(Un-)Förmig

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Adorno

unread,
Nov 9, 2009, 5:49:20 AM11/9/09
to Differenz_Theorie
Lieber Erhard, lieber Berliner, lieber Werner, liebe Rolf,

"Nur: >>De-Formation<< kann man ja mal zeitweise als
Themenüberschrift wählen, als Verfahrensweise oder Programm für eine
Liste eignet es sich nicht. Trotzdem passieren halt Unfälle."

Gegen accidents ist die substantia niemals gefeit. Somit muß, das
haben die verzweifelten Abwehrversuche von Zweckentfremdung der
Luhmannliste gezeigt, die Form gewahrt bleiben. Nur: "ein Volk, ein
Reich, ein Führer", "Vereinbarungsverfahren" (Rolf) oder
"Konsens" (Pluto/Berliner) scheiden als kohärenzstiftende Verfahren
formaler Organisation und damit einer spezifischen ent-
differenzierenden Komplexitätsverschiebung, von vornherein aus. (Als
Beispiel einer Ko-Operation von Systemtheorie und kritischer Theorie
schwebte mir immer, halb parodistisch, der Titel vor: "Funktion und
Folgen formaler Funktion am Beispiel von Auschwitz"). Worauf kann
verwiesen werden, wenn UNSERE (Un-)Form zur Debatte steht ?

Kreis ohne Meister (Raulff, Ulrich, Beck C. H.,München 2009), ohne
etwas zirkumskript "Zubemeisterndes":
könnte das nicht die jedem kodierbaren Verfahren fremde Erfahrung und
Fährnis sein, die sich solche Listenkommunikation aussetzt ? Darin
radikal verschieden von jedem Kegelclub, wo noch klar vor Augen steht,
WO und WANN sich zwei oder drei WO in WESSEN Namen versammeln, der
dann mitten unter ihnen ist? (Matthäus 18, 20.In diesem Falle
vielleicht: der Geist des Kegelsports.)

"Zurück zu den Bindekräften. Stärker als andere Formen des organischen
Zusammenlebens sind charismatische Gemeinschaften vom Kältetod
bedroht, sobald der Verlust ihrer Führerfigur ihnen die "geistige
Zentralheizung" (Warburg) abdreht." (KoM, a.a.O., S.246)

Zieht euch warm an, denn eine neue Assoziativität wartet !:-)

Gruß,

A.



Rolf Todesco

unread,
Nov 9, 2009, 6:34:57 AM11/9/09
to differen...@googlegroups.com
Liebe Gruppe
 
ich fühle MICH sehr genötigt, mein Vereinbarungsverfahren nochmals
zu erläutern:
 
Als Vereinbarungsverfahren bezeichne ich NICHT und NICHTS, was mit
einer Vereinbarung zwischen irgendwelchen Instanzen, Beobachter, Menschen,
Personen usw zu tun hat.
Als Vereinbarung bezeichne ich das, was ich in der Programmierung mache:
ICH sage MIR, woran ICH mich mit welchen Ausdrücken erinnere.
 
Nicht - auch nicht nur ansatzweise - soll das für irgendjemanden jenseits von
mir irgendetwas bedeuten oder irgendeine Verbindlichkeit haben.
 
Um im Beispiel von A.dorno zu bleiben: "Auschwitz" sagt MIR überhaupt nichts.
Und ich kann auch nicht ansatzweise sehen, inwiefern Auschwitz für etwas
stehen könnte, was irgendwelche Beobachter teilten oder zu teilen hätten.
Ich frage mich, wie ICH das Wort verwende (oder verwenden würde).
 
Aber ich würde gar nicht (und bin ..
> Darin radikal verschieden von jedem Auschwitz-club, wo noch klar vor Augen steht,

> WO und WANN sich zwei oder drei WO in WESSEN Namen versammeln, der
> dann mitten unter ihnen ist? (Matthäus 18, 20.In diesem Falle
> vielleicht: der Geist der Beschwörung von Menschen(Un)rechten.)
Herzlich
Rolf

Adorno

unread,
Nov 9, 2009, 7:08:45 AM11/9/09
to Differenz_Theorie
Lieber Rolf,

auch mich drängts zur Klarstellung: ich wollte keineswegs irgendeine
der hier vorgetragenen "Positionen",
auch nicht die Deine, mit der Faschismuskeule bearbeiten !

Ich meine nur, daß, was Vereinbarung, Versammlung, Form, Kon-Sens also
Mit-Sinn, heißen können (andernorts völlig unproblematisch). im
Kontext "unseres" "Projekts" stets Teil des Problems bleiben werden.

Ver-einbarkeit: die Möglichkeit EINS herzustellen (deswegen die
Referenz auf: EIN VOLK, EIN Führer), welches sich nicht stetig
entzweit.
Ist das nicht DAS Problem einer Differenz_Theorie ? :-)

Liebe Grüsse

A.


On 9 Nov., 12:34, "Rolf Todesco" <tode...@hyperkommunikation.ch>
wrote:

Rolf Todesco

unread,
Nov 9, 2009, 7:36:26 AM11/9/09
to differen...@googlegroups.com
Lieber A.dorno
 
jein.
 
Was ich mit mir und für mich ver-eins-bare, ist meine Theorie (=Sicht, Perspektive),
und das genau dann, wenn ich es mache, und nicht dann oder dort, wo irgendjemand
davon liest.
 
Wenn ich beispielsweise sage, wie ich das Wort "Energie" (um ein anderes als Auschwitz
zu wählen) verwende, bilde ich mir nicht ein, dass ich mich damit über meine aktuelles
SELBSTverständnis hinaus festlege, sondern im Gegenteil: Ich mache mit meine
Verwendung selbst(-)bewusst, damit sie mir erscheint, begegnet, entgegentritt.
 
Die Vereinbarung, die ich miene, zielt nicht auf EINS, sondern auf Differenzen, die mir
darin begegnen und die mir niemals begegnen könnten, wenn ich nicht ver-eins-baren
würde.

Adorno

unread,
Nov 9, 2009, 8:07:21 AM11/9/09
to Differenz_Theorie

> Was ich mit mir und für mich ver-eins-bare, ist meine Theorie (=Sicht, Perspektive),
> und das genau dann, wenn ich es mache, und nicht dann oder dort, wo irgendjemand
> davon liest.

>
> Wenn ich beispielsweise sage, wie ich das Wort "Energie" (um ein anderes als Auschwitz
> zu wählen) verwende, bilde ich mir nicht ein, dass ich mich damit über meine aktuelles
> SELBSTverständnis hinaus festlege, sondern im Gegenteil: Ich mache mit meine
> Verwendung selbst(-)bewusst, damit sie mir erscheint, begegnet, entgegentritt.
>
> Die Vereinbarung, die ich miene, zielt nicht auf EINS, sondern auf Differenzen, die mir
> darin begegnen und die mir niemals begegnen könnten, wenn ich nicht ver-eins-baren
> würde.

Also Ver-Meinbarung ? Bleibt trotzdem noch das Problem, daß, obwohl
jene Appropration, die einverleibende
Meins-Machung individuell von Fall zu Fall (und nur in jenem
unwiederholbaren kairos) glücken mag, dem Sozius (der, der als
Begleiter und vorangehender Nachfolger , sequi, immer schon mit dabei
ist) der wiederholende Nachvollzug nur als Abweichung und Differenz
möglich ist, denn der selbe Brocken ist bereits verzehrt.
Über den geteilten Kadaver des ermordeten Urvaters und dessen
Einverleibung, mutmaßte Freude, stellten die Urmenschen den sozialen
Zusammenhalt her.
Dadurch sollte vergewissert werden, daß, obwohl jeder einen anderen
Brocken schluckt und schlucken muss, dieser doch vom identischen Leib
herstammt.
Andersheit läßt sich als zusammenfaßbare und auf eine Einheit
zurückführbare Grösse bezähmen. Differenz ist bloß eine Spielart von
Identität, wurde beteuert. Nicht umgekehrt. Dies steht aber doch nun
in Frage?

Wie kann dann der Transfer von Ver-Meinbarung auf Ver-Unsbarung sich
vollziehen? Ohne daß die beobachtete Fom in ihrer Wiederholung
unweigerlich de-formiert würde... Und dadurch wird ab einem bestimmten
Reflexionsniveau Zusammenarbeit, Ko-Operation, schwieriger, zumindest
ziemlich anders...

Liebe Grüsse

André

Rolf Todesco

unread,
Nov 9, 2009, 9:36:48 AM11/9/09
to differen...@googlegroups.com
Lieber A
 
ich erzähle ganz andere Geschichten über meine Urvorfahren als S. Freud und
Du. Aber diese Ur-Sprünge will ich hier gar nicht herbeizitieren.
 
Ich teile mit Dir die Figur des Sozius. Allerdings bin ich mir selbst zuerst der
Sozius, der gleichsam mit mir ein zweites Mal hinsieht, um die Differenz
zu sehen. (Das ist übrigens hervorragend bearbeitet in der operativen Schule
(scuola operativa) von Silvio Ceccato, der als Lehrmeister von E. von Glasersfeld
nicht wenig zum Radikalen Konstruktivismus beigetragen hat).
 
Identität und Differenz beruhen auf zweimaligem Feststellen, wobei das zweite
Mal das erste Mal in Erinnerung haben haben muss um Kairos zu erleben.
 
Mir scheint, man kann sich nach einem Uebergang von Ver-Meinbarung zur
Ver-Unsbarung fragen, wenn man DAVOR MEIN und UNS unterschieden hat.
Ich dagegen versuche ja gerade ohne diese Unterscheidung zu beobachten, die
mir als willkürliche Trennung erscheint.
 
Ich unterscheide meine Erinnerung von meiner Identität/Differenz-stiftenden
zweiten Beobachtung. Und dabei bleibt mir bewusst, dass ich keine Kontrolle
über die Erinnerung habe. Ich habe aber immer Identität ODER Differenz, egal
wie meine Erinnerung in welcher Art richtig sein könnte.
 
Sozusagen weiss ich bei jedem Wort, wie ich es verwende und wie ich es davor
verwendet habe. Genau deshalb merke ich, wenn mein Wort nicht richtig gewählt
ist, wenn ich es sozusagen nicht richtig verwenden kann.
 
Das Spielen und Forschen beziehe ich in diesem Sinne auf meine Verwendung
der Worte.
 
ALSO: eine Ver-uns-barung brauche ich nie, weil ich in der Gewissheit lebe. Mir
genügt, wenn jeder mit sich ver-ein-bart. Dann erfüllt sich Verheissung, die mir
als Gewissheit gegeben wurde.
 
Herzlich
Rolf
 
 
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