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Softwarelizenz

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Peter Schmitt

unread,
Nov 2, 2015, 4:33:18 PM11/2/15
to
Hi,
ich muss mich nur mal ein bisschen aufregen.
Ich besitze einen Tolino Ebook-Reader. Ein schönes, praktisches Gerät,
das ich vor längerer Zeit geschenkt bekommen haben. Der Pferdefuß:
aktuelle Bücher gibt es (im Wesentlichen) nur mit Adobe-DRM zu
kaufen(*). Dazu muss ich die kostenlose Software "Adobe Digital Edition"
installieren. Eigentlich mag ich sowas nicht, aber was hilfts. Heute
habe ich diese Software nach langer Pause mal wieder gestartet, es
erschien eine Aufforderung zum Software Update. Na gut, ist ja nicht
unüblich. Nach dem Update erschien dann eine kleine Meldungsbox mit der
Aufforderung, den ADOBE Software-Lizenzvertrag zu akzeptieren. Ich habe
den Text dann mal in eine Textverarbeitung kopiert und dort einen
16-seitigen juristischen Text vorgefunden.
Ich halte das für eine Zumutung! Soll ich jetzt wegen eines
Software-Updates, das ich mir nicht ausgesucht habe 16 Seiten aktuellen
Vertragstextes mit der Version vergleichen, die ich bei Erstinstallation
schonmal abgenickt habe? Woher soll ich wissen, ob da nicht
irgendewelche Fallstricke verborgen sind?

Nachtrag: ich hatte damals bei Erstinstallation den Lizenzvertrag auch
abgespeichert. Ich habe jetzt die damalige und die aktuelle Version als
Text gespeichert und darin keinen Unterschied gefunden (als
OpenOffice-Dokumente waren sie eben schon unterschiedlich). Also denke
ich mal, es ist kein Haken drin, der nicht auch damals schon drin war.
Trotzdem halte ich es für eine Unverschämtheit, mich mit solchen
"Verträgen" zu belästigen. Es ist ja keineswegs so, dass ich (wie man
beispielsweise bei dem Acrobat Reader sagen könnte) einen Nutzen durch
eine kostenlose Software habe und dann auch die Bedingungen akzeptieren
sollte, die der Hersteller stellt. Hier handelt es sich darum, ein
Gerät, für das immerhin ~100 € bezahlt wurden, überhaupt
bestimmungsgemäß nutzen zu können. Nicht genug, dass ich mit den
Einschränkungen leben muss, die DRM mit sich bringt, nein, ich soll auch
noch ein 16-seitiges juristisches Dokument daraufhin prüfen, ob da
irgendeine Klausel enthalten ist, die mich ggf. in Probleme bringen
könnte. Ich finde das völlig inakzeptabel.
So, das musste ich mal loswerden!
Gruß
P.S.

(*) Kaufen ist natürlich auch Unsinn, es handelt sich eher um eine Art
"Leselizenz".

Ulrich Maier

unread,
Nov 2, 2015, 5:21:20 PM11/2/15
to


Am 02.11.2015 um 22:33 schrieb Peter Schmitt:

> Hi,
> ich muss mich nur mal ein bisschen aufregen.
[...]
> So, das musste ich mal loswerden!

Volle Zustimmung. Allerdings ist es ohnehin fraglich, ob die überhaupt
wirksam sind:

1. Wg. eingetretener Erschöpfung (EuGH-Urteil Oracle/usedSoft).
2. Wegen der oft unzumutbaren Wahrnehmbarkeit (der 16-Seiten-Text wird
ja zu allem Überfluss oft auch nur in einem Mini-Fenster zum Lesen
angeboten, § 305 II 2 BGB).

Ulrich


Florian Weimer

unread,
Nov 3, 2015, 2:52:31 PM11/3/15
to
* Ulrich Maier:

> Volle Zustimmung. Allerdings ist es ohnehin fraglich, ob die überhaupt
> wirksam sind:
>
> 1. Wg. eingetretener Erschöpfung (EuGH-Urteil Oracle/usedSoft).

Das soll in Deutschland nicht für PDF-Dateien gelten.

> 2. Wegen der oft unzumutbaren Wahrnehmbarkeit (der 16-Seiten-Text wird
> ja zu allem Überfluss oft auch nur in einem Mini-Fenster zum Lesen
> angeboten, § 305 II 2 BGB).

Er hat's ja nach eigenen Angeben herauskopiert, also trifft das nicht
mehr zu. Aber klar, wer so etwas liest, verschlechtert u.U. seine
rechtliche Lage.

Ulrich Maier

unread,
Nov 3, 2015, 3:22:11 PM11/3/15
to


Am 03.11.2015 um 20:52 schrieb Florian Weimer:

>> Volle Zustimmung. Allerdings ist es ohnehin fraglich, ob die überhaupt
>> wirksam sind:
>>
>> 1. Wg. eingetretener Erschöpfung (EuGH-Urteil Oracle/usedSoft).
>
> Das soll in Deutschland nicht für PDF-Dateien gelten.

Ja, ich hatte nicht aufgepasst, es ging nicht um Software! Aber im
Prinzip sollte die Erschöpfung doch wohl noch eher für PDF-Dateien
gelten. Was spricht denn dagegen?

Ulrich

Florian Weimer

unread,
Nov 4, 2015, 5:25:51 PM11/4/15
to
* Ulrich Maier:
Die gegenwärtige Rechtsprechung, die schwer mit dem Gesetzeswortlaut
in Einklang zu bringen ist.

Ulrich Maier

unread,
Nov 5, 2015, 4:00:25 AM11/5/15
to

Am 04.11.2015 um 23:25 schrieb Florian Weimer:

> Die gegenwärtige Rechtsprechung,

Auf welchem Level? Kannst Du ein relevantes Urteil nennen?

> die schwer mit dem Gesetzeswortlaut in Einklang zu bringen ist.

Es kommt ja auch nicht allein auf den Text an. Es gibt zahlreiche
Bespiele, bei denen der Wortlaut regelrecht umgekehrt wird.


Ulrich

Florian Weimer

unread,
Nov 5, 2015, 2:47:00 PM11/5/15
to
* Ulrich Maier:

> Am 04.11.2015 um 23:25 schrieb Florian Weimer:
>
>> Die gegenwärtige Rechtsprechung,
>
> Auf welchem Level? Kannst Du ein relevantes Urteil nennen?

OLG Hamburg, 10 U 5/11. OLG Hamm, 22 U 60/13. Vermutlich gibt es
weitere.

>> die schwer mit dem Gesetzeswortlaut in Einklang zu bringen ist.
>
> Es kommt ja auch nicht allein auf den Text an. Es gibt zahlreiche
> Bespiele, bei denen der Wortlaut regelrecht umgekehrt wird.

Natürlich, aber das verstößt am Ende gegen die Gewaltenteilung und
damit gegen die Verfassung.

Hans-Peter Diettrich

unread,
Nov 5, 2015, 8:22:05 PM11/5/15
to
Florian Weimer schrieb:
> * Ulrich Maier:
>
>> Am 04.11.2015 um 23:25 schrieb Florian Weimer:
>>
>>> Die gegenwärtige Rechtsprechung,
>> Auf welchem Level? Kannst Du ein relevantes Urteil nennen?
>
> OLG Hamburg, 10 U 5/11. OLG Hamm, 22 U 60/13. Vermutlich gibt es
> weitere.

Ich sehe da keine Widersprüche. Erschöpfung des Verbreitungsrechts tritt
nur beim Verkauf von Werk*stücken* ein. Ein Download ist kein Werkstück,
das auf dem Wege der Veräußerung in Umlauf gebracht wurde, sondern eine
mit Zustimmung des Rechtsinhabers erzeugte Vervielfältigung.

Die Vergütung erfolgt beim Download für das Vervielfältigungsrecht,
nicht für das Verbreitungsrecht. Beim Verkauf von Werkstücken wird das
Werkstück vom Rechtsinhaber hergestellt, womit der Käufer keine
Vergütung für die Vervielfältigung entrichtet, sondern für die Verbreitung.


Mich stört viel mehr die Forderung, daß ein Urheber *verpflichtet* wird,
sein Werk bei Framing etc. besonders zu schützen. Da hat der EuGH IMO
gewaltig danebengegriffen.

IANAL
DoDi

Ulrich Maier

unread,
Nov 6, 2015, 5:50:02 PM11/6/15
to


Am 05.11.2015 um 20:47 schrieb Florian Weimer:

>> Am 04.11.2015 um 23:25 schrieb Florian Weimer:
>>
>>> Die gegenwärtige Rechtsprechung,
>>
>> Auf welchem Level? Kannst Du ein relevantes Urteil nennen?
>
> OLG Hamburg, 10 U 5/11. OLG Hamm, 22 U 60/13. Vermutlich gibt es
> weitere.

Beide Entscheidungen wurden nach dem EuGH-Urteil Oracle/usedSoft (3.
Juli 2012) getroffen. Das EuGH-Urteil sollte den Parteien deswegen
bekannt gewesen sein. Im EuGH-Urteil geht es um Software, in den von Dir
genannten Entscheidungen um eBooks und Audiodateien.

Ich kann nicht ohne weiteres erkennen, warum die Gründe des EuGH-Urteils
nicht anwendbar sein sollen. Vielleicht, weil die eBooks und
Audiodateien (= Hörbücher?) nicht zur faktisch selbständigen Nutzung
verfügbar gemacht, sondern quasi nur gestreamt und gecached werden? (Es
damit an einem wesentlichen Merkmal der Eigentumsübetragung fehlt?)

Wären die Entscheidungen wirklich auf selbständig und unabhängig mit
jedem PDF-Reader nutzbare PDF-Dateien übertragbar?

>>> die schwer mit dem Gesetzeswortlaut in Einklang zu bringen ist.
>>
>> Es kommt ja auch nicht allein auf den Text an. Es gibt zahlreiche
>> Bespiele, bei denen der Wortlaut regelrecht umgekehrt wird.
>
> Natürlich, aber das verstößt am Ende gegen die Gewaltenteilung und
> damit gegen die Verfassung.

Warum? Die Abweichungen werden doch gerade mit Gesetzesbegründungen und
oft auch Verfassungsgrundsätzen, also dem tatsächlichen Willen des
Gesetzgebers, begründet.


Ulrich

Peter Schmitt

unread,
Nov 7, 2015, 8:57:15 AM11/7/15
to
Am 03.11.2015 um 21:22 schrieb Ulrich Maier:
> Ja, ich hatte nicht aufgepasst, es ging nicht um Software!

Ähm, doch, ich schrieb:

Florian Weimer

unread,
Feb 28, 2016, 10:14:45 AM2/28/16
to
* Peter Schmitt:
Ein Großteil der Bestimmungen handelt doch vom Umgang mit den
Dateien, die von der Software genutzt werden, oder?

Florian Weimer

unread,
Feb 28, 2016, 10:18:12 AM2/28/16
to
* Ulrich Maier:

> Am 05.11.2015 um 20:47 schrieb Florian Weimer:
>
>>> Am 04.11.2015 um 23:25 schrieb Florian Weimer:
>>>
>>>> Die gegenwärtige Rechtsprechung,
>>>
>>> Auf welchem Level? Kannst Du ein relevantes Urteil nennen?
>>
>> OLG Hamburg, 10 U 5/11. OLG Hamm, 22 U 60/13. Vermutlich gibt es
>> weitere.
>
> Beide Entscheidungen wurden nach dem EuGH-Urteil Oracle/usedSoft
> (3. Juli 2012) getroffen. Das EuGH-Urteil sollte den Parteien deswegen
> bekannt gewesen sein. Im EuGH-Urteil geht es um Software, in den von
> Dir genannten Entscheidungen um eBooks und Audiodateien.

Die Übergänge sind übrigens fließend, gerade bei Buchsubstituten.

> Ich kann nicht ohne weiteres erkennen, warum die Gründe des
> EuGH-Urteils nicht anwendbar sein sollen. Vielleicht, weil die eBooks
> und Audiodateien (= Hörbücher?) nicht zur faktisch selbständigen
> Nutzung verfügbar gemacht, sondern quasi nur gestreamt und gecached
> werden? (Es damit an einem wesentlichen Merkmal der
> Eigentumsübetragung fehlt?)

Es findet nur eine sehr eingeschränkte Rechteübertragung statt, weil
der Empfänger kein Vervielfältigungsstück erhält.

> Wären die Entscheidungen wirklich auf selbständig und unabhängig mit
> jedem PDF-Reader nutzbare PDF-Dateien übertragbar?

Schwer zu sagen.

>>>> die schwer mit dem Gesetzeswortlaut in Einklang zu bringen ist.
>>>
>>> Es kommt ja auch nicht allein auf den Text an. Es gibt zahlreiche
>>> Bespiele, bei denen der Wortlaut regelrecht umgekehrt wird.
>>
>> Natürlich, aber das verstößt am Ende gegen die Gewaltenteilung und
>> damit gegen die Verfassung.
>
> Warum? Die Abweichungen werden doch gerade mit Gesetzesbegründungen
> und oft auch Verfassungsgrundsätzen, also dem tatsächlichen Willen des
> Gesetzgebers, begründet.

Manchmal wird Begründung und Wortlaut schlicht ignoriert, siehe
Störerhaftung für die Überlassung von Internet-Zugängen.
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