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Gewohnheitsrecht

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Mike Grantz

unread,
Jan 12, 2022, 5:18:07 PM1/12/22
to
In einem Blog jammert der Autor schon seit Jahren über den Zwist mit
seinen Nachbarn bzgl. der Hinterhofparkplätze. Die Stellfläche gehört
ihm, aber seit Jahren duldet er dort das Parken der Gäste seiner Nachbarn.

Er jammert zwar seit Jahren, phantasiert über Zäune, Schranken, Poller,
Abschleppen, aber in all den Jahren blieb es nur beim Jammern im
privaten Blog.

Nun hat er nach Baumassnahmen Zeugs auf einigen der Stellplätze
gelagert, was zum Unmut der Nachbarn führte, da deren Gäste dort nun
nicht parken können und spielende Kinder sich verletzen könnten.

Greift hier in irgendeiner Form das Gewohnheitsrecht?

Da fällt mir grad was aus meiner Vergangenheit ein.

Ich wohnte ca. 20 Jahre neben einer unbebauten Fläche.
Die Fläche gehörte mir bekannten Nachbarn, die im Baugewerbe tätig
waren. Ich habe oft mit deren Kindern gespielt, unter anderem auch auf
der Fläche, die im Prinzip die ganze Zeit eine Wiese war.

Zwischen uns und der Wiese stand ein normaler Zaun. Konnte man locker
drüber hüpfen. Dies tat ich also auch all die Jahre, da es eine enorme
Abkürzung darstellte, da man sonst einen langen Umweg gehen musste, um
zur Bushaltestelle oder zu Läden zu kommen. Ausserdem brauchte man nur
fix über die Wiese, um die Nachbarn zu besuchen.

Hat nie einer was gesagt.

Dann, völlig unerwartet nach all den Jahren, hat jemand diese Fläche
gekauft und ein Haus drauf gebaut. Der Zaun blieb bestehen, ich hüpfte
weiterhin über den Zaun. Grüsste die neuen Nachbarn. Die waren damit
einverstanden. Ich passierte die letzten Meter der gepflasterten
Einfahrt, bin also nicht durch ihren Garten oder an ihrem Schlafzimmer
vorbei.

Dann geschätzt 10 Jahre später hatten sie was buschartiges am Zaun
gepflanzt. Wuchs recht langsam. Nach ca. 1-2 Jahren, als die Zaunhöhe
erreicht wurde, baten sie mich, auf die Abkürzung zu verzichten.

Ich kam der Bitte natürlich nach. Wir sind auch lange keine Nachbarn
mehr (nicht deswegen ;P), aber passend zum Thema frage ich mich grad,
hätte ich darauf bestehen können, nach all den Jahren die Abkürzung
weiterhin zu nutzen?

Detlef Meißner

unread,
Jan 12, 2022, 6:07:55 PM1/12/22
to
Nein.

Wenn du jahrelang deine Frau schlägst und sie dich dann bittet, das zu
unterlassen, dann kannst du nicht darauf bestehen, sie weiter zu schlagen.

Detlef

Wolfgang Schreiber

unread,
Jan 13, 2022, 1:57:09 AM1/13/22
to

> Wenn du jahrelang deine Frau schlägst und sie dich dann bittet, das zu
> unterlassen, dann kannst du nicht darauf bestehen, sie weiter zu schlagen.

Dieser Vergleich dürfte nicht tragfähig sein. Körperverletzung ist eine
Straftat, das geduldete Benutzen einer Abkürzung nicht.

Aber auch ich glaube nicht, dass ein Richter die Häuslebauer dazu
verdonnern würde, dich weiter durch ihren Garten laufen zu lassen.

Der Wikipedia-Artikel zum Thema ist ziemlich lang...

VG
Wolfgang

Thomas Hochstein

unread,
Jan 13, 2022, 2:00:03 AM1/13/22
to
Mike Grantz schrieb:

> Greift hier in irgendeiner Form das Gewohnheitsrecht?

Nein.

> Ich kam der Bitte natürlich nach. Wir sind auch lange keine Nachbarn
> mehr (nicht deswegen ;P), aber passend zum Thema frage ich mich grad,
> hätte ich darauf bestehen können, nach all den Jahren die Abkürzung
> weiterhin zu nutzen?

Nein.

Mike Grantz

unread,
Jan 13, 2022, 7:18:18 AM1/13/22
to
On 13.01.2022 07:57, Wolfgang Schreiber wrote:

> Aber auch ich glaube nicht, dass ein Richter die Häuslebauer dazu
> verdonnern würde, dich weiter durch ihren Garten laufen zu lassen.
>
> Der Wikipedia-Artikel zum Thema ist ziemlich lang...

Das Thema ploppte die letzten Jahre immer mal wieder auf bei mir, als
ich bisl die alte Heimat per google Earth besuchte und der Zaun und die
Einfahrt noch genau so dort vorhanden sind. Paar Googlequickies brachten
bisher nie wirklich Ergebnisse, aber jetzt scheint es mal ein
aussagekräftiges Urteil aus dem Jahre 2020 zu geben. Habe ich erst nach
dem Posten gefunden.

https://www.bundesgerichtshof.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2020/2020012.html

"Kein gewohnheitsrechtliches Wegerecht aufgrund jahrzehntelanger Duldung
durch den Nachbarn"

Das Landgericht hatte das noch anders gesehen:

"Das Landgericht hat die Beklagte verpflichtet, es zu unterlassen, die
Kläger an der Nutzung des Weges zu hindern, insbesondere durch das
Anbringen eines Tores mit Schließanlage. Das Oberlandesgericht hat die
Berufung der Beklagten zurückgewiesen und dies damit begründet, dass die
Kläger aufgrund eines zu ihren Gunsten bestehenden Gewohnheitsrechts zur
Nutzung des Zuwegs zum rückwärtigen Bereich ihrer Grundstücke berechtigt
seien."

Kann so trivial also nicht sein, wie es hier manche darstellen, wenn
erst der BGH urteilen musste.

Ich bin früher immer über das "muss allgemein anerkannt sein" gestolpert.

Thomas Hochstein

unread,
Jan 13, 2022, 2:15:03 PM1/13/22
to
Wolfgang Schreiber schrieb:

>
> > Wenn du jahrelang deine Frau schlägst und sie dich dann bittet, das zu
> > unterlassen, dann kannst du nicht darauf bestehen, sie weiter zu schlagen.
>
> Dieser Vergleich dürfte nicht tragfähig sein. Körperverletzung ist eine
> Straftat,

Nicht mit Einwilligung.

> das geduldete Benutzen einer Abkürzung nicht.

Also kein Unterschied. Einmal werden die Schläge geduldet, das andere
Mal die Abkürzung.

Ulf Kutzner

unread,
Jan 14, 2022, 1:45:26 AM1/14/22
to
Deswegen sind sie auch bestimmt von Strafbarkeit ausgenommen,
sofern nicht gegen eine zuvor geäußerte Bitte verstoßen wird. Es
kann auch darauf ankommen, schnell genug zu sein, bevor etwaige
Abwehrbewegungen wahrzunehmen sind...
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