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Streik im ÖPNV nach weniger als 1 Jahr, obwohl Tarifvertrag abgeschlossen

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Stephan Gerlach

unread,
Feb 1, 2024, 3:47:01 PM2/1/24
to
Am Freitag, 1.2. beginnt hier im ÖPNV (öffentlicher Personennahverkehr)
die nächste "Streik-Welle", wie auch weitestgehend im Rest Deutschlands.
Die hiesigen Verkehrsbetriebe (LVB, um genau zu sein, aber das tut
nichts zur Sache) streiken natürlich mit.

Das Besondere daran ist, daß vor weniger als 1 Jahr hier (vermutlich
nicht nur hier) die letzte Streik-Welle im ÖPNV stattfand; der letzte
Streik war hier ARAIR am 24. und/oder 25. März 2023. IIRC wurde damals
auch eine Einigung(?) erzielt, die mutmaßlich in irgendeinem
Tarifvertrag(?) mündete; Ergebnis war u.a. mehr Geld.

Die Tarifverträge für den hiesigen ÖPNV sind erfahrungsgemäß 2 Jahre
gültig, so daß man neue Streiks nach frühestens 2 Jahren erwarten würde.
Die jetzigen Streiks treten jedoch deutlich früher auf.

Ich hatte interessehalber eine Email an die LVB geschrieben; es kam eine
Antwort (sinngemäß):

Die Streiks vom März 2023 betrafen den
[Zitat]
... Tarifvertrag für den Nahverkehr Sachsen (TV-N)...
[/Zitat]
welcher tatsächlich eine Laufzeit von 2 Jahren hätte.

Die neuen Streiks betreffen nun einen
[Zitat]
... Manteltarifvertrag des ÖPNV, der die geltenden Rahmenbedingungen
festlegt...
[/Zitat]

Offenbar gibt es also mehrere gleichzeitig gültige Tarifverträge, die
von Arbeitgeber/Arbeitnehmer beachtet werden müssen?! D.h. selbst wenn
einer der Tarifverträge noch gültig ist (Laufzeit noch nicht
abgelaufen), kann ein anderer (mit/von der/dem gleichen
Firma/Dachorganisation/Arbeitgeber/Arbeitnehmer/Gewerkschaft
abgeschlossen), der abgelaufen ist, offenbar zu Streiks führen?!

Sind noch mehr (gleichzeitig laufende) Arten von Tarifverträgen zwischen
Arbeitgeber/Arbeitnehmer/$WasAuchImmer denkbar bzw. üblich?


--
> Eigentlich sollte Brain 1.0 laufen.
gut, dann werde ich mir das morgen mal besorgen...
(...Dialog aus m.p.d.g.w.a.)

Wolfgang Fieg

unread,
Feb 2, 2024, 6:04:09 PM2/2/24
to
Am 01.02.2024 um 21:50 schrieb Stephan Gerlach:

>
> Offenbar gibt es also mehrere gleichzeitig gültige Tarifverträge, die
> von Arbeitgeber/Arbeitnehmer beachtet werden müssen?! D.h. selbst wenn
> einer der Tarifverträge noch gültig ist (Laufzeit noch nicht
> abgelaufen), kann ein anderer (mit/von der/dem gleichen
> Firma/Dachorganisation/Arbeitgeber/Arbeitnehmer/Gewerkschaft
> abgeschlossen), der abgelaufen ist, offenbar zu Streiks führen?!
>
> Sind noch mehr (gleichzeitig laufende) Arten von Tarifverträgen zwischen
> Arbeitgeber/Arbeitnehmer/$WasAuchImmer denkbar bzw. üblich?
>
>

Ja, und nicht nur das: Selbst innerhalb eines Tarifvertrags können für
unterschiedliche Regelungsgegenstände unterschiedliche Kündigungsfristen
vereinbart sein. Im öffentlichen Dienst z. B. sind die Entgelttabellen
formal Anlagen zu den Manteltarifverträgen, aber gesondert und
unabhängig vom Rest des Manteltarifvertrags kündbar und damit auch
arbeitskampffähig.

Wolfgang

Matthias Frank

unread,
Feb 4, 2024, 5:19:01 AM2/4/24
to
Am 01.02.2024 um 21:50 schrieb Stephan Gerlach:

> Sind noch mehr (gleichzeitig laufende) Arten von Tarifverträgen zwischen
> Arbeitgeber/Arbeitnehmer/$WasAuchImmer denkbar bzw. üblich?
>

Es gibt in D über 70.000 Tarifverträge. Die Wahrscheinlichkeit ist also
sehr hoch.


Rainer Freis

unread,
Feb 4, 2024, 1:37:40 PM2/4/24
to
Bei uns gelten 4 oder 5 Tarifverträge parallel.

Nein, das macht keinen Spaß, weil man bei bestimmten Themen in jedem
Tarifvertrag nachschauen muß, ob da auch etwas dazu geregelt ist.


Rainer

Stephan Gerlach

unread,
Feb 4, 2024, 7:48:30 PM2/4/24
to
Rainer Freis schrieb:
> Am 04.02.2024 um 11:18 schrieb Matthias Frank:
>> Am 01.02.2024 um 21:50 schrieb Stephan Gerlach:
>>
>>> Sind noch mehr (gleichzeitig laufende) Arten von Tarifverträgen
>>> zwischen Arbeitgeber/Arbeitnehmer/$WasAuchImmer denkbar bzw. üblich?
>>>
>>
>> Es gibt in D über 70.000 Tarifverträge. Die Wahrscheinlichkeit ist also
>> sehr hoch.
>>
>>
>
> Bei uns gelten 4 oder 5 Tarifverträge parallel.

Gibt es einen tieferen Grund, warum nicht alles (oder zumindest das
meiste) in *einem* Tarifvertrag geregelt ist?

> Nein, das macht keinen Spaß, weil man bei bestimmten Themen in jedem
> Tarifvertrag nachschauen muß, ob da auch etwas dazu geregelt ist.

Als besonders vorteilhaft scheint die oben beschriebene
"Vertrags-Stückelung" zumindest nicht wahrgenommen zu werrden.

Stephan Gerlach

unread,
Feb 4, 2024, 7:59:44 PM2/4/24
to
Wolfgang Fieg schrieb:
Wie ist das dann mit der sogenannten Friedenspflicht, d.h. quasi die
"Regel", daß Streiks während einer bestimmten Zeit unzulässig sind?

Muß diese Friedenspflicht in Tarifverträgen extra "reingeschrieben"
werden, oder gilt die (zumindest wenn nur 1 Tarifvertrag gleichzeitig
abgeschlossen ist) "automatisch" für die Dauer der Laufzeit?

Angenommen, bei einem bestimmten Arbeitgeber gelten für besimmte
Arbeitnehmer 2 Tarifverträge:

Tarifvertrag 1 vom 1.1.2021 bis 31.12.2022
Tarifvertrag 2 vom 1.1.2022 bis 31.12.2023

Was klar(?) sein dürfte, ist, daß vom 1.1.2022 bis 31.12.2022 eine
Friedenspflicht gilt, da dann beide Tarifverträge "wirksam" sind.
Was ist aber in der Zeit vom 1.1.2023 bis 31.12.2023?
Für Tarifvertrag 2 würde noch die Friedenspflicht gelten (da dieser
Vertrag noch läuft); Tarifvertrag 1 wäre aber schon abgelaufen, und
dieser Fakt allein würde zu Streiks berechtigen.

Also einerseits dürfte *nicht* gestreikt werden (weil Tarifvertrag 2
dies "verbietet"); andererseits aber *doch* (weil die Friedenspflicht
laut Tarifvertrag 1 abgelaufen ist).

Ein Widerspruch?!

Stefan Schmitz

unread,
Feb 5, 2024, 5:23:19 AM2/5/24
to
Am 05.02.2024 um 02:02 schrieb Stephan Gerlach:

> Wie ist das dann mit der sogenannten Friedenspflicht, d.h. quasi die
> "Regel", daß Streiks während einer bestimmten Zeit unzulässig sind?
>
> Muß diese Friedenspflicht in Tarifverträgen extra "reingeschrieben"
> werden, oder gilt die (zumindest wenn nur 1 Tarifvertrag gleichzeitig
> abgeschlossen ist) "automatisch" für die Dauer der Laufzeit?

Automatisch gilt eine relative Friedenspflicht. Es darf nicht für eine
Änderung dessen gestreikt werden, was im Tarifvertrag geregelt ist.

> Angenommen, bei einem bestimmten Arbeitgeber gelten für besimmte
> Arbeitnehmer 2 Tarifverträge:
>
> Tarifvertrag 1 vom 1.1.2021 bis 31.12.2022
> Tarifvertrag 2 vom 1.1.2022 bis 31.12.2023
>
> Was klar(?) sein dürfte, ist, daß vom 1.1.2022 bis 31.12.2022 eine
> Friedenspflicht gilt, da dann beide Tarifverträge "wirksam" sind.
> Was ist aber in der Zeit vom 1.1.2023 bis 31.12.2023?
> Für Tarifvertrag 2 würde noch die Friedenspflicht gelten (da dieser
> Vertrag noch läuft); Tarifvertrag 1 wäre aber schon abgelaufen, und
> dieser Fakt allein würde zu Streiks berechtigen.
>
> Also einerseits dürfte *nicht* gestreikt werden (weil Tarifvertrag 2
> dies "verbietet"); andererseits aber *doch* (weil die Friedenspflicht
> laut Tarifvertrag 1 abgelaufen ist).
>
> Ein Widerspruch?!

Nein. Es darf für solche Anliegen gestreikt werden, die nicht in
Tarifvertrag 2 geregelt sind.

Stefan Schmitz

unread,
Feb 5, 2024, 5:29:30 AM2/5/24
to
Am 05.02.2024 um 01:51 schrieb Stephan Gerlach:
> Rainer Freis schrieb:
>> Am 04.02.2024 um 11:18 schrieb Matthias Frank:
>>> Am 01.02.2024 um 21:50 schrieb Stephan Gerlach:
>>>
>>>> Sind noch mehr (gleichzeitig laufende) Arten von Tarifverträgen
>>>> zwischen Arbeitgeber/Arbeitnehmer/$WasAuchImmer denkbar bzw. üblich?
>>>>
>>>
>>> Es gibt in D über 70.000 Tarifverträge. Die Wahrscheinlichkeit ist also
>>> sehr hoch.
>>>
>>>
>>
>> Bei uns gelten 4 oder 5 Tarifverträge parallel.
>
> Gibt es einen tieferen Grund, warum nicht alles (oder zumindest das
> meiste) in *einem* Tarifvertrag geregelt ist?

Manche Dinge möchte man halt längerfristig oder für einen größeren Teil
der Arbeitgeber einheitlich regeln, während man beim Lohn eher auf
aktuelle Entwicklungen oder Sondersituationen bei einzelnen Arbeitgebern
bzw. Branchen eingeht.
Aber eigentlich sollten dafür 2 ausreichen.

Rainer Freis

unread,
Feb 5, 2024, 1:57:55 PM2/5/24
to
Da gab's dann Sonderregeln, die nur für einen Teil der Unternehmen
gelten sollten für die die Tarifverträge im allgemeinen gelten. Und für
jede Konstellation gibt es dann einen eigenen Tarifvertrag.

Beispiel: in unserem Tarifvertrag ist eine Entgeltumwandlung
ausgeschlossen. Unser Arbeitgeber ist durchaus bereit, eine
Betriebsvereinbarung zum Jobrad abzuschließen, aber da das eine
Entgeltumwandlung beinhaltet müssen wir erst einen Tarifvertrag
abschließen, der die Entgeltumwandlung für das Jobrad ermöglicht...

Und nein, die IG Metall möchte das nicht im allgemeinen Tarifvertrag regeln.


Rainer

Stefan Schmitz

unread,
Feb 5, 2024, 2:07:44 PM2/5/24
to
Am 05.02.2024 um 19:57 schrieb Rainer Freis:

> Beispiel: in unserem Tarifvertrag ist eine Entgeltumwandlung
> ausgeschlossen. Unser Arbeitgeber ist durchaus bereit, eine
> Betriebsvereinbarung zum Jobrad abzuschließen, aber da das eine
> Entgeltumwandlung beinhaltet müssen wir erst einen Tarifvertrag
> abschließen, der die Entgeltumwandlung für das Jobrad ermöglicht...

Wer ist wir?

> Und nein, die IG Metall möchte das nicht im allgemeinen Tarifvertrag
> regeln.

Wären die dann auch Vertragspartei des unternehmensspezifischen
Tarifvertrags? Was ist für die so schlimm an Entgeltumwandlung?

Stephan Gerlach

unread,
Feb 5, 2024, 5:53:02 PM2/5/24
to
Stefan Schmitz schrieb:
> Am 05.02.2024 um 02:02 schrieb Stephan Gerlach:
>
>> Wie ist das dann mit der sogenannten Friedenspflicht, d.h. quasi die
>> "Regel", daß Streiks während einer bestimmten Zeit unzulässig sind?
>>
>> Muß diese Friedenspflicht in Tarifverträgen extra "reingeschrieben"
>> werden, oder gilt die (zumindest wenn nur 1 Tarifvertrag gleichzeitig
>> abgeschlossen ist) "automatisch" für die Dauer der Laufzeit?
>
> Automatisch gilt eine relative Friedenspflicht. Es darf nicht für eine
> Änderung dessen gestreikt werden, was im Tarifvertrag geregelt ist.

Aber für alles andere schon?!

Nach dieser Logik wäre es z.B. auch bei nur einem einzigen(!)
Tarifvertrag "erlaubt", für etwas zu streiken, was aktuell nicht in
diesem (einen) Tarifvertrag geregelt ist.

Bsp.: Im Tarifvertrag ist bisher das Thema "Jobticket" gar nicht
geregelt; dann dürften die Arbeitnehmer (bzw. eine Gewerkschaft) einen
Streik ausrufen mit der Begründung "wir streiken für ein Jobticket".

>> Angenommen, bei einem bestimmten Arbeitgeber gelten für besimmte
>> Arbeitnehmer 2 Tarifverträge:
>>
>> Tarifvertrag 1 vom 1.1.2021 bis 31.12.2022
>> Tarifvertrag 2 vom 1.1.2022 bis 31.12.2023
>>
>> Was klar(?) sein dürfte, ist, daß vom 1.1.2022 bis 31.12.2022 eine
>> Friedenspflicht gilt, da dann beide Tarifverträge "wirksam" sind.
>> Was ist aber in der Zeit vom 1.1.2023 bis 31.12.2023?
>> Für Tarifvertrag 2 würde noch die Friedenspflicht gelten (da dieser
>> Vertrag noch läuft); Tarifvertrag 1 wäre aber schon abgelaufen, und
>> dieser Fakt allein würde zu Streiks berechtigen.
>>
>> Also einerseits dürfte *nicht* gestreikt werden (weil Tarifvertrag 2
>> dies "verbietet"); andererseits aber *doch* (weil die Friedenspflicht
>> laut Tarifvertrag 1 abgelaufen ist).
>>
>> Ein Widerspruch?!
>
> Nein. Es darf für solche Anliegen gestreikt werden, die nicht in
> Tarifvertrag 2 geregelt sind.

Demnach wären aus Sicht des Arbeitgebers tendenziell weniger
gleichzeitig laufende Tarifverträge sinnvoll, da die Gefahr eines
Streiks, weil gerade einer der (zahlreichen) Tarifverträge ausläuft,
verringert wird.

Umgekehrt sind aus Sicht der Arbeitnehmer viele gleichzeitig laufende
Tarifverträge sinnvoll, da dies (generell) häufiger die Möglichkeit zum
Streik gibt.

Man kann ja (offiziell) sagen
"wir streiken für Punkt A aus Tarifvertrag 1",
aber zumindest nebenbei erwähnen
"übrigens, Punkt B aus Tarifvertrag 2 ist auch nicht optimal geregelt".

Stefan Schmitz

unread,
Feb 6, 2024, 4:04:10 AM2/6/24
to
Am 05.02.2024 um 23:56 schrieb Stephan Gerlach:
> Stefan Schmitz schrieb:
>> Am 05.02.2024 um 02:02 schrieb Stephan Gerlach:
>>
>>> Wie ist das dann mit der sogenannten Friedenspflicht, d.h. quasi die
>>> "Regel", daß Streiks während einer bestimmten Zeit unzulässig sind?
>>>
>>> Muß diese Friedenspflicht in Tarifverträgen extra "reingeschrieben"
>>> werden, oder gilt die (zumindest wenn nur 1 Tarifvertrag gleichzeitig
>>> abgeschlossen ist) "automatisch" für die Dauer der Laufzeit?
>>
>> Automatisch gilt eine relative Friedenspflicht. Es darf nicht für eine
>> Änderung dessen gestreikt werden, was im Tarifvertrag geregelt ist.
>
> Aber für alles andere schon?!
>
> Nach dieser Logik wäre es z.B. auch bei nur einem einzigen(!)
> Tarifvertrag "erlaubt", für etwas zu streiken, was aktuell nicht in
> diesem (einen) Tarifvertrag geregelt ist.
>
> Bsp.: Im Tarifvertrag ist bisher das Thema "Jobticket" gar nicht
> geregelt; dann dürften die Arbeitnehmer (bzw. eine Gewerkschaft) einen
> Streik ausrufen mit der Begründung "wir streiken für ein Jobticket".

Es dürfte nicht reichen, dass das Thema dort nicht konkret aufgeführt
ist. Der Geltungsrahmen des Tarifvertrags wird deutlich allgemeiner
abgesteckt sein. Nur wenn "Jobticket" nicht darunter subsumierbar sein
sollte, käme ein Streik in Frage.

>>> Angenommen, bei einem bestimmten Arbeitgeber gelten für besimmte
>>> Arbeitnehmer 2 Tarifverträge:
>>>
>>> Tarifvertrag 1 vom 1.1.2021 bis 31.12.2022
>>> Tarifvertrag 2 vom 1.1.2022 bis 31.12.2023
>>>
>>> Was klar(?) sein dürfte, ist, daß vom 1.1.2022 bis 31.12.2022 eine
>>> Friedenspflicht gilt, da dann beide Tarifverträge "wirksam" sind.
>>> Was ist aber in der Zeit vom 1.1.2023 bis 31.12.2023?
>>> Für Tarifvertrag 2 würde noch die Friedenspflicht gelten (da dieser
>>> Vertrag noch läuft); Tarifvertrag 1 wäre aber schon abgelaufen, und
>>> dieser Fakt allein würde zu Streiks berechtigen.
>>>
>>> Also einerseits dürfte *nicht* gestreikt werden (weil Tarifvertrag 2
>>> dies "verbietet"); andererseits aber *doch* (weil die Friedenspflicht
>>> laut Tarifvertrag 1 abgelaufen ist).
>>>
>>> Ein Widerspruch?!
>>
>> Nein. Es darf für solche Anliegen gestreikt werden, die nicht in
>> Tarifvertrag 2 geregelt sind.
>
> Demnach wären aus Sicht des Arbeitgebers tendenziell weniger
> gleichzeitig laufende Tarifverträge sinnvoll, da die Gefahr eines
> Streiks, weil gerade einer der (zahlreichen) Tarifverträge ausläuft,
> verringert wird.

Ja.

> Umgekehrt sind aus Sicht der Arbeitnehmer viele gleichzeitig laufende
> Tarifverträge sinnvoll, da dies (generell) häufiger die Möglichkeit zum
> Streik gibt.

Auch für Arbeitnehmer sind viele Streiks nicht erstrebenswert. Es geht
jedesmal Einkommen verloren, und das Engagement sinkt, wenn man etwas
zur Routine wird.
Für Gewerkschaftsführer ist es allerdings vorteilhaft. Die haben dann
mehr Flexibilität bei der Entscheidung, ob sie lieber mit einem Streik
ihre Macht demonstrieren oder konstruktiv verhandeln wollen, und können
mehr auf die aktuelle Stimmung der Mitglieder eingehen.

Rainer Freis

unread,
Feb 7, 2024, 1:38:18 PM2/7/24
to
Am 05.02.2024 um 20:07 schrieb Stefan Schmitz:
> Am 05.02.2024 um 19:57 schrieb Rainer Freis:
>
>> Beispiel: in unserem Tarifvertrag ist eine Entgeltumwandlung
>> ausgeschlossen. Unser Arbeitgeber ist durchaus bereit, eine
>> Betriebsvereinbarung zum Jobrad abzuschließen, aber da das eine
>> Entgeltumwandlung beinhaltet müssen wir erst einen Tarifvertrag
>> abschließen, der die Entgeltumwandlung für das Jobrad ermöglicht...
>
> Wer ist wir?

Unsere Firma. Tarifvertrag IT.

>
>> Und nein, die IG Metall möchte das nicht im allgemeinen Tarifvertrag
>> regeln.
>
> Wären die dann auch Vertragspartei des unternehmensspezifischen
> Tarifvertrags? Was ist für die so schlimm an Entgeltumwandlung?
>

Gewerkschaft bei uns (IT) ist die IG Metall.

Entgeltumwandlung hat den Nachteil, daß sich damit auch die Beiträge in
die Rentenversicherung veringern, was zu einer geringeren Rente führt.

Die Beträge, bei denen es beim Jobrad geht, sind eher gering und ein
nicht geringer Teil der Angestellten liegt eh über der
Beitragsbemessungsgrenze, d.h. bei denen hätte es ohnehin keine
Auswirkungen. Aber sieht die IG Metall eher prinzipiell.

Eigentlich müßten sie dann auch gegen Stundenreduzierungen sein (weil
die sich noch viel massiver auf die Rente auswirken), aber die sind
explizit im Tarifvertrag geregelt.

Und so warten die Kollegen (wir haben in München durchaus viele
Kollegen, die mit dem Rad fahren) eben darauf, daß endlich eine Regelung
kommt.


Rainer

Rainer Freis

unread,
Feb 7, 2024, 1:43:32 PM2/7/24
to
Am 05.02.2024 um 23:56 schrieb Stephan Gerlach:
> Stefan Schmitz schrieb:
>> Am 05.02.2024 um 02:02 schrieb Stephan Gerlach:
>>
>> Automatisch gilt eine relative Friedenspflicht. Es darf nicht für eine
>> Änderung dessen gestreikt werden, was im Tarifvertrag geregelt ist.
>
> Aber für alles andere schon?!

Ja.

>
> Nach dieser Logik wäre es z.B. auch bei nur einem einzigen(!)
> Tarifvertrag "erlaubt", für etwas zu streiken, was aktuell nicht in
> diesem (einen) Tarifvertrag geregelt ist.
>
> Bsp.: Im Tarifvertrag ist bisher das Thema "Jobticket" gar nicht
> geregelt; dann dürften die Arbeitnehmer (bzw. eine Gewerkschaft) einen
> Streik ausrufen mit der Begründung "wir streiken für ein Jobticket".

Ja, dann dürfte für ein Jobticket gestreikt werden. Es ist halt die
Frage, ob die Arbeitnehmer bereit sind, dafür auf die Straße zu gehen
oder ob es eher als nettes Goodie gesehen wird.

>
>>> Angenommen, bei einem bestimmten Arbeitgeber gelten für besimmte
>>> Arbeitnehmer 2 Tarifverträge:
>>>
>>> Tarifvertrag 1 vom 1.1.2021 bis 31.12.2022
>>> Tarifvertrag 2 vom 1.1.2022 bis 31.12.2023
>>>
>>> Was klar(?) sein dürfte, ist, daß vom 1.1.2022 bis 31.12.2022 eine
>>> Friedenspflicht gilt, da dann beide Tarifverträge "wirksam" sind.
>>> Was ist aber in der Zeit vom 1.1.2023 bis 31.12.2023?
>>> Für Tarifvertrag 2 würde noch die Friedenspflicht gelten (da dieser
>>> Vertrag noch läuft); Tarifvertrag 1 wäre aber schon abgelaufen, und
>>> dieser Fakt allein würde zu Streiks berechtigen.
>>>

Ja, zu Fragen die nicht in Tarifvertrag 2 geregelt sind.

>>> Also einerseits dürfte *nicht* gestreikt werden (weil Tarifvertrag 2
>>> dies "verbietet"); andererseits aber *doch* (weil die Friedenspflicht
>>> laut Tarifvertrag 1 abgelaufen ist).
>>>
>>> Ein Widerspruch?!
>>

Nein. Siehe oben. Es kommt darauf an, für was gestreikt wird. Es wird
aber üblicherweise in einem Tarifvertrag nicht nur ein Punkt geregelt.

Tarifverträge sind Kompromisse. Da bekommt jeder seine Punkte, die er
(in seinem Sinn) geregelt bekommt. Es hat schon seinen Grund, warum die
Verhandlungen im allgemeinen längern dauern. Und ja, da wird u.U. auch
schlimmer geschachert als auf dem sprichwörtlichen Basar.


Rainer


Hans Crauel

unread,
Feb 7, 2024, 3:00:10 PM2/7/24
to
Michael 'Mithi' Cordes schrieb

> Stephan Gerlach füllte insgesamt 64 Zeilen u.a. mit:
>> Demnach wären aus Sicht des Arbeitgebers tendenziell weniger
>> gleichzeitig laufende Tarifverträge sinnvoll,
>
> Eigentlich ja, aber der Öffentliche Dienst gönnt sich trotzdem mehrere
> parallel laufende Verträge. Der TV-L könnte eigentlich nahtlos in den
> alten TVÖD aufgehen, tut die ÖD aber nicht, also gibt es jedes Jahr
> Verhandlungen trotz zweijähriger Laufzeiten. Selbstgemachte Leiden nenne
> ich sowas.

Wobei Hessen beim TV-L nicht mitmacht, so dass auch der TV-H alle
zwei Jahre verhandelt wird. Der Goethe-Universität Frankfurt genügt
das jedoch noch nicht. Dort wird alle zwei Jahre der TV-GU verhandelt.

Eine Vereinheitlichung begegnet gleich mehreren Vorbehalten.
Unter anderem müssten dazu Bund, Länder und Kommunen (sowie
das Präsidium der GU) jedesmal wieder zu einer gemeinsamen
Position kommen.

Hans

Stefan Schmitz

unread,
Feb 7, 2024, 4:49:35 PM2/7/24
to
Am 07.02.2024 um 20:29 schrieb Michael Zink:
> On Tue, 6 Feb 2024 10:04:05 +0100, Stefan Schmitz wrote:
>
>> Für Gewerkschaftsführer ist es allerdings vorteilhaft. Die haben dann
>> mehr Flexibilität bei der Entscheidung, ob sie lieber mit einem Streik
>> ihre Macht demonstrieren oder konstruktiv verhandeln wollen, und können
>> mehr auf die aktuelle Stimmung der Mitglieder eingehen.
>
> ... oder sich kurz vor der Rente ein Denkmal setzen ...
> (Solange die Mitglieder mitziehen.)

Gibt es denn zwischen GdL und Bahn mehrere Tarifverträge? Sonst fällt
mir kein Streik kurz vor der Rente ein.

Matthias Frank

unread,
Feb 8, 2024, 3:16:45 AM2/8/24
to
Am 07.02.2024 um 19:38 schrieb Rainer Freis:

> Und so warten die Kollegen (wir haben in München durchaus viele
> Kollegen, die mit dem Rad fahren) eben darauf, daß endlich eine Regelung
> kommt.
>

Na ja wenn ich über der Beitragsbemessungsgrenze liege, kann ich
mir auch selbst ein Rad kaufen.

Es geht beim Jobrad doch um Peanuts, wer weg fehlender Entgeltumwandlung
sich kein Rad kauft, braucht offensichtlich keines.

Wolfgang Fieg

unread,
Feb 9, 2024, 6:46:15 AM2/9/24
to
Ein erfrischender Beitrag zur Beendigung einer unsäglichen Debatte, die
im öffentlichen Dienst von grünen Kommunalpolitikern erst ihrem eigenen
Arbeitgeberverband und dann den Gewerkschaften aufgezwungen wurde.

Wolfgang

Rainer Freis

unread,
Feb 10, 2024, 7:58:10 AM2/10/24
to
Da reden wir dann nicht mehr über "normale" Fahrräder (wie ich und
vielleicht du einst haben) sondern über eine Preiskategorie von mehreren
Tausend Euro. Und da ist es für einige Kollegen verlockend, das über den
Arbeitgeber zu bekommen.

Ob das Sinn macht, steht auf einem ganz anderen Blatt Papier.


Rainer

Stefan Schmitz

unread,
Feb 10, 2024, 8:24:46 AM2/10/24
to
Was ist denn daran so verlockend, wenn es aus dem eigenen Gehalt
finanziert wird und nicht vom AG oben drauf kommt?

> Ob das Sinn macht, steht auf einem ganz anderen Blatt Papier.

Wenn man so mehr zahlt als für ein selbst angeschafftes günstigeres Rad,
erkenne ich keinen Sinn für den AN.

Rainer Freis

unread,
Feb 10, 2024, 11:10:04 AM2/10/24
to
Am 10.02.2024 um 14:24 schrieb Stefan Schmitz:
> Am 10.02.2024 um 13:58 schrieb Rainer Freis:
>> Am 09.02.2024 um 12:46 schrieb Wolfgang Fieg:
>>> Am 08.02.2024 um 09:16 schrieb Matthias Frank:
>>>> Am 07.02.2024 um 19:38 schrieb Rainer Freis:
>>>
>>>>
>>>> Na ja wenn ich über der Beitragsbemessungsgrenze liege, kann ich
>>>> mir auch selbst ein Rad kaufen.
>>>>
>>>> Es geht beim Jobrad doch um Peanuts, wer weg fehlender
>>>> Entgeltumwandlung
>>>> sich kein Rad kauft, braucht offensichtlich keines.
>>>>
>>>
>>> Ein erfrischender Beitrag zur Beendigung einer unsäglichen Debatte,
>>> die im öffentlichen Dienst von grünen Kommunalpolitikern erst ihrem
>>> eigenen Arbeitgeberverband und dann den Gewerkschaften aufgezwungen
>>> wurde.
>>>
>>> Wolfgang
>>>
>>
>> Da reden wir dann nicht mehr über "normale" Fahrräder (wie ich und
>> vielleicht du einst haben) sondern über eine Preiskategorie von
>> mehreren Tausend Euro. Und da ist es für einige Kollegen verlockend,
>> das über den Arbeitgeber zu bekommen.
>
> Was ist denn daran so verlockend, wenn es aus dem eigenen Gehalt
> finanziert wird und nicht vom AG oben drauf kommt?
>

Man muß nicht erst das gehalt versteuern und *dann* das Fahrrad kaufen
sodern die Summe geht vom Gehalt ab. Man spart also quasi die
Einkommenssteuer.

>> Ob das Sinn macht, steht auf einem ganz anderen Blatt Papier.
>
> Wenn man so mehr zahlt als für ein selbst angeschafftes günstigeres Rad,
> erkenne ich keinen Sinn für den AN.
>

Man will eben kein *günstiges* Fahrrad sondern ein speziellen, das
teurer ist. Und wenn man dann noch Wartung usw. mit dabei hat, umso schöner.

natürlich gibt es Nachteile, aber die werden entweder ignoriert oder als
vernachlässigbar angesehen.

Außerdem hat es den Vorteil, daß man das Rad nicht aus bereits
versteuertem Gehalt bezahlen muß.

Rainer

Stephan Gerlach

unread,
Feb 16, 2024, 7:43:28 AM2/16/24
to
Rainer Freis schrieb:
Vielleicht hat(te) man das (ein teureres/besseresFahrrad) ja schon
vorher, also bevor bei diesem Arbeitgeber ins Gespräch kam, evtl.
Fahrräder zu finanzieren.

> Und wenn man dann noch Wartung usw. mit dabei hat, umso
> schöner.

Ist die Wartung mit dabei?
Wenn ja: Auch für bereits vorhandene Fahrräder, die *nicht* vom
Arbeitgeber "stammen"?

> natürlich gibt es Nachteile, aber die werden entweder ignoriert oder als
> vernachlässigbar angesehen.
>
> Außerdem hat es den Vorteil, daß man das Rad nicht aus bereits
> versteuertem Gehalt bezahlen muß.

Wenn man ein (teures/besseres) Fahrrad schon vorher hatte, nützt einem
sowas wie "Jobrad" relativ wenig.

Rainer Freis

unread,
Feb 16, 2024, 1:50:10 PM2/16/24
to
Am 16.02.2024 um 13:46 schrieb Stephan Gerlach:
> Rainer Freis schrieb:
> Vielleicht hat(te) man das (ein teureres/besseresFahrrad) ja schon
> vorher, also bevor bei diesem Arbeitgeber ins Gespräch kam, evtl.
> Fahrräder zu finanzieren.
>
>> Und wenn man dann noch Wartung usw. mit dabei hat, umso schöner.
>
> Ist die Wartung mit dabei?
> Wenn ja: Auch für bereits vorhandene Fahrräder, die *nicht* vom
> Arbeitgeber "stammen"?

Ja, Wartung ist mit dabei - aber nur für Räder, die über Jobrad laufen.

Ich sehe den Sinn da für mich auch weniger, aber es gibt einige
Kollegen, die nachfragen, ob und wann es sowas bei uns auch gibt. Der
Wunsch/Bedarf ist also da.


Rainer

Matthias Frank

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Feb 21, 2024, 7:18:09 AM2/21/24
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Am 16.02.2024 um 19:50 schrieb Rainer Freis:

> Ich sehe den Sinn da für mich auch weniger, aber es gibt einige
> Kollegen, die nachfragen, ob und wann es sowas bei uns auch gibt. Der
> Wunsch/Bedarf ist also da.
>

Ist halt auch dem häuslichen Finanzminister besser verkaufbar,
als ein paar Tausender aus der Haushaltskasse auf den Tisch zu legen
:-D

Ulf_Kutzner

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Feb 21, 2024, 7:32:18 AM2/21/24
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Laß raten, es geht um Fahrräder mit Elektrounterstützung,
wie sie im nämlichen Haushalt bislang nie inventarisiert
wurden?

Matthias Frank

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Feb 21, 2024, 8:20:41 AM2/21/24
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Kann sein aber auch z.b. Rennräder sind mittlerweile in ähnlichen
Preislagen.

Stefan Schmitz

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Feb 21, 2024, 8:28:16 AM2/21/24
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Gibt es die als Jobrad? Ich dachte, Jobräder sollten eigentlich dazu
dienen, zum Arbeitsplatz zu fahren. Dafür wäre ein Rennrad nicht so gut
geeignet.

Matthias Frank

unread,
Feb 21, 2024, 8:45:46 AM2/21/24
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Du kannst dir ein beliebiges Rad bestellen. Du wirst auch nicht
kontrolliert ob du es auf dem Weg zur Arbeit nutzt. In vielen Firme
kann man sogar eines für den/ die Partnerin bestellen.
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