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Rainer Grote

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Jun 13, 2009, 7:39:43 AM6/13/09
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STORMARNER TAGEBLATT

 

Buhrufe, Proteste: Eklat im Bürgerhaus

13. Juni 2009 | Von Patrick Niemeier

So hatten sich Planer und Mitwirkende der Solidaritätswoche Armut den Vortrag und die Diskussionsrunde zum Thema "Bildungskatastrophe Armut" wohl nicht vorgestellt. Denn die gut besuchte Veranstaltung im Bürgerhaus geriet aus den Fugen.

Unter Druck: Franz Thönnes (l.) musste sich nach seinen Äußerungen heftige Kritik gefallen lassen. Foto: Niemeier

Schon zu Beginn des Abends zum Thema "Bildungskatastrophe Armut" am Donnerstag im Bürgerhaus waren Besucher irritiert gewesen über zwei Polizistinnen, die man im Foyer antraf. "Oh, was ist denn hier los?", fragte eine Dame erschrocken. Hintergrund für die Präsenz war die Vermutung, dass gegen den auch anwesenden Bundestagsabgeordneten Franz Thönnes (SPD) nicht näher benannte "Aktionen geplant" seien. Die Veranstalter einigten sich aber darauf, kein Hausverbot gegen mögliche Störenfriede auszusprechen. "Jeder, der Protest bekunden möchte, wird hier ein paar Minuten bekommen, solange er höflich und respektvoll bleibt", so Gerd-Günther Finck vom FIT-Verein. Die Polizei blieb mit einem Streifenwagen in der Fußgängerzone präsent.

 
Den Auftakt bildete ein Vortrag der Hamburger Professorin Marion Panitzsch-Wiebe, die von Erfahrungen mit den Problemen armer Kinder im Bezug auf Ausbildung und Beruf berichtete, sich im Verlaufe ihres Vortrags aber immer mehr auf wissenschaftlich-theoretisches Gebiet bewegte und über das Bildungskonzept des Philosophen Jürgen Habermas referierte.

Wirklichen Unmut rief im Auditorium die Bemerkung von Kreispräsidentin Christa Zeuke hervor, die in Frage stellte, "ob Armut denn wirklich eine Bildungskatastrophe ist". Sie bezweifle das und fände den Begriff "Katastrophe" zu hart und erntete Buhrufe und Kopfschütteln. Moderator und Kreiskinderbeauftragter Joachim Malecki versuchte die Gemüter zu beruhigen. Lehrer Wolfram Springer und Sozialpädagoge und Fachdiensleiter Soziale Dienste beim Kreis, Gerald Wunderlich, berichteten von Praxis-Erfahrungen und ihren Wünschen für ein besseres und faireres Bildungssystem.

Diese Argumentationslinie verließen die Kreistagsabgeordneten Hedda Bluschke (FDP) und Maik Neubacher (CDU) recht schnell. Sie redeten über "bessere Lehrerausbildung", "Eignungstest für Lehrer", Ganztagsschulen. Neubacher, der zugab, seit der Schulzeit eigentlich mit Schule nichts mehr zu tun zu haben, wünscht sich "Lehrer, die sofort erkennen, welches Kind was und welche Förderung braucht". Wiederum Kopfschüteln.

Birgit Mahner vom Bella Donna Haus platzte der Kragen. Längere Zeit hatte sie sich während der vorgetragenen Monologe bereits gemeldet, war von Malecki aber ignoriert worden. "Das Thema ist Armut als Bildungskatastrophe, und dazu habe ich von ihnen als Politiker hier noch nichts, aber auch gar nichts gehört", zürnte sie. Sonderlich ernst wurde ihr Einwand nicht genommen. Denn Kreispräsidentin Christa Zeuke räumte ein: "Dazu wollte ich gerade eigentlich gar nichts sagen." Gelächter und erneut Kopfschütteln. Unterdessen hatten zwei Demonstranten mit einem Banner "Reiches Land - arme Kinder" Position am Ende des Raumes bezogen. Nicht nur sie verloren die Fassung, als SPD-Bundestagsabgeordneter Franz Thönnes sagte: "Es liegt nicht an Hartz IV, dass viele Empfänger nicht mit dem wenigen Geld auskommen, sondern daran, dass sie damit nicht umgehen und richtig wirtschaften können." Buh-Rufe und Beschimpfungen.

Ein Mann ging sofort Richtung Ausgang. "Mein Vater war Sozialdemokrat. Eine Schande. Der dreht sich im Grabe um." Und auch Walter Albrecht konnte nicht mehr an sich halten. "Ich wollte nichts sagen. Aber wenn ich so etwas höre, kann ich nicht anders. Franz, wenn du so etwas sagst, hat die SPD das S im Namen nicht mehr verdient."

Als der Moderator mahnte, dass nur noch fünf Minuten zum Diskutieren blieben, gingen weitere Zuhörer. "Ach, so läuft das hier. Kritik an Politikern ist wohl nicht erwünscht", sagte einer. Birgit Mahner schlug vor, dass Thönnes ja mal für ein paar Monate mit einem Hartz-IV-Empfänger sein Gehalt tauschen könne. Eine Bemerkung, auf die der Bundestagsabgeordnete und Parlamentarische Staatssekretär nicht einging. Auch die Kreistagsabgeordneten äußerten sich nicht dazu. "Das wurde wohl als Affront verstanden", so Mahner.

Die Stimmung im Saal hatte sich derweil so verfinstert, dass der Oldesloer Musiker Gunter Trommer sich nicht mehr in der Lage sah, Klezmermusik zu Gehör zu bringen: "Ich kann das jetzt nicht. Es kommt mir unpassend vor."

Der zweite Teil der Veranstaltung, bei dem Christian P. Schlichte und Franz Thönnes die Sieger des Fotowettbewerbs des SPD-Kulturforums kürten, ging nahezu unter. Eine Reise nach Berlin, gestiftet von Franz Thönnes, gewannen Rudolf Golor (1. Platz), Anke Kleesik (2. Platz) und Oliver Stange (3. Platz).

Nach Abschluss des öffentlichen Teils wurde Franz Thönnes lautstark und energisch von Demonstranten bedrängt. "Ich diskutiere gerne, aber nicht so!", sagte der Parlamentarische Staatssekretär, bevor er das Bürgerhaus verließ.
 
 

roter Luftballon

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Jun 15, 2009, 6:34:39 PM6/15/09
to DIE LINKE. Stormarn
siehe auch:<http://www.die-linke-stormarn.de/>
aber schön das Du das hier veröffentlichst.
SG h.-p.

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