Nach einem komplexen Crash können im Einzelfall Mitschnitte einer
Kamera Dritter zur Klärung des Unfallhergangs herangezogen werden.
Das gilt auch dann, wenn sich eine der beteiligten Parteien vor
Gericht dagegen ausspricht. Das zeigt eine Entscheidung des
Oberlandesgerichts Saarbrücken (Az.: 4 U 111/21), auf die die
Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV)
hinweist.
Saarbrücken. In dem Fall stießen ein Cabrio und ein Kleinwagen in
einem sehr engen Kreisverkehr zusammen. Es hatte sich nicht klären
lassen, wann genau die Fahrzeuge dort jeweils eingefahren waren. So
blieb die Frage der Haftungsverteilung zunächst offen.
Ist die Klärung oder der Datenschutz wichtiger?
Direkt am Kreisverkehr war aber eine Firma ansässig, die eine
Überwachungskamera installiert hatte. Diese Kamera hatte den Unfall
gefilmt und aufgezeichnet. Nun wollte eine Unfallpartei die
Aufnahme im Verfahren als Videobeweis zur Klärung des
Unfallhergangs zulassen, die andere Partei sprach sich mit Verweis
auf Datenschutz dagegen aus.
Das Gericht ließ die Aufzeichnung der Firmenkamera als Beweismittel
zu - mit folgender Begründung: Das Video greife zwar in die
Privatsphäre der am Unfall Beteiligten ein. Aber: Die Bedeutung
einer funktionstüchtigen Rechtspflege und die Beweisnot seien in
diesem speziellen Fall höher zu bewerten.
Am Ende heißt es zwei Drittel und ein Drittel
Wer am Straßenverkehr teilnimmt, müsse darüber hinaus damit
rechnen, dass Dritte ihr Verhalten wahrnehmen, so das Gericht
weiter. Am Ende musste der Fahrer des Cabrios zwei Drittel des
Schadens übernehmen: Er hatte mit höherem Tempo die Mittelinsel
geschnitten, um an dem Kleinwagen vorbeizufahren. Dabei war es zu
dem Unfall gekommen.
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https://www.handelsblatt.com/dpa/datenschutz-versus-unfallklaerung-gericht-erlaubt-kamerabeweis-trotz-datenschutzbedenken/29586200.html>