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Kalte Winter in Europa, oder: Der Plan B der USA

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D. Schlenk

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Dec 4, 2022, 4:28:48 AM12/4/22
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https://de.rt.com/meinung/156167-kalte-winter-in-europa-oder-der-plan-b-der-usa/


Kalte Winter in Europa, oder: Der Plan B der USA


3 Dez. 2022


Mit dem langen Krieg, in den die NATO Russland ziehen
wollte, wird es wohl eher nichts werden, dafür droht aber
die Deindustrialisierung Europas. Es sieht danach aus, als
gäbe es doch einen Plan B in den USA; ein Plan, dessen Kern
darin besteht, Europa zu opfern.

Kalte Winter in Europa, oder: Der Plan B der USA
Quelle: www.globallookpress.com © Werner Otto/face to face
Ein stillgelegter Hochofen in Dortmund, 25. Mai 2012

Von Dagmar Henn

Nun hat sich also Emmanuel Macron bei Joe Biden entrüstet
gezeigt über das Inflationsbekämpfungsgesetz (Inflation
Reduction Act, IRA), das mit seinen Subventionen für
Industriebetriebe zusammen mit der Strangulation der
westeuropäischen Energieversorgung geradezu wie ein
Staubsauger die europäische Industrie aufzusaugen droht.
Oder wie die blaue Elise in den Zeichentrickfilmen der
1960er; nur, dass die europäischen Regierungen nicht die
List der Ameise aufbringen, die sich erfolgreich dagegen
wehrt, in den Rüssel gesogen zu werden.

"Absolut inkompetente Regierung": Niederlande planen
Zwangskauf von 3.000 Bauernhöfen
https://de.rt.com/europa/155889-land-fuer-privatinvestoren-niederlaendische-regierung/

Man könnte beinahe sagen, dass sich jetzt ein logisches
Gesamtpaket ergibt, für das die Sprengung von Nord Stream
ein nötiger Bestandteil war. Denn selbst die Subventionen,
die der IRA verspricht, würden nicht genügen, um die
Vereinigten Staaten erfolgreich zum einzigen Industrieland
ihrer Sphäre zu machen; dazu müsste man auch das zugehörige
Fachpersonal mitgeliefert bekommen. Das allerdings
funktioniert nur, wenn die Lebensbedingungen in Westeuropa
so elend werden, dass dieses bereitwillig seine Sachen packt
und dem Betrieb hinterherzieht.

Vor einiger Zeit kursierte dieses angebliche RAND-Papier,
das genau so eine Strategie zum Thema hatte: eine Rettung
der Vereinigten Staaten durch die Deindustrialisierung
Europas, das dann zum Abnehmer von US-Produkten werden
sollte.

Die inzwischen auch von der französischen wie der deutschen
Regierung erwarteten Auswirkungen des IRA passen zu dieser
Strategie. Was die Frage aufwirft, welche Ziele die USA
beziehungsweise unterschiedliche Fraktionen dort tatsächlich
verfolgen. Und in welchem Verhältnis diese Ziele zueinander
stehen.

Klar ist, Plan A, der vor allem von den Neocons verfolgt
wird, zielt auf die Erhaltung der US-Dominanz. Die Karten
dafür waren von vornherein schlecht; unter anderem, weil das
Kernstück dieser Pläne, nämlich sich Russland und China
getrennt voneinander vornehmen zu können, nie eine
realistische Grundlage hatte.

Warum die USA nicht vom Kriegspfad gegen China abweichen
werden
https://de.rt.com/international/152333-warum-usa-nicht-vom-kriegspfad-gegen-china-abweichen-werden/

Der indische Blogger Seshadri Kumar hat das sehr deutlich
und verständlich formuliert: "In dem unwahrscheinlichen
Fall, dass Russland, allein, diesen Krieg zu verlieren
schiene, würde China Russland genug (sowohl wirtschaftliche
wie militärische) Unterstützung gewähren, um zu verhindern,
dass dies geschieht, denn wenn Russland unter US-Kontrolle
käme, wäre China das nächste Ziel. Das würde eine
Wiederholung der westlichen Herrschaft über China bedeuten,
eine Wiederholung des 'Jahrhunderts der Erniedrigung', über
das jeder Chinese in der Schule lernt und entschlossen ist,
es um jeden denkbaren Preis zu verhindern. Das ist in das
Bewusstsein jedes chinesischen Bürgers eingebrannt."

Die Grenze zwischen Russland und China ist, abgesehen von
jener mit der Mongolei, die längste, die China zu einem
einzelnen Land hat, und Russland ist der einzige Nachbar,
der als Gegner eine echte Bedrohung wäre. Ein
US-kontrolliertes Russland wäre für China exakt das, was
eine US-dominierte Ukraine für Russland ist.

Inzwischen ist deutlich sichtbar, dass auch die Wünsche der
NATO, Russland durch einen langen Krieg in der Ukraine
bedeutend zu schwächen, sich nicht realisieren werden,
allein, weil die NATO dafür weder das erforderliche Personal
noch die erforderlichen Waffen besitzt. Für diese Strategie
ist der Umgang mit der europäischen Industrie, der sich
augenblicklich zeigt, sogar kontraproduktiv – die höheren
Energiekosten wie auch die Tendenz zur Abwanderung treffen
auch den militärisch-industriellen Komplex Europas. Aber
selbst wenn diese Pläne aus US-Sicht erfolgreich wären,
hätte eine solche Verlagerung einen längeren Einbruch der
Produktion zur Folge, und das in einer Situation, in der
schon die augenblickliche Produktion nicht genügt. Gerade
für deutsche Betriebe aus diesem Sektor wären die IRA-Gelder
besonders verlockend, weil die meisten von ihnen eine
gemischt zivil-militärische Produktion aufweisen; aber
selbst bei Mitnahme größerer Teile der Belegschaft wären sie
monatelang nicht oder nur sehr eingeschränkt arbeitsfähig.

"Sanktionen aus Brüssel ruinieren uns" – Ungarn trotzt
EU-Gaspreisdeckel
https://de.rt.com/europa/152161-ungarns-orban-energiesicherheit/

Die Bemühungen, Industrie aus Europa in die USA zu locken,
stehen also den Absichten, in der Ukraine einen langen Krieg
zu führen, direkt entgegen. Das wirft die Frage auf, ob
dieses Ziel in den USA tatsächlich noch dominant ist. Denn
mittlerweile ist auch dort sichtbar geworden, dass ohne die
entsprechende Produktion kein Krieg zu führen ist, und dass
daran auch die Bereitschaft, noch den letzten Ukrainer zu
verheizen, nichts ändert.

Nachdem die Vereinigten Staaten sich inzwischen bis nach
Südkorea bemühen, um noch ein paar Granaten aufzutreiben –
die Ukraine soll angeblich noch 2.000 pro Tag verschießen
können, im Verhältnis zu 50.000 bis 60.000 von russischer
Seite, aber auch bei diesem geringen Verbrauch reicht die
gesamte südkoreanische Lieferung, so sie denn überhaupt
eintrifft, nur 60 Tage –, dürfte mittlerweile selbst den
Neocons klar sein, dass die ukrainische Front nicht mehr
lange gehalten werden kann. Da schon alles zusammengekratzt
wurde, was die NATO aufzubieten hat, bliebe, abgesehen von
den üblichen Umsturzmanövern, nur noch die maximale
Eskalation bis hin zu einer nuklearen Auseinandersetzung, um
Plan A weiter zu verfolgen.

Aber anscheinend gibt es einen Plan B, dessen Entfaltung wir
gerade verfolgen können – der, wie es das vermeintliche
RAND-Papier andeutete, den Verlust der Vormachtstellung
einbezieht und davon ausgeht, dass es den USA nur noch
gelingt, die Kontrolle über einen kleinen Bereich, nämlich
die westlichen Kernländer, zu halten. Innerhalb dieses Plans
B dient der Konflikt in der Ukraine vor allem dazu, die
Westeuropäer so weit wie möglich von Russland zu entfernen,
um damit die Energieversorgung abzuschneiden und dann die
ehemaligen Industrieländer in willige Absatzmärkte für
US-amerikanische Produkte zu verwandeln.

Humanitäre Hilfe: Russisches Chemie-Unternehmen liefert
kostenlos Düngemittel an afrikanische Länder
https://de.rt.com/afrika/153314-humanitare-hilfe-russisches-chemie-unternehmen/

Es ist fraglich, ob diese Strategie überhaupt aufgehen kann,
weil mit der Industrie auch die Einkommen in Europa
einbrächen, sich der angestrebte Absatzmarkt im gleichen
Maße verkleinerte und dazu auch noch sowohl in Europa als
auch in den USA die Renteneinnahmen aus dem Rest der Welt,
der dann abgetrennt wäre, verflüchtigten. Die Fortsetzung
der Sanktionsstrategie, ihre Erweiterung auf China, liefe
letztendlich auf genau eine solche Trennung hinaus; zwei
völlig voneinander abgekoppelte Produktions-, Handels- und
Währungssphären, deren eine das Modell der multipolaren Welt
mit Beziehungen zwischen Gleichen realisieren, wohingegen
die andere sich in eine Art Neoabsolutismus mit einem
Washingtoner Sonnenkönig verwandeln würde.

Während die Verfechter von Plan A darauf gesetzt hätten,
mithilfe der Sanktionen tatsächlich einen ökonomischen
Blitzkrieg gegen Russland zu führen, hätten die Verfechter
von Plan B mit den Sanktionen genau auf das jetzige Ergebnis
abgezielt; allerdings sind sie vermutlich davon ausgegangen,
dass den USA am Ende eine weit größere Sphäre verbliebe.
Schließlich sollten durch die Spekulation mit Nahrungs- und
Energiepreisen und die Zinserhöhungen in den USA zusammen
mit den Vorgaben des "Klimaschutzes" die alten kolonialen
Ketten wieder erneuert werden. Bisher zeigten diese
Bemühungen aber eher gegenteilige Wirkung; tatsächlich
erweist sich der Konflikt in der Ukraine als Katalysator,
der die zuvor langsame Bewegung hin zu den BRICS und einer
neuen Struktur globaler ökonomischer Beziehungen enorm
beschleunigt hat.

Das könnte den Anschlag auf Nord Stream erklären, der im
Zusammenhang von Plan A nicht wirklich Sinn ergibt – aus
Erdgas gewinnt man Ammoniak, Ammoniak wird nicht nur bei der
Herstellung von Kunstdünger, sondern auch bei der
Herstellung von Sprengstoff benötigt, der wiederum
unverzichtbar ist, so man denn wirklich die
Rüstungsproduktion so weit erhöhen will, dass man den Mengen
russischer Granaten etwas entgegenzusetzen hätte. Verträge
für den militärisch-industriellen Komplex abzustauben und
einen möglichst großen Brocken aus dem Staatshaushalt in
dessen Kassen umzuleiten ist das eine, aber wie die Praxis
beweist, sorgt das noch lange nicht dafür, dass man damit
auch etwas anfangen kann (wie beispielsweise dieses hübsche
Video einer F-35 belegt), geschweige denn, dass Menge und
Qualität in einer Auseinandersetzung mit einem mindestens
gleichstarken Gegner von Nutzen sind. In letzter Zeit wird
zwar immer noch Geld in das schwarze Loch namens Ukraine
geworfen, aber Verträge über Waffen, die erst in zwei, drei
Jahren hergestellt sind, sind, das legt die Lage in der
Ukraine, nur noch Geschenke an die Rüstungsfirmen ohne
praktischen Nutzen.

Unternehmer Turck beklagt fortschreitende
Deindustrialisierung Deutschlands
https://de.rt.com/inland/video/155907-unternehmer-turck-beklagt-fortschreitende-deindustrialisierung/

Der Augenblick der Sprengung von Nord Stream wäre dann der
Moment, an dem sich die Erkenntnis durchgesetzt hätte, dass
der Kampf in der Ukraine verloren ist, und die Verfechter
von Plan B die Oberhand gewonnen hätten, der es erforderlich
macht, die europäische Industrie auszuhungern. Das könnte
auch die weitere Verschärfung der antirussischen Rhetorik
erklären. Denn bezogen auf die Ukraine ergibt sie keinen
Sinn, weil sie in der Konfrontation mit Russland keinen
zusätzlichen Nutzen bringt und eine unmittelbare
militärische Beteiligung zwar den Verfechtern von Plan A
gelegen käme, aber ebenfalls die Voraussetzung
entsprechender Produktion hätte. Der einzige Zweck, dem
Entwicklungen wie die Entschließung des Europaparlaments
oder jetzt der Bundestagsbeschluss zum "Holodomor" dienen
können, ist, sicherzustellen, dass auch nach einer
Niederlage in der Ukraine und demzufolge einem Ende des
Krieges der Bruch zwischen den EU-Ländern und Russland
erhalten bleibt. Es sind letztlich also nicht nur die
Sanktionen, sondern auch diese propagandistisch überdrehten
Beschlüsse, die sich gegen Russland zu richten scheinen,
aber die europäischen Industrieländer zum Ziel haben.

Dabei dienen diese politischen Handlungen dazu, das gesamte
politische Personal gewissermaßen in Geiselhaft zu nehmen.
Denn Plan B braucht Zeit, um zu wirken; eine absehbare
ukrainische Niederlage ließe spätestens nach einigen Monaten
die Versuchung entstehen, doch auf Grundlage der neuen
Realitäten irgendwie eine Zukunft für die Länder der EU zu
sichern, also einen Weg zu suchen, Beziehungen zu Russland
wiederherzustellen. Je mehr Beschlüsse in der Art des
"Holodomor"-Beschlusses gefällt werden, desto schwerer wird
es, einen entsprechenden Wunsch überhaupt in die politische
Debatte zu bringen, und desto enger ist das persönliche
politische Schicksal der Handelnden mit der Fortsetzung des
jetzigen Kurses verknüpft; sie können ihn nicht ändern, ohne
zugleich ihre Karriere zu beenden, selbst wenn sie
begreifen, dass sie damit ihren eigenen Ländern den
größtmöglichen Schaden zufügen.

Preisexplosion auch auf Weihnachtsmärkten: "Wir müssen die
erhöhten Preise weitergeben"
https://de.rt.com/kurzclips/video/155340-preisexplosion-auch-auf-weihnachtsmaerkten-wir/

Solange die beiden Nord-Stream-Pipelines funktionsfähig
waren, bestand prinzipiell die Möglichkeit, sie jederzeit
wieder zu öffnen und damit die Deindustrialisierung
aufzuhalten. Jetzt käme nach einem Ende des ukrainischen
Dramas zu der Zeit, die benötigt wird, bis wieder genug
Vernunft einkehrt, um die Beziehungen normalisieren zu
wollen, noch die Zeit hinzu, die Röhren wiederherzustellen.
Sofern es in Westeuropa zu keinen abrupten politischen
Umschwüngen kommt, ist die weitere propagandistische
Verschärfung zumindest noch für weitere Monate gut,
vielleicht sogar für Jahre. Damit wäre jede Option genommen,
den Verschrottungsplan aufzuhalten.

Wenn man das Problem mit berücksichtigt, dass idealerweise
die Produktionsstätten samt eines Teils des Personals
umziehen sollten, wäre sogar eine weitere größere
Fluchtbewegung aus der Ukraine insbesondere nach Deutschland
diesen Plänen dienlich. Denn je bedrängender die Lage dort
ist, desto größer die Bereitschaft, ins neue Domizil zu
folgen. Vor allem, wenn nach einer Niederlage die Überreste
der ganzen ideologischen Einheiten "heim ins Reich" strömen,
samt Waffen, Morderfahrung und brauner Gesinnung, und sich
sehr schnell daranmachen dürften, sämtliche illegalen
Erwerbsarten zu übernehmen.

Nun, Plan A ist öffentlich geäußert, seine Verfechter sind
bekannt, und es ist ebenfalls sichtbar, dass er weitgehend
gescheitert ist, sofern seine Vertreter nicht doch noch das
Risiko einer globalen Vernichtung eingehen wollen. Plan B
ist eine Vermutung, die sich auf die Entwicklung der letzten
Monate stützt, eine Annahme, für die es Indizien, aber keine
Beweise gibt. Für den größeren Teil der Welt wäre ein
Übergang von Plan A zu Plan B die Abwendung einer großen
Gefahr und das praktische Eingeständnis einer
US-amerikanischen Niederlage; für Deutschland und Europa ist
es allerdings der Schritt vom Regen in die Traufe. Denn
während sich die USA mithilfe der abgezogenen Industrie
stabilisieren könnten, wenn auch unter großen Verlusten,
wäre Europa auf absehbare Zeit eine verarmte, politisch
irrelevante Wüstenei.

BASF-Chef: "Was spricht eigentlich noch für Investitionen in
Europa?"
https://de.rt.com/inland/154818-basf-chef-was-spricht-eigentlich/

Das Schlimmste daran ist, dass das für den Rest der Welt von
Vorteil wäre, denn eine völlige wirtschaftliche und
politische Destabilisierung der Vereinigten Staaten wäre
weitaus gefährlicher. Um dies zu verhindern, müsste aber
zumindest ein Teil der Einnahmen, die bisher als
Kolonialrente fließen, durch reale Produktion ersetzt
werden. Aber die Vorstellung, damit vielleicht zum Überleben
der Menschheit beizutragen, wird in den hungrigen und kalten
europäischen Wintern der Zukunft auch nicht wärmen.

Mehr zum Thema - "Deindustrialisierung in einem Ausmaß, das
alles verändern wird" – Tom Wellbrock über Deutschland

https://rtde.site/inland/153805-deindustrialisierung-in-ausmass-alles-verandern/
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