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Testament gültig?

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Harald Friis

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Mar 3, 2015, 5:04:14 AM3/3/15
to
Hallo in die (leider nur noch kleine) Runde,

gibt es Einschätzungen zu folgendem Fall?

Eine Dame hat zwei Geschwister. Die Eltern haben zwei fast identische
Testamente verfasst. Demnach sollten bei einem *gemeinsamen_Tod* der
Sohn das Gesamtvermögen erben, die beiden Töchter hingegen leer
ausgehen. Der Vater hat darüberhinaus ein weiteres Testament verfasst:
sollte er allein versterben, erbt der Sohn die Hälfte, seine Witwe die
andere Hälfte.

Der Vater ist vor knapp 10 Jahren verstorben, die Schwestern haben vom
Bruder den Pflichtanteil gefordert und letztlich auch erhalten. Nun
stirbt die Mutter, ohne zuvor eine neue Regelung getroffen zu haben. Ob
sie von der Gültigkeit des obigen Testaments ausging, ist nicht klar und
wird - was Wunder - zwischen Bruder und Schwestern auch unterschiedlich
interpretiert.

Wie sieht es jetzt rechtlich aus:

a) Das Testament vom gemeinsamen Tod ist weiterhin gültig, auch wenn die
Beiden tatsächlich mit fast 10 Jahren Abstand versterben. Der Sohn erbt,
die Töchter sind pflichtteilsberechtigt.

b) Das Testament ist durch den alleinigen Tod des Vaters hinfällig
geworden. Mangels eigener Regelung greift BGB, das Erbe der Mutter wird
gedrittelt.

Ich tendiere zu b). Man könnte jedoch auch argumentieren, das es der
mutmaßliche Wille beider Elternteile war, dass der Sohn letztendlich
Alleinerbe wird.

Danke für Hinweise.

Gruß

Harald Friis

Matthias Frank

unread,
Mar 3, 2015, 5:49:58 AM3/3/15
to
Am 03.03.2015 um 11:03 schrieb Harald Friis:

> Ich tendiere zu b). Man könnte jedoch auch argumentieren, das es der
> mutmaßliche Wille beider Elternteile war, dass der Sohn letztendlich
> Alleinerbe wird.
>


Die Frage ist halt wirklich was sich die Erblasser unter gemeinsamen
Tod vorgestellt haben. Möglicherweise haben sie eigentlich gemeint,
nachdem beide Tod sein. Also üblicherweise nach dem Tod des letzt
Verstorbenen erben....

Es ist schon sehr merkwürdig, dass man ein Testament aufsetzt für den
fast unmöglichen Fall, dass beide gleichtzeitg streben und sonst
nichts verfügt. Das macht irgendwo wenig Sinn.

Jonas Klein

unread,
Mar 3, 2015, 6:11:28 AM3/3/15
to
IBKR! (Ich bin kein Rechtsanwalt!)
Meiner Meinung nach wollten die Eltern a), wie Matthias
analysiert hat, aber rechtlich gilt b).
Grüße
Jonas

Harald Friis

unread,
Mar 3, 2015, 7:39:33 AM3/3/15
to
Hallo Matthias,

Am 03.03.2015 um 11:49 schrieb Matthias Frank:
> Am 03.03.2015 um 11:03 schrieb Harald Friis:
>
>> Ich tendiere zu b). Man könnte jedoch auch argumentieren, das es der
>> mutmaßliche Wille beider Elternteile war, dass der Sohn letztendlich
>> Alleinerbe wird.
>>
> Die Frage ist halt wirklich was sich die Erblasser unter gemeinsamen
> Tod vorgestellt haben. Möglicherweise haben sie eigentlich gemeint,
> nachdem beide Tod sein. Also üblicherweise nach dem Tod des letzt
> Verstorbenen erben....

Hätte ich auch gedacht, war aber wirklich nicht gemeint. Erster Satz
(aus dem Gedächtnis, nicht wörtlich, aber sinnentsprechend): "Für den
Fall eines gemeinsamen Todes, z.B. Autounfall o.ä., bestimme ich wie
folgt:" War so eine gute halbe A4-Seite. Bei beiden IIRC wortgleich, bis
auf den Namen. Sie haben ausdrücklich den Autounfall genannt!

> Es ist schon sehr merkwürdig, dass man ein Testament aufsetzt für den
> fast unmöglichen Fall, dass beide gleichtzeitg streben und sonst
> nichts verfügt. Das macht irgendwo wenig Sinn.

FACK. Es ist absolut merkwürdig. Der Mann schreibt zwei Testamente (das
'gemeinsame' und ein 'normales'), die Frau nur eins (das 'gemeinsame',
in Wirklichkeit waren auch das zwei einzelne Schreiben). Der Sohn erbt
alles, wie im 19. Jahrhundert.

Aber - so ist es halt. Wie ist es rechtlich einzusortieren?

Gruß

Harald Friis


Helmut Richter

unread,
Mar 3, 2015, 8:09:54 AM3/3/15
to
Am 03.03.2015 um 13:38 schrieb Harald Friis:

> Am 03.03.2015 um 11:49 schrieb Matthias Frank:
>> Am 03.03.2015 um 11:03 schrieb Harald Friis:
>>
>>> Ich tendiere zu b). Man könnte jedoch auch argumentieren, das es der
>>> mutmaßliche Wille beider Elternteile war, dass der Sohn letztendlich
>>> Alleinerbe wird.
>>>
>> Die Frage ist halt wirklich was sich die Erblasser unter gemeinsamen
>> Tod vorgestellt haben. Möglicherweise haben sie eigentlich gemeint,
>> nachdem beide Tod sein. Also üblicherweise nach dem Tod des letzt
>> Verstorbenen erben....
>
> Hätte ich auch gedacht, war aber wirklich nicht gemeint. Erster Satz
> (aus dem Gedächtnis, nicht wörtlich, aber sinnentsprechend): "Für den
> Fall eines gemeinsamen Todes, z.B. Autounfall o.ä., bestimme ich wie
> folgt:" War so eine gute halbe A4-Seite. Bei beiden IIRC wortgleich, bis
> auf den Namen. Sie haben ausdrücklich den Autounfall genannt!

Für den gemeinsamen Tod ("Umkommen in gemeinsamer Gefahr") eine
besondere Regelung zu treffen, kann sinnvoll sein, damit nicht einer ein
paar Sekunden lang den anderen beerbt hat oder gar unbekannt ist, wer
länger gelebt hat ...

> FACK. Es ist absolut merkwürdig. Der Mann schreibt zwei Testamente (das
> 'gemeinsame' und ein 'normales'), die Frau nur eins (das 'gemeinsame',
> in Wirklichkeit waren auch das zwei einzelne Schreiben).

Geht das überhaupt (IANAL und weiß es nicht)? Kann eine Person zwei
Testamente machen, die beide jeweils nur einen Teil der möglichen Fälle
umfassen, so dass je nach Sachverhalt das eine, das andere oder -- in
der Schnittmenge -- das jüngere der beiden gilt? Ich denke eher nein.
Falls nein, können die beiden Testamente nicht nebeneinander gelten,
sondern es gilt das gemeinschaftliche: wenn es jünger ist sowieso, und
wenn es älter ist können die Ehepartner nur noch gemeinsam testieren.

--
Helmut Richter

Matthias Frank

unread,
Mar 3, 2015, 8:27:41 AM3/3/15
to
Am 03.03.2015 um 13:38 schrieb Harald Friis:

> Aber - so ist es halt. Wie ist es rechtlich einzusortieren?
>
> Gruß
>

So wie es der Richter im Zweifel bestimmt :-)

Stefan Schmitz

unread,
Mar 3, 2015, 10:11:21 AM3/3/15
to
Am Dienstag, 3. März 2015 11:04:14 UTC+1 schrieb Harald Friis:

> a) Das Testament vom gemeinsamen Tod ist weiterhin gültig, auch wenn die
> Beiden tatsächlich mit fast 10 Jahren Abstand versterben. Der Sohn erbt,
> die Töchter sind pflichtteilsberechtigt.

Sicher ist es gültig.
Es wird nur nicht wirksam, weil die Voraussetzung nicht gegeben ist.

Spannender wäre der Fall, wenn die Frau zuerst gestorben wäre. Ist dafür
wirklich keine Regelung getroffen worden? Oder war der irrelevant, weil sie
vor dem Tod des Mannes mittellos war?

Wenn es nur um sein Vermögen ging, das in jedem Fall auf den Sohn übergehen
sollte, hätte bei ihr als Voraussetzung "wenn mein Mann vor mir gestorben ist"
stehen sollen.

> Man könnte jedoch auch argumentieren, das es der
> mutmaßliche Wille beider Elternteile war, dass der Sohn letztendlich
> Alleinerbe wird.

Dafür sehe ich keine Anhaltspunkte in den Testamenten.
Das Ziel hätte man einfacher erreichen können, indem der Sohn direkt alles
erbt ohne den Umweg über die Mutter.

Für mich wirkt das so, als hätte die Frau das alles nur auf Veranlassung ihres
Mannes verfasst, damit sein letzter Wille nicht im Fall eines gemeinsamen Todes
durchkreuzt wird.

Matthias Frank

unread,
Mar 3, 2015, 10:17:42 AM3/3/15
to
Also ich persönlich nehme jezt b) :-)

Frank Kozuschnik

unread,
Mar 3, 2015, 4:40:39 PM3/3/15
to
Helmut Richter:

> Harald Friis:
>
>> Es ist absolut merkwürdig. Der Mann schreibt zwei Testamente (das
>> 'gemeinsame' und ein 'normales'), die Frau nur eins (das 'gemeinsame',
>> in Wirklichkeit waren auch das zwei einzelne Schreiben).
>
> Geht das überhaupt (IANAL und weiß es nicht)? Kann eine Person zwei
> Testamente machen, die beide jeweils nur einen Teil der möglichen
> Fälle umfassen, so dass je nach Sachverhalt das eine, das andere
> oder -- in der Schnittmenge -- das jüngere der beiden gilt?

Das geht durchaus. Das spätere Testament hebt das frühere Testament nur
insoweit auf, als es ihm widerspricht (§ 2258 Abs. 1 BGB).

> Falls nein, können die beiden Testamente nicht nebeneinander gelten,
> sondern es gilt das gemeinschaftliche: wenn es jünger ist sowieso,
> und wenn es älter ist können die Ehepartner nur noch gemeinsam
> testieren.

Selbst bei einem echten Gemeinschaftstestament mit wechselbezüglichen
Verfügungen (§ 2270 BGB) wäre immerhin ein Widerruf nach § 2271 BGB
möglich, solange beide Ehepartner noch leben.

Harald Friis

unread,
Mar 4, 2015, 4:34:59 AM3/4/15
to
Hallo,

Am 03.03.2015 um 22:41 schrieb Frank Kozuschnik:
> Helmut Richter:
>
>> Harald Friis:
>>
>>> Es ist absolut merkwürdig. Der Mann schreibt zwei Testamente (das
>>> 'gemeinsame' und ein 'normales'), die Frau nur eins (das 'gemeinsame',
>>> in Wirklichkeit waren auch das zwei einzelne Schreiben).
>>
>> Geht das überhaupt (IANAL und weiß es nicht)? Kann eine Person zwei
>> Testamente machen, die beide jeweils nur einen Teil der möglichen
>> Fälle umfassen, so dass je nach Sachverhalt das eine, das andere
>> oder -- in der Schnittmenge -- das jüngere der beiden gilt?
>
> Das geht durchaus. Das spätere Testament hebt das frühere Testament nur
> insoweit auf, als es ihm widerspricht (§ 2258 Abs. 1 BGB).

In meinem Fall war das Datum identisch. Welches zuerst geschrieben
wurde, lässt sich wohl nicht herausfinden. Aber das mit der Schnittmenge
trifft es ja dann gut. Ich könnte also mehrere Testamente erstellen -
falls ich vor dem X sterbe, falls ich nach dem x aber vor dem y sterbe,
falls es Vollmond ist? Dann wird im Zweifel das Passende herausgesucht?

> Selbst bei einem echten Gemeinschaftstestament mit wechselbezüglichen
> Verfügungen (§ 2270 BGB) wäre immerhin ein Widerruf nach § 2271 BGB
> möglich, solange beide Ehepartner noch leben.

Das ist ja hier in meinem OP durchaus eine mögliche Antwort. Man könnte
die beiden zeit- und inhaltsgleichen Papiere ("gemeinsames Ableben") ja
auch durchaus als eine Art Gemeinschaftstestament betrachten, oder?
Allerdings werden die Ehegatten eben nicht wechselseitig bedacht,
sondern gerade der Fall beleuchtet, dass diese wechselseitige Verfügung
nicht mehr möglich ist.

Zum Glück habe ich noch keine unmittelbare Erfahrung mit solchen vor
Gericht ausgetragenen Erbstreitigkeiten. Aber wäre es denn im Streitfall
so, dass der Richter versuchen würde, den eigentlichen Wunsch der
Verstorbenen herauszufinden?

Gruß

Harald Friis

Thomas Hochstein

unread,
Mar 8, 2015, 10:00:02 AM3/8/15
to
Helmut Richter schrieb:

> Für den gemeinsamen Tod ("Umkommen in gemeinsamer Gefahr") eine
> besondere Regelung zu treffen, kann sinnvoll sein, damit nicht einer ein
> paar Sekunden lang den anderen beerbt hat

... was dann insoweit zwei Erbgänge und damit auch zweimal
Erbschaftssteuer bedeuten würde.

Helmut Richter

unread,
Mar 8, 2015, 2:19:32 PM3/8/15
to
Und das wird wirkungsvoll durch so eine Verfügung abgewendet? Dann hätte
der Erstversterbende keinen Erben, bis der zweite auch tot ist oder bis
feststeht, dass er überlebt hat.

Gibts da eigentlich eine eindeutige Definition?

Fall 1: Beide sind nach einem Unfall tot oder bewusstlos und, soweit
letzteres, versterben sie, ohne das Bewusstsein wiedererlangt zu haben.
Meinem Rechtsempfinden gleichzeitig. Was aber, wenn von einem das Koma
drei Jahre dauert?

Fall 2: Einer überlebt den Unfall, erlangt das Bewusstsein und verstirbt
nach drei Tagen an den Folgen des Unfalls? Was aber, wenn er drei Jahre
lang überlebt?

Kommt es auf die Zeit an oder auf die Wiedererlangung des Bewusstseins
oder auf die Fähigkeit, ohne Betreuer seine Angelegenheiten zu regeln?
Oder spielt alles eine Rolle und wird vom Nachlassgericht nach Ermessen
entschieden?

--
Helmut Richter

Carsten Guse

unread,
Mar 9, 2015, 4:34:46 PM3/9/15
to
Thomas Hochstein schrieb:
Dank des Ehegattenfreibetrags wirkt sich dies ab einem zu versteuernden
Erbwert von 1,2 Mio. € (ein oder zwei Kinder, gesetzliche Erbfolge) aus.

Harald Friis

unread,
Mar 10, 2015, 10:21:05 AM3/10/15
to
Hallo,

Am 08.03.2015 um 19:19 schrieb Helmut Richter:
> Am 08.03.2015 um 14:45 schrieb Thomas Hochstein:
>
>> ... was dann insoweit zwei Erbgänge und damit auch zweimal
>> Erbschaftssteuer bedeuten würde.
>
> Und das wird wirkungsvoll durch so eine Verfügung abgewendet? Dann hätte
> der Erstversterbende keinen Erben, bis der zweite auch tot ist oder bis
> feststeht, dass er überlebt hat.
>
> Gibts da eigentlich eine eindeutige Definition?

das wird im Falle des Falles vermutlich individuell entschieden werden.
Entscheidend scheinen mir zwei Gründe für ein solches Testament:

1.) Tatsächlich ggf. Erbschaftssteuer zu vermeiden - wäre allerdings in
'meinem' Fall unnötig, weil deutlich unter den Freibeträgen.

2.) Dispositionsfreiheit, falls ein Partner überlebt, aber klare
Regelung, falls keiner überlebt. Insofern wäre darauf abzuheben, ob
einer der Partner in der Lage war, eine abweichende Regelung zu treffen.
Das wäre nach 3 Tagen auf der Intensiv vermutlich zu verneinen, ebenso
nach drei Jahren im Wachkoma. Nach drei Jahren in der 'Normalität'
hingegen wäre (IMHO, IANAL) sicher nicht von einem gemeinsamen Tod zu
sprechen.

Gruß

Harald Friis

David Seppi

unread,
Mar 10, 2015, 11:36:22 AM3/10/15
to
Harald Friis schrieb:

> 2.) Dispositionsfreiheit, falls ein Partner überlebt, aber klare
> Regelung, falls keiner überlebt.

Wäre dafür nicht eine subsidiäre Bestimmung zielführender?

--
David Seppi
1220 Wien

Harald Friis

unread,
Mar 10, 2015, 12:33:26 PM3/10/15
to
Ja, David,

Am 10.03.2015 um 16:36 schrieb David Seppi:
> Harald Friis schrieb:
>
>> 2.) Dispositionsfreiheit, falls ein Partner überlebt, aber klare
>> Regelung, falls keiner überlebt.
>
> Wäre dafür nicht eine subsidiäre Bestimmung zielführender?

so sehe ich es auch. Mehrere parallele Testamente sind aus diversen
Gründen in meinen Augen noch nicht mal eine zweitbeste Lösung.

Im OP-Fall scheint auch der möglicherweise Begünstigte nun nicht mehr
auf der testamentarischen Aufteilung (er alles, die Schwestern nix) zu
bestehen. Scheinbar hat er dem Ortsgericht mitgeteilt, dass ein
Testament nicht existiere. Mal sehen.

Gruß

Harald Friis



Wolfgang Fieg

unread,
Aug 3, 2016, 11:23:50 AM8/3/16
to
Matthias Frank schrieb:
Wobei der Fall, des rechtlich "gleichzeitigen" Todes so unwahrscheinlich
nicht ist. Es reicht, dass zwei Menschen bei dem gleichen Ereignis ums
Leben gekommen sind und sich nicht nachweisen läßt, wer wen vielleicht
noch kurz überlebt hat.

Wolfgang
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