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Gasumlage – Warum blickt niemand auf den Elefanten im Raum?

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Wollt ihr den totalen Frost?

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Aug 17, 2022, 12:19:20 PM8/17/22
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https://www.nachdenkseiten.de/?p=86999


Die Höhe der als „Gasumlage“ bezeichneten Abgabe, mit der die
Bundesregierung die „Rettung“ des großen Gasimporteurs Uniper
finanzieren will, steht nun fest. Es sind 2,419 Cent.
Nachrichtenformate wie die Tagesschau beziffern die Mehrbelastung eines
durchschnittlichen Haushalts auf 484 Euro pro Jahr. Dabei geht meist
unter, dass diese Umlage nur ein kleinerer Teil der Mehrbelastung ist
und die massiv gestiegenen Gaspreise ja noch hinzugerechnet werden
müssen. Auch Kritiker, vor allem aus der politischen Linken, haben sich
nun auf diese Gasumlage eingeschossen und wollen in Protesten gegen
diese Umlage mobilisieren. Das ist ein Scheingefecht, das an der Lösung
des Gesamtproblems vorbeigeht. Von Jens Berger.


Um eine grobe Ahnung von den künftig noch zu erwartenden
Preissteigerungen für Erdgas zu bekommen, ist es ganz hilfreich, sich
einmal den aktuellen Börsenpreis für Erdgas an der Leipziger
Energiebörse EEX anzuschauen. Dort wurde eine Megawattstunde gestern
für 234 Euro gehandelt. Das ist erstmal ein abstrakter Wert. Rechnet
man dies jedoch auf die für Haushalte relevante Größe um, kommt man auf
23,4 Cent pro Kilowattstunde. Zum Vergleich: Der durchschnittliche
Gaspreis für Haushalte beträgt zurzeit bei den Versorgern, die den
Arbeitspreis bereits angepasst haben, inklusive der Gasumlage, 19,56
Cent und liegt damit rund vier Cent unter dem Börsenpreis, der jedoch
ein Großhandelspreis ohne Steuern und Abgaben und ohne Netzentgelte
sowie die Kosten der Endversorger ist, die ja beim Endkundenpreis noch
hinzugezählt werden müssen.

Ist der Börsenpreis maßgeblich für den Endkundenpreis? Ja! Denn seit
einigen Jahren orientieren sich auch langfristige Lieferverträge über
ihre Preisanpassungsklauseln an diesem Börsenpreis; nur halt
zeitversetzt. Dies im Hinterkopf, sollte klar sein, dass wir bei der
nun heiß debattierten Gasumlage leider tatsächlich nur über einen
kleinen Teil der bereits in diesem Herbst und später zu erwartenden
Mehrbelastungen für Verbraucher sprechen.

Überträgt man die bereits heute von vielen Versorgern vorgenommenen
Preissteigerungen auf einen durchschnittlichen, in einem
Einfamilienhaus lebenden Haushalt, kommt man auf einen neuen Gaspreis
von 3.912 Euro pro Jahr – das sind 2.582 Euro mehr als im Jahr zuvor,
da zu den von Tagesschau und Co. genannten 484 Euro für die Gasumlage
noch 2.098 Euro für den höheren Arbeitspreis kommen. Wie bereits
gesagt: Das betrifft alle Haushalte, auch wenn einige Versorger immer
noch mit den neuen Preisen ab Oktober hinter dem Berg halten. Auch bei
ihnen wird eine Preiserhöhung folgen, das ist so sicher wie das Amen in
der Kirche. Und: Die hier genannten Zahlen betreffen „nur“ die erste
Preiserhöhungsrunde. Alleine der Umstand, dass der Endkundenpreis inkl.
Steuern, Abgaben und Margen zurzeit unter dem Großhandels-Nettopreis
liegt, zeigt, dass hier das Ende der Fahnenstange noch lange nicht
erreicht ist.

Und was macht die Politik? Man zofft sich derzeit, ob auf die Umlage
noch Umsatzsteuern erhoben werden. Natürlich, das ist vor allem für
finanzschwache Haushalte eine wichtige Frage, wirkt bei Betrachtung der
Gesamtbelastungen aber so, als streite man sich bei einem Haus mit
wegbrechendem Fundament darüber, ob die Fensterfarbe wetterfest ist.
Und wer die Nachrichten nur oberflächlich verfolgt, wiegt sich dabei
oft immer noch in Sicherheit, dass die zu erwartenden Mehrkosten mit
einem dreistelligen Betrag pro Jahr ja noch halbwegs überschaubar sind
und man das schon irgendwie hinbekommt.

Der Bundesregierung kann dies nur recht sein. Ein Volk, das sich seit
Jahren, wenn nicht gar Jahrzehnten in einer Duldungsstarre eingerichtet
hat, braucht schon ein ordentliches „Hallo Wach!“, um auf die Straße zu
gehen und seinen gewählten Volksvertretern Feuer unter dem Hintern zu
machen. Die kommunizierten 484 Euro sind – gerade für viele Angehörige
der politisch passiven Mittelschicht – noch kein „Hallo Wach!“.
Mehrbelastungen im mittleren vierstelligen Bereich wären es jedoch.
Honi soit qui mal y pense – das Fokussieren auf die Gasumlage ist also
durchaus staatstragend und passt damit eigentlich recht gut in den auch
ansonsten staatstragenden Kurs der Medienberichterstattung.

Nicht wirklich einleuchtend ist jedoch, warum diejenigen, die dennoch
auf die Straße gehen werden, sich auf diesen Randaspekt fokussieren
sollten. Sicher, man könnte die Umlage auch über Steuern finanzieren
und damit gerechter verteilen. Dann würden einkommensschwache
Haushalte, die mit Gas heizen, ein wenig entlastet werden. Aber auch
das ist letztlich nur ein Scheingefecht, bei dem es „nur“ um einen
kleinen Teil der horrenden Mehrbelastung geht. Die Gaspreiserhöhung
selbst ist der Elefant im Raum. Alle sehen ihn, aber keiner nimmt ihn
wahr.

Auch das folgt einer gewissen Logik. Denn ein wenig Kosmetik rund um
die Gasumlage ist ja durchaus innerhalb des Koordinatensystems der
Regierungspolitik. Man federt hier ein wenig ab, verteilt dort ein
wenig um – ein paar Euro reichen. Und schon hat die Umlage ein soziales
Mäntelchen. Man streicht die Fenster rot … und das wegbrechende
Fundament ignoriert man.

Wer sich auf die Gasumlage fokussiert, muss sich halt nicht mehr der
eigentlich wichtigen Frage widmen: Wie schaffen wir es, dass der
Gaspreis wieder auf das langjährige Mittel sinkt und die Menschen es im
Winter warm haben, ohne dafür Unsummen zu bezahlen? Wie schaffen wir
es, dass Energie für Industrie und Wirtschaft wieder ein bezahlbares
Gut wird und die energiebedingten Kostensteigerungen nicht derart auf
die Produktpreise umgelegt werden, dass dies die Inflation antreibt und
gleichzeitig die Konkurrenzfähigkeit deutscher Hersteller ruiniert?

Aber diese Debatte ist nun einmal für die Bundesregierung und die
großen Medien unbequem. Wer für „die Ukraine“ oder gar „die Freiheit“
frieren will und den steigenden Preisen im Angesicht der nötigen
Energiewende durchaus was abgewinnen kann, wird die Lösungen für das
Energiepreisproblem als Tabu ansehen. Dabei genügt ein Blick auf die
Landkarte. Deutschland braucht Gas, Russland hat Gas. Die vergangenen
50 Jahre haben gezeigt, dass Russland dieses Gas seinen westlichen
Nachbarn bei allen Schwankungen in den gemeinsamen Beziehungen auch
gerne zuverlässig und zu fairen Preisen verkauft. Zumindest so lange,
wie Deutschland den Bogen nicht überspannt hat und seinem Nachbarn
einen als „Sanktionen“ beschönigten Wirtschaftskrieg erklärt hat und
sich von den USA in einen Stellvertreterkrieg gegen Russland ziehen
ließ. Die Folgen dieser Politik sehen wir nun auf unserer Gasrechnung.
Dass die Bundesregierung nicht daran erinnert werden will, versteht
sich von selbst.





























































































































































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