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Re: Erbschaftssteuer

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Jonas Klein

unread,
Dec 3, 2016, 4:24:54 AM12/3/16
to
Am 03.12.2016 um 09:02 schrieb HeB:
> Hallo,
> Folgendes:
> Ein Mensch stirbt, hat kein Testament und genau einen ges. Erben.
> Letzterer hat auch eine notarielle General- und Vermögens-Vollmacht (über
> den Tod hinaus). Wäre es möglich, dass
> a) der Vollmacht-Inhaber nach dem Ableben ein Vermächtnis an jemand anderes
> aus der Erbmasse bestimmt, zB um mit dem Rest des Erbes in eine niedrigere
> Erbschafts-Steuerklasse zu gelangen?
> Oder geht nur
> b) Erbschaftssteuer auf das gesamte Erbe. Wenn wie oben jemand anderes noch
> bedacht werden soll, fällt für diesen nochmals Steuer an, diesmal
> Schenkungssteuer...
>
> Ist Weg a) möglich, um b) zu umgehen?
>
> Danke, HeB


IBKR (Ich bin kein Rechtsanwalt.)
Trotzdem meine ich, dass a) nur VOR dem Ableben möglich ist.
Allerdings könnte es passieren, dass der noch nicht
Verstorbene diese Schenkung nicht gutheißt und die
Vollmachten widerruft.

Frank Kozuschnik

unread,
Dec 3, 2016, 6:28:20 AM12/3/16
to
HeB:

> Ein Mensch stirbt, hat kein Testament und genau einen ges. Erben.
> Letzterer hat auch eine notarielle General- und Vermögens-Vollmacht
> (über den Tod hinaus). Wäre es möglich, dass
> a) der Vollmacht-Inhaber nach dem Ableben ein Vermächtnis an jemand
> anderes aus der Erbmasse bestimmt, zB um mit dem Rest des Erbes in
> eine niedrigere Erbschafts-Steuerklasse zu gelangen?

Ein Vermächtnis wird durch Testament oder Erbvertrag zugewendet (§§
1939, 1941 BGB). Das ist ein höchstpersönliches Rechtsgeschäft (§§ 2064,
2274 BGB); dazu ist ein Bevollmächtigter nicht berechtigt.

Wenn der Erblasser verstorben ist, kann der Erbe natürlich über den
Nachlass verfügen. Dazu braucht er keine Vollmacht (die kann ihm
allenfalls den Erbschein ersparen). Der Erbfall ist dann aber schon
eingetreten, und dementsprechend fällt auch Erbschaftsteuer an.

Übrigens steigt der Steuersatz zwar stufenweise mit dem Wert des
geerbten Vermögens, aber das sind keine "Steuerklassen". Die
Steuerklasse hängt nur vom Verwandtschaftsgrad ab.

> Oder geht nur
> b) Erbschaftssteuer auf das gesamte Erbe. Wenn wie oben jemand anderes
> noch bedacht werden soll, fällt für diesen nochmals Steuer an, diesmal
> Schenkungssteuer...

Werden die Freibeträge überhaupt überschritten?

> Ist Weg a) möglich, um b) zu umgehen?

Wenn Weg a) nur beschritten würde, um b) zu umgehen, wäre natürlich noch
an Gestaltungsmissbrauch zu denken (§ 42 AO).

c) Wenn der Erbe Kinder hat, könnte er erwägen, das Erbe auszuschlagen,
sofern dann seine Kinder direkt erben.

Diedrich Ehlerding

unread,
Dec 3, 2016, 6:54:28 AM12/3/16
to
HeB schrieb am 03.12.2016 um 09:02:

> Ein Mensch stirbt, hat kein Testament und genau einen ges. Erben.
> Letzterer hat auch eine notarielle General- und Vermögens-Vollmacht (über
> den Tod hinaus). Wäre es möglich, dass
> a) der Vollmacht-Inhaber nach dem Ableben ein Vermächtnis an jemand anderes
> aus der Erbmasse bestimmt, zB um mit dem Rest des Erbes in eine niedrigere
> Erbschafts-Steuerklasse zu gelangen?

Nein. Der Erbfall ist eingetreten; der Erbe kann nicht nach dem Tod des
Verstorbenen ein Vermächtnis des Verstorbenen an einen Dritten
bestimmen. Es ist jetzt das Vermögen des oder der Erben (siehe dazu
BGB § 1922 (1); der relevante Zeitpunkt ist der Eintritt des Todes.)

Und wenn der Erbe und Vollmachtinhaber auf die Idee kommt, ein Dokument
auf einen Zeitpunkt vor dem Tod des Erblassers zurückzudatieren und
darin einem Dritten aus dem Vermögen des Erblassers eine Summe x zu
schenken, was möglicherweise nicht auffällt - keine Ahnung, wie
misstrauisch so etwas ggf. geprüft würde - dann handelt es sich um
Steuerhinterziehung und Urkundenfälschung.

Im Übrigen: was meinst du mit "in eine niedrigere Steuerklasse kommen"?
Die (Erbschafts-)Steuerklasse richtet sich nach dem
Verwandschaftsverhältnis. Allenfalls der Steuersatz (auf das die
Freibeträge übersteigende vererbte Vermögen) richtet sich nach der Höhe
des Erbes.

Außerdem fällt es schwer, da nennenswert Steuern zu sparen. Im
diskutierten Fall ("einziger gesetzlicher Erbe") gibt es also kaum
weitere nahe Verwandte, denen schenkungssteuerfrei nennenswerte Beträge
hätten zugewandt werden können; allenfalls die Kinder des Erben (also
die Enkel des Verstorbenen) kämen da in Betracht. Über welche Beträge
und welche Verwandschaftsverhältnisse denkst du denn nach?

> Oder geht nur
> b) Erbschaftssteuer auf das gesamte Erbe.

Ja. Der Erbfall ist eingetreten; je nach Verwandschaftsgrad und Höhe des
vererbten Vermögens fällt Erbschaftssteuer an. Allerdings nicht auf das
gesamte Erbe, sondern nur auf den die Freibeträge übersteigenden Teil.

> Wenn wie oben jemand anderes noch
> bedacht werden soll, fällt für diesen nochmals Steuer an, diesmal
> Schenkungssteuer...

Ja. Die wäre aber auch fällig gewesen, wenn der Verstprbene tatsächlich
ein entsprechendes Vermächtnis bestimmt hätte. Mir fällt im diskutierten
Fall "einziger gesetztlicher Erbe" kein Verwandschaftsverhältnis ein,
bei dem der Dritte zum Erblasser eine erbschaftssteuer-sparsameres
Verwandschaftsverhältnis als zum Erben hätte; hilf doch mal meiner
Vorstellungskraft auf die Sprünge.

> Ist Weg a) möglich, um b) zu umgehen?

Nein.

Frank Kozuschnik

unread,
Dec 3, 2016, 7:08:11 AM12/3/16
to
Jonas Klein:

> HeB:
>
>> Ein Mensch stirbt, hat kein Testament und genau einen ges. Erben.
>> Letzterer hat auch eine notarielle General- und Vermögens-Vollmacht
>> (über den Tod hinaus). Wäre es möglich, dass
>> a) der Vollmacht-Inhaber nach dem Ableben ein Vermächtnis an jemand
>> anderes aus der Erbmasse bestimmt, zB um mit dem Rest des Erbes in
>> eine niedrigere Erbschafts-Steuerklasse zu gelangen? [...]
>
> Trotzdem meine ich, dass a) nur VOR dem Ableben möglich ist.
> Allerdings könnte es passieren, dass der noch nicht Verstorbene
> diese Schenkung nicht gutheißt und die Vollmachten widerruft.

Es kommt auf den Inhalt der Vollmacht an, ob sie auch Schenkungen
erlaubt. Übliche Vorsorgevollmachten erlauben dem Bevollmächtigten
Schenkungen nur in dem Umfang, die auch einem Betreuer gestattet wären.
Das sind praktisch nur die üblichen Geschenke an enge Angehörige zu
Anlässen wie Geburtstag oder Weihnachten. Erhebliche Vermögensteile
dürfen dann jedenfalls nicht verschenkt werden.

Der Vollmachtgeber selbst kann die Vollmacht übrigens nur widerrufen,
solange er noch geschäftsfähig ist. Wenn er nicht mehr geschäftsfähig
ist, kann er den Bevollmächtigten nur noch loswerden, indem er einen
(Kontroll-)Betreuer bestellen lässt (§ 1896 Abs. 3 BGB).

Frank Kozuschnik

unread,
Dec 3, 2016, 7:49:59 AM12/3/16
to
Diedrich Ehlerding:

> Und wenn der Erbe und Vollmachtinhaber auf die Idee kommt, ein
> Dokument auf einen Zeitpunkt vor dem Tod des Erblassers
> zurückzudatieren und darin einem Dritten aus dem Vermögen des
> Erblassers eine Summe x zu schenken, [...] dann handelt es sich
> um Steuerhinterziehung und Urkundenfälschung.

Das bloße Rückdatieren einer eigenen Urkunde macht zwar den Inhalt
falsch, ist aber keine Urkundenfälschung im Sinne von § 267 StGB.

Aber selbst wenn es "echt" wäre: Könnte so ein privatschriftlich
abgegebenes Schenkungsversprechen überhaupt etwas bringen, wenn das Geld
noch nicht geflossen ist? Zum Zeitpunkt des Erbfalls ist das ja mangels
notarieller Beurkundung (§ 518 BGB) ungültig. Somit liegt auch keine
Verbindlichkeit vor, die den Nachlasswert mindern würde.

> Im diskutierten Fall ("einziger gesetzlicher Erbe") gibt es also
> kaum weitere nahe Verwandte, denen schenkungssteuerfrei
> nennenswerte Beträge hätten zugewandt werden können; allenfalls
> die Kinder des Erben (also die Enkel des Verstorbenen) kämen da
> in Betracht.

Woraus schließt du, dass der (gesetzliche) Erbe ein Kind des Erblassers ist?

> Mir fällt im diskutierten Fall "einziger gesetztlicher Erbe" kein
> Verwandschaftsverhältnis ein, bei dem der Dritte zum Erblasser eine
> erbschaftssteuer-sparsameres Verwandschaftsverhältnis als zum Erben
> hätte [...]

Die Ersparnis dürfte sich allein durch die Aufteilung auf mehrere
Erwerber (mit jeweils eigenen Freibeträgen) ergeben.

Jonas Klein

unread,
Dec 3, 2016, 8:30:09 AM12/3/16
to
Richtig und logisch, allerdings dürfte ein Widerrufs seitens
einer Person, die nicht mehr geschäftsfähig ist, schlicht
und einfach nichtig sein, oder zumindest kann der
Vollmachtsempfänger den Widerruf erfolgreich anfechten.

Diedrich Ehlerding

unread,
Dec 3, 2016, 9:21:08 AM12/3/16
to
Frank Kozuschnik schrieb am 03.12.2016 um 13:49:

> Das bloße Rückdatieren einer eigenen Urkunde macht zwar den Inhalt
> falsch, ist aber keine Urkundenfälschung im Sinne von § 267 StGB.

Doch, natürlich. Im diskutierten Fall würde der Erbe eine unechte
Urkunde herstellen; eine Urkunde, die behauptet, es werde etwas aus dem
Vermögen des Erblassers verschenkt. Es wird aber nichts aus diesem
Vermögen verschenkt, denn zum Zeitpunkt, als die Urkunde abgefasst wird,
ist es bereits das Vermögen des Erben. UNd dass das zur Täuschung im
Rechtsverkehr dienen soll, ist doch wohl ebenfalls unzweifelhaft.

Diedrich Ehlerding

unread,
Dec 3, 2016, 9:27:40 AM12/3/16
to
Frank Kozuschnik schrieb am 03.12.2016 um 13:49:
>> Im diskutierten Fall ("einziger gesetzlicher Erbe") gibt es also
>> kaum weitere nahe Verwandte, denen schenkungssteuerfrei
>> nennenswerte Beträge hätten zugewandt werden können; allenfalls
>> die Kinder des Erben (also die Enkel des Verstorbenen) kämen da
>> in Betracht.
>
> Woraus schließt du, dass der (gesetzliche) Erbe ein Kind des Erblassers ist?

Das schließe ich nicht und das muss auch nicht so sein; aber wenn der
Erbe nicht Kind oder Enkel des Erblassers ist, wären die Freibeträge für
Dritte (die nicht gesetzliche Erben sind, also mit dem Erblasser (noch)
weniger eng verwandt sind aals der Erbe in diesem hypothetischen Fall)
ziemlich gering und die Steuersätze hoch - da hielte sich die mögliche
Ersparnis aus der Idee des Ursprungsposters also sehr in Grenzen. Nur im
Fall, dass der Erblasser genau ein Kind hat und keinen Ehegatten mehr,
und dass dieses Kind - der geinzige gesetzliche Erbe - selber Kinder
hat, gibt es für diese Kinder des Erben entsprechend viele Freibeträge,
die er mit seinem Trick ausschöpfen könnte (wenn er denn zulässig wäre).


Frank Kozuschnik

unread,
Dec 3, 2016, 10:51:29 AM12/3/16
to
Diedrich Ehlerding:

> Frank Kozuschnik:
>
>> Das bloße Rückdatieren einer eigenen Urkunde macht zwar den Inhalt
>> falsch, ist aber keine Urkundenfälschung im Sinne von § 267 StGB.
>
> Doch, natürlich. Im diskutierten Fall würde der Erbe eine unechte
> Urkunde herstellen; eine Urkunde, die behauptet, es werde etwas aus
> dem Vermögen des Erblassers verschenkt.

Die Urkunde ist echt – d.h. weder unecht noch verfälscht im Sinne von §
267 StGB –, denn ihr (sachlich fehlerhafter) Inhalt stammt wirklich
genau so (unverändert) von der Person, die als Aussteller angegeben ist.

Frank Kozuschnik

unread,
Dec 3, 2016, 11:23:08 AM12/3/16
to
Diedrich Ehlerding:

> [...] wenn der Erbe nicht Kind oder Enkel des Erblassers ist,
> wären die Freibeträge für Dritte (die nicht gesetzliche Erben
> sind, also mit dem Erblasser (noch) weniger eng verwandt sind
> aals der Erbe in diesem hypothetischen Fall) ziemlich gering
> und die Steuersätze hoch - da hielte sich die mögliche
> Ersparnis aus der Idee des Ursprungsposters also sehr in
> Grenzen.

Immerhin steht jedem zusätzlichen Erwerber ein eigener Freibetrag von
20.000 Euro zu. Unter Umständen könnte auch noch der Steuersatz des
gesetzlichen Erben in die nächstniedrigere Stufe rutschen, weil ihm
selbst weniger Vermögen zufällt.

> Nur im Fall, dass der Erblasser genau ein Kind hat und keinen
> Ehegatten mehr, und dass dieses Kind - der geinzige gesetzliche
> Erbe - selber Kinder hat, gibt es für diese Kinder des Erben
> entsprechend viele Freibeträge, die er mit seinem Trick
> ausschöpfen könnte (wenn er denn zulässig wäre).

Wieso wäre der "Trick" nicht anwendbar, wenn der gesetzliche Erbe ein
Neffe des Erblassers wäre? Wenn ein Teil des Vermögens direkt anderen
Personen zugewendet wird (z.B. Kindern dieses Neffen), haben die doch
auch je einen persönlichen Freibetrag.

Frank Kozuschnik

unread,
Dec 3, 2016, 12:08:45 PM12/3/16
to
Jonas Klein:

> Frank Kozuschnik:
>
>> Der Vollmachtgeber selbst kann die Vollmacht übrigens nur
>> widerrufen, solange er noch geschäftsfähig ist.[...]
>
> Richtig und logisch, allerdings dürfte ein Widerrufs seitens
> einer Person, die nicht mehr geschäftsfähig ist, schlicht
> und einfach nichtig sein [...]

Schrieb ich etwas anderes?

Diedrich Ehlerding

unread,
Dec 4, 2016, 7:28:08 AM12/4/16
to
Frank Kozuschnik schrieb am 03.12.2016 um 16:51:

> Die Urkunde ist echt – d.h. weder unecht noch verfälscht im Sinne von §
> 267 StGB –, denn ihr (sachlich fehlerhafter) Inhalt stammt wirklich
> genau so (unverändert) von der Person, die als Aussteller angegeben ist.

Doch. Sie bezeugt angeblich, dass der Vollmachtinhaber noch vor dem Tod
des Erblassers eine gewisse Summe aus dem Vermögen des Erblasssers
verschenkt hat. Diese Schenkung hat aber nie stattgefunden (denn zu dem
Zeitpunkt, zu dem die Urkunde ausgestellt wurde, war es gar nicht mehr
Vermögen des Erblassers. Beurkundet ist ein niemals stattgefundener Vorgang.

Frank Kozuschnik

unread,
Dec 4, 2016, 7:53:21 AM12/4/16
to
Diedrich Ehlerding:

> Frank Kozuschnik:
>
>> Die Urkunde ist echt – d.h. weder unecht noch verfälscht im Sinne von §
>> 267 StGB –, denn ihr (sachlich fehlerhafter) Inhalt stammt wirklich
>> genau so (unverändert) von der Person, die als Aussteller angegeben ist.
>
> Doch.

Doch – was? Doch "unecht"?

> Sie bezeugt angeblich, dass der Vollmachtinhaber noch vor dem Tod
> des Erblassers eine gewisse Summe aus dem Vermögen des Erblasssers
> verschenkt hat.

Ich würde eher davon ausgehen, dass die Urkunde im Wesentlichen eine
Willenserklärung enthält, nämlich das Schenkungsversprechen, und dass
der Aussteller ein falsches Datum angegeben hat. Aber selbst wenn wir
unterstellen, dass in der Urkunde auch sonst falsche Tatsachen behauptet
werden, ändert das im Ergebnis nichts.

> Diese Schenkung hat aber nie stattgefunden (denn zu dem Zeitpunkt,
> zu dem die Urkunde ausgestellt wurde, war es gar nicht mehr
> Vermögen des Erblassers. Beurkundet ist ein niemals
> stattgefundener Vorgang.

Das ist aber für den Tatbestand der Urkundenfälschung (§ 267 StGB)
irrelevant. Nur weil der Inhalt einer Urkunde unwahr ist, liegt noch
keine unechte Urkunde vor. Das ist nur eine schriftliche Lüge, aber
keine Urkundenfälschung.
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