, Verheimlichung von Rüstungsforschung,
rechtswidrige Erschwerung von Akteneinsicht und Komplettüberwachung des
universitären Internets, zu denen sich Mitglieder des Rates für „nicht
zuständig“. So lief aus heute in der Veranstaltung: „Herr Wensierski und
Frau Mackenthun haben sich die Nebelkerze redlich verdient!“
Niemand beißt die Hand, die ihn füttert
Willi Ensierki kommentiert: „Auf der einen Seite geben Frau Mackenthun
und Herr Wensierski vor, mit der Debatte um die Ehrendoktorwürde für
Snowden etwas „gegen Überwachung“ tun zu wollen. Auf der anderen Seite
verschließen beide konsequent die Augen zu den Vorgängen vor ihrer
eigenen Bürotür“. Dieses Verhalten sei leider typisch für die liberale
demokratische Funktionselite der Republik. Mit emanzipatorischen
Antagonismen werde sich höchstens solidarisch erklärt, wenn sie
möglichst weit weg seien, und möglichst keine praktische Relevanz für
den eigenen Alltag hätten. „Nur so kann die
wissenschaftlich-demokratische Elite ihrer Aufgabe gerecht werden, die
bestehenden Herrschaftsverhältnisse auch diskursiv zu stabilisieren.
Denn niemand beißt die Hand, die ihn füttert...“ analysiert Willi
Ensierski.
Bilder von der Aktion unter:
https://linksunten.indymedia.org/de/node/122126
Mehr Infos zur Kooperation der Uni Rostock mit dem BND:
http://www.taz.de/Uni-Rostock-und-Spaehsoftware/!144255/
Mehr Infos zum Verfassungsschutz an der Uni Rostock:
http://www.ostsee-zeitung.de/Region-Rostock/Rostock/Verfassungsschutz-Studenten-Gruppe-unter-Beobachtung
Mehr Infos zu Zensur und Überwachung an der Uni Rostock:
http://kritischeunihro.blogsport.de/2014/
01/19/ehrendoktor-fuer-edward-snowden-zensur-und-ueberwachung-an-der-uni-rostock/
Kontakt:
Willi Ensierski,
nebelkerze.riseup.net