milde Traurigkeit

32 views
Skip to first unread message

Berliner

unread,
Nov 4, 2009, 5:21:46 PM11/4/09
to Differenz_Theorie
Es tut einem doch in der soziologisch gefärbten Seele weh, zu sehen,
wie diese so mutig und kraftvoll angetretene Liste nun - warum nur? -
wie von einem zu kalten Schirokko berührt erstarrt am Boden liegt oder
zu liegen scheint. Der Differenzen, über die frau sich wundern könnte
oder intelligent auch mokieren, gibt es doch genug - in der Welt, im
bereits Gesagten und in den eigenen Gedanken, die sich doch bemühen,
alles andere und auch alle anderen - so weit es die eigene
Unzulänglichkeit erlaubt - zu verstehen. Lieber Erhardt: Wo bist Du
abgeblieben?

Liebe Grüsse vom Berliner

Erhard

unread,
Nov 6, 2009, 2:24:25 PM11/6/09
to Differenz_Theorie


On 4 Nov., 23:21, Berliner <pluto-der-pla...@online.de> wrote:
> Es tut einem doch in der soziologisch gefärbten Seele weh, zu sehen,
> wie diese so mutig und kraftvoll angetretene Liste nun - warum nur? -
> wie von einem zu kalten Schirokko berührt erstarrt am Boden liegt oder
> zu liegen scheint.

Hm!

>Der Differenzen, über die frau sich wundern könnte
> oder intelligent auch mokieren, gibt es doch genug - in der Welt, im
> bereits Gesagten und in den eigenen Gedanken, die sich doch bemühen,
> alles andere und auch alle anderen - so weit es die eigene
> Unzulänglichkeit erlaubt - zu verstehen.

Hm, Hm!

>Lieber Erhardt: Wo bist Du
> abgeblieben?
>

HIER !

> Liebe Grüsse vom Berliner


Liebe Grüsse

Erhard


PS.: Habe mal gehört, "Nein." sei ein vollständiger Satz. Suche nun
nach weiteren vollständigen Sätzen, mit denen sich Differenztheorieen
>>betreiben<< lassen.

Erhard

unread,
Nov 6, 2009, 4:10:43 PM11/6/09
to Differenz_Theorie
Lieber Berliner, Liebe Listenmitglieder!

Natürlich gibt es auch etwas längere Sätze. "Milde Traurigkeit"
erscheint mir eine schöne Formulierung, wenn es darum geht, meine
Listenenttäuschung zu umschreiben. Enttäuschung bezieht sich hierbei
auf mehr oder minder klare Erwartungen, die ich mit einer
Listenkommunikation zum Thema Differenztheorie (vor dem Hintergrund
meiner biographischen Situation) verbinde. Zumal Enttäuschungen ja ein
schöner - und üblicher - Anlass sind, nachträglich Erwartungen
vortragen zu können.

Ich selber bin auf der Suche nach einer soziologischen
Lernkommunikation, die durchaus ihre Nähe zu wissenschaftlichen
Standards nicht scheut, aber auch geeignete Formen finden will, mit
den dabei unvermeidlichen persönlichen und kommunikativen Krisen
umzugehen.
Wissenschaftlich heißt dabei, dass man sich mit Texten und Fragen
auseinandersetzt und dabei soviel Selbstdistanz aufbringt, dass man
dabei auch mal einen hypothetischen Argumentationszusammenhang
konstruieren (und unabhängig von der eigenen Befindlichkeit ertragen)
kann.
Lernkommunikation heißt in diesem Zusammenhang, dass man(n) mal
probeweise von der Vermutung ausgehen kann, das eigene Wissen könne
sich an der Lektüre anderer Texte durchaus steigern und korrigieren.
Warum sollen andere - zumal Texte - nicht besser bescheid Wissen als
man selbst?

Soziologisch heißt in diesem Zusammenhang, dass Thema und
Verfahrensweisen (der Liste) sich im selben Medium bewegen und darin
ihre (temporalen) Formen gewinnen müssen - oder (dauerhaft?)
scheitern.

Und was die Krisen angeht: es darf auch mal freunschaftlich gelacht
werden. Nur: >>De-Formation<< kann man ja mal zeitweise als
Themenüberschrift wählen, als Verfahrensweise oder Programm für eine
Liste eignet es sich nicht. Trotzdem passieren halt Unfälle. Ich
vermute allerdings, dass eine Liste - zumal eine offene Liste - mit
einer eigenen Krankenstation organisatorisch, finanziell und personell
völlig überfordert währe. Hier kommt nur spontane Selbstheilung in
Frage - über die Soziologen von Haus aus keinerlei Kenntnisse haben.


Nun bin ich am Ende meines Lateins. Weis jemand was ich noch sagen
wollte?


Herzlich

Erhard

Zwoelfelf

unread,
Nov 7, 2009, 5:03:04 AM11/7/09
to differen...@googlegroups.com
Lieber Erhard,

> Weis jemand was ich noch sagen wollte?

Ja. Ich.

> Soziologisch heißt in diesem Zusammenhang, dass Thema und
> Verfahrensweisen (der Liste) sich im selben Medium bewegen und darin
> ihre (temporalen) Formen gewinnen müssen - oder (dauerhaft?)
> scheitern.

Damit ist in einem ganzen und nicht überlangen Satz geschrieben, was
dieser Art des Listenschreibens fehlt: ihr fehlt eine Soziologie. Und
zwar eine solche, deren Methoden, die du zutreffend als
"Verfahrensweisen" bezeichnest, Themen und Gegenstände, also kurz:
Differenzen, sich im selben Medium bewegen: also reine Selbstreferenz,
die so betrachtet nicht mehr anders kann, als sich auf Überraschung, auf
Lernen einzurichten.

In der Luhmann-Liste wird genau das verschmäht, blockiert, dogmatisch
ignoriert. Wäre hier vielleicht ein Anfangsort gefunden?

Soweit. Werner


--
DISCLAIMER: Es bleibt nur noch, wie üblich, zu sagen, dass verbleibende
Fehler zu meinen Lasten gehen - mit Ausnahme von Fehlern in diesem Satz,
versteht sich!

Erhard Muesse

unread,
Nov 9, 2009, 1:45:22 AM11/9/09
to differen...@googlegroups.com
Lieber Werner,

ob "dieser Art des Listenschreibens" nur "eine Soziologie" fehlt, würde ich bezweifeln. Hieße dies doch, >>der<< Soziologie allzuviel Problemlösungskompetenz zuzutrauen bzw. aufzubürden. Mit diesem Ansinnen ("Erlösungshoffnungen"?) würde man jede Soziologie in die Flucht treiben, bevor man sie in Betrieb nehmen könnte. Die Differenz zwischen [gelungener] Beobachtung von Sozialität und der Herstellung von [gelungener] Sozialität bleibt, wenn auch das Eine nicht ohne das Andere wird funktionieren können. Bei Habermas hieß dies noch "Theorie und Praxis", in der Systemtheorie sprach man von der "Praxis der Theorie" und der "Theorie der Praxis".

Wahrscheinlich könnte man das Problem "dieser Art des Listenschreibens" bis in die Grundbegriffe der Systemtheorie hinein verfolgen: Unwahrscheinlichkeit der Kommunikation, Lösung des Problemzirkels der doppelten Kontingenz, Operation/Beobachtung, Erwartungsbildung/Enttäuschungsverarbeitung, Codierung/Programmierung, Medium/Form, Ausdifferenzierung und Stabilisierung, Evolution etc.

So etwas kann ganz lustig und spannend sein, könnte ich mir vorstellen. Ich würde mir das aber ad hoc nicht zutrauen. Mich selber hat deine Formulierung "reine Selbstreferenz" in den Bann gezogen,"die so betrachtet nicht mehr anders kann, als sich auf Überraschung, auf Lernen einzurichten". Geht so etwas überhaupt? Wenn ja, dann würde ich dieses Verfahren wohl als meine "Mehodenpräferenz" adoptieren. Ich befürchte allerdings, dass meine Methodenpräferenz "reine Selbstreferenz" vergleichbar schwerwiegende Schattenseiten hat, wie das "Vereinbarungsverfahren" (Rolf) oder "Konsens" (Pluto/Berliner) oder "Beobachtung" (NoName). Luhmann hat glaube ich vom "Explosivstoff Selbstreferenz" gesprochen.

Aber wahrscheinlich - Lieber Werner - hattest Du (Ich) etwas viel einfacheres und weniger gefährlich klingendes sagen wollen. Etwas ermutigendes?

"In der Luhmann-Liste wird genau das verschmäht, blockiert, dogmatisch ignoriert. Wäre hier vielleicht ein Anfangsort gefunden?"

Ja - sofern wir das Problem der doppelten Kontingenz durch reine Selbstreferenz lösen können!


Herzlich

Erhard


> -----Ursprüngliche Nachricht-----
> Von: "Zwoelfelf" <Zwoe...@gmx.de>
> Gesendet: 07.11.09 11:03:16
> An: differen...@googlegroups.com
> Betreff: Re: milde Traurigkeit


>
> Lieber Erhard,
>
> > Weis jemand was ich noch sagen wollte?
>
> Ja. Ich.
>
> > Soziologisch heißt in diesem Zusammenhang, dass Thema und
> > Verfahrensweisen (der Liste) sich im selben Medium bewegen und darin
> > ihre (temporalen) Formen gewinnen müssen - oder (dauerhaft?)
> > scheitern.
>
> Damit ist in einem ganzen und nicht überlangen Satz geschrieben, was
> dieser Art des Listenschreibens fehlt: ihr fehlt eine Soziologie. Und
> zwar eine solche, deren Methoden, die du zutreffend als
> "Verfahrensweisen" bezeichnest, Themen und Gegenstände, also kurz:
> Differenzen, sich im selben Medium bewegen: also reine Selbstreferenz,
> die so betrachtet nicht mehr anders kann, als sich auf Überraschung, auf
> Lernen einzurichten.
>
> In der Luhmann-Liste wird genau das verschmäht, blockiert, dogmatisch
> ignoriert. Wäre hier vielleicht ein Anfangsort gefunden?
>
> Soweit. Werner

______________________________________________________
GRATIS für alle WEB.DE-Nutzer: Die maxdome Movie-FLAT!
Jetzt freischalten unter http://movieflat.web.de

Zwoelfelf

unread,
Nov 9, 2009, 4:07:21 AM11/9/09
to differen...@googlegroups.com
Lieber Erhard,

> ob "dieser Art des Listenschreibens" nur "eine Soziologie" fehlt,
> würde ich bezweifeln.

Was fehlt ist eine "Listensoziologie", die keine übliche
Bindestrichsoziologie ist, nicht einmal eine übliche Soziologie, ja
vielleicht nicht einmal eine Sozilogie in überlieferten Sinne dessen,
was man unter "üblich" versteht.
Ich meine wirkliches "Üben": Ausprobieren, forschen, spielen, prüfen,
lernen halt, eben: nicht wie üblich.

> Hieße dies doch, >>der<< Soziologie allzuviel Problemlösungskompetenz
> zuzutrauen bzw. aufzubürden.

Das mag sein.

> Ja - sofern wir das Problem der doppelten Kontingenz durch reine Selbstreferenz lösen können!

Und eben das geht wohl nicht.

Werner

Rolf Todesco

unread,
Nov 9, 2009, 6:01:28 AM11/9/09
to differen...@googlegroups.com
Liebe Gruppe
 
die Liste hängt vielleicht am falschen Anschlagebrette. Mir ging es gerade
nicht um die Differenz verschiedener Soziologien, sondern um die die
Differenz der Soziologie. Oder einfacher (wenn das gehen würde): mir
geht es gerade nicht darum verschiedene Soziologien zu vergleichen, sonder
darum durch Differenzen zu sehen, was als Soziologie bezeichnet wird.
 
Dann aber ist bei aller gewünschten Selbstbezüglichkeit und Selbstreferenz
für mich (sozusagen in meine Präferenz) sinnvoll, Differenz zunächst unabhängig
von Soziologie ins (Selbst-Vereinbarungs-)Gespräch zu bringen.
 
Ich würde mich dann fragen, wie die Soziologie sich einen Gegenstand erfindet
und wie sie konstruiert. Dann würden verschiedene Erfindungen für verschiedene
Soziologien stehen - die sich nicht als Bindestrich-Soziologien unterscheiden,
sondern als verschiedene Beobachtungen.
 
Durch die Differenztheorie stellt sich meines Erachtens keineswegs als erstes
ein soziologischer Gegenstand in den Blickpunkt, sondern vielmehr die Sicht
der Soziologen. Einfach (wenn das gehen würde): Wir hätten zunächst eine
Meta-Soziologie als Einheit einer soziologischen Differenz. Bei N. Luhmann
heisst es dazu super-ordinär-banal: Es gibt Systeme.
 
Die Differenz dieser luhmannschen "Theorie" wäre dann wohl:
"es gibt Systeme/es gibt keine Systeme"
 
Und das wiederum wäre ohne jeden Bezug zu irgendeiner Soziologie beobachtbar
und müsste als schwere Last auf jede Soziologie zurückfallen. Wenn wir
forschen und spielen wird es jede (mir schon bekannte) Soziologie sehr schwer
haben, sich als Frame zu etablieren. (Gerade deshalb habe ich eine andere
Bezeichnung, nämlich Differenztheorie" vorgeschlagen).
 
 
Herzlich
Rolf
 
 

Adorno

unread,
Nov 9, 2009, 6:58:02 AM11/9/09
to Differenz_Theorie
Lieber Erhard, lieber Werner,

> ob "dieser Art des Listenschreibens" nur "eine Soziologie" fehlt,
> würde ich bezweifeln.

"Was fehlt ist eine "Listensoziologie", die keine übliche
Bindestrichsoziologie ist, nicht einmal eine übliche Soziologie, ja
vielleicht nicht einmal eine Sozilogie in überlieferten Sinne dessen,
was man unter "üblich" versteht.
Ich meine wirkliches "Üben": Ausprobieren, forschen, spielen, prüfen,
lernen halt, eben: nicht wie üblich. "

Auf der Suche nach diesem unüblichen Sinn von Üblichkeit, der fehlt
(aber mit Heidegger gilt womöglich: der Fehl hilft),
würde ich auch ergänzen: "Sozio-Logie" unterstellt, dass Sozialität
(i.e. die formlose, disseminale Mannigfaltigkeit eines Mit-Seins) von
den Bindekräften
eines (<- als unbestimmter Artikel und Zahlwort) Logos (Heidegger
bestimmt logos immer als "das Versammelnde") konzentrierend zu
bezwingen sei: das dies möglich und desiderabel sei. Sozialität als
solche wird versammelnd vorgeladen.

Der unübliche und mißbräuchliche (allem bisherigen Brauch
entgegengesetzte) Usus könnte nun erfordern, EINE Soziologie zu
denken,
die nicht mehr ein und dieselbe ist. Wenn es nicht verboten wäre,
Plural und Singular grammatisch zu bastardisieren könnte man
schreiben:
was fehlt ist: eine Sozio-Logoi. Vielleicht ließe sich das verbinden
mit Rolfs Konzept von einer Theorie, die nicht Theorie ÜBER Differenz,
sondern
die selbst, in ihrem Selbst, different ist. Jedenfalls stünde hier
logos, als versammelnde Vereinigung, selbst in Frage.

Gruß,
A.


Zwoelfelf

unread,
Nov 9, 2009, 8:08:56 AM11/9/09
to differen...@googlegroups.com
> Wenn wir forschen und spielen wird es jede (mir schon bekannte)
> Soziologie sehr schwer haben, sich als Frame zu etablieren

Lieber Rolf,
das ist exakt, was ich meine. Entsprechend kann ich mich deinen
Ausfühunrgen gut anschließen - vereinbarungsgemäß, was heißt, dass eine
Differenz immer bleibt, worin Konsens und Disens eingeschlossen sind.
Tatsächlich ginge es mir auch zuerst nur um eine Differenztheorie. Dass
ich in diesem Zusammenhang schließlich auch von einer Soziologie spreche
kommt nur daher, dass nicht jemand anders zuvor schon ("auch")von etwas
anderem gesprochen hatte.

> Die Differenz dieser luhmannschen "Theorie" wäre dann wohl: "es gibt
> Systeme/es gibt keine Systeme"

Ganz genau. Aber weiter: ich frage mich, welche weiteren
anschlussfähigen Differenzen diskutierbar (erforschbar) sind. Luhmann
hatte im wesentlich zwei diskutiert: System/Umwelt und Medium/Form. Ich
hätte ein Interesse daran, den Ring frei zu geben für andere Vorschläge.
Ich selbst hätte einen anzubieten, glaube aber noch nicht, dass ein
Interesse daran sehr groß ist.
Deshalb suche ich nach Vorschlägen, wäre also gespannt darauf zu
erfahren, welche woanders diskutiert werden.
Soweit. Werner

Rolf Todesco

unread,
Nov 9, 2009, 9:51:22 AM11/9/09
to differen...@googlegroups.com
Lieber Werner
 
Gegenvorschlag: Ein Dialog beruht darauf, dass ich NICHT abschätze, ob oder
inwiefern die Anderen meine Unterscheidung(en) interessiert. Ich äussere sie,
ich stelle sie zur Verfügung - ganz unabhängig davon, wer sie wie aneignet.
Der Ring IST freigegeben. No limits, alles geht.
 
Ich erforsche also nicht, mit welchen Unterscheidungen andere spielen, sondern
inwiefern ich im Spiel MIT den anderen mit welchen Unterscheidungen
beobachten müsste. Dabei trag ich meine Unterscheidungen (in Form von
Differenzen) vor. Ich stelle mir dabei vor, dass andere in ihren Aneignungen
ihre Unterscheidungen untersuchen. Ich meine nicht, dass sie das wirklich tun
würden, aber ich verhalte mich so, wie wenn sie es tun würden: WEIL ich es ja
tue.
 
ALSO: ich beginne mit der Erklärung als Differenz zwischen etwas erklären und jemandem
etwas erklären. System/Umwelt kommt dann viel später vor und Form/Medium kommt
gar nie, respektive als Form/Materie vor. Dieses Spiel bezeichne ich als Kybernetik.
 
Und ich bin sehr gespannt auf ALLE möglichen Unterscheidungen und wie sie am
Anfang stehen können.
 
Herzlich
Rolf

Rolf Todesco

unread,
Nov 14, 2009, 1:10:29 PM11/14/09
to differen...@googlegroups.com
Liebe Gruppe
 
Werner schrieb in der Luhmann-Liste:
 
> Ein operativer Konstruktivismus bezweifelt keineswegs, dass es eine Umwelt
> gibt. Sonst hätte ja auch der Begriff der Systemgrenze, der voraussetzt,
> dass es eine andere Seite gibt, keinen Sinn. Die Überlegung des
> operativen Konstruktivismus führt entsprechend nicht zu einem
> ,Weltverlust', sie bestreitet nicht, dass es Differenzen gibt, die
> Realität beschreibbar machen, doch setzt er die Welt nicht als
> Gegenstand, sondern nur als unerreichbaren Horizont voraus.

"EIN operativer Konstruktivismus" ist ambivalent. Der radikale Konstruktivismus
scheint mir EIN operativer Konstruktivismus zu sein. Dort aber wird
mit "Umwelt" keine es-gibt-Realität beschrieben, sondern dass jede Beobachtung
etwas beobachtet und etwas anderes nicht (und dass dazwischen eine
Grenze liegt). Im radikalen Konstruktivismus wird nicht etwas beschrieben,
was es gibt. Das ist wohl der entscheidende Unterschied zum Luhmannschen
Konstruktivismus, der aber mit "Ein operativer .." nicht sinnvoll charakterisiert
wird.
 
Und ich will so etwas nicht in die Luhmann-Liste schreiben, weil man mir dort früher
mehrfach versichert hat, dass der radikale Konstruktivismus dort nicht gefragt ist.
Vielleicht gerade WEIL er ein operativer Konkurenz-Ansatz darstellt?
 
Also deshalb hier. Die Differenzen, die ich meine, sind nicht davon abhängig, dass
es etwas gibt, sondern davon, ob sie gemacht werden.
 
Herzlich
Rolf

Zwoelfelf

unread,
Nov 14, 2009, 3:15:39 PM11/14/09
to differen...@googlegroups.com
Lieber Rolf,
bitte verzeih mir meine Frechheit:
das Haar, das ich in der Luhmann-Liste tausendmal gespalten habe war in
Wirklichkeit kein Haar, das man tausendmal hätte spalten können. Es gibt
also nicht wirklich ein tausendfach gespaltetes Haar, sondern nur eine
tausendfach spaltungsbedürftige Behauptung usw...

Übrigens mache ich mir schon lange keine Illusionen mehr darüber, ob es
noch tatsächlich etwa bringt, zwischen "gegebenen" und "gemachten"
Differenzen zu unterscheiden. Damit ist gesagt: es macht nichts, dass
man so oder anders differenziert, dass man Gegebenes von Gemachtem
unterscheiden will um unterscheidbar zu machen, worauf es noch ankäme.
Operativ spricht nichts gegen Sprachgebrauch.
Aber ich glaube, darauf kommt es wohl auch nicht an.

Liebe Grüße
Werner Schumacher

Erhard Muesse

unread,
Nov 15, 2009, 7:03:40 AM11/15/09
to differen...@googlegroups.com
> Ein operativer Konstruktivismus [...] bestreitet nicht, dass es Differenzen gibt, die > Realität beschreibbar machen, doch setzt er die Welt nicht als > Gegenstand, sondern nur als unerreichbaren Horizont voraus. Lieber Rolf, Liebe Listenmitglieder, mein Favorit im oben stehenden Zitat währe wohl der Weltbegriff, dessen Verwendungsweise in den Luhmann'schen Schriften mal nachzugehen eine ausgesprochen spannende Aufgabe währe. (Die Konkurrenz zwischen Radikalem Konstruktivismus und soziologischem Konstruktivismus der Luhmann'schen Spielart - insbesondere in deiner Lesart - führt maximal zu einer Nachbearbeitung von Exklusionserfahrungen in und mit der Luhmannliste. ) >>"EIN operativer Konstruktivismus" ist ambivalent.<< Luhmann würde hier noch einen drauf setzten: nich nur ambivalent, sondern paradox fundiert. Ob man die Paradoxien (oder Ambivalenzen) dadurch los wird, dass man meint, die eigenen Differenzen hängen nicht davon ab, ob "es etwas gibt, sondern, ob sie gemacht werden", weis ich nicht. Gelegentlich muss einfach mal in den Originaltexten nachgelesen werden, wie Erkenntnis als Konstruktion operativ durchgeführt wird. Auch der lustige Ausweg von Werner, dass es sich wohl um (k)einen Unterschied handelt, der (k)einen Unterschied macht, reicht nur zueinem Lächeln. Lächelnd! Erhard

DSL-Preisknaller: DSL-Komplettpakete von WEB.DE schon für    
16,99 Euro/mtl.!* Hier klicken: http://produkte.web.de/go/02/  

Rolf Todesco

unread,
Nov 16, 2009, 8:28:14 AM11/16/09
to differen...@googlegroups.com
Liebe Gruppe
 
ich lächle gerne mit - bei so viel Ambivalenz
 
Auch lächelnd
Rolf
Reply all
Reply to author
Forward
0 new messages