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Neugierig: Wie weit dürfen Bedingungen im Testament gehen?

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Manfred Haertel

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Jan 31, 2024, 2:50:08 AMJan 31
to
Eine "klassische" Fernsehserie meiner Jugend war "PS - Geschichten ums
Auto", die ist mir lange im Gedächtnis geblieben und ich habe sie mir
vor kurzem auch noch mal komplett auf Youtube angeschaut.

Eine interessante Szene in der ersten Staffel der Serie (von 1975) ist
die, wo das Testament des verstorbenen Inhabers des Autohauses, um das
es sich in der Serie dreht, eröffnet wird, da sich daraus eine
interessante Wendung mancher Geschehnisse ergibt.

Und zwar vererbt der verstorbene Inhaber seinem Sohn überraschend nur
70% des Autohauses und jeweils 15% an die Prokuristin und den
Werkstattleiter des Autohauses (mit denen der Sohn bislang eher schlecht
zurecht gekommen ist) und dies alles mit der Auflage, einen
Kommandit-Vertrag abzuschließen, nach dem alle Entscheidungen nach
Anzahl der Köpfe und nicht nach Anteilen getroffen werden, so dass die
beiden anderen seinen Sohn überstimmen können.

Schon als Jugendlicher und heute auch noch habe ich mich gefragt, ob
dies eigentlich tatsächlich rechtlich so möglich ist, also den Erben
sogar zu "diktieren", was im Kommandit-Vertrag zu stehen hat.

Man kann zwar sein Erbe an Bedigungen knüpfen, aber nach meinem
Verständnis hat das Grenzen. Sind die hier eventuell erreicht?

Und wenn dies mindestens der Fall sein KÖNNTE und der Sohn dies als
Anlass nehmen würde, das Testament anzufechten, was würde dann
geschehen? Wäre das Testament als ganzes ungültig und es würde die
gesetzliche Erbfolge eintreten, was dem Sohn ja nun sehr recht wäre? In
der Serie selbst wurde die Möglichkeit einer Anfechtung nicht thematisiert.

Nach fast 50 Jahren würde mich als Neugiersnase die Einschätzung dieser
Situation jetzt doch mal interessieren... :-)

--
Manfred Härtel, DB3HM mailto:Manfred...@rz-online.de
http://rz-home.de/mhaertel

Stefan Schmitz

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Jan 31, 2024, 4:01:16 AMJan 31
to
Am 31.01.2024 um 08:49 schrieb Manfred Haertel:
> Eine "klassische" Fernsehserie meiner Jugend war "PS - Geschichten ums
> Auto", die ist mir lange im Gedächtnis geblieben und ich habe sie mir
> vor kurzem auch noch mal komplett auf Youtube angeschaut.
>
> Eine interessante Szene in der ersten Staffel der Serie (von 1975) ist
> die, wo das Testament des verstorbenen Inhabers des Autohauses, um das
> es sich in der Serie dreht, eröffnet wird, da sich daraus eine
> interessante Wendung mancher Geschehnisse ergibt.
>
> Und zwar vererbt der verstorbene Inhaber seinem Sohn überraschend nur
> 70% des Autohauses und jeweils 15% an die Prokuristin und den
> Werkstattleiter des Autohauses (mit denen der Sohn bislang eher schlecht
> zurecht gekommen ist) und dies alles mit der Auflage, einen
> Kommandit-Vertrag abzuschließen, nach dem alle Entscheidungen nach
> Anzahl der Köpfe und nicht nach Anteilen getroffen werden, so dass die
> beiden anderen seinen Sohn überstimmen können.
>
> Schon als Jugendlicher und heute auch noch habe ich mich gefragt, ob
> dies eigentlich tatsächlich rechtlich so möglich ist, also den Erben
> sogar zu "diktieren", was im Kommandit-Vertrag zu stehen hat.
>
> Man kann zwar sein Erbe an Bedigungen knüpfen, aber nach meinem
> Verständnis hat das Grenzen. Sind die hier eventuell erreicht?

Es geht ja nicht darum, die Vertragsfreiheit der Beteiligten des
Kommanditvertrags zu beschränken. Der Erblasser will halt erreichen,
dass der Sohn zwar zu 70% am Gewinn beteiligt ist, aber nur zu einem
Drittel an den Entscheidungen. Das ist ein legitimer Wunsch, der
vermutlich so am einfachsten durchzusetzen war.

> Und wenn dies mindestens der Fall sein KÖNNTE und der Sohn dies als
> Anlass nehmen würde, das Testament anzufechten, was würde dann
> geschehen? Wäre das Testament als ganzes ungültig und es würde die
> gesetzliche Erbfolge eintreten, was dem Sohn ja nun sehr recht wäre? In
> der Serie selbst wurde die Möglichkeit einer Anfechtung nicht thematisiert.

Anfechten kann er natürlich, aber damit muss er keinen Erfolg haben.
Dafür müsste die Anordnung sittenwidrig sein oder nicht bei klarem
Verstand verfasst worden.
Nur wenn tatsächlich die Zuwendung an die anderen beiden unwirksam sein
sollte, könnte zu seinen Gunsten die gesetzliche Erbfolge eintreten.

Helmut Richter

unread,
Jan 31, 2024, 10:28:25 AMJan 31
to
On Wed, 31 Jan 2024, Manfred Haertel wrote:

> Und zwar vererbt der verstorbene Inhaber seinem Sohn überraschend nur 70% des
> Autohauses und jeweils 15% an die Prokuristin und den Werkstattleiter des
> Autohauses (mit denen der Sohn bislang eher schlecht zurecht gekommen ist) und
> dies alles mit der Auflage, einen Kommandit-Vertrag abzuschließen, nach dem
> alle Entscheidungen nach Anzahl der Köpfe und nicht nach Anteilen getroffen
> werden, so dass die beiden anderen seinen Sohn überstimmen können.

Hier ist es ja noch einfach, weil die mehreren Erben ja untereinander
streiten können. Wer vertritt aber den Erblasser gegenüber einem
Alleinerben, wenn der testamentarische Auflagen nicht erfüllt?

--
Helmut Richter

Manfred Haertel

unread,
Jan 31, 2024, 10:30:06 AMJan 31
to
Stefan Schmitz schrieb:
> Am 31.01.2024 um 08:49 schrieb Manfred Haertel:
>> Eine "klassische" Fernsehserie meiner Jugend war "PS - Geschichten ums
>> Auto", die ist mir lange im Gedächtnis geblieben und ich habe sie mir
>> vor kurzem auch noch mal komplett auf Youtube angeschaut.
>>
>> Eine interessante Szene in der ersten Staffel der Serie (von 1975) ist
>> die, wo das Testament des verstorbenen Inhabers des Autohauses, um das
>> es sich in der Serie dreht, eröffnet wird, da sich daraus eine
>> interessante Wendung mancher Geschehnisse ergibt.
>>
>> Und zwar vererbt der verstorbene Inhaber seinem Sohn überraschend nur
>> 70% des Autohauses und jeweils 15% an die Prokuristin und den
>> Werkstattleiter des Autohauses (mit denen der Sohn bislang eher
>> schlecht zurecht gekommen ist) und dies alles mit der Auflage, einen
>> Kommandit-Vertrag abzuschließen, nach dem alle Entscheidungen nach
>> Anzahl der Köpfe und nicht nach Anteilen getroffen werden, so dass die
>> beiden anderen seinen Sohn überstimmen können.
>>
>> Schon als Jugendlicher und heute auch noch habe ich mich gefragt, ob
>> dies eigentlich tatsächlich rechtlich so möglich ist, also den Erben
>> sogar zu "diktieren", was im Kommandit-Vertrag zu stehen hat.
>>
>> Man kann zwar sein Erbe an Bedigungen knüpfen, aber nach meinem
>> Verständnis hat das Grenzen. Sind die hier eventuell erreicht?
>
> Es geht ja nicht darum, die Vertragsfreiheit der Beteiligten des
> Kommanditvertrags zu beschränken.

Das mag nicht der Anlass dieser Regelung sein, aber zumindest ist es
eindeutig das Ergebnis. Und genau daher frage ich mich - als
juristischer Laie - ob nicht hier eine Grenze überschritten ist.

Spannend - und im Film nicht thematisiert - finde ich auch die Frage,
was ist denn, wenn die Erben nach Jahren auf die Idee kommen und sich
sogar untereinander einig werden, dass der zuvor akzeptierte
Kommandit-Vertrag geändert werden soll. Wie lange kann ein Testament
also "nachwirken"?

Wolfgang Schreiber

unread,
Jan 31, 2024, 11:23:14 AMJan 31
to
> Wer vertritt aber den Erblasser gegenüber einem
> Alleinerben, wenn der testamentarische Auflagen nicht erfüllt?

Dafür wird der Erblasser vorher(!) einen Testamentsvollstrecker
einsetzen müssen. Der sollte sinnigerweise ein Interesse daran haben,
dass der Alleinerbe spurt.

IANAL
Wolfgang

Detlef Meißner

unread,
Feb 1, 2024, 2:21:26 AMFeb 1
to
Am 31.01.2024 um 08:49 schrieb Manfred Haertel:
> Eine "klassische" Fernsehserie meiner Jugend war "PS - Geschichten ums
> Auto", die ist mir lange im Gedächtnis geblieben und ich habe sie mir
> vor kurzem auch noch mal komplett auf Youtube angeschaut.
>
> Eine interessante Szene in der ersten Staffel der Serie (von 1975) ist
> die, wo das Testament des verstorbenen Inhabers des Autohauses, um das
> es sich in der Serie dreht, eröffnet wird, da sich daraus eine
> interessante Wendung mancher Geschehnisse ergibt.
>
> Und zwar vererbt der verstorbene Inhaber seinem Sohn überraschend nur
> 70% des Autohauses und jeweils 15% an die Prokuristin und den
> Werkstattleiter des Autohauses (mit denen der Sohn bislang eher schlecht
> zurecht gekommen ist) und dies alles mit der Auflage, einen
> Kommandit-Vertrag abzuschließen, nach dem alle Entscheidungen nach
> Anzahl der Köpfe und nicht nach Anteilen getroffen werden, so dass die
> beiden anderen seinen Sohn überstimmen können.

...
>
> Nach fast 50 Jahren würde mich als Neugiersnase die Einschätzung dieser
> Situation jetzt doch mal interessieren... :-)
>
Hier noch mal ein paar Ausführungen dazu:
https://www.steuertipps.de/anlegen-vererben-spenden/themen/testament-was-ist-eine-auflage#odocid_4899255e-0478-4f08-9482-c994a2eb17f9_frg_e187

Detlef
--
Für objektiv wird man gehalten, wenn man den Leuten recht
gibt. (Crignis)

Stefan Schmitz

unread,
Feb 1, 2024, 3:26:20 AMFeb 1
to
So ein Testament soll ja die Rechtsverhältnisse nach dem Tod des
Verfassers regeln. Manche dieser Rechtsverhältnisse kann er schon vorher
festzurren, andere noch nicht. Im Prinzip hätte er den Kommanditvertrag
auch schon selbst zu Lebzeiten schließen können und ihn erst bei seinem
Tod in Kraft treten lassen.

> Spannend - und im Film nicht thematisiert - finde ich auch die Frage,
> was ist denn, wenn die Erben nach Jahren auf die Idee kommen und sich
> sogar untereinander einig werden, dass der zuvor akzeptierte
> Kommandit-Vertrag geändert werden soll. Wie lange kann ein Testament
> also "nachwirken"?

Wenn nur der Abschluss eines Vertrags verlangt wird, ist eine
einvernehmliche Änderung durch die Vertragspartner natürlich immer
möglich. Aber würden die beiden Mitarbeiter freiwillig ihre Stimmrechte
beschränken lassen?

Marcel Mueller

unread,
Feb 3, 2024, 3:19:11 AMFeb 3
to
Am 31.01.24 um 08:55 schrieb Martin Τrautmann:
> On Wed, 31 Jan 2024 08:49:52 +0100, Manfred Haertel wrote:
>> Man kann zwar sein Erbe an Bedigungen knüpfen, aber nach meinem
>> Verständnis hat das Grenzen. Sind die hier eventuell erreicht?
>
> Ich denke, zulässig ist alles, was nicht sittenwidrig ist oder gegen
> bestehende Gesetze verstößt.
>
> Von daher halte ich für rechtlich besonders interessant, wenn zum
> Zeitpunkt des Verfassens es der Rechtslage genügte, es aber einer
> neueren Gesetzesänderung widerspricht.

Hatten wir mal. Die Pflichtanteile hatten sich geändert.
Man musste formell klagen, um dann den Pflichtanteil zu bekommen.
Im vorliegenden Fall ging es allerdings primär darum Erbschaftssteuer zu
sparen. Das war also einvernehmlich mit den anderen Erben.

> An der Stelle kommen dann wohl auch Notar/Anwälte mit ins Boot, um nicht
> nur den Moment, sondern den Ablauf mit zu beachten: wie lang gilt diese
> Bindung, z.B. bei Ableben oder Rohestand eines der Beteiligten?

Kommt immer darauf an, was drin steht.


Marcel

Wendelin Uez

unread,
Feb 3, 2024, 1:24:19 PMFeb 3
to
> Man kann zwar sein Erbe an Bedigungen knüpfen, aber nach meinem
> Verständnis hat das Grenzen. Sind die hier eventuell erreicht?

Die Bedingungen in einem Testament dürfen z.B. nicht sittenwidrig sein,
nicht gegen die öffentliche Ordnung verstoßen, den Erben nicht in seiner
persönlichen Freiheit oder Würde verletzen, usw. Tun sie das nach Ansicht
des Erben, kann der dies per Anfechtungsklage feststellen lassen und im
Erfolgsfall wird die Klausel (nicht das Testament) unwirksam. Prinzipiell
wird aber nur die beanstandete Klausel und nicht automatisch gleich das
ganze Testament unwirksam.

Wolfgang Schreiber

unread,
Feb 7, 2024, 7:41:45 AMFeb 7
to
> ... den Erben nicht in seiner
> persönlichen Freiheit (...) verletzen,

Die persönliche Freiheit des Erben ist in jedem Fall tangiert. Der Erbe
soll etwas tun, was er aus freien Stücken nicht getan hätte, sonst
verliert er sein Erbe. Was ist das anderes als die Einschränkung (gibt's
einen Unterschied zur Verletzung?) der persönlichen Freiheit?

VG
Wolfgang

Rupert Haselbeck

unread,
Feb 7, 2024, 9:00:11 AMFeb 7
to
Wolfgang Schreiber schrieb:
Du hast die Lösung bereits selbst erkannt. Der Erbe braucht nichts
weiter tun, als das Erbe auszuschlagen, um sämtlicher Einschränkungen
ledig zu sein und, so er zum Kreis der Berechtigten gehört) ggfls.
stattdessen immerhin den Pflichtteil verlangen zu können

MfG
Rupert
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