Am 23.03.21 um 09:59 schrieb Markus Luft:
https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/spd-politiker-lauterbach-im-fall-rhoen-kliniken-karlchen-ueberall-und-die-putzkraefte-1.1846722
"Keine Antwort auf offenkundige Ausbeutung bei Rhön: "Herr Lauterbach
wird das nicht kommentieren".
(Foto: Kay Nietfeld/dpa)
"Karlchen Überall" wird Karl Lauterbach in seiner Partei, der SPD, und
den Medien gerne genannt. Weil er zu vielen Themen etwas zu sagen hat
und weil er fast jede Gelegenheit nutzt, im Fernsehen aufzutreten und
seine Thesen zur Gesundheitspolitik zu verkünden. Der Mann mit der
Fliege, der seit 2005 dem Bundestag angehört, ist schwer aktiv. Nicht
nur als Abgeordneter. Von Juli 2001 bis Juni 2013 saß Lauterbach im
Aufsichtsrat der Rhön AG. Das ist einer der führenden privaten
Klinik-Betreiber in Deutschland. Und es ist jener Konzern, der
Putzkräfte jahrelang systematisch ausgebeutet und so den Mindestlohn
unterlaufen haben soll.
So haben es viele Beschäftigte dem Zoll berichtet, als dieser
umfangreich ermittelte hat. Und so stand es am Mittwoch in der SZ.
Etliche Leser haben sich daraufhin gemeldet und auf Lauterbachs frühere
Tätigkeit als Kontrolleur der Rhön AG verwiesen. Und sie wollen wissen,
wie der Kampf der SPD für Mindestlöhne zusammenpasse mit dem Wirken
ihres Abgeordneten in dem privaten Klinik-Konzern. Was hat Lauterbach da
eigentlich gemacht bei Rhön? Die SZ hat die Kernfrage der Leser, ob er
von den offenkundigen Missständen nichts mitbekommen habe, an den
Abgeordneten weitergereicht. Per Mail um 12.36 Uhr, mit der Bitte um
Antwort. Die folgte prompt, um 12.52 Uhr per Anruf aus einem
Bundestagsbüro. "Herr Lauterbach wird das nicht kommentieren", erklärte
ein Mitarbeiter des Abgeordneten.
Eine schnelle Reaktion. Eine dünne Reaktion. Eine Reaktion, die nicht so
ganz passt zu dem, was der Prof. Dr. med. Dr. sc. (Harvard) bei seinen
öffentlichen Auftritten und auf seinen Internetseiten vertritt. Dort
wird in einem Positionspapier der SPD beklagt, in den Krankenhäuser habe
inzwischen eine "problematische Leistungsverdichtung und Erhöhung der
Arbeitsbelastung bei den Beschäftigten stattgefunden". Es sei notwendig,
Mindeststandards für das Klinik-Personal zu entwickeln. Krankenhäuser,
die diese Standards dann unterschritten, sollten finanziell bestraft
werden. Das solle auch dann der Fall sein, wenn beim Pflegepersonal der
gesetzliche Mindestlohn unterschritten werde.
Auch darüber wollte die SZ mit Lauterbach reden, unter Hinweis darauf,
dass die SPD-Forderung nach Einhaltung der Mindestlöhne ja bestimmt auch
für das Putzpersonal gelte. Und verbunden mit der Frage, wie die
SPD-Position mit den Zuständen bei Rhön zusammenpasse. Doch auch dazu
äußert sich Lauterbach nicht.
64.000 Euro hat der Genosse laut Geschäftsbericht der Rhön AG dort im
Jahr 2012 als Aufsichtsrat kassiert. 62.000 Euro sind es im Jahr zuvor
gewesen. Das ist immerhin ein Facharbeitergehalt, zusätzlich zu den
Bezügen als Abgeordneter. Und weit mehr, als eine Putzkraft in den
Reinigungsgesellschaften der Rhön AG kassiert. Im Jahr 2011, als der
Zoll von vielen Frauen geschildert bekam, wie ihnen regelmäßig
unbezahlte Mehrarbeit abverlangt worden sei, betrug der Mindestlohn in
der Reinigungsbranche sieben Euro im Osten und 8,55 Euro im Westen. Und
selbst dieser Mindestlohn soll in vielen Fällen nur auf dem Papier
gestanden haben.
Die Rhön AG streitet übrigens die Vorwürfe ab. Die eigenen
Reinigungsfirmen seien "unberechtigterweise" in die Kritik geraten. Auf
konkrete Fälle geht Rhön aber erst gar nicht ein."