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Presseschau scientology

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Tilman Hausherr

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Nov 4, 1998, 3:00:00 AM11/4/98
to
Plätze reichten nicht
Großes Interesse für "Im Labyrinth der Scientology"

Saarbrücker Zeitung
4.11.1998

Illingen (ets). Eilig mußten zusätzliche Stühle im Rathaussaal
aufgestellt werden, so groß war der Andrang bei einer
Vortragsveranstaltung, zu der das Kulturamt der Gemeinde in
Zusammenarbeit mit der Volkshochschule Illingen eingeladen hatte. Daß
offensichtlich viele Menschen interessierende Thema lautete "Im
Labyrinth der Scientology".

Der Autor des gleichnamigen Buches, Norbert Potthoff, berichtete sehr
anschaulich über seine Zeit als Scientologe. 1988 ist er ausgestiegen.
"Ich war nicht nur zahlendes Mitglied, sondern ein sogenannter Offizier,
das heißt, ich war in der Organisation in führender Position", erklärte
er. Sieben Jahre Scientology seien nicht gerade ein Ruhmesblatt. Er habe
Zeit gebraucht, um mit seiner Scham und seinen Schuldgefühlen umgehen zu
können. Nun betrachte er es als eine Aufgabe, die Mitmenschen vor dieser
Organisation zu warnen. Sie gewinne ihre Mitglieder auf ganz subtile
Weise. Dabei würden verschiedene psychologische Tricks und sogar Hypnose
eingesetzt. Die Struktur der Gemeinschaft sei streng hierarchisch. Von
den Scientology-Jüngern werde absoluter Gehorsam und Disziplin erwartet.

Versprochen würden ihnen Erfolg, Macht und Geld. Ethische Werte blieben
vollkommen auf der Strecke. Das heißt, auf unfähige, kranke und schwache
Menschen werde keine Rücksicht genommen. Die Botschaften von Scientology
würden in Kursen und Lehrgängen verbreitet, die oft mit harmlosen
Lernzielen getarnt für sehr viel Geld angeboten würden.

Potthoff selbst trieben diese Ausgaben, ebenso wie viele seiner
Leidensgenossen, an den Rand des Ruins. Ganz nebenbei verlor er durch
Scientology zwei Ehefrauen, die eine, weil sie nicht ein-, die andere,
weil sie nicht aussteigen wollte. Die "Schöpfungsgeschichte", die den
Dreh- und Angelpunkt der Pseudoreligion bilde und die der Buchautor
nacherzählte, hörte sich eher wie Science Fiction an. Aus den Reihen der
Veranstaltungsbesucher kam daher auch die Frage, wie ein normal
denkender Mensch darauf hereinfallen könne. Dies lasse sich mit der
"Gehirnwäsche" erklären, der jedes Neumitglied unterzogen werde, so
Potthoff.

Die Aussicht, ein Übermensch beziehungsweise unsterblich zu werden,
ködere selbst hochintelligente Menschen. "Von Scientology geht eine
Gefahr für die Demokratie aus, gegen die wir uns wehren müssen", mahnte
der Referent. Er forderte die Zuhörer auf, verlockenden Angeboten von
Kursen oder auch neuen Produkten gegenüber kritisch zu sein.
Scientologen scheuten sich beispielsweise nicht, in Kindergärten
Handpuppen inklusive ideologisch gefärbte Geschichten zu verkaufen.
"Beobachten Sie Veränderungen bei Familienangehörigen oder Bekannten."
Auffällig sei, wenn sich jemand plötzlich, abweichend zu früher, sehr
diszipliniert verhalte. Bei Zweifeln sollte man sich an die Beauftragten
der Kirchen für Scientology wenden, riet Potthoff. Außerdem existierten
inzwischen auch einige private Initiativen (im Saarland zum Beispiel
Vitem, Jeannette Schweitzer, St. Ingbert,  (0 68 94) 87 04 52.

Norbert Potthoff, Jahrgang 1948, ist gelernter Grafiker. Außer mit
seinen Vorträgen, von denen er im Jahr etwa 100 bis 150 hält, finanziert
er sein "wieder gewonnenes" Leben mit der Malerei. Außerdem hat er ein
zweites, ebenfalls als Taschenbuch im Bastei-Lübbe-Verlag erschienenes
Buch über Scientology verfaßt, das in den nächsten Tagen erscheinen
wird.

Tilman Hausherr

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Nov 18, 1998, 3:00:00 AM11/18/98
to
http://www.stuttgarter-nachrichten.de/dc1/html/news-stn/19981118lana0008.htm

Scientology weiter unter Beobachtung

Stuttgarter Nachrichten
18.11.1998

Stuttgart (kna) - Landesinnenminister Thomas
Schäuble (CDU) bekräftigte die Notwendigkeit
der Beobachtung der Scientologen durch den
Verfassungsschutz. Die bisherigen Erkenntnisse
ließen keinen Zweifel an der
verfassungsfeindlichen Scientology-Ideologie,
unterstrich Schäuble. Beobachtet werden müsse
auch die PDS. Forderungen der Grünen, die
Überwachung von Scientology aufzugeben, sind
von der Stuttgarter Aktion Bildungsinformation
(ABI) als ¸¸leichtfertig'' und ¸¸politisch
naiv'' zurückgewiesen worden.

Tilman Hausherr

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Nov 19, 1998, 3:00:00 AM11/19/98
to
http://www.abendblatt.de/contents/ha/news/politik/html/191198/ZEKTE1.HTM

Verfassungsschutz warnt: Scientology will die Demokratie zerstören

Hamburger Abendblatt
19.11.1998

Bonn - Die Scientology-Organisation steht nach Einschätzung der
Verfassungsschützer grundsätzlich der demokratischen Grundordnung der
Bundesrepublik feindlich gegenüber. Sie strebe eine neue
Gesellschaftsordnung an und gefährde damit die innere Sicherheit
Deutschlands, heißt es in dem Bericht der Verfassungsschutzbehörden nach
einjähriger Beobachtung von Scientology.

   Die Aktivitäten im politischen Bereich der Scientologen hätten noch
nicht genügend erforscht werden können, wird weiter festgestellt. Die
Organisation habe sich umgehend auf die Beobachtung eingestellt. Aus
"fachlicher Sicht" sei deshalb eine weitere Observierung notwendig.

    Nach den Erkenntnissen der Behörden treffen die Angaben von
Scientology, es gebe 30 000 Mitglieder in Deutschland, nicht zu. Die
tatsächliche Zahl liege unter 10 000. Auch habe der Zustrom zu
Scientology in der Bundesrepublik erheblich nachgelassen. Die
Scientologen bemühen sich seit Jahren vergeblich darum, in Deutschland
als Religionsgemeinschaft anerkannt zu werden. In den Vereinigten
Staaten hat Scientology den Status einer Kirche.

   Der Geheimdienst der Organisation ist den Untersuchungen zufolge
ausgesprochen "schlagkräftig". Er arbeite mit Mitteln der
"psychologischen Kriegsführung" und mit geheimdienstlichen Methoden wie
Spionage und Spionageabwehr. Ziel sei es, Regierungen, Behörden und
Unternehmen zu infiltrieren sowie Gegner und Aussteiger systematisch zu
diffamieren und zu zermürben. Nach den Berichten hat dieser Geheimdienst
in Deutschland knapp 100 Mitglieder. Allerdings gehe von Scientology
nicht die Gefahr einer "Machtübernahme" aus, heißt es. Mit großer
Aufmerksamkeit wurde registriert, daß sich Rechtsradikale als
"Leidensgenossen der Scientologen" in der Bundesrepublik
betrachten.   (dpa)


http://www.bluewin.ch/news/artikel/981118/981118c10.html

Keine aufschiebende Wirkung für Scientology-Beschwerde

19.11.1998

(sda/bs)   Die neue Basler Sekten-Strafnorm kann trotz hängiger
Beschwerde beim Bundesgericht in Kraft gesetzt werden: Die Lausanner
Richter haben das Gesuch von Scientology um Gewährung der aufschiebenden
Wirkung abgelehnt, wie aus einem heute veröffentlichten Entscheid
hervorgeht.

Die vom Basler Kantonsparlament verabschiedete Strafnorm im kantonalen
Übertretungsstrafgesetz richtet sich gegen unlautere oder täuschende
Anwerbemethoden auf öffentlichem Grund. Scientology und ein
Einzelmitglied der Organisation sahen in der Bestimmung ein
"unakzeptables Sonderfallgesetz" und reichten im Oktober beim
Bundesgericht eine staatsrechtliche Beschwerde ein.

In den nächsten Tagen in Kraft

Die Strafnorm soll bereits diese oder nächste Woche in Kraft treten, wie
es beim Basler Justizdepartement auf Anfrage hiess. Der Entscheid des
Bundesgerichts muss zuvor im Kantonsblatt publiziert werden. Bei
Beschwerden gegen allgemeinverbindliche Erlasse werde grundsätzlich
keine aufschiebende Wirkung gewährt, begründete das oberste Gericht die
Ablehnung des Scientology-Gesuchs.

Nach der neuen Basler Strafnorm soll mit Busse oder im Wiederholungsfall
mit Haft bestraft werden können, wer "durch täuschende oder unlautere
Methoden Passantinnen und Passanten auf der Allmend anwirbt oder
anzuwerben versucht". Die Polizei erhält zudem ein Wegweisungsrecht,
wenn Anzeichen dafür bestehen, dass "widerrechtliche, insbesondere
täuschende oder sonst unlautere Methoden angewendet oder Passantinnen
und Passanten in unzumutbarer Weise belästigt werden".

Scientology: "Staatliche Willkür"

Nach Beurteilung von Scientology ist die Strafnorm derart "gummig"
ausgefallen, dass sie "staatlicher Willkür Tür und Tor öffnen" würde.
Das Gesetz könnte in Zukunft gegen alle möglichen missliebigen
Gruppierungen und Meinungen eingesetzt und die Meinungsäusserungs- und
Religionsfreiheit auf öffentlichem Grund einschränken.

Trotz Beteurungen der Behörden, es handle es sich nicht um eine Lex
Scientology, sieht die Organisation in der Strafnorm ein in erster Linie
gegen sie gerichtetes Einzelfallgesetz. Die Regelung solle jene
Scientologen treffen, die in der Basler Innerstadt Passanten ansprechen.


Ausgelöst wurde die Strafnorm durch eine 1996 gutgeheissene Motion in
Zusammenhang mit den Anwerbemethoden von Scientology. Im Grossen Rat
wurde die Strafnorm mit vier Gegenstimmen gutgeheissen. Das Referendum
wurde nicht ergriffen.


http://www.tages-anzeiger.ch/981119/252108.HTM

Sektengesetz wirksam

Tagesanzeiger Zürich
19.11.1998

Die neue "Sektenstrafnorm" von Basel tritt bald in Kraft. Scientology
hat das Gesetz erfolglos vor Bundesgericht bekämpft.

Von Hugo Stamm

Der Grosse Rat des Kantons Basel-Stadt hat im September eine Strafnorm
erlassen, die wohl einmalig ist und weit über die Kantonsgrenzen hinaus
Beachtung fand. Das Parlament erliess ein Gesetz, das insbesondere
Scientology verbietet, den öffentlichen Grund für die unlautere und
täuschende Anwerbung von Passanten zu benutzen.

Gegen diese Strafnorm, die zurzeit vor allem die umstrittene
amerikanische Organisation Scientology betrifft, erhob die Psychosekte
beim Bundesgericht Beschwerde. Scientology verlangte vor allem auch eine
aufschiebende Wirkung. Die Lausanner Richter schmetterten das Begehren
mit einer knappen Begründung ab, die lediglich 13 Zeilen umfasst. Die
Organisation habe nicht dargelegt, welchen nicht wiedergutzumachenden
Nachteil ihr bei einer Verweigerung der aufschiebenden Wirkung entstehen
könnte, schrieb das oberste Gericht.

Somit steht der neuen Strafnorm nichts mehr im Weg. Die Basler Regierung
will sie in diesen Tagen in Kraft setzen. Scientologen, die in Zukunft
Passanten auf öffentlichem Grund in aufdringlicher Weise ansprechen,
müssen mit einer Busse rechnen. Im Wiederholungsfall droht ihnen eine
Haftstrafe.

Die in der Schweiz und wohl auch in Europa einzigartige Strafnorm geht
auf eine Motion der SP-Grossrätin Susanne Haller zurück. Scientology
geisselte die neue Norm als Einzelfallgesetz, das nur gegen Scientology
gerichtet sei. Es öffne der staatlichen Willkür Tür und Tor. Falls ein
Mitarbeiter gebüsst werde, fechte Scientology das Verdikt an, um die
Strafnorm auf diesem Weg zu einem administrativen Leerlauf zu machen,
erklärte Scientology.


Erziehung im Namen der Leistung: Eliten bilden, ohne elitär zu sein

Stuttgarter Zeitung
19.11.1998

Merz-Schule wird 80 - Familienbetrieb in dritter Generation mit 854
Schülern - ¸¸Keine Schleiferschule'', aber Vorbereitung für
Ellenbogengesellschaft

Der privaten Merz-Schule eilt der Ruf voraus, sie sei eine Schule für
Kinder reicher Leute. Im Gespräch mit dem Gründersohn, dem ehemaligen
Leistungssportler und promovierten Philosophen Volker Merz und
Gründerenkel Christian Albrecht Merz ergibt sich ein anderes Bild. Das
Familienunternehmen, das 80. Geburtstag feiert und Zöglinge wie den
Kabarettisten Mathias Richling und Nina Hoss (¸¸Das Mädchen Rosemarie'')
vorweisen kann, hält alte Tugenden hoch: Disziplin, Leistung, Fairneß.
Inge Jacobs sprach mit Volker und Christian Merz.

Frage: Sie überlassen die Präsentation Ihrer Schule einer
professionellen Kommunikationsagentur - im Unterschied zu Ihren
kirchlichen, staatlichen oder anthroposophischen Konkurrenten. Warum?

Volker Merz: Wir empfinden andere Privatschulen nicht als Konkurrenten.

Christian Merz: Wir haben gesehen, daß wir in der Bevölkerung ein
Informationsdefizit haben. Wir schaffen es aber aus Zeitgründen nicht
selbst, diese Informationen zu kanalisieren. Dies macht ein
professionelles PR-Büro für uns. Es gibt noch einen zweiten Grund: Wir
als Merz-Familie sind für die Merz-Schule tätig. Wir wollen uns nicht
selber loben. Das ist nicht unsere Art.

Ihre Schüler haben den Ruf, reiche Eltern zu haben und versnobt zu sein.

Volker Merz: Selbstverständlich hat unsere Schule wie jedes andere
Gymnasium Kinder reicher Eltern. Aber es kam bei uns noch nie vor, daß
ein Kind aus wirtschaftlichen Gründen ausgeschlossen wurde. Wir haben
dieselben Kinder unserer Gesellschaft wie alle anderen Schulen auch. Wir
empfinden uns als eine Ergänzung zur öffentlichen Schule, weil wir mehr
Möglichkeiten anbieten und auch anbieten müssen, um Pionierarbeit zu
leisten.

Wie hoch ist Ihr Ausländeranteil?

Volker Merz: Zehn Prozent.

Das entspricht nicht dem in Stuttgart sonst üblichen Ausländeranteil.

Christian Merz: Wir sind eine private Institution. Und jede private
Institution kostet Geld. Daß da natürlich auch reiche Leute dabei sind,
ist klar. Aber wir müssen erst einmal Leistung nachweisen, ehe Kinder
auf unsere Schule geschickt werden. Deshalb achten wir schon darauf, daß
unsere Schüler, etwa bei ihrem Verhalten in der Straßenbahn, dem Ruf der
Schule nicht schaden. Zum Großteil entstammen unsere Schüler dem
Mittelstand. Oft müssen die Eltern hart arbeiten, damit sie ihr Kind
überhaupt zu uns schicken können. Dafür bieten wir den Kindern eine gute
Schulausbildung mit vielen sozialen oder umweltorientierten Projekten.

Volker Merz: Wir bekommen als Lehrkräfte auch immer mehr erzieherische
Aufgaben aufgebürdet, weil die Eltern immer häufiger versagen.

Zu den von Ihnen geförderten und geforderten Tugenden gehört auch die
Disziplin - ¸¸korrekte Kleidung'', Rauchverbot und ein Schulausschluß
bei Drogenkonsum.

Volker Merz: Mir kann es eigentlich egal sein, wenn jemand seinen Körper
ruiniert, etwa durch Rauchen. Aber in der Schule ist es ein
erzieherisches Problem. Ich will nicht nur den Leuten helfen, daß sie
gesünder bleiben, sondern ich will, daß der junge Mensch lernt, einige
Stunden auf etwas zu verzichten, was er eigentlich gerne tun würde. Ich
verlange, daß die sich ein paar Stunden Schulzeit zusammenzureißen
lernen: Selbsterziehung und Selbstdisziplin. Wenn jemand viermal beim
Rauchen erwischt wurde, fliegt er. Bei den Drogen sehen wir sofortigen
Handlungsbedarf, helfen aber im selben Moment, zusammen mit den Eltern,
wenn sie das wünschen. Aber wenn wiederholt gekifft oder gar gedealt
oder Ecstasy eingenommen wird, trennen sich unsere Wege. Dealer fliegen
sofort.

Was ist ¸¸korrekte Kleidung''?

Volker Merz: Da gibt es diese Jeans, die offene Knie haben, oder bei
denen der Schritt in der Ferse ist. Zu Schülern, die so etwas tragen,
sage ich: Mach doch bitte 'ne Aufnahme von dir, damit du später über
dich lachen kannst. Aber wenn einer in so einer völlig unmöglichen Jeans
kommt, dann stellt der sich am nächsten Morgen um acht vor, mit einer
normalen Jeans. Es gehört ganz wesentlich zu einer freiheitlichen
Erziehung, daß auch ganz klare Grenzen gesetzt sind.

Als Privatschule können Sie sich Ihre Schüler aussuchen. Zwölf Kinder
von bekennenden Scientologen haben Sie rausgeworfen. Wann lehnen Sie die
Aufnahme eines Schülers ab, wann schmeißen Sie ihn raus?

Volker Merz: Ein Rausschmeißen gibt es bei uns nicht. Es gibt eine
Trennung. Kindern, die sich nicht einfügen können in unsere Ordnung,
empfehlen wir, für zwei, drei Jahre an eine andere Schule zu gehen.
Denen sagen wir, wenn du dich dort bewährt hast, kannst du wiederkommen.
Du mußt verstehen, daß die Gemeinschaft wichtiger ist als der einzelne.
Es sind eigentlich ungeschriebene Regeln.

Können Sie die benennen?

Volker Merz: Beispielsweise erwarte ich absolute Fairneß gegenüber
Mitschülern. Bei Gewalt an der Schule reagiere ich knallhart. Es wird
sofort Kontakt mit den Eltern aufgenommen. Wir lassen auch nicht
durchgehen, wenn Schüler zu spät zum Unterricht kommen. Wenn ein Schüler
blau macht, ärgert mich das maßlos. Das ist ehrenrührig. Das läuft bei
uns nicht.

Und Scientology?

Christian Merz: Das ist eine spezielle und unschöne Geschichte. Wir
haben Briefe und Anrufe bis aus Amerika und Dänemark bekommen.

Volker Merz: Es geht nicht um mangelnde Zivilcourage. Aber gemäß dem
Verband deutscher Privatschulen, in dem wir Mitglied sind, mußten alle
unsere Eltern und jeder Mitarbeiter unterschreiben, daß sie weder
Sympathisant noch Anhänger des Gedankenguts von L. Ron Hubbard sind. Bei
denen, die das nicht unterschrieben haben, waren wir gezwungen, die
Kinder von der Schule zu weisen. Ich möchte mich nicht unterwandern
lassen - von niemandem. Deshalb dürfen bei uns keine Kirchen, keine
Parteien, keine Firmen oder totalitäre Organisationen Propaganda machen.

Welche Kinder nehmen Sie nicht auf?

Volker Merz: Mir ist völlig gleichgültig, ob hier ein Hilfsarbeiter mit
seinem Kind kommt oder ein Minister. Ich bin davon abgekommen, nur
Kinder aufzunehmen, bei denen beide Eltern erschienen sind - weil es
immer mehr Alleinerziehende gibt. Ich habe aber noch nie ein Kind
aufgenommen, das nicht von sich aus zu uns gewollt hat. Ich rede
übrigens immer zuerst mit den Kindern und dann erst mit den Eltern. Ich
frage nie zuerst nach dem Geld, gar nie - erst am Schluß.

Sie bieten Englisch ab Klasse 1 der Grundschule an, das achtjährige
Turbogymnasium, ein Sportabi in Hockey, Tennis und Fußball, und Sie
legen besonderen Wert auf Multimedia und Hightech. Sind Sie eine
Schleiferschule?

Volker Merz: Das ist ein übler Ausdruck. Aber wenn einer einen Tritt ins
verlängerte Rückgrat braucht, dann kriegt er den. Wenn's nötig ist, auch
zwei. Wir wollen hier Persönlichkeiten, keine Duckmäuser. Wir wollen
nicht, daß Schüler aus Angst etwas tun, sondern aus Überzeugung.

Christian Merz: Die Schule ist natürlich sehr anstrengend für die
Kinder. Als Ausgleich dazu bieten wir viel Sport, handwerklichen
Unterricht und donnerstags unseren musischen Nachmittag mit 40
verschiedenen Neigungsgruppen an. Aber auch für diese
Ausgleichsmöglichkeiten gilt der Leistungsaspekt. Wir sind in einer
Leistungs- und Ellenbogengesellschaft, und auf die haben wir unsere
Schüler vorzubereiten. Wir wollen eine geistig bewegliche Elite
schaffen, und da gehören auch Technik und Computer dazu. Das ist für uns
finanziell nicht einfach.

Schulgründer Albrecht Leo Merz hat als Sonderfächer 'Erkennen und
Gestalten', Sprachgestaltung, Rezitation, Lebenskunde, Gesundheitslehre,
Rhythmische Gymnastik und handwerklichen Unterricht eingeführt. Wozu?

Volker Merz: Das Handwerk hat einen einzigen Zweck: den Schülern in der
Auseinandersetzung mit Werkstoffen zu zeigen, daß da Widerstände sind,
mit denen sie gestalterisch fertigwerden müssen. Die sollen net bäschtle
lerne. In der Auseinandersetzung wächst die Persönlichkeit. Ich will,
daß unsere Schüler konfliktfähig sind.

Worin grenzen Sie sich von der Staatsschule und von der Waldorfschule
ab?

Volker Merz: Von der Staatsschule unterscheidet uns, daß wir einfach ein
viel größeres Angebot im außerschulischen Bereich, im Bereich der
Persönlichkeitsbildung, haben. Von der Ausbildung her sehe ich dieselbe
Verpflichtung, wie sie jede öffentliche Schule hat. Aber die
Privatschulen sind gefordert, neue Wege zu zeigen, die dann vom Staat
übernommen werden können. Das Fach ¸¸Erkennen und Gestalten'' etwa, das
ist fächerübergreifend.

Christian Merz: Von der Waldorfschule unterscheidet uns, daß wir als
staatlich anerkannte Privatschule leistungsbezogen arbeiten und
staatliche Stoff- und Lehrpläne erfüllen.

Volker Merz: Im Unterschied zur Waldorfschule gibt es bei uns Noten von
der zweiten Grundschulklasse an, wir haben keine philosophisch
orientierte Sportart, unsere Klassen sind 25 bis 30 Kinder groß. Ich
mach' nicht nur Breitensport hier, sondern ich verlange, als
Partnerschule des Sports und Olympiastützpunkts, von den Schülern, daß
sie mit ihrer Begabung nicht Schindluder treiben. Im Sport lerne ich
mich zu engagieren und meine Reserven einzuschätzen, und ich lerne als
Leistungssportler an die Grenze meiner Leistungsfähigkeit zu gehen. Und
Sport ist ein hervorragendes soziales Mittel, um die Einfügung in die
Gemeinschaft zu lernen.

Welchen Menschentyp wollen Sie formen?

Volker Merz: Menschen, die verantwortungsbereit sind, tolerant und
Zivilcourage haben und Menschen, die wissen, daß wir Phantasie und
Visionen brauchen und daß wir uns Ziele zu setzen haben. Wir fühlen uns
aufgrund unserer Möglichkeiten als Privatinstitution verpflichtet, an
der Bildung neuer Eliten beteiligt zu sein. Dazu gehört auch, allem
Elitären entgegenzutreten.

Am Freitag, 20., und Samstag, 21. November, finden an der Merz-Schule
eine Ausstellung und ein Weihnachtsverkauf statt, am Freitag von 8 bis
19 Uhr, am Samstag von 10 bis 18.30 Uhr. Am Samstag beginnt außerdem um
16 Uhr in der Aula ein Europaprogramm mit Musik und Rezitation.

Scientology stark unter Druck
Verfassungsschutz: Sektenkonzern verliert Mitglieder und hat
Finanzprobleme

Stuttgarter Nachrichten
19.11.1998

Von ANTON NOTZ

Stuttgart - Die Scientology-Organisation in Deutschland ist durch
verstärkten gesellschaftlichen Druck und die Beobachtung des
Verfassungsschutzes in große Schwierigkeiten geraten.

Zu diesem Ergebnis kommt ein von Staatsschützern erarbeiteter
vertraulicher Bericht, der unserer Zeitung vorliegt. Der Sektenkonzern
habe entgegen eigener Darstellung nicht 30000, sondern lediglich 5000
bis 6000 Mitglieder und habe in einzelnen Städten mit einer deutlichen
Fluktuation zu kämpfen. Außerdem stecke er in finanziellen Nöten. ¸¸Die
Scientology-Einrichtungen mußten zum Teil, wenn nicht erhebliche
Einnahmerückgänge, so doch zumindest stagnierende Einnahmesituationen
verzeichnen'', heißt es in dem Bericht, der heute und morgen von den
Innenministern der Länder in Bonn beraten wird. Diese Probleme, so die
Verfassungsschützer, seien insbesondere auf die verstärkt betriebene
Aufklärungsarbeit zurückzuführen.

Obwohl die Organisation nicht so mächtig sei, wie sie sich gibt, seien
ihre Ziele als verfassungsfeindlich einzustufen. Aufgrund interner
Stellungnahmen der Länder zu dem Bericht gilt es nach Informationen
unserer Zeitung als sicher, daß die Innenministerkonferenz mit Ausnahme
Schleswig-Holsteins einer weiteren Beobachtung von Scientology durch den
Staatsschutz zustimmen wird. Einen direkten Einfluß des Sektenkonzerns
auf politische Parteien vermag der Bericht nicht auszumachen. Auf der
Suche nach Verbündeten arbeite die Organisation unter anderem mit den
Zeugen Jehovas und islamistischen Gruppen zusammen.

In der Wirtschaft ist die Verbreitung des Sektenkonzerns nach Ansicht
der Verfassungsschützer ¸¸nicht so weitreichend wie bisher angenommen''.
Ihren Machtanspruch versuche Scientology aber nach wie vor mit straffer
innerer Führung und auch mit geheimdienstähnlichen Mitteln umzusetzen.
¸¸Weder für einen Dienstleistungskonzern noch für eine sogenannte
Weltanschauungsgemeinschaft, erst recht aber nicht für eine
Religionsgemeinschaft würden derartige ,Sicherheitsorgane' in einem
demokratischen Rechtsstaat benötigt'', urteilen die Verfassungsschützer.



http://www.tagesspiegel-berlin.de/tsp_f/aktuell/campussplash.html

Am liebsten Erstsemester
Sekten und Psychogruppen machen besonders zu Semesterbeginn Jagd auf
neue Mitglieder / Oft als Studienhilfe getarnt

DER TAGESSPIEGEL
19.11.1998

VON KATJA WINCKLER

Sie werben in Kleinanzeigen der Stadtmagazine "tip" und "zitty" und in
esoterischen Anzeigenblättern. An den Informationsbrettern der Unis
hängen Werbezettel mit Angeboten zu Psychogruppen. In Mensaschlangen und
sogar in den Uni-Cafés sprechen sie Studenten an. Am liebsten
Erstsemester, die noch wenig Kontakte in der Stadt haben und
orientierungslos sind. Sie, das sind sogenannte Sekten und
Psychogruppen. "Oft ist nicht auf den ersten Blick klar, daß es sich um
religiöse Gruppen handelt. Zum Beispiel, wenn die Gruppen als
Studienhilfe auftreten", sagt Hartmut Zinser, Professor am
Religionswissenschaftlichen Institut an der Freien Universität (FU) und
ein Kenner der "Szene". "Manchmal geben sie sich erst nach mehreren
Treffen als solche zu erkennen."

Insgesamt sei der Erfolg der Anwerber an den Universitäten zwar nicht
groß, "es klappt nur bei jedem zehnten", sagt Zinser. Und die
"Durchlaufquote" sei in vielen Gruppen hoch, da viele Leute nach
mehreren Einzelsitzungen häufig wieder abspringen. Trotzdem könne die
Situation kritisch werden, wenn sich die Bindungen zu einer solchen
Gruppe verfestigen. Zinser schätzt, daß 600 von rund 44 000 FU-Studenten
Mitglieder "solcher Gruppen" sind. Insgesamt sind nach seinen Angaben
etwa 60 Gruppen in Berlin konstant präsent. Wie sich die Mitgliedschaft
in Gruppen entwickeln kann, beschreibt der Experte so: "Meistens fängt
es mit der Zerstörung der sozialen Kontakte an. Häufig müssen Mitglieder
ihr Geld an die Gruppe abtreten. Im schlimmsten Falle werden sie durch
massiven Druck und Beeinflussung zu psychiatrischen Fällen - bis hin zur
Einweisung in die Psychiatrie."

Mit solchen Einzelschicksalen hat Markus Wende oft zu tun. Der Student
der Religionswissenschaften beschäftigt sich nach eigenen Angaben seit
mittlerweile zehn Jahren mit Sekten. An der FU berät er ehrenamtlich
Sektenopfer und deren Angehörige. Wie schnell man in eine Gruppe
reinrutschen kann, veranschaulicht er an einem Fallbeispiel: Eine
Biologiestudentin wohnt in einem Haus, in dem auch Mitglieder der
"Gemeinde Jesu Christi Berlin e. V." als W G leben. Man lädt sie
mehrmals zum Kaffee ein, nach ein paar Wochen läßt sie sich taufen, dann
soll sie ihr Studium aufgeben, um in Rumänien zu missionieren. Als sie
einen relativ unbekannten Mann - ebenfalls Mitglied der Vereinigung -
heiraten soll, wird ihr Unbehagen so groß, daß es ihrer Schwester
gelingt, sie zu einem Beratungsgespräch mit Markus Wende zu bewegen.
"Die einzige Chance, jemanden da wieder rauszuholen besteht nur, wenn
die Person selbst an der Gruppe zweifelt", sagt Wende. Betroffenen rät
er deshalb: "Sobald Zweifel an einer Gruppe bestehen, sollte man sofort
eine Beratungsstelle anrufen und sich erkundigen, was dahintersteckt."

Thomas Gandow, Sektenbeauftragter der evangelischen Kirche, hält die
Warnung vor Sekten und Psychogruppen ebenfalls für berechtigt. Gruppen
wie Scientology bezeichnet er als knallharte Unternehmen: "Die verfolgen
zwei Ziele. Geld zu bekommen und neue Arbeitskräfte, wie bei einer Armee
zu rekrutieren." Als Köder dienten Managerseminare, die eigentlich keine
sind.

Wer aus einer Gruppe aussteigen will, muß keine Racheakte von
Gruppenmitgliedern befürchten. Dieser Ansicht ist jedenfalls die
Sektenbeauftragte des Senats, Anne-Kathrein Rühle. "Die Gruppen haben
nur Angst, wenn Leute in die Öffentlichkeit gehen". Der Ausstieg falle
mehr aus psychischen Gründen schwer. Probleme bereite den Aussteigern
nämlich vor allem, "aus einer geschlossenen Welt in eine offene Welt zu
treten", sagt sie.

Nach ihrer Einschätzung ist nicht jede Gruppe "konfliktträchtig". Unter
diesem Begriff faßt sie Kriterien wie Bewußtseinskontrolle,
Bezugskontrolle, Informationskontrolle und Alltagskontrolle zusammen.
"Wenn diese Kriterien in einer Vielzahl auftreten und ins Extreme
verzerrt werden, dann ist das für uns konfliktträchtig und muß
beobachtet werden." Warum sie nur ungern Gruppen beim Namen nennt, hat
seinen Grund: "Informationen kommen sonst verkürzt rüber. Es hat
außerdem keinen Sinn, vielleicht fünf Gruppen aufzuzählen, denn Gefahren
können von jeder Gruppe ausgehen. Es hängt immer von jedem selbst ab,
wie er den Einfluß der Gruppe verkraftet."

Im Rahmen vom "Forum Religion und Gesellschaft" veranstaltet das
Religionswissenschaftliche Institut der FU in Zusammenarbeit mit dem
Referat für Weiterbildung in diesem Semester eine Veranstaltungsreihe.
Diese beschäftigt sich mit der aktuellen Einschätzung von Sekten,
Psychogruppen und Esoterik. Die nächste Veranstaltung findet am 9.
Dezember, 18 Uhr 30 mit Referent Bernd Steinmetz zu "Rechtliche Probleme
mit neuen religiösen Gemeinschaften" statt. Ort: Hörsaal des
Religionswissenschaftlichen Instituts, Altensteinstraße 40.
Informationen über weitere Veranstaltungen gibt es unter der Rufnummer
838 40 89.

Beratungs- und Informationsstellen für Aussteiger

Der Berliner Senat informiert im Internet: www.sensjs.berlin.de,
Stichwort "Familie". Sektenbeauftragte Anne-Kathrein Rühle ist täglich
unter 90 26 55 74 zwischen 9 und 11 Uhr zu erreichen.

Markus Wende berät Sektenopfer nach telefonischer Absprache. Anfragen
beim Asta unter 839 09 10 (Fax 831 45 36) oder schriftlich: Kibitzweg
23, 14195 Berlin.

Die Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen ist eine
wissenschaftliche Studien- und Beratungsstelle. Diplompsychologe Michael
Utsch berät. Auguststraße 80, 10117 Berlin, Telefon 283 95 211.

Die Selbsthilfegruppe "Interim" für Aussteiger trifft sich jeden 1. und
3. Sonntag im Monat, Anmeldung unter 651 45 99.

Der Sektenbeauftragte der evangelischen Kirche Thomas Gandow, Telefon
815 70 40, berät und versendet Informationsschriften wie "Der Berliner
Dialog". Im Internet: www.religio.de

Der katholische Beauftragte für Sekten Klaus Funke berät unter 39 73 22
00, 39 89 87/0 oder -42.

Den Bericht der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestags gibt es
kostenlos unter 02 28 / 16 274 53. kaw


(TH: Oder bei http://www.geocities.com/Athens/Oracle/4497/enq.html )


Tilman Hausherr

unread,
Nov 21, 1998, 3:00:00 AM11/21/98
to
Der Jazzer als Entertainer
Chick Corea im Tränenpalast

Berliner Zeitung
21.11.1998

Von Rainer Bratfisch

Unter dem Titel "Sea Breeze" wurden gerade zwanzig Jahre alte Aufnahmen
des Jazzpianisten Chick Coreas mit Lionel Hampton wiederveröffentlicht,
"Live At The Blue Note" versammelt neuere Aufnahmen mit verschiedenen
Besetzungen, nächstes Jahr nimmt das London Philharmonic Orchestra Chick
Coreas Klavierkonzert aus drei Sätzen auf.

50 Soloalben und mindestens ebenso viele Co-Produktionen belegen
allerdings auch, daß sich Quantität und Qualität nicht zwangsläufig
ausschließen müssen. Das Genre "Jazz" hat sich für den Allroundkünstler
längst als zu klein erwiesen. Und so spielte sich der Meister auch im
Tränenpalast unter dem Motto "A Tribute To Freedom" quer durch alle
Genres. Fusion, Free Jazz, Latin, Klassik - Chick Corea scheint all
Richtungen je nach Stimmung zu reaktivieren. Unbeeindruckt zeigte er
sich von dem Druck, den deutsche Behörden und Veranstalter auf ihn
ausüben, seit er sich zu Scientology bekennt. Chick Corea begann in
gewohnter Lockerheit mit "Armando’s Rumba", ließ sich von Ellingtons
"Sophisticated Lady" eine Brücke zu Thelonious Monk und Bud Powell
bauen, um dann mit "Brazilia" einen Klassiker zu intonieren.

Die Duette mit seiner Frau Gayle Moran und dem Tenor Mark Janicello
zeigten, daß Jazz auch Synonym für Entertainment und Show sein kann.
Gershwins "Summertime" mit Corea am Piano und den Vokalisten klang
allerdings so amerikanisch, als hätten sich Disney und Elvis in Las
Vegas verabredet, um mit Bernstein ein Musical einzustudieren.


Meinungsseite
Sekten-Popanz

SZ
21.11.1998

Verschwörungstheorien sind fast nie zu widerlegen. Wenn es keine Beweise
für eine Hypothese gibt, ist das in der Welt der Konspiration ein
sicherer Beleg für die Richtigkeit des Verdachts. Denn dann sind die
Auszuforschenden ganz besonders raffiniert und gefährlich. Nach diesem
Muster verläuft derzeit die Diskussion über die Scientology-Sekte.

Vor gut einem Jahr hatten die Innenminister den Beschluß gefaßt, den
Verein des Sektengründers L. Ron Hubbard zu überwachen. Scientology
beute nicht nur das Vertrauen seiner Opfer aus, sondern unterwandere
Politik und Wirtschaft. Bei der dilettantischen Ausforschung der Sekte
gab es, in Berlin und Stuttgart, beachtliche Pannen, die reichlich
Flurschaden anrichteten. Jetzt zeigt der Bericht einer
Bund-Länder-Gruppe, daß Scientology maßlos überschätzt worden ist. Die
Mitgliederzahl liegt nicht, wie prognostiziert, bei dreißigtausend,
sondern allenfalls bei sechstausend. "Eine Unterwanderung der
politischen Parteien" sei derzeit ebensowenig zu erkennen, wie eine
"systematische Unterwanderung der Wirtschaft". Von den 3,2 Millionen
Beschäftigten des Öffentlichen Dienstes sind 48 bei Scientology und drei
der Sektierer sind auch in einer Partei.

Da kann sich ein Verein wie Schalke 04, der aus Sicht alter
Dortmund-Fans immer schon unheimlich und brandgefährlich war, auf
deutlich mehr Anhänger stützen. Der Beschluß, Scientology weiter
auszuforschen, ist eine Arbeitsbeschaffungs-Maßnahme für
Verfassungsschützer und ein Dokument der Selbstgerechtigkeit der
Politik. ley

Innenminister beraten über Scientology-Überwachung
Präsident nennt Beckstein einen »politischen Desparado«

Main-Echo
21.11.1998

Los Angeles. Der Präsident der umstrittenen Scientology-Organisation,
Heber Jentzsch, hat die deutsche Innenministerkonferenz aufgerufen, sich
nicht von den »haßerfüllten Reden« ihres bayerischen Vertreters Günter
Beckstein (CSU) leiten zu lassen. In einer in Los Angeles (Kalifornien)
veröffentlichten Erklärung nannte Jentzsch Beckstein einen »blinden
Fanatiker« und »politischen Desparado«, von dem sich die »geistig
gesunden Köpfe« unter den Ministern nicht beeinflussen lassen sollten.

Die Innenminister berieten am Donnerstag und Freitag in Bonn unter
anderem über eine Fortsetzung der Überwachung von Scientology durch den
Verfassungsschutz. Eine Einigung auf eine Verlängerung gilt als
wahrscheinlich. Beckstein hatte die Konferenz zur Härte aufgerufen und
sich dabei unter anderem auf belastende Aussagen des prominenten
Aussteigers Jesse Prince berufen.

Jentzsch zufolge ist Prince unglaubwürdig. Er habe eine lange Geschichte
von »Gesetzesverstößen« von Drogenhandel bis hin zu Diebstahl. Jentzsch
bezeichnete außerdem Informationen des Verfassungsschutzes über
Aktivitäten eines Scientology-Geheimdienstes in Deutschland als »völlig
falsch«.

Verfassungsschutz wird PDS weiter beobachten
Einigung bei Konferenz der Innenminister ­ Ressort-Chefs zufrieden mit
Bosnien-Rückkehr

DIE WELT
21.11.1998

Bonn ­ Die Innenminister von Bund und Ländern sind sich bei der
Bekämpfung der internationalen Kriminalität sowie in der Frage der
Beobachtung der SED-Nachfolgepartei PDS durch den Verfassungsschutz
weitgehend einig.

Die PDS soll nach den Worten von Bundesinnenminister Otto Schily (SPD)
weiter durch den Verfassungsschutz beobachtet werden, da es nach wie vor
Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit von Zielen und Strukturen der
SED-Nachfolgepartei gebe. Zum Abschluß einer Konferenz der Innenminister
sagte Schily in Bonn, der Verfassungschutz solle jedoch über öffentlich
zugängliche Quellen ­ wie Medienberichte oder veröffentlichtes Material
der Partei selbst ­ hinaus keine nachrichtendienstlichen Mittel zur
Observierung der Partei einsetzen. "Es liegt an der PDS selbst, wie sie
in Zukunft behandelt wird," betonte er.

Sein bayerischer Amtskollege Günther Beckstein (CSU) begrüßte
ausdrücklich, daß die PDS Beobachtungsobjekt durch den Verfassungsschutz
bleiben soll. Er sagte unter Anspielung auf die SPD/PDS-Koalition in
Mecklenburg-Vorpommern, das Problematische sei nicht, daß diese Partei
observiert werde. Problematisch sei es, wenn eine Partei, die durch den
Verfassungsschutz beobachtet werde, Regierungspartei werde.

Auch die Scientology-Organisation soll nach dem Willen der
Innenministerkonferenz weiter durch den Verfassungsschutz beobachtet
werden. Es gebe keinen Grund, die vor 17 Monaten beschlossene
Überwachung der umstrittenen Organisation einzustellen, sagte Schily.

Zur Bekämpfung der Kriminalität im Internet und bei den Online-Diensten
soll beim Bundeskriminalamt in Wiesbaden eine Zentralstelle gebildet
werden, kündigte Schily an. Die BKA-Spezialisten sollten systematisch
Internet und Online-Angebote nach strafrechtlich relevantem Material
durchsuchen und ihre Erkenntnisse den Strafverfolgungsbehörden
mitteilen. Das BKA wurde von den Innenministern aufgefordert, ihnen zur
routinemäßigen Herbstsitzung 1999 einen Erfahrungsbericht über die
Arbeit der neuen Zentralstelle vorzulegen.

Die Innenminister forderten die Bundesregierung auf, ihre im Januar
beginnende EU-Präsidentschaft ebenfalls zu nutzen, um die Bekämpfung der
internationalen Kriminalität weiter zu verbessern. Vor allem der
polizeiliche Informationsaustausch innerhalb der EU müsse optimiert
werden.

Keine Entscheidung traf die Konferenz in der Frage eines
Aufenthaltsrechts für Asylbewerber, die sich bereits seit mehreren
Jahren in Deutschland aufhalten. Die Bundesregierung hatte sich für eine
"Altfallregelung" ausgesprochen. Dagegen hatten vor allem die
unions-regierten Länder schwere Bedenken erhoben, weil sie fürchten, daß
nicht anerkannte Asylbewerber den Rechtsweg solange ausnutzen, bis ihnen
auf dem Weg der "Altfallregelung" ein Bleiberecht zufällt. Die Konferenz
beschloß, daß nun eine Arbeitsgruppe auf Ministerebene nach Lösungen
suchen soll. Außerdem forderte die Innenminister-Konferenz die
Bundesregierung auf, in der Zeit ihrer EU-Präsidentschaft eine
EU-einheitliche Asyl- und Einwanderungspolitik zu formulieren und
umzusetzen.

Sowohl der hessische Innenminister Gerhard Bökel wie auch sein
bayerischer Kollege Beckstein zeigten sich befriedigt über die bisherige
Rückführung der Bürgerkriegsflüchtlinge aus Bosnien. Während Bökel
sagte, die Rückführung sei "im wesentlichen zufriedenstellend"
verlaufen, sagte Beckstein sogar, die Aktion sei "außerordentlich
erfolgreich" gewesen. In Bayern sei die Zahl der
Bosnien-Kriegsflüchtlinge auf derzeit rund 9000 gesunken.

Einstimmig begrüßt wurde von der Konferenz die Berufung des ehemaligen
Bremer Bürgermeisters und EU-Beauftragten in Mostar, Hans Koschnick
(SPD), zum neuen Bosnien-Beauftragten der Bundesregierung. Koschnick
löst den früheren baden-württembergischen Innenminister Dietmar Schlee
(CDU), der sich bisher im Auftrag der Bundesregierung um die Rückführung
der bosnischen Bürgerkriegsflüchtlinge gekümmert hatte.

Der neue Bosnien-Beauftragte erklärte, er wolle für einen schnelleren
und wirksameren Einsatz von Hilfsgeldern in Bosnien sorgen. Humanitäre
und wirtschaftliche Hilfe müßten besser miteinander verknüpft werden.
gü.


HINTERGRUND UND MEINUNG
Selbstschutz
Leitartikel: Scientology bleibt unter Beobachtung

Westfälische Nachrichten
21.11.1998

Von Hilmar Riemenschneider

Im Grunde hat sich die Scientology-Organisation bereits selbst
disqualifiziert. Deren Chef Heber Jentzsch zielt geschmacklos unter die
Gürtellinie, wenn er Bayerns Innenminister Beckstein einen »blinden
Fanatiker« und »politischen Desperado« schimpft, von dem sich die
»geistig gesunden Köpfe« unter den Ministern nicht anstecken lassen
sollten. In dieses Kategorie paßt die infame Kampagne, in der sich
Scientology mit den Opfern der Juden-Verfolgung durch die
Nationalsozialisten verglich. Wer so maßlos in die Polemik-Kiste greift,
darf nicht erwarten, daß man ihm ein ernsthaft religiöses Ansinnen
abnimmt.

In diesem Licht wirkt die Darstellung des Verfassungsschutzes
realistisch. Die Konzentration von Scientology auf wirtschaftliche und
gesellschaftliche Machtpositionen als Weg in eine neue Welt der
»geistigen Gesundheit«, ein interner Geheimdienst, die Beeinflussung von
Richtern, das Drangsalieren von Gegnern, der Rückgriff auf Methoden der
»psychologische Kriegsführung« - solche Aktivitäten haben nichts mit der
zutiefst menschlichen Suche nach Sinn und Wert des Lebens zu tun. Sowohl
die nachgewiesene als auch die vermutete Wirtschaftskraft der
Organisation lassen eher den Schluß zu, daß Scientology materialistisch
denkt. Motto: Mit Geld die Welt regieren.

Deshalb ist es nur folgerichtig, daß die Innenminister dem
Selbstschutzinteresse des Staates folgen und den Verfassungsschutz die
Scientologen weiter beobachten lassen. Und auch das erklärte Ziel, die
politischen Umtriebe der verdeckt agierenden Organisation unter die Lupe
zu nehmen, erscheint angesichts des großen Einflusses von Scientology in
den USA geboten. Es ist vor allem ihr schwer durchschaubare Vorgehen,
das die Scientologen zumindest zur potentiellen Gefahr werden läßt. Ob
diese bei geschätzt 10 000 Mitgliedern in Deutschland auch real ist, muß
der Verfassungsschutz allerdings beantworten.

Der öffentliche Druck auf Scientology hat offenbar gewirkt, der Zulauf
ist gebremst. Gleichwohl landen nach wie vor viele Menschen auf der
Suche nach Orientierung oder sozialer Bindung bei Sekten und
Psycho-Gruppen, deren Ziele entweder unklar sind oder schlimmstenfalls
seelische Schäden anrichten. Toleranz ist ebenso unverzichtbar wie ein
kritischer Blick hinter die Fassaden. Der Staat muß deshalb die
Gratwanderung zwischen Religionsfreiheit und dem Schutz der Grundrechte
des einzelnen wagen.

PDS und Scientologen weiter im Visier der Verfassungsschützer
Innenminister noch uneins über Altfallregelung für Asylbewerber

AP 20.11.1998

Bonn (AP) Die PDS bleibt ebenso wie die Scientology-Organisation weiter
im Visier der Verfassungsschützer.

(...)

Bei der Scientology-Organisation gibt es nach den Worten des
Vorsitzenden der Innenministerkonferenz, des rheinland-pfälzischen
Ressortchefs Walter Zuber (SPD), nach wie vor tatsächliche Anhaltspunkte
auf verfassungsfeindliche Ziele. Zuber bezog sich auf den Bericht einer
Bund/Länder-Arbeitsgruppe, der demnächst veröffentlicht werden solle.
Die Organisation wird deshalb, wenn auch von Land zu Land
unterschiedlich, weiter vom Verfassungsschutz beobachtet.
Scientology-Vizepräsidentin Sabine Weber kündigte eine Welle von Klagen
gegen die Beobachtung vor den Verwaltungsgerichten an.

(...)


Scientology wird weiter beobachtet

RT 20.11.1998

Bonn (Reuters) - Die Scientology-Organisation wird weiterhin vom
Verfassungsschutz überwacht. Der rheinland- pfälzische Innenminister
Walter Zuber (SPD) sagte am Freitag nach einem Treffen mit seinen
Kollegen aus Bund und Ländern in Bonn, der jetzt vorgelegte Bericht
einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe der Verfassungsschutzbehörden habe
bestätigt, daß es nach wie vor Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche
Ziele von Scientology gebe.

Die deutsche Scientology-Vizepräsidentin Sabine Weber erklärte, die
Fortsetzung der Beobachtung bedeute eine "Zementierung des Rückfalls ins
inquisitorische Mittelalter". Es sei offensichtlich, daß die einjährige
Beobachtung von Scientology durch den Verfassungsschutz außer Skandalen
und einer gigantischen Verschwendung von Steuergeldern nichts gebracht
habe, erklärte Weber.

Bis zum kommenden Herbst wollen die Innenminister einen Prüfbericht
darüber erarbeiten lassen, ob der Verfassungsschutz künftig auch in die
Bekämpfung der Organisierten Kriminalität eingeschaltet werden soll.

Joachim Thewes

unread,
Nov 22, 1998, 3:00:00 AM11/22/98
to

Quote: <<366020a1...@news.snafu.de> 280f9f85>:

<....>
> allerdings so amerikanisch, als haetten sich Disney und Elvis in Las


> Vegas verabredet, um mit Bernstein ein Musical einzustudieren.

;)
bitter .....
--
Ciao .....
HP http://privat.schlund.de/jthewes
D.P.M. http://d.p.m.home.pages.de

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