Salve allerseits,
Walter Brill schrieb:
> Am 27.01.24 um 09:45 schrieb Lars Gebauer:
>> Am 26.01.2024 um 17:03 schrieb Fidel Sebastián Hunrichse-Lara:
>>
>>> | Während MIT-Professor Max Tegmark befürchtet, KI könne Aufgaben besser
>>
>> Mehr fällt denen nicht ein? - Wie langweilig. Die erste Stechuhr wurde
>> vor über 200 Jahren installiert und daß heutige Zeiterfassungen nicht
>> mehr viel mit dem damaligen Apparat zu tun haben, ist einfach nur das
>> (vorhersehbare) Ergebnis von wissenschaftlich-technischem Fortschritt.
>
> Hah! Weil Du gerade davon schreibst: Heute ist in den USA Gedenktag <
https://www.kuriose-feiertage.de/tag-der-stechuhr/>
>
+--- <hier abknabbern> ---
| Die EU-Kommission berät derzeit darüber, ob Amazon den
| Staubsaugerroboter-Hersteller iRobot übernehmen darf. Im Novemver 2023
| hatte die Brüsseler Behörde eine Reihe von Einsprüchen veröffentlicht,
| da man in dem Kauf eine Gefahr für den Wettbewerb sieht. Inzwischen ist
| die Frist verstrichen, in der Amazon auf die Anmerkungen hätte eingehen
| können. Wie das Wall Street Journal berichtet, hatten sich dann gestern,
| am 18. Januar, Vertreter des Konzerns mit Vertreter der EU-Kommission
| getroffen. Dabei sei Amazon darauf hingewiesen worden, dass die
| Kommission der Übernahme wahrscheinlich nicht zustimme. Für eine
| offizielle Blockade fehlt aber noch die formale die Zustimmung von 27
| Regierungschefs.
|
| Wenngleich der Datenschutz in der Veröffentlichung von Einwände der EU
| keine Rolle spielt, so ist das dennoch ein wichtiger Punkt. Zumal es bei
| iRobot in der Vergangenheit zu unangenehmen Leaks von intimen Fotos kam,
| die mittels des Staubsaugerroboter Roomba gemacht wurden. Der Roomba ist
| dabei nur ein Beispiel für einen Haushaltsroboter, der mit einer Kamera
| ausgestattet ist. Auch auf andere für die heimischen vier Wände
| einsetzbaren Geräte trifft das zu. Aber je mehr diese Geräte mit
| Sensoren ausgestattet sind, desto mehr sensible Daten fallen an, die gut
| geschützt werden müssen.
|
| Für Sicherheitsforscher ist ein Saugroboter eine mobile Sensorplattform,
| die mit einem Server im Internet verbunden ist und diesem jede Menge
| Daten schickt: Grundrisse von Wohnungen zum Beispiel, Kamerabilder oder
| Punktwolken, aus denen sich Objekte in der Wohnung rekonstruieren
| lassen. Mit anderen Worten: ein hochinteressantes Angriffsziel.
|
| *Spione im Smart Home*
|
| Dass diese Gefahr nicht hypothetisch ist, haben Forscherinnen und
| Forscher in den vergangenen Jahren immer wieder gezeigt: Sie knackten
| die Software verschiedener Staubsaugerroboter, sodass die Geräte
| jederzeit von außen in Betrieb genommen werden konnten. Sie brachten
| Staubsauger dazu, Musik von Spotify abzuspielen, oder luden
| Wohnungsgrundrisse und Kamerabilder herunter. 2021 konnte ein
| Forscherteam aus Singapur sogar zeigen, dass sich ein eingebauter
| Lidar-Scanner auch als Abhörmikrofon nutzen lässt.
|
| Haben wir in naiver Technikbegeisterung unsere Wohnungen mit
| Spionagewerkzeugen zugepflastert? Die Antwort ist kompliziert, sagen
| Experten – aber nicht unbedingt beruhigend.
|
| "Smarte" Haushaltsgeräte sollen ein altes Fortschrittsversprechen
| einlösen: auf die Wünsche des Nutzers zu reagieren, ohne dass dieser sie
| explizit oder im Detail ausdrücken muss – elektronische Heinzelmännchen
| sozusagen. Allerdings sind es Hausgeister, die eine ganze Menge über uns
| wissen. Und während Heizungs- und Lüftungssteuerungen, Sprachassistenten
| und intelligente Displays meist an ihrem Platz bleiben, fahren
| intelligente Staubsauger selbstständig durch die Gegend, um Daten zu
| sammeln und in die Cloud zu schicken.
|
| Dieses Zusammenspiel von Mobilität, Sensoren, Cloud und Server macht die
| Geräte zu attraktiven Angriffszielen. Denn die Maschinen sind darauf
| ausgelegt, auf Befehle von außen zu reagieren. Ein Angreifer, der der
| Software vorgaukelt, einen legitimen Server zu betreiben, kann die
| Maschine steuern oder Daten abgreifen. Eine andere weit verbreitete
| Angriffsstrategie besteht darin, die Firmware des Roboters durch eine
| eigene Software zu ersetzen, die dann natürlich nur mit dem eigenen
| Webserver kommuniziert. Dazu ist allerdings physischer Zugriff auf das
| Gerät erforderlich.
|
| *Staubsauger hört mit*
|
| Mit dieser Technik gelang Sriram Sami von der University of Singapore
| mit seinen Kollegen im Jahr 2021 der bereits erwähnte besonders
| spektakuläre Hack: Sie kaperten einen Xiaomi-Staubsauger und zapften die
| Daten des Lidar-Sensors an, um Nutzer abzuhören.
|
| Es klingt wie bei James Bond: Lidar-Sensoren senden einen
| Infrarot-Laserstrahl aus und messen, wie lange es dauert, bis der
| reflektierte Strahl zurückkommt. Das Ergebnis ist eine dreidimensionale
| "Punktwolke" der Umgebung. Daraus – und manchmal auch aus Kamerabildern
| oder anderen Sensordaten – erstellt der Roboter normalerweise eine Karte
| der Umgebung. Schwingt ein Objekt, zum Beispiel eine Fensterscheibe,
| weil Schallwellen darauf treffen, lassen sich diese Schallwellen
| theoretisch aus den Lidar-Daten wieder rekonstruieren.
|
| In der Praxis war die Attacke allerdings nicht ganz so beeindruckend:
| Sami und seine Kollegen mussten den normalerweise rotierenden
| Infrarot-Laserstrahl stoppen, um überhaupt Audiosignale zu erhalten.
| Doch selbst dann reichte die Qualität nicht aus, um Personen abzuhören.
| Deshalb ließen die Sicherheitsspezialisten ein tiefes neuronales Netz
| nach Mustern in den Daten suchen. So konnten sie mit einer Genauigkeit
| von 70 Prozent gesprochene Zahlen (zum Beispiel Pins), Musik aus
| Trailern bestimmter Fernsehsendungen oder das Geschlecht der sprechenden
| Person erkennen.
|
| *Haben die Hersteller etwas gelernt*?
|
| Seither sind keine weiteren Artikel erschienen, die über ähnlich
| spektakuläre Hacks berichten. Haben die Hersteller daraus gelernt? Ja
| und nein, sagt Prof. Ahmad-Reza Sadeghi, Leiter des System Security Lab
| an der TU Darmstadt, der mit seinem Team seit vielen Jahren zur
| Sicherheit im Internet der Dinge (IoT) forscht. Im Jahr 2019 hatte ein
| Doktorand von Sadeghi selbst über den erfolgreichen Hack eines damals
| populären Staubsaugerroboters berichtet. Die Sicherheitsspezialisten
| konnten die Roboter über das Internet aktivieren und Wohnungsgrundrisse
| herunterladen.
|
| "Natürlich haben wir daraufhin den Hersteller kontaktiert", sagt er.
| "Aber die haben zunächst nur geschrieben, das würde sie nicht
| interessieren. Erst als sich die Geschichte in den sozialen Medien
| verbreitete und es erste negative Reaktionen von chinesischen Kunden
| gab, haben sie etwas geändert." Generell habe sich das Sicherheitsniveau
| der Geräte verbessert, aber es gebe noch viel zu tun. "Viele Lücken
| werden geschlossen, ohne dass die Öffentlichkeit davon etwas mitbekommt."
|
| "Es sind eher die kleinen Firmen mit besonders innovativen Produkten,
| die Sicherheit manchmal vernachlässigen", sagt Sadeghi. Insgesamt gäbe
| es aber mehr Material und viel mehr Erfahrung in Sicherheitsfragen.
| Generell würden die großen Anbieter immer besser darin. Doch genau diese
| Entwicklung sei auch zweischneidig: "Die großen Firmen bekommen immer
| mehr Datenmacht. Und wir haben ja gesehen, was passieren kann, wenn ein
| Konzern wie Facebook alle unsere Daten kontrolliert."
|
| *Verlorene Daten*
|
| Tatsächlich sind es nicht immer Hacks, die smarte Geräte zu
| Überwachungsmaschinen machen. Im Herbst 2020 posteten Gigworker in
| Venezuela eine Reihe von Fotos in Onlineforen, in denen sie sich über
| ihre Arbeit austauschten. Die Fotos zeigten alltägliche, wenn auch
| manchmal intime Szenen aus dem Haushalt, aufgenommen aus niedrigen
| Blickwinkeln – darunter auch einige, die man eigentlich nicht im
| Internet sehen möchte. Auf einem besonders freizügigen Bild sitzt eine
| junge Frau in einem lavendelfarbenen T-Shirt auf der Toilette, ihre
| Shorts sind bis zur Mitte der Oberschenkel heruntergezogen.
|
| iRobot bestätigte, dass diese Bilder von seinen Roombas im Jahr 2020
| aufgenommen wurden. Sie stammten alle von "speziellen
| Entwicklungsrobotern mit Hardware- und Softwaremodifikationen, die es
| bei iRobot-Verbraucherprodukten nicht gibt und nie gegeben hat", hieß es
| in einer Erklärung des Unternehmens.
|
| "*Datensammlung zugestimmt*"
|
| Die Bilder wurden dann an das Start-up Scale AI geschickt, das weltweit
| Clickworker einsetzt, um beispielsweise Audio-, Foto- und Videodaten von
| Einrichtungsgegenständen zu markieren und mit einem entsprechenden Label
| zu versehen. Mit den so aufbereiteten Daten wird dann Künstliche
| Intelligenz trainiert.
|
| Eigentlich hätten diese Daten nie an die Öffentlichkeit gelangen dürfen.
| Dass die Clickworker, die für das Datenleck verantwortlich sind und
| damit gegen die Vertragsbedingungen von Scale AI verstoßen haben, keine
| Aufträge mehr erhalten, dürfte für die Betroffenen nur ein schwacher
| Trost sein. Rein formell ist iRobot aber ohnehin fein raus, denn die
| Tester hätten der Datensammlung ja zugestimmt. Laut iRobot waren die
| Geräte mit einem hellgrünen Aufkleber mit der Aufschrift "Videoaufnahme
| läuft" versehen, und es sei Aufgabe der bezahlten Tester, "alles, was
| sie für sensibel halten, aus dem Raum zu entfernen, in dem der Roboter
| arbeitet, einschließlich Kindern".
|
| *Datenhunger wird in den kommenden Jahren zunehmen*
|
| Wer befürchtet, dass iRobot zu leichtfertig mit Daten umgeht, den dürfte
| die Nachricht, dass Amazon iRobot für 1,7 Milliarden Dollar übernehmen
| will, nicht beruhigen. Die Zustimmung der US-Aufsichtsbehörde Federal
| Trade Commission (FTC) steht noch aus, und auch in Europa wird die
| Übernahme kartellrechtlich geprüft.
|
| Doch so oder so, der Appetit auf Daten wird in den kommenden Jahren noch
| zunehmen. Staubsauger sind nur eine winzige Untergruppe der vernetzten
| Geräte, die sich in unserem Leben ausbreiten. Die größten Hersteller von
| Staubsaugerrobotern – darunter iRobot, Samsung, Roborock und Dyson –
| haben Ambitionen, die weit über die automatische Bodenreinigung
| hinausgehen.
|
| Mario Munich, damals Senior Vice President of Technology bei iRobot,
| erklärte 2018 die Ziele des Unternehmens in einer Präsentation zum
| Roomba 980, dem ersten Staubsauger des Unternehmens mit Kamera und
| Bildverarbeitung. Darin zeigte er unter anderem, wie eine Küche mit
| Tisch, Stühlen und Hockern vom Gerät wahrgenommen und etikettiert wird.
| "Die Herausforderung ist nicht das Staubsaugen", erklärte Munich. "Wir
| wollen die Umgebung kennen, um die Arbeitsweise des Roboters zu
| verändern."
|
| *Roboter sollen Gesellschaft leisten*
|
| Was das bedeuten könnte, wird deutlich, wenn man sich anschaut, was die
| Clickworker von Scale AI zu beschriften hatten – nicht etwa Gegenstände
| auf dem Boden, die zu meiden sind (eine Funktion, mit der iRobot wirbt),
| sondern auch Schränke, Arbeitsplatten und Regale. Sie sollen Roombas der
| J-Serie helfen, den gesamten Raum zu erkennen, in dem sie arbeiten.
|
| Hersteller von Staubsaugerrobotern investieren bereits in weitere
| Funktionen und Geräte, die uns einer robotergestützten Zukunft
| näherbringen werden. Die neuesten Roombas können über Nest und Alexa
| sprachgesteuert werden und erkennen über 80 verschiedene Objekte im
| Haus. Der Deebot X1 von Ecovacs verfügt über ein eigenes
| Sprachassistenzsystem, und Samsung ist eines von mehreren Unternehmen,
| die "Companion Robots" entwickeln, die dem Menschen Gesellschaft
| leisten. Miele bringt neben dem Robot-Sauger RX2 Scout Home Vision auch
| andere intelligente Geräte wie den kamerabestückten Backofen auf den
| Markt.
|
| "Was wir heute sehen, ist erst der Anfang", sagt Sicherheitsexperte
| Sadeghi. "In Zukunft werden intelligente Geräte mehr und mehr direkt in
| die Häuser integriert – nicht einzelne Geräte agieren dann, sondern die
| gesamte smarte Umgebung.
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