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Grundrechte gehören nicht in Quarantäne

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Hans.B...@dizum.com

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Apr 20, 2020, 5:19:20 PM4/20/20
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Die Humanistische Union formuliert Forderungen zur Corona-Pandemie

Die Humanistische Union versteht sich als radikale Verfechterin der Grund-, Bürger- und
Menschenrechte in ihrer ganzen Breite. Sie sieht heute mit Sorge, wie diese Rechte in der
momentanen Krisensituation zunehmend eingeschränkt werden. Von den einschränkenden Maßnahmen
sind nahezu alle Grundrechte betroffen. Grundrechte sind aber keine Schönwetterrechte, sie
sollen sich gerade auch in Bedrohungslagen bewähren! Sie müssen daher gerade in Zeiten wie
diesen, wo ihre weitgehende Aussetzung von einer Mehrheit unterstützt wird, verteidigt werden.
"Das Corona-Virus hat unser Leben in einem vorher unvorstellbarem Maße in eine Zwangspause
katapultiert, aber für die Verteidigung von Grundrechten gibt es keine Pause", erklärte Werner
Koep-Kerstin, der Bundesvorsitzende der Humanistischen Union.

Nur wenn jeder Grundrechtseinschränkung transparente und demokratische politische
Entscheidungen zugrunde liegen, kann die notwendige Akzeptanz einschneidender Maßnahmen weiter
gewährleistet werden. Der fast vollständige Übergang der Entscheidungsgewalt an die Exekutive
des Staates in Bund und Ländern ohne parlamentarische Mitwirkung ist erschreckend. Die zur
Bekämpfung der Pandemie getroffenen Maßnahmen resultieren in einer Form von Ausnahmezustand,
wie es ihn seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr gegeben hat. Es ist unerlässlich, dass
ausschließlich demokratische Institutionen über derartige Maßnahmen entscheiden – und nur im
Rahmen der ihnen vom Grundgesetz verliehenen Kompetenzen. Das gilt sowohl für die klassischen
drei Gewalten als auch für die föderalen Strukturen. Politische Entscheidungen müssen
transparent vorbereitet und getroffen werden; wissenschaftliche Erkenntnisse sind dafür die
Grundlage, dürfen aber die Entscheidungen nicht determinieren. Es gibt keine alternativlosen
Entscheidungen!

Die Humanistische Union fordert:

Jede Maßnahme, die wegen der Pandemie Grundrechte einschränkt oder ihre Geltung aussetzt, muss
befristet sein. Bevor die Fortgeltung solcher Maßnahmen angeordnet wird, muss demokratisch
überprüft werden, ob sie zur Erreichung des angestrebten Ziels noch die geeignetsten und
mildesten Mittel sind, und ob sie noch angemessen sind. Dazu gehört die transparente und
sorgfältige Abwägung der mit der Grundrechtseinschränkung verbundenen Risiken. Bei allen
Maßnahmen müssen auch die damit verbundenen anderen Risiken (z.B. das Risiko häuslicher
Gewalt) berücksichtigt werden.

Zu einer demokratischen Überprüfung der Fortgeltung von Grundrechtseinschränkungen gehört
zwingend die Mitwirkung parlamentarischer Körperschaften. Anderslautende Ermächtigungen der
Exekutive sind wegen ihrer Verfassungswidrigkeit aufzuheben.

Einschränkungen des Versammlungsrechts, die über das durch den Infektionsschutz gebotene Maß
hinausgehen, sind sofort zurückzunehmen. Die Humanistische Union begrüßt daher die jüngste
Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, dass bei Anmeldungen von Versammlungen die
Behörden ihren Ermessensspielraum nutzen und konkrete Einzelfallprüfungen vornehmen müssen.

Derzeit wird über eine Corona-App als Allheilmittel zur Nachverfolgung von Infektionsketten
zur Eindämmung der Pandemie diskutiert. Der stellvertretende Bundesvorsitzende der
Humanistischen Union, der Informatiker Stefan Hügel, warnt: "Eine solche Corona-App birgt
erhebliche Risiken für den Datenschutz und damit für die Persönlichkeitsrechte bei
gleichzeitig unklarem Nutzen für den angestrebten Zweck." Die Erwartungen an eine "Corona-App"
müssen daher klar formuliert werden, und die App muss so entwickelt werden, dass sie ihren
Zweck und die notwendigen Datenschutzstandards erfüllt.

Es müssen datenschutzfreundliche und sichere Lösungen für mobiles Arbeiten entwickelt werden.
Dabei müssen die Lasten gerecht und nicht einseitig auf die Arbeitnehmer abgewälzt werden.

Die staatlichen Versäumnisse bei der Digitalisierung müssen aus aktuellem Anlass benannt
werden, um sie zu beseitigen.

Die Privatisierung großer Teile der öffentlichen Infrastruktur muss auf den Prüfstand.

Es muss im Hinblick auf zukünftige Krisen, insbesondere in Folge des Klimawandels, geklärt
werden, was wir aus der Corona-Krise lernen können bzw. müssen. Die Wahrung der Grundrechte
muss Staat und Gesellschaft bei jeder Krisenbewältigung leiten.

Die Notversorgung und Evakuierung der Flüchtlinge in den durch die Corona-Krise besonders
bedrohten Flüchtlingslagern an der Südgrenze der Europäischen Union müssen durch eine
europäische, humanitäre Lösung sichergestellt werden.

Quelle:
http://www.humanistische-
union.de/nc/aktuelles/aktuelles_detail/back/aktuelles/article/grundrechte-gehoeren-nicht-in-
quarantaene/

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