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Ausstieg aus Atomenergie

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Nico Hoffmann

unread,
Sep 30, 1998, 3:00:00 AM9/30/98
to
In <6utbio$b...@tigra.HL.Siemens.DE> hat
*Patrick Schelauske* geschrieben:

>>> Ausserdem ist Strahlung nicht gleich Strahlung ...
>>> Alpha, Beta, Gamma ...
>>> Partikel, biologische Anreicherung, Halbwertzeiten ...

>>Schlagworte...
>>Grundverstaendnis???

>Man vermeide Teilchen im eigenen Gewebe anzureichen die alpha-Strahlung
>absondern koennten.
>So eine leichten Gammastrahler mit kurzer Halbwertzeit, den man schnell
>wieder ausscheidet, wuerde ich mir bei einer lebenswichtigen med.
>Untersuchung gerade noch zumuten.

Das ist auch nur die halbe Wahrheit.
Zunächst muß man zwischen Teilchenstrahlung (alpha, beta) und
elektromagnetischer (gamma) Strahlung unterscheiden.

Welche wie gefährlich ist, weiß niemand im Allgemeinen so ganz
genau, das hängt von viel zu vielen Einflußfaktoren ab.

Es ist aber so, daß die biologische Wirksamkeit nicht direkt mit
der Energiemenge der Quanten/Teilchen zusammenhängt.

Wenn man Faustformeln aufstellen will:
Die gefährlichste Strahlung ist die alpha-Strahlung, nicht (nur)
wegen der Einlagerung ins Gewebe, sondern weil Teilchenstrahlung
die Eigenschaft besitzt, lokal erstaunlich große Schäden
anrichten zu können.
Deswegen ist es auch nicht relevant, daß die Reichweite von
alpha-Teilchen in Luft nur einige cm beträgt.

Beta-Strahlung v.a. ist deswegen weniger schädlich, weil die
emittierten Teilchen viel kleiner sind.

Gammastrahlung ist biologisch gesehen wohl die ungefährlichste
Art, aber wie gesagt mehr als pi mal Daumen ist so eine
Einordnung nicht.

F'up2 nach de.sci.physik, dort sitzen die Spezialisten. Wer mag,
kann bei dejanews suchen, das Thema wurde dort schon diskutiert.

N.
--
http://www.tu-chemnitz.de/~nico/ -> Meine Seiten
http://www.asam.baynet.de/~hoffmani/ -> Auch meine Seiten

"Das Usenet ist eine Aufteilung von misc.misc." Jürgen Dollinger in dnq

Karl-Rainer Anton

unread,
Sep 30, 1998, 3:00:00 AM9/30/98
to
Nico Hoffmann schrieb:
Hier muss widersprochen werden, die Gefaehrlichkeit liegt nicht
so sehr in den akuten Schaeden, sondern in der Strahlenbelastung
von innen. Radioaktive Elemente werden in die Koerpersubstanz
mit eingebaut (Sr90, J137 etc.) und richten dort Dauerschaeden
an, diese sind immer durch die Erzeugung von Radikalen charakterisiert
welche die Reduplikation der DNA stören. Dadurch wird Strahlenkrebs
und krankhafte Mutation ausgelöst. Schon ein einziges energiereiches
Teilchen aus der Höhenstrahlung kann (wenn auch mit verschwindend
geringer Wahrscheinlichkeit) Krebs auslösen, wenn alle sonstigen
Parameter des Inividuums (Immunabwehr, Zeitpunkt und Ort des Treffers)
ungünstig stehen. Es ist hier wie beim Klima: Der Flügelschlag eines
Schmetterlings kann prinzipiell die Grosswetterlage aendern.
Ich denke, das Krebsrisiko ist durch andere (chemische)
Radikalproduzenten schon hoch genug.

Gefahr erkannt, Gefahr gebannt ...

KR

Rolf Albinger

unread,
Sep 30, 1998, 3:00:00 AM9/30/98
to
On Thu, 01 Oct 1998 13:16:06 +0200, Ralf Schmode <rsch...@gmx.net>
wrote:
>
>Beste Grüße aus Geesthacht, der Stadt mit den zwei (!) kerntechnischen
>Anlagen,
>
>Ralf
Wie siehst du denn das Problem des sehr gehaeuften Auftretens von
Leukaemie, vornehmlich bei Kindern, am anderen Elbufer?
(Stichwort Kruemmel: Bitte erzaehl jetzt nicht, der Unterschied waere
nicht signifikant)
Viel Spass weiterhin
Rolf

Bernhard Steiger

unread,
Oct 1, 1998, 3:00:00 AM10/1/98
to
>> In <6utbio$b...@tigra.HL.Siemens.DE> hat
>> *Patrick Schelauske* geschrieben:
>> Deswegen ist es auch nicht relevant, daß die Reichweite von
>> alpha-Teilchen in Luft nur einige cm beträgt.
>>
>> Beta-Strahlung v.a. ist deswegen weniger schädlich, weil die
>> emittierten Teilchen viel kleiner sind.
>>
>> Gammastrahlung ist biologisch gesehen wohl die ungefährlichste
>> Art, aber wie gesagt mehr als pi mal Daumen ist so eine
>> Einordnung nicht.
>
Hi

Dieses Problem ist etwas komplizierter, da die biologische Wirksamkeit von
der Strahlungsenergie abhängt.
Prinzipiell ist die Aussage, daß Gammastrahlung die ungefährlichste sei,
falsch. Sie hat die größte Reichweite und kann somit viel Gewebe passieren.
Während Alpha- und Beta-Strahlen schon nach wenigen Metern in Luft praktisch
absorbiert sind, können Gammaquanten sich einige Kilometer ohne
nennenswerten Energieverlust in Luft bewegen.
Die zerstörerische Funktion im Gewebe kann z. B. dadurch erfolgen, daß eine
Bindung der DNA aufgebrochen wird und sich anschließen das "falsche" Molekül
oder Atom wieder anlagert. Die Änderung des Erbgutes ist gelungen und wir
können nur hoffen, daß bei der Zellteilung von den körpereigenen
Überwachungssystemen die Gefahr erkannt wird.

Ciao Bernhard

Hendrik van Hees

unread,
Oct 1, 1998, 3:00:00 AM10/1/98
to
Also ich hab' mal aus Interesse zwei Semester Strahlenbiophysik gehoert
(wir haben hier die weltweit fuehrenden Experten in Krebstherapie mit
schweren Ionen, war letzthin sogar in der Bloeszeitung zu lesen ;-)).

Zunaechst mal muss man generell sagen, dass grundsaetzlich jede
Strahlung schaedlich ist in dem Sinne, dass es keine Schwelle in der
Biologischen Wirksamkeit gibt wie z.B. bei chemischen Wirkungen.

Es kommt aber natuerlich noch sehr darauf an, wo die Strahlung wirkt
(spiegelt sich in verschiedenen q-Faktoren fuer lokalisierte Strahlung
an verschiedenen Koerperstellen auch wieder).

Alpha-Teilchen sind, solange man keine Alpha-Quelle inkorporiert, eher
harmlos, weil sie schon durch ein Blatt Papier abgeschirmt werden. Sie
kommen also nicht sehr weit durch die Haut durch.

Elektronen (Beta-Zerfall) kommen schon weiter, und Gamma-Strahlen erst
recht.

Es ist also umgekehrt wie Du schreibst.

--
Hendrik van Hees Phone: ++49 06159 71-2755
c/o GSI-Darmstadt THE Fax: ++49 06159 71-2990
Planckstr. 1 mailto:h.va...@gsi.de
D-64291 Darmstadt http://www.gsi.de/~vanhees/vanhees.html

Hendrik van Hees

unread,
Oct 1, 1998, 3:00:00 AM10/1/98
to
Das ist aber sehr einfach gedacht. Hast Du schon mal ueber die
cancerogene Wirkung nachgedacht, die von konventionellen Kraftwerken
ausgehen?

Arnd-Matthias Langner

unread,
Oct 1, 1998, 3:00:00 AM10/1/98
to

Hendrik van Hees <h.va...@gsi.de> schrieb im Beitrag
<36132D19...@gsi.de>...


> Also ich hab' mal aus Interesse zwei Semester Strahlenbiophysik gehoert

...


> Alpha-Teilchen sind, solange man keine
> Alpha-Quelle inkorporiert, eher
> harmlos, weil sie schon durch ein Blatt Papier
> abgeschirmt werden. Sie
> kommen also nicht sehr weit durch die Haut durch.
>
> Elektronen (Beta-Zerfall) kommen schon weiter, und
> Gamma-Strahlen erst recht.

....
Ergaenzung fuer den Fall inkorporierter Strahlenquellen:

Hier spielt die biologische Halbwertszeit sowie ggf. die
Organdosis (Akkumulation eines Nuklids in bestimmten
Geweben z.B.131I in der Schilddruese) eine erheblich
wichtigere Rolle als die physikalische Halbwertszeit
oder die Zerfallsenergie.

90Sr und 137Cs haben IIRC zumindest groessenordnungs-
maessig aehnliche Zerfallsenergieen (Beta und begleitende
Gammastrahlung) und vergleichbare Halbwertszeiten.

n Bequerel (Bq) 137 Cs sind jedoch deutlich weniger
belastend als n Bq 90Sr, da das Cs aehnlich Na oder K
verstoffwechselt wird und den Koerper somit rasch wieder
verlaesst (kurze biologische Halbwertszeit), das Sr geht
jedoch in den Ca-Stoffwechsel ein und kann z.B. in
Knochen eingebaut werden. (Dieses unterschiedliche
Gefaehrdungspotential spiegelt sich auch in unterschied-
lichen Kontaminationsgrenzwerten fuer beide Nuklide
wieder.)

Besonders gemein bei Inkorporation sind Stoffe wie
z.B. Pu, die einerseits als Alphastrahler einen hohen
radiologischen Bewertungsfaktor q (Umrechnungsfaktor
zwischen Energiedosis und Aequivalentdosis) haben und
sich andererseits (Schwermetall) im Koerper anreichern
und praktisch nicht mehr ausgeschieden werden.

Fuer externe Strahlenexposition gilt das von Hendrik
gesagte:

Alphas sind harmlos, da bereits durch wenige cm Luft
oder duennste Materialschichten (Alufolie, Papier)
verlaesslich abgeschirmt.

Die Reichweite energiereicher Betas kann in Luft bis
ca. 2m betragen, sie sind aber durch relativ duenne
Metallschichten (einige mm Al) zuverlaessig
abzuschirmen.

Gammaquanten haben dagegen eine hohe Reichweite
und sind schwer abzuschirmen (dicke Betonwaende).

Last but not least: Es aergert immer wieder, wenn
in den Medien Bequerel-Werte zum Mass aller Dinge
erhoben werden (siehe die kontaminierten Castor-
Behaelter).

Ohne Angabe der vorliegenden Nuklide und des
Expositionsweges ist eine Bq-Angabe so
sinnlos wie nur irgend etwas. Eine sinnvolle
radiologische Risikoabschaetzung ist daraus
jedenfalls nicht herleitbar.

Kleine Quizfragen am Schluss:

Wieviel Bq sind in einem
Zentnersack Kaliduenger ?

Wieviel Bq emittiert ein 300 MW
Kohlekraftwerksblock taeglich ?

Maechtig gefaehrlich, das Zeug!
<eg>

Gruss

Arnd-Matthias


Stefan Jaag

unread,
Oct 1, 1998, 3:00:00 AM10/1/98
to
On 1 Oct 1998, Arnd-Matthias Langner wrote:

> Kleine Quizfragen am Schluss:
>
> Wieviel Bq sind in einem
> Zentnersack Kaliduenger ?
>
> Wieviel Bq emittiert ein 300 MW
> Kohlekraftwerksblock taeglich ?

Ich könnte da noch ein paar lustige Fragen ergänzen:

Wieviel Uran wird von diesem Kohlekraftwerk in die Umwelt geblasen
und wieviel Plutonium entsteht daraus durch Höhenstrahlung?
(wenn jemand an den Zahlen interessiert ist, kann ich nachschauen)

oder

Der "dreckigste" Fleck auf einem contaminierten Castor-Behälter
hatte eine Aktivität von 13 000 Bq. Wieviele Menschen braucht
man, um die gleiche Menge Radioaktivität zusammen zubekommen
(hauptsächlich natürliches K-40 aus unseren Knochen)!

oder

Warum braucht ein Krematorium keine Atomrechtliche Genehmigung?

oder

Warum darf ich nach einem Regen in Pfützen rumlaufen ohne dass hinterher
meine Schuhe ins Gelbe Fass müssen? (BTW, da kommt man nämlich auch ruck
zuck auf über 4 Bq/cm^2)?

> Maechtig gefaehrlich, das Zeug!

Gruss
Stefan

Ralf Schmode

unread,
Oct 1, 1998, 3:00:00 AM10/1/98
to
Stefan Jaag schrieb:

>
> On 1 Oct 1998, Arnd-Matthias Langner wrote:
>
> > Kleine Quizfragen am Schluss:
> >
> > Wieviel Bq sind in einem
> > Zentnersack Kaliduenger ?
> >
> > Wieviel Bq emittiert ein 300 MW
> > Kohlekraftwerksblock taeglich ?
>
> Ich könnte da noch ein paar lustige Fragen ergänzen:
>
> [...]

Interessierte mit der entsprechenden Meßinstrumentierung können auch mal
folgendes probieren: Fernseher einige Stunden laufen lassen (nicht
strahlungsarmer PC-Monitor tut es auch) - Mattscheibe mit einem mit
Ethanol befeuchteten Tuch abwischen - unter einem Kontamaten (ein
Fentsterzählrohr reicht auch) ausmessen und das Ganze mal in Bq/cm^2
umrechnen - jede Wette, der Fernseher müßte ins gelbe Faß, nicht weil
der Bildschirm "strahlt", sondern weil die elektrostatische Aufladung
der Bildröhrenoberfläche ein prima Feinstaubfänger ist, an den sich die
Radonfolger aus der Luft anhängen. Man kann sogar eine Zerfallskurve
aufnehmen und über die Halbwertzeit bestimmen, ob man mehr Uran oder
mehr Thorium in der Bausubstanz hat (in meiner Wohnung war es Thorium).
Die Bq im Zentnersack Kalidünger verrate ich nicht, nur soviel: Bei
etlichen der (jetzt leider gestoppten) Transporte nach Morsleben war es
so, daß dort weniger Aktivität umhergefahren wurde als in einem
gewichtsgleichen Transport mit Kalisalz. Oder anders: Lagerte man
schwach- und mittelaktive Abfälle in einem aufgelassenen Kalisalzstock
(Morsleben ist AFAIK ein Steinsalzstock, also Natriumchlorid), käme
vermutlich durch die Einlagerung weniger Aktivität dort hinein als im
Verlauf der Bergbautätigkeit hinaus - alles Fakten, die ich nicht
kommentieren, aber einmal zur Diskussion stellen will.

Kurz noch zur Frage der Gefährlichkeit alpha/beta/gamma: Bei
Inkorporation richtet eine definierte alpha-Aktivität zweifelsohne mehr
Schaden an als eine gleich große beta/gamma-Aktivität (höhere
Ionisationsdichte der Alphas). Bei externer Applikation sind aber Alphas
praktisch wirkungslos, da sie aufgrund ihrer winzigen Reichweite in den
Bereich sich teilender Zellen nicht vordringen können. Hinzu kommt, daß
in einer kerntechnischen Anlage auf ein Bq alpha-Aktivität etwa 1000 Bq
beta/gamma-Aktivität kommen und einige beta/gamma-Strahler mit hoher
Spaltausbeute - z. B. Iod-131 oder Strontium-90 - auch noch ein fieses
Anreicherungsverhalten in bestimmten empfindlichen Körperstrukturen
zeigen. Bei kerntechnischen Großschadensereignissen stehen jedenfalls
bei den Strahlenschäden in der Regel die durch beta/gamma-Strahler im
Vordergrund; im Uranbergbau oder in Wiederaufarbeitungsanlagen, wo mit
hohen alpha-Aktivitäten umgegangen wird, kann dies u. U. anders sein.

Kleine Bemerkung am Rande: Als ich das erste Mal den thread hier sah,
dachte ich nur: "Ach du Sch***e, jetzt geht es hier auch schon los". Was
hier an Diskussion zu diesem Thema abläuft, hebt sich aber ganz
wohltuend von dem ab, was bei der Kernenergiediskussion in der
öffentlichen (und insbesondere der veröffentlichten) Meinung stattfindet
- ich glaubte schon, Kernenergiebefürworter und -gegner könnten gar
nicht mehr miteinander diskutieren, ohne den handlichen Zitatenschatz
des "Götz von Berlichingen" zur Hilfe zu nehmen. Angesichts der
Diskussion hier freue ich mich aber, mich hierin geirrt zu haben.

Kai-Martin Knaak

unread,
Oct 1, 1998, 3:00:00 AM10/1/98
to
In article <Pine.LNX.3.96.98100...@inrpc232.fzk.de>,

Stefan Jaag <ja...@inrpc232.fzk.de> writes:
> On 1 Oct 1998, Arnd-Matthias Langner wrote:

[Viele Fragen, die demonstrieren, dass auch eine kernenergiefreie
Umwelt nicht frei von ionisierenden Strahlen ist. ]

Andererseits:
Wie viele Tonnen heissen radioaktiven Abfalls erzeugt ein
Kernreaktor ueber seine Lebenszeit?

Wie lange muss man die abgebrannten Brennstaebe "endlageren", bis
man das Material bedenkenlos als Strassenbelag verwenden kann?

Wie wahrscheinlich ist es, dass ueber diesen Zeitraum hinweg
das naturwissenschaftliche Knowhow ausreicht, um das
Gefaehrungspotential vernuenftig abschaetzten zu koennen?

Wie lange wird die momentan stabile politische Lage anhalten?
Wann wird der naechste "totale Krieg" ausgerufen?

>> Maechtig gefaehrlich, das Zeug!

eben.

Tschuess,
---<(kmk)>---

Hendrik van Hees

unread,
Oct 1, 1998, 3:00:00 AM10/1/98
to
Es sollte praezisiert werden, bei den Castorbehaeltern handelte es sich
um Zerfallsraten _pro Flaeche_, und man hat Flaechen genommen, die
winzig klein sind. Die absoluten Zerfallsraten sind so laecherlich, dass
damit kein Mensch hinter dem Ofen haette hervorgelockt werden koennen.

Der Hinweis mit dem Kaliduenger ist gut. Vielleicht sollte man so einen
Wischtest mal im Inneren eines Duengemitteltransports durchfuehren und
die Werte veroeffentlichen...

Arnd-Matthias Langner

unread,
Oct 1, 1998, 3:00:00 AM10/1/98
to

Ralf Schmode <rsch...@gmx.net> schrieb im Beitrag
<36136476...@gmx.net>...

...

> Interessierte mit der entsprechenden Meßinstrumentierung können auch mal
> folgendes probieren: Fernseher einige Stunden laufen lassen (nicht
> strahlungsarmer PC-Monitor tut es auch) - Mattscheibe mit einem mit
> Ethanol befeuchteten Tuch abwischen - unter einem Kontamaten (ein
> Fentsterzählrohr reicht auch) ausmessen und das Ganze mal in Bq/cm^2
> umrechnen - jede Wette, der Fernseher müßte ins gelbe Faß, nicht weil
> der Bildschirm "strahlt", sondern weil die elektrostatische Aufladung
> der Bildröhrenoberfläche ein prima Feinstaubfänger ist, an den sich die
> Radonfolger aus der Luft anhängen.


Nette Idee. Werde ich mal ausprobieren. Ich kannte bisher
nur die Methode, mittels Staubsauger oder aehnlicher
laermiger Geraete Luft durch ein Feinstaubfilter zu saugen.

> Die Bq im Zentnersack Kalidünger verrate ich nicht, nur soviel: Bei
> etlichen der (jetzt leider gestoppten) Transporte nach Morsleben war es
> so, daß dort weniger Aktivität umhergefahren wurde als in einem
> gewichtsgleichen Transport mit Kalisalz.

BTW: Kennst Du zufaellig die Nuklide, die bei den kontaminierten
Castor-Behaeltern festgestellt wurden?

Die Medien lieferten zu diesem Thema ja leider nur einen,
von keiner Sachinformation getruebten, Meinungsjournalismus.

Ich haette mal als wesentliche kontaminierende Bestandteile
137Cs und 90Sr vermutet und unterstellt, dass kurzlebige
Nuklide wie 131I bereits im Abklingbecken zerfallen sein
duerften.

In einer franzoesischen Nachrichtensendung, die damals
als einziger(!) mir bekannter Medienbeitrag Detailinformationen
nannte, wurde allerdings 60Co erwaehnt, was mich wunderte,
da dieses Nuklid AFAIK im radioaktiven Inventar eines
KKW praktisch nicht vorkommt. Oder irre ich hier ?

Deinem Dankeschoen an alle Mitdiskutanten fuer die
bisher sachliche und informative Diskussion dieses
typischerweise hochgradig emotionsbelasteten Themas
schliesse ich mich von Herzen an.

--
Gruss
Arnd-Matthias


Stefan Jaag

unread,
Oct 1, 1998, 3:00:00 AM10/1/98
to

On 1 Oct 1998, Kai-Martin Knaak wrote:

> Stefan Jaag <ja...@inrpc232.fzk.de> writes:
> > On 1 Oct 1998, Arnd-Matthias Langner wrote:

> [Viele Fragen, die demonstrieren, dass auch eine kernenergiefreie
> Umwelt nicht frei von ionisierenden Strahlen ist. ]

> Andererseits:
> Wie viele Tonnen heissen radioaktiven Abfalls erzeugt ein
> Kernreaktor ueber seine Lebenszeit?

Ein normaler Uranoxid Reaktor ca. 27 kg Plutonium, 1.7 Kg Neptunium,
1.1 kg Americium und kleinere Mengen Curium je Tera-Watt-Stunde
(elektrisch). Die Spaltprodukte sind von vergleichsweise untergeordnetem
Interesse. Ein Kernreaktor hat ca. 1300 Mega-Watt Leistung ... in
Deutschland verfügen wie über 20 GW Kernstrom. Den Rest kann man
ausrechenen ... richtig heiss ist eigentlich nur das Americium.

Ein Reaktor, der mit MOX berieben wird kann jedoch z.B. die Plutonium
Menge veringern ... die anderen bleiben (bei bisheriger Technik) erhalten.
Wohlbemerkt: "bisherige Techink". Es gibt genug gute Ansätze mit
konventioneller Technik Np und evtl. auch Am zu verbrennen, d.h.
es ist für diese Kameraden keine Endlagerung notwendig. Konzepte
für einen geschlossenen Kreislauf sind denkbar und werden diskutiert.
z.B. die Verwendung von Thorium als Brennstoff, das den Vorteil hat,
dass daraus kein frisches Np, Pu, Am und Cm produziert wird.

> >> Maechtig gefaehrlich, das Zeug!

Widersprich niemand!

Gruss
Stefan


Arnd-Matthias Langner

unread,
Oct 1, 1998, 3:00:00 AM10/1/98
to

Rolf Albinger <q306...@bonsai.fernuni-hagen.de> schrieb im Beitrag
<36122152...@news.fernuni-hagen.de>...


> On Thu, 01 Oct 1998 13:16:06 +0200, Ralf Schmode <rsch...@gmx.net>
> wrote:
> >

> >Beste Grüße aus Geesthacht, der Stadt mit den zwei (!) kerntechnischen
> >Anlagen,
> >
> >Ralf

> Wie siehst du denn das Problem des sehr gehaeuften Auftretens von
> Leukaemie, vornehmlich bei Kindern, am anderen Elbufer?
> (Stichwort Kruemmel: Bitte erzaehl jetzt nicht, der Unterschied waere
> nicht signifikant)

Wir haben es hier mit einer erfreulicherweise seltenen Erkrankung
zu tun, bei der deshalb bereits ein zusaetzlicher Fall einen hohen
prozentualen Zuwachs bedeutet. Die statistische Aussagesicherheit
ist hier in der Tat nicht sehr hoch. Die gaengigen Methoden zur
Bestimmung der Signifikanz einer statistischen Aussage duerften
DIr bekannt bzw. in der naechsten Bibliothek nachzuschlagen sein.

Zudem bedeutet (selbst deutlich auffaelligere!) Koinzidenz nicht
notwendig Kausalitaet. Post hoc, ergo propter hoc ist eine
klassische Denkfalle.

Es gibt z.B. tatsaechlich Gegenden in Deutschland, in denen
die Geburtenrate ueber Jahre hinweg sehr schoen mit der
Groesse der Weisstorchpopulation korreliert.

Ein Kausalzusammenhang waere in dem von Dir genannten
Fall jedoch erst herzustellen. Cave: Weil Radioaktivitaet
Leukaemie ausloesen kann, ist nicht jede Leukaemie
deswegen das Ergebnis einer moelichen marginalen(!)
radioaktiven Zusatzexposition.

Ein Transatlantikflug schlaegt IIRC z.B. mit rund 0,2 mSv
zu Buche, eine Thoraxaufnahme mit rund 0,5 mSv. Die
natuerliche Jahresdosis betraegt je nach Gegend etwa
1-2 mSv. Was pro Jahr aus Kruemmel emittiert werden
darf und was tatsaechlich emittiert wird, duerfte bekannt
bzw. nachmessbar sein. Vermutlich liegt es im Bereich
einer zusaetzlichen Flugreise und unterhalb einer
Roentgenaufnahme.

Um die methodische Seriositaet solch einer Untersuchung
abzuschaetzen ware es interessant, wie die Aussage
eines erhoehten Leukaemierisikos unter der Annahme
von Kruemmel als Ursache zustandekam, welche anderen
Risikofaktoren betrachtet und ausgeschlossen wurden,
z.B. chemische Karzinogene, aber auch die radio-
aktive Belastung aus anderen Quellen, Roentgen und
Ferntouristik eingeschlossen.

In den mir bekannten Krebsstatistiken (ich bin allerdings
absolut kein Fachmann auf dem Gebiet) sind die Umgebungen
kerntechnischer Anlagen - und da gibt es weit mehr als nur
Kruemmel - statistisch nicht auffaellig, wohingegen Du in
Gebieten ohne kerntechnische Anlagen, Grosschemie o.ae.
durchaus auffaellige und bisher nicht erklaerte "hot spots"
fuer bestimmte Krebsarten finden kannst. Hier spielen
eben noch viele andere und bei weitem noch nicht
vollstaendig verstandene Faktoren eine Rolle.

Fuer mich unerwartet ist z.B. die relative Unauffaellig-
keit einiger Gebiete im Schwarzwald mit hohen
natuerlichen Uranvorkaommen im Boden und moeglichen
Jahresdosen im Bereich 5...10 mSv. Hier haette ich
eher ein sichtbar erhoehtes Krebsrisiko erwartet.

Ein gesicherter Zusammenhang ist m.W. nur fuer
eine Gegend in Indien mit sehr hohen U-Vorkommen
im Boden belegt, dort betraegt die jaehrliche Strahlen-
exposition allerdings bis zu 100 mSv ! (Sorry, ich
kann mich hier nicht mehr an die Quelle erinnern,
Aussage daher unter Vorbehalt.)

--
Gruss
Arnd-Matthias

Christian Ade

unread,
Oct 1, 1998, 3:00:00 AM10/1/98
to
Arnd-Matthias Langner wrote:
[...]

> Last but not least: Es aergert immer wieder, wenn
> in den Medien Bequerel-Werte zum Mass aller Dinge
> erhoben werden (siehe die kontaminierten Castor-
> Behaelter).

Nun, wenn ein Löwe aus einem Käfig ausgebrochen ist,
willst du da erst gewarnt werden, wenn klar ist,
daß man ihm zuvor nicht alle Zähne ausgerissen hat?
Mag sein, daß die aus einem Castor-Behälter austretende
Strahlung sogar einen niedrigeren Bq-Wert aufweist,
als das eines Zentnersacks Kalidüngers,
doch der Bq-Wert des Kalidüngers ist ganz im
Gegensatz zu dem des Castor-Behälters wurscht,
so wie es wurscht ist, ob ein entflohenes Känguruh
nun Zähne hat oder nicht.

Wenn da also was aus dem Castor-Behälter austritt,
auch wenn es unschädlich wäre, obschon man versichert
daß da nichts austreten würde, so muß man annehmen,
daß die dafür Zuständigen da was nicht im Griff haben,
und wenn sie schon "unbedeutende Kleinigkeiten" nicht
im Griff haben, wie siehts es da mit der gesamten Sicherheit aus?


Christian

Markus Deserno

unread,
Oct 1, 1998, 3:00:00 AM10/1/98
to
Ralf Schmode schrieb:

> Bei etlichen der (jetzt leider gestoppten) Transporte nach Morsleben
> war es so, daß dort weniger Aktivität umhergefahren wurde als in einem
> gewichtsgleichen Transport mit Kalisalz. Oder anders: Lagerte man
> schwach- und mittelaktive Abfälle in einem aufgelassenen Kalisalzstock
> (Morsleben ist AFAIK ein Steinsalzstock, also Natriumchlorid), käme
> vermutlich durch die Einlagerung weniger Aktivität dort hinein als im
> Verlauf der Bergbautätigkeit hinaus - alles Fakten, die ich nicht
> kommentieren, aber einmal zur Diskussion stellen will.

Reden wir hier wirklich von vergleichbaren Dingen? Oder vergleichen
wir gerade die Kontamination der AUSSENHUELLE eines Transportbehaelters
mit der Aktivitaet einer Menge von Kalisalz, welche dieselbe Masse
hat wie das im INNEREN des Behaelters transportierte Material?

Markus

Franz Gerl

unread,
Oct 1, 1998, 3:00:00 AM10/1/98
to
Christian Ade (ad...@track.informatik.uni-stuttgart.de) wrote:

: Arnd-Matthias Langner wrote:
: [...]
: > Last but not least: Es aergert immer wieder, wenn
: > in den Medien Bequerel-Werte zum Mass aller Dinge
: > erhoben werden (siehe die kontaminierten Castor-
: > Behaelter).
:
[...]
:
: Wenn da also was aus dem Castor-Behälter austritt,

: auch wenn es unschädlich wäre, obschon man versichert
: daß da nichts austreten würde, so muß man annehmen,
: daß die dafür Zuständigen da was nicht im Griff haben,
: und wenn sie schon "unbedeutende Kleinigkeiten" nicht
: im Griff haben, wie siehts es da mit der gesamten Sicherheit aus?
:

Aus dem Castor ist keinerlei Material ausgetreten, das
hast Du anscheinend falsch verstanden. Beim Beladen
der Behälter konnte die Kontamination in einigen
Bereichen (z.T. Schraubengewinde) nicht bis zu den
Grenzwerten gereinigt werden.

Die zusätliche Aktivität ist im Vgl. zur vorhandenen (aus dem
Castor) vernachlässigbar, ebenso die absolute dieser
anhaftenden Teilchen. In den Phyikalischen Blättern
vor vor 2 oder 3 Monaten ein Artikel, der bestehende
Unklarheiten beseitigen dürfte. Leider interessiert
es nur wenige.

Franz

Ralf Schmode

unread,
Oct 1, 1998, 3:00:00 AM10/1/98
to
Markus Deserno schrieb:
Hallo, Markus,

nein, tun wir nicht. Ein Gramm Kaliumchlorid hat roundabout 15 Bq, ein
Transport mit 20 t davon also etwa 3 * 10^8 Bq. Dem entspricht
gewichtsmäßig eine Menge von ca. 60 Fässern. Teilst Du die genannte
Aktivität durch diese Zahl, kommst Du auf 5 MBq - das ist eine
Aktivität, bei der schon nichts mehr freizumessen ist, die müssen ins
Endlager. Es gibt etliche Fässer, die noch darunterliegen - zum Teil
Faktor 10 und mehr - und trotzdem nicht freizubekommen sind; auch ganze
Transporte mit solchen Fässern gehen (gingen) nach Morsleben.

Um es ganz plakativ zu machen: Wenn jemand vorhätte, den Salzstock in
Morsleben mit Kalisalz zu verfüllen, müßte er das Zeug mit "radioaktiv"
bezettet und in gelbe Fässer abgefüllt im Endlager anliefern, läge man
für "natürliche" Radioaktivität die gleichen Maßstäbe an wie für
"künstliche". Dann käme im übrigen auch nahezu jeder Bauschutt nur noch
in gelben Fässern auf die Deponie - von der Flugasche aus
konventionellen Kraftwerken mal gar nicht zu reden.

Man muß allerdings der Fairneß halber sagen, daß ein Faß mit 10^10 Bq im
Transport die ganze Rechnung umschmeißt...

Schönen Gruß

Ralf

Ralf Schmode

unread,
Oct 1, 1998, 3:00:00 AM10/1/98
to
Rolf Albinger schrieb:

>
> Wie siehst du denn das Problem des sehr gehaeuften Auftretens von
> Leukaemie, vornehmlich bei Kindern, am anderen Elbufer?
> (Stichwort Kruemmel: Bitte erzaehl jetzt nicht, der Unterschied waere
> nicht signifikant)
> Viel Spass weiterhin
> Rolf

Hallo, Rolf,

wenn man die Gesamtzahl der Leukämiefälle zum Maßstab nimmt, ist der
Unterschied sogar sehr signifikant. Er ist dann allerdings so
signifikant, daß anhand der aus Hiroshima/Nagasaki bekannten Korrelation
der Leukämieinzidenz zur erhaltenen Dosis gewaltige Dosiswerte errechnet
werden - Frau Prof. Schmitz-Feuerhake sprach in diesem Zusammenhang wohl
mal von 300 Millisievert. Das Problem hierbei ist nun, daß man eine
Freisetzung, die in einiger Entfernung von einer kerntechnischen Anlage
noch derartige Dosiswerte bewirkt, mit jedem - aber wirklich jedem -
Strahlungsmeßgerät nachweisen kann - nicht nur mit den Filmdosimetern
der in den kerntechnischen Anlagen Beschäftigten, die ja bekanntlich
nicht vom Betreiber ausgewertet werden, sondern auch mit dem
primitivsten Eigenbaugeigerzähler eines selbsternannten
Umgebungsüberwachers - davon, daß es solche gibt, kann man wohl
spätestens seit Tschernobyl ausgehen. Will heißen: Eine
Spaltproduktemission, die ausreichend gewesen wäre, die in Rede stehende
Gesamtzahl an Leukämiefällen auszulösen, hätte man hundertprozentig (!)
bemerkt - was in diesem Fall zu dem eindeutigen Schluß führt, daß es
eine solche Freisetzung nicht gegeben hat.

Ganz anders sieht es übrigens aus, wenn man eine Differenzierung der
Leukämiefälle vornimmt. Ich bin kein Mediziner, aber soweit ich einen
Vortrag über dieses Thema erinnere, gibt es zwei Formen der Leukämie
(lymphatische und myeloische L.), wobei die strahleninduzierte L.
typischerweise zu einer extrem atypischen Verteilung dieser Formen in
dem Sinne füht, daß hier fast ausschließlich der Typ der L. auftritt,
der bei L. anderer Genese fast völlig fehlt. Bei dieser Differenzierung
verschwindet die Zahl der in der Elbmarsch aufgetretenen Fälle
vollständig im statistischen Rauschen. Das soll nicht heißen, daß es für
den Leukämiecluster dort keine anderen als nur statistische Ursachen
gibt - es spricht aber einiges dafür, daß diese Ursachen nicht dort zu
suchen sind, wo man sie möglicherweise gerne hätte, und daß die
Fixierung auf die kerntechnischen Anlagen Ressourcen bindet, die für
eine Ursachenforschung in anderen Bereichen - z. B. den
Chemiealtlastenstandort Geesthacht - nicht zur Verfügung stehen.

Grüße aus Geesthacht

Ralf

Ralf Schmode

unread,
Oct 1, 1998, 3:00:00 AM10/1/98
to
Arnd-Matthias Langner schrieb:

>
> BTW: Kennst Du zufaellig die Nuklide, die bei den kontaminierten
> Castor-Behaeltern festgestellt wurden?
>
> Ich haette mal als wesentliche kontaminierende Bestandteile
> 137Cs und 90Sr vermutet und unterstellt, dass kurzlebige
> Nuklide wie 131I bereits im Abklingbecken zerfallen sein
> duerften.
>
> In einer franzoesischen Nachrichtensendung, die damals
> als einziger(!) mir bekannter Medienbeitrag Detailinformationen
> nannte, wurde allerdings 60Co erwaehnt, was mich wunderte,
> da dieses Nuklid AFAIK im radioaktiven Inventar eines
> KKW praktisch nicht vorkommt. Oder irre ich hier ?
>
Hallo, Arnd-Matthias,

ohne daß ich genauere Infos zu den Nukliden hätte
(Kontaminationsmessungen erfolgen üblicherweise mit Geräten, die keine
nuklidspezifischen Ergebnisse liefern): Mit Cs-137 und Sr-90 liegst Du
mit Sicherheit richtig. In einer "normalen" kerntechnischen Anlage ist
allerdings AFAIK das Co-60 (das durch Aktivierung von Stahl entsteht) z.
B. im Primärwasser und in den Abfällen regelmäßig in etwa derselben
Aktivität anzutreffen wie das Cs-137 (Spaltprodukt); deshalb ist die
Angabe von Co-60 hier absolut glaubwürdig. Beim radioaktiven *Inventar*
allerdings hast Du insofern recht, als hier um Größenordnungen mehr
Cs-137 als Co-60 entsteht - das Cs-137 allerdings _in_ den Brennstäben
(aus denen nur ein winziger Promillesatz davon herauskommt), das Co-60
dagegen auch reichlich _außerhalb_ der Brennstäbe. Daher halten sich
"draußen" Cs-137 und Co-60 fast die Waage - in den Brennstäben dagegen
und damit auch im Gesamtinventar einer kerntechnischen Anlage sieht man
vor lauter Cäsium praktisch kein Kobalt mehr.

Schönen Gruß

Ralf

Malte Clasen

unread,
Oct 1, 1998, 3:00:00 AM10/1/98
to
Nico Hoffmann schrieb:

> Gammastrahlung ist biologisch gesehen wohl die ungefährlichste
> Art, aber wie gesagt mehr als pi mal Daumen ist so eine
> Einordnung nicht.

In Anbetracht der Tatsache, daß Gammastrahlung erbgutverändernd wirken kann,
würde ich sie lieber nicht unterschätzen...

Ciao,
Malte

--
Malte Clasen (The Update / CoPro)
mailto:Malte....@gmx.de
http://www.koeln.netsurf.de/~malte.clasen/
"Die Wolken sehen aus wie Schweine" (c)Simon

Christian Ade

unread,
Oct 1, 1998, 3:00:00 AM10/1/98
to
Franz Gerl wrote:
[...]

> Aus dem Castor ist keinerlei Material ausgetreten, das
> hast Du anscheinend falsch verstanden.

Nein, ich habe im Eifer des Gefechts nicht auf diesen
Sachverhalt geachtet. Mir ist durchaus bekannt,
daß hier nichts ausgetreten ist, du hast völlig recht.
An der Grundaussage ändert sich damit nichts:

Wenn der Castor-Behälter also Strahlung abgibt,
gleichgültig was deren Ursache ist und ob diese
schädlich wäre, obschon man versichert, man halte die
geforderten Grenzwerte ein, so muß man annehmen,


daß die dafür Zuständigen da was nicht im Griff haben,
und wenn sie schon "unbedeutende Kleinigkeiten" nicht
im Griff haben, wie siehts es da mit der gesamten Sicherheit aus?


Christian

Uwe Lauth

unread,
Oct 2, 1998, 3:00:00 AM10/2/98
to
Christian Ade <ad...@track.informatik.uni-stuttgart.de> schrieb:

>Arnd-Matthias Langner wrote:
>[...]
>> Last but not least: Es aergert immer wieder, wenn
>> in den Medien Bequerel-Werte zum Mass aller Dinge
>> erhoben werden (siehe die kontaminierten Castor-
>> Behaelter).
>
>Nun, wenn ein Löwe aus einem Käfig ausgebrochen ist,
>willst du da erst gewarnt werden, wenn klar ist,
>daß man ihm zuvor nicht alle Zähne ausgerissen hat?

Das ist ja der Witz: nicht allein auf die Anzahl der Zaehne (Bq)
kommt es an, sondern auch auf ihre Groesse, Schaerfe und
die Kraft der dahinterstehenden Muskeln, sowie den Appetit
ihres Besitzers. Bei Castor ist eben die Frage,
ob es sich um einen Loewen handelt oder um einen Goldfisch.

Gruss,
Uwe

--
http://www.geocities.com/capecanaveral/launchpad/2713/

Stefan Jaag

unread,
Oct 2, 1998, 3:00:00 AM10/2/98
to
On 1 Oct 1998, Arnd-Matthias Langner wrote:

> Rolf Albinger <q306...@bonsai.fernuni-hagen.de> schrieb im Beitrag
> <36122152...@news.fernuni-hagen.de>...
> > On Thu, 01 Oct 1998 13:16:06 +0200, Ralf Schmode <rsch...@gmx.net>
> > wrote:

> > Wie siehst du denn das Problem des sehr gehaeuften Auftretens von
> > Leukaemie, vornehmlich bei Kindern, am anderen Elbufer?
> > (Stichwort Kruemmel: Bitte erzaehl jetzt nicht, der Unterschied waere
> > nicht signifikant)
>

> Wir haben es hier mit einer erfreulicherweise seltenen Erkrankung
> zu tun, bei der deshalb bereits ein zusaetzlicher Fall einen hohen
> prozentualen Zuwachs bedeutet.

Nur um zu sehen, von was wir reden: Ich hab' leider keine Zahlen von
Krümmel, aber die vom La Hague - wo ja auch behauptet wird, dass es eine
erhöhte Anzahl von Leukämiefällen gibt. Dort liegt nämlich die Zahl der
Leukämiefälle in dem letzten 20 Jahren doppelt so hoch wie im
Landesdurchschnitt !!! Will heissen: anstatt 2 Fälle sind dort 4 Fälle
aufgetreten ... wohlgemerkt innerhalb von 20 Jahren ... und wohlgemerkt,
keine mehr in den letzten 7 Jahren.

Etwas provokativ ausgedrückt: Wenn wir unterstellen, dass diese 2
zusätzlichen Leukämie-Fälle tatsächlich auf Kosten der Wiederaufarbeitung
gehen, warum freut sich dann keiner? La Hague hat nicht
gerade den Ruf sehr sauber zu sein und wiederaufarbeitet nicht nur
den französischen Atommüll (wo 70% des Stroms nuklear erzeugt wird),
sondern auch Deutschen (35%) und weiss der Geier wessen noch ... und
dennoch: 1 Leukämiefall in einem Jahrzehnt ... das soll erst mal eine
andere Energieform nachmachen - ich will garnicht wissen wieviele Opfer
die Verbrennung von (Braun)Kohle kostet.

Gruss
Stefan

Udo Klasmeier

unread,
Oct 2, 1998, 3:00:00 AM10/2/98
to
Uwe Lauth wrote:
>
> Das ist ja der Witz: nicht allein auf die Anzahl der Zaehne (Bq)
> kommt es an, sondern auch auf ihre Groesse, Schaerfe und
> die Kraft der dahinterstehenden Muskeln, sowie den Appetit
> ihres Besitzers. Bei Castor ist eben die Frage,
> ob es sich um einen Loewen handelt oder um einen Goldfisch.

Ich tippe eher auf einen Goldfisch, da sich einige Leute
durch Verbreitung von Horrormeldungen
eine goldene Nase verdienen :-)

--
-----
Udo Klasmeier
SELST
ZIT/A5 tel 45477

Hendrik van Hees

unread,
Oct 2, 1998, 3:00:00 AM10/2/98
to
Warum ist den der Bq-Wert des Kaliduengers "wurscht" und der des
Castorbehaelters nicht. Das mag auf rein emotionaler Taeuschung beruhen,
weil Kaliduenger als harmlos und Castoren als gefaehrlich gelten, aber
physikalisch begruendbar ist es gewiss nicht.

Hendrik van Hees

unread,
Oct 2, 1998, 3:00:00 AM10/2/98
to
Bei dem tierischen Vergleich wuerde ich sagen, der Castor ist eine
Mikrobe!

Christian Ade

unread,
Oct 2, 1998, 3:00:00 AM10/2/98
to
Uwe Lauth wrote:
>
> Christian Ade <ad...@track.informatik.uni-stuttgart.de> schrieb:
> >Arnd-Matthias Langner wrote:
> >[...]
> >> Last but not least: Es aergert immer wieder, wenn
> >> in den Medien Bequerel-Werte zum Mass aller Dinge
> >> erhoben werden (siehe die kontaminierten Castor-
> >> Behaelter).
> >
> >Nun, wenn ein Löwe aus einem Käfig ausgebrochen ist,
> >willst du da erst gewarnt werden, wenn klar ist,
> >daß man ihm zuvor nicht alle Zähne ausgerissen hat?
>
> Das ist ja der Witz: nicht allein auf die Anzahl der Zaehne (Bq)
> kommt es an, sondern auch auf ihre Groesse, Schaerfe und
> die Kraft der dahinterstehenden Muskeln, sowie den Appetit
> ihres Besitzers. Bei Castor ist eben die Frage,
> ob es sich um einen Loewen handelt oder um einen Goldfisch.

Es handelt sich hierbei um ein Analogon, und bei einem Analogon
bedient man sich nur gewisser Aspekte, mithilfe derer man den
Sachverhalt karikieren möchte, d.h. praktisch,
daß z.B. bei diesem Analogon es für die Sache irrelevant ist,
ob der Löwe nun ein helleres oder dunkleres Fell hat,
oder ob er nun in Indien oder in Zentralafrika lebt.
Wenn du nun das Analogon zum Zwecke der Spöttelei und Lustigmacherei
nach deinem Belieben umänderst, bekommt es eine neue Bedeutung,
die aber mit der Sache, die Karikiert werden sollte nicht weiter
Kompatibel ist.

Wenn du nun also in das Analogon noch den Aspekt der
Größe, der Schärfe und der dahintersteckenden Kraft und
weiteres mit einbeziehst, so müßte es heißen:
Nun, wenn ein Löwe aus einem Käfig ausgebroche ist,


willst du da erst gewarnt werden, wenn klar ist,

daß es sich hierbei nicht um einen zahmen, lahmen,
altersschwachen und gesättigten Löwen handelt, dessen
Zähne man zuvor ausgerissen hat?

Der Betreiber jedwelchen Kraftwerks, ob nun z.B.
Kohle- oder Atomkraftwerk ist verpflichtet, größtmögliche
Sicherheit zu garantieren. Und dennoch: das Gefahrenpotential
eines Atomkraftwerks ist im Gegensatz zu dem eines Kohlekraftwerks
um Größenordnungen höher, da ein SuperGAU in einem Atomkraftwerk
schwerere Folgen hat als das eines Kohlekraftwerkes.
Daher lastet auf den Schultern der Betreibern von Atomkraftwerken
eine viel schwerere Verantwortung.

So ist auch das Verhältnis zwischen Kalidünger und Castor-Behälter
zu sehen, denn in einem Castorbehälter ist etwas um Größenordnungen
gefährlicheres als in einem Sack Kalidüngers und dies gleichgültig,
ob da nun was austritt oder nicht.

Es geht also darum, was dahinter steckt. Hinter einem Castor-
Behälter steckt eher ein Löwe als ein Goldfisch, in einem
Sack Kalidünger eher ein Goldfisch als ein Löwe.
Daher muß die Vorsicht größer sein, wenn man bei einem
Castorbehälter einen möglichen Strahlenaustritt registriert,
als bei einem Sack Kalidüngers.

Hinzu kommt: wenn die Betreiber ihre Castorbehälter nicht
völlig unter Kontrolle behalten könne, wie sieht es da mit
den AKWs aus?

Die Sache ist klar. Wer sich über diese durchaus ernste Sache
Lustig machen will, solle dies tun, ich werde auf solch
einem Kindergartenniveau nicht weiter eingehen.


Christian

Hendrik van Hees

unread,
Oct 2, 1998, 3:00:00 AM10/2/98
to
Die Sache mit dem Kaliduenger war ja wohl anders gemeint. Es ist wohl
klar, dass der _Inhalt_ des Castors eines der gefaehrlichsten Gueter
darstellt, die ueberhaupt transportiert werden. Deswegen transportiert
man ja auch Kaliduenger nicht im Castor.

Es ging aber um den Vergleich der Strahlendosis, die von einem Hotspot
an einem Castor ausgeht mit der, die ein Duengemittelwaggon aufweist.
Die Strahlenquellen waren ja eben _nicht_ auf ein Leck des Castors
zurueckzufuehren sondern auf Probleme mit der Reinigung. Die
Radioaktivitaet ging von aussen anhaftenden Partikeln aus, und da ist
der Vergleich mit anderen Strahlenquellen (wie auch Kaliduenger) oder
der hoeheren Strahlenexposition, wenn man auf einen Berg steigt oder in
ein Gebiet mit hoeherer Radonbelastung geht, mit dem Flugzeug verreist
oder vom Arzt geroentgt wird und, last but not least, vielleicht raucht!

Kai-Martin Knaak

unread,
Oct 2, 1998, 3:00:00 AM10/2/98
to
> Warum ist den der Bq-Wert des Kaliduengers "wurscht" und der des
> Castorbehaelters nicht. Das mag auf rein emotionaler Taeuschung beruhen,
> weil Kaliduenger als harmlos und Castoren als gefaehrlich gelten, aber
> physikalisch begruendbar ist es gewiss nicht.

Eine analoge Situation haette man, wenn in einem Airbus die
Treibstoffanzeige regelmaessig nicht richtig funktioniert und
manchmal zuviel anzeigt. Nicht dramatisch zu viel, aber ausserhalb
der Toleranz, fuer die das Instrument spezifiziert ist. Die Piloten
wissen davon, melden es aber nicht weiter, so dass es auch nicht
repariert wird. Als bei einer Kontrolle diese Unregelmaessigkeit
festgestellt wird, verteidigen sich dier Piloten damit, dass bei
einem Taxi sich ja auch niemand aufregen wuerde, wenn die Tankanzeige
nur ein vager Anhaltspunkt fuer den tatsaechlichen Fuellstand waere.
Es waere sogar so, dass Taxis einen um Groessenordnungen groesseren
Fehler in dieser Anzeige aufweisen wuerde. Und im uebrigen wuerde man
ja sowieso immer mit der doppelten der benoetigten Spritmenge fliegen,
so dass eine Abweichung um 10% zzu keiner Gefaehrdung der Passagiere
fuehren wuerde. Wieso man sich also aufregen wuerde.

Der Unterschied zwischen Airbuspilot und Taxifahrer liegt eben wie bei
Kerenergiebetreiber und Duengertreckerfahrer im Gefaehrdungspotential.
Wenn unter theoretisch viel passieren kann, dann erwaechst daraus eine
Verpflichtung zum gewissenhaften Umgang. Wenn herauskommt, dass
Vorschriften nicht eingehalten werden und Informationspflichten nicht
nachgekommen wird, ist es schwer zu ueberzeugen, dass an wichtigen
Stellen nie geschlampt wird.

Diesen Vertrauensverlust als "rein emotionaler Taeuschung" als
virtuelle Wolke ohne echte Bedeutung zu charakterisieren, scheint mir
nicht angemessen. Denn ich werde nur dann ruhig im Einzugsbereich
von kerntechnischen Anlagen schlafen, wenn ich die begruendete
Vermutung habe, dass sie mir nicht in absehbaerer Zeit um als fallout
in den Garten regnen.
Um es noch anders auszudruecken: Alle paar Jahre eine Panne von der
Castor-Sorte garantieren, dass keine weiteren Kernkraftwerke politisch
durchsetzbar sind.

Tschuess,
---<(kmk)>---


Hendrik van Hees

unread,
Oct 5, 1998, 3:00:00 AM10/5/98
to
Dass wir uns nicht missverstehen, das Verhalten der Kraftwerksbetreiber
ist unentschuldbar, ich habe nie verteidigt, dass man da nicht mit
offenen Karten gespielt hat.

Nur kann ich sie auf der anderen Seite sogar verstehen. Bei der
unsachlichen Berichterstattung in Sachen Kernenergie und Radioaktivitaet
ist sowas vorprogrammiert, und ich finde darin liegt die eigentliche
Gefahr. Wenn wirklich einmal etwas strahlenbiologisch relevantes
passieren sollte, werden wir dann wahrscheinlich auch nicht rechtzeitig
gewarnt und adaequat mit Infos versorgt.

Nico Hoffmann

unread,
Oct 6, 1998, 3:00:00 AM10/6/98
to
X-Post & Fup2

In <72GYH...@business.forth-ev.de> hat
*Wolfgang Allinger* geschrieben:

> >Das Problem bei der Kernenergienutzung (egal ob nun Spaltung oder
> >Fusion) ist doch nicht so sehr der jeweilige Brennstoff und dessen
> >Beschaffung, sondern die Entsorgung der Abfälle.
> >Und da ist die Kernfusion keinen Deut besser, denn durch die extreme
> >Neutronenstrahlung bei der Fusion entsteht alleine in den
> >Reaktorwänden jede Menge an strahlendem Sondermüll, und zwar kaum
> >weniger oder sogar mehr als bei Kernspaltungsreaktoren.

>Unfug, bei der Spaltung ensteht hauptsächlich Abfall durch die nur
>minimal verbrauchten nichtwiederaufbereiteten Brennstäbe.

Das habe ich *etwas* anders in Erinnerung.

>Bei Fusion wird nur das Fusionsgefäß von einigen zig (100..500?) Tonnen
>verstrahlt.

Das weiß ich nicht genau.

Ich leite diesen Thread nach dsp, denn dort gehört er hin.
Die Erfahrung hat gezeigt, daß man dort auch diese Themen sehr
sachlich diskutiert.

N.
--
http://www.tu-chemnitz.de/~nico/ -> Meine Seiten
http://www.asam.baynet.de/~hoffmani/ -> Auch meine Seiten

"Das Usenet ist eine Aufteilung von misc.misc." Jürgen Dollinger in dnq

Nico Hoffmann

unread,
Oct 6, 1998, 3:00:00 AM10/6/98
to
x-post & fup2

In <3614c96...@news.okay.net> hat
*Uli Krosse* geschrieben:

[strahlender Abfall aus der Kernenergieerzeugung]

>>Das Zeug hält sich eine Weile. Woher weißt du, daß es auch in
>>200 oder 300 Jahren niemandem was tut?

>Das kann man jetzt aber von zwei Seiten angehen.
>
>Eine radioaktive Zerfallskette unterliegt ja bekanntlich einem
>strengen System. Dh, man weiß, was da in den genannten 200-300 Jahren
>draus wird.

Soweit ja.

>Und ein Zerfallsprodukt eines radioaktiven Elementes ist
>niemals gefährlicher als das "Original".

Das möchte ich bezweifeln.

>Wenn du aber meinst, daß in 200-300 Jahren irgendwelche Irren
>versuchen, das Zeug auszubuddeln.....

Wenn ich vor 300 Jahren erzählt hätte, daß man mit einer Rakete
zum Mond fliegt, dann hätte man vermutlich versucht mir den
Satan auszutreiben.

Martin Wodrich

unread,
Oct 6, 1998, 3:00:00 AM10/6/98
to
Nico Hoffmann schrieb am 06.10.98 um 00:18:

>>Unfug, bei der Spaltung ensteht hauptsächlich Abfall durch die nur
>>minimal verbrauchten nichtwiederaufbereiteten Brennstäbe.
>Das habe ich *etwas* anders in Erinnerung.

Ich auch . Und zwar entstehen bei der Spaltung hochaktive
Spaltprodukte. Diesen strahlen halt ziemlich gefährlich viel.
Der Brennstoff selbst ist relativ harmlos (vorsicht : relativ !!! ).

--
Tschau, Scotty , beam me up.
*MARTIN_W* Homepage : http://home.pages.de/~MARTIN_W/
(Wird ständig überarbeitet).

Christian Ade

unread,
Oct 6, 1998, 3:00:00 AM10/6/98
to
Der mit der Kernenergie unweigerlich verknüpfte gefährliche Abfall,
der eine Gefahr für unzählige folgender Generationen darstellt, ist
ein mehrfacher Aspekt gegen die Kernenergie. Da das Topic "Ausstieg
aus Atomenergie" heißt möchte ich aber auch gerne die übrigen
Gefahrenquellen diskutiert sehen.

Was ist z.B. im Kriegsfall? Da werden selbst die hochmodernsten
Kernreaktoren zu höchstgefährlichen Fallen im eigenen Land.
Ein gefundenes Ziel für Nationen mit konventionellen Waffen.
Es wird mir niemand weismachen können, daß ein Atmkraftwerk
jegliches Bombardement standhält.

Was ist mit der Sicherheit? Niemand, und ich betone _niemand_ wird
jemals eine 100%ige Sicherheit in jeglicher Hinsicht garantieren können,
wer dies dennoch behauptet macht andern und womöglich sogar sich
selber was vor. Der GAU eines konventionellen Kraftwerks ist noch
zu verkraften, bei einem Atomkraftwerk ist ein Land, sogar ein ganzer
Kontinent betroffen. Die Verantwortung, wer zwischen dem Nutzen und
der möglichen Gefahr abwägen darf, darf nicht bei einigen wenigen
Experten liegen, die über unsere Köpfe hinweg entscheiden, es ist
auch unser eigenes und das unserer Kinder Risiko mit dem hier gespielt
wird.

Und damit kommen wir zu der Höhe des abgeschätzten Gefahrenpotentials:
ich weiß nicht, wie hoch das ist, ich schätze jetzt einfach mal
1 SuperGAU pro 10 000 Jahre, wobei dieser Wert von Kraftwerk zu
Kraftwerk
zum Teil stark variieren wird. Nun, bei zwei Kraftwerken steigert sich
das Potential auf das doppelte, d.h. der Zeitraum muß halbiert werden,
also 5 000 Jahren, bei zehn Kraftwerken sinds schon 1 000 Jahre,
bei hundert Kraftwerken weltweit ist bereits alle 100 Jahren mit einen
SuperGAU zu rechnen usw. Tschernobyl ist kein Sonderfall sondern
traurige Zahl in einer kalten Statistik. Das Muckieren darüber,
man könne die mangelhafte Sicherheit in ehemalig sowjetischen
Atomkraftwerken nicht mit den technisch hochmodernen westlichen
Kraftwerken gleichsetzen ist gerechtfertigt, dieser Sachverhalt
allerdings dazu zu benutzen, den Laien in eine trügerische Sicherheit
einzubetten wäre ein Verbrechen. Selbst in einem vermeidlichen absolut
sicheren amerikanischen Reaktor wäre es, ich glaube in den 70er beinahe
zu einem SuperGAU gekommen.
(gerade hier in meiner Nähe hat man ein Kraftwerk auf gefährlich
unsicherem Grund errichtet, das zumindest behauptet ein Geologie-
professor, dessen Vorlesungen ich besuchen durfte,
er durfte damals ein Gutachten erstellen, und obschon er die
Lage bemängelte hat man sich darüber hinweggesetzt, bis heute
ärgert er sich über diese Leichtsinnigkeit und Arroganz der
Verantwortlichen)

Hinzu kommt noch die Vorbildfunktion: wenn die hochentwickelten
Industrienationen die Atomenergie als hochmoderne Energiegewinnung
anpreisen und sich ihrer bedienen, werden es die heutigen Entwicklung-
sländer auch tun, mit geringerem finanziellen und
sicherheitsspezifischen
Aufwand. Und je mehr Kraftwerke, desto größer das Gefahrenpotential.

Angesichts dieser Tatsachen ist es schon faßt lächerlich darüber zu
streiten, ob ein Kohlekraftwerk mehr Abgase in die Luft bläst als ein
vermeindlich sauberes Atomkraftwerk oder ob die Strahlung am Castor-
Behälter nun von einer undichten Stelle her rührt oder nicht.

Zum Fortschritt gehört Gehirn, nicht Muskeln, daher können Kernkraft-
werke, wie beeindruckend und hochinteressant ihre Technologie und wie
hoch deren Energieausbeute auch sein mag, nicht als Fortschrittlich
bezeichnet werden.


Christian

Nico Hoffmann

unread,
Oct 6, 1998, 3:00:00 AM10/6/98
to
F'up2!

In <6vdf0h$i39$1...@rztsun2.tu-harburg.de> hat
*Rainer* geschrieben:

>Hoffentlich vergleichen die nicht wieder Äpfel mit Birnen?

Ich fürchte doch!

>Ich habe jetzt keine Zeit, das genau zu suchen. Bei:
>http://studenten.freepage.de/philis/solarzelle.htm
>steht (allerdings zu Si-SZ):
>"Der Wirkungsgrad einer Solarzelle liegt bei einem theoretisch maximalen
>Wert von 28%. "

Das ist vermutlich der Prozentsatz der eingestrahlten Energie,
die als elektrische Energie zur Verfügung steht. Ob 28% oder 75%
kann ich aus dem Bauch heraus auch nicht sagen.

Ich kann mir aber nicht vorstellen, daß man da auf ein
Wärmeproblem stößt. Ich würde die Ursache eher in der
Bandstruktur des Halbleiters vermuten.

>Gefühlsmäßig sind mir die 75% einfach zu hoch; eine Glühbirne hat glaube ich
>2%-5%.

Die 2-5% ist das, was an sichtbarem Licht erzeugt wird. Der Rest
ist Wärme.

>>>Weißt Du von der Abhängigkeit von Temperatur zu Wirkungsgrad?

Damit spielst du vermutlich auf den Carnot-Wirkungsgrad an. Der
bezieht sich auf thermodynamische Maschinen
(Verbrennungsmotoren, Dampfmaschinen, Turbinen, etc), deren
Funktionsweise auf einen (Quasi-)Kreisprozeß eines
Arbeitsmediums beruht. Für Solarzellen, Brennstoffzellen,
E-Motoren, Glühbirnen, etc trifft das aber nicht zu.

>>Davon habe ich bisher tatsächlich nie etwas gehört. Aber warum sollte
>>das nicht lösbar sein, Hitze war nun wirklich noch nie ein Problem,
>>das man nicht in den Griff bekam.

Doch, bei Kraftwerksturbinen legt die max. Temperatur praktisch
einen oberen Wert für den (thermodynamischen) Wirkungsgrad fest.
Irgendwann schmilzt auch das beste Material :-(.
In der Praxis liegt er für moderne Kraftwerke m-W. bei gut 60%.

>Naja, langsam wird es aber echt OT

Ja, deswegen f'up2 und X-post nach de.sci.physik

Martin Schmidt

unread,
Oct 6, 1998, 3:00:00 AM10/6/98
to
Moin Moin,

In Artikel <slrn71iobb.6n...@beethoven.csn.tu-chemnitz.de>
schrieb nico.h...@physik.tu-chemnitz.de (Nico Hoffmann):
In article <slrn71iobb.6n...@beethoven.csn.tu-chemnitz.de>,
nico.h...@physik.tu-chemnitz.de (Nico Hoffmann) wrote:
>In <3614c96...@news.okay.net> hat
> *Uli Krosse* geschrieben:
>
>[strahlender Abfall aus der Kernenergieerzeugung]
>
[...]

>>Und ein Zerfallsprodukt eines radioaktiven Elementes ist
>>niemals gefährlicher als das "Original".
>
>Das möchte ich bezweifeln.
>
Das kommt darauf an, was mit "`gefährlich"' gemeint ist...

Ist nun ein stark strahlendes Material "`gefährlicher"' als ein Strahler
mit einer Halbwertszeit von -- sagen wir -- 2 a? Oder 10.000 a?
Im ersten Fall wird die Energiemenge in relativ kurzer Zeit abgestrahlt,
sodaß der Stoff rasch "`weg"' ist. Im letzten Fall wird pro Zeiteinheit nur
rel. wenig Energie frei, sodaß man selbst in seinem Leben nur wenig
"`abbekommen"' kann. Würdest Du deshalb eine mittlere Halbwertszeit als
"`gefährlicher"' bezeichnen?


[...]


Martin

---
Dipl.phys. Martin Schmidt Martin....@tu-bs.de
Institut für Mikrotechnik an der TU Braunschweig
PGP public key on request (subject: PGP public key request)
fingerprint: 24ff 2ac6 6db1 520f d817 ac72 4ec0 4826
"`Sehr sonderbare Leute, diese Physiker. Nach meiner Erfahrung sind die,
die nicht tot sind, irgendwie sehr krank."'
"`Very strange people these physicists. In my experience, those who are not
yet dead are, somehow, quite ill." --- Douglas Adams

Nico Hoffmann

unread,
Oct 6, 1998, 3:00:00 AM10/6/98
to
In <6vdi7p$5it$1...@rzcomm2.rz.tu-bs.de> hat
*Martin Schmidt* geschrieben:

>>[strahlender Abfall aus der Kernenergieerzeugung]
>>
>[...]
>>>Und ein Zerfallsprodukt eines radioaktiven Elementes ist
>>>niemals gefährlicher als das "Original".
>>
>>Das möchte ich bezweifeln.
>>
>Das kommt darauf an, was mit "`gefährlich"' gemeint ist...
>
>Ist nun ein stark strahlendes Material "`gefährlicher"' als ein Strahler
>mit einer Halbwertszeit von -- sagen wir -- 2 a? Oder 10.000 a?
>Im ersten Fall wird die Energiemenge in relativ kurzer Zeit abgestrahlt,
>sodaß der Stoff rasch "`weg"' ist. Im letzten Fall wird pro Zeiteinheit nur
>rel. wenig Energie frei, sodaß man selbst in seinem Leben nur wenig
>"`abbekommen"' kann.

Außerdem sind noch die Art der Strahlung, die pro Emission
freiwerdende Energie, die Fähigkeit des betreffenden Elements,
sich im Gewebe anzulagern, etc zu beachten.

Pauschalaussagen treffen hier nicht zu.

Hilmar Preusse

unread,
Oct 6, 1998, 3:00:00 AM10/6/98
to
In de.sci.physik Nico Hoffmann <nico.h...@physik.tu-chemnitz.de> wrote:

> Das ist vermutlich der Prozentsatz der eingestrahlten Energie,
> die als elektrische Energie zur Verfügung steht. Ob 28% oder 75%
> kann ich aus dem Bauch heraus auch nicht sagen.

28% ist schon etwas hoch angesetzt. =f(Art der Zelle)

> Ich kann mir aber nicht vorstellen, daß man da auf ein
> Wärmeproblem stößt. Ich würde die Ursache eher in der
> Bandstruktur des Halbleiters vermuten.

Was passiert, wenn ich vorher alles ausfiltere, was die Zelle nicht
verwenden kann? Angeblich kann man damit den Wirkungsgrad steigern (bezogen
auf das, was auf die Zelle f"allt). Ansonste d"urfte "uberfl"ussige
Strahlung wirklich die Zelle aufheizen und zu einer Arbeitspunktverschiebung
f"uhren.

Besser in die Solarzellenewsgroup?

H.
--
http://www.phy.tu-dresden.de/~preusse/

Rainer

unread,
Oct 6, 1998, 3:00:00 AM10/6/98
to
Hallo Nico,
leider hast Du mein posting etwas zerklaubt...

Nico Hoffmann schrieb in Nachricht ...
>> *Rainer* hat geschrieben:


>
>Ich kann mir aber nicht vorstellen, daß man da auf ein
>Wärmeproblem stößt. Ich würde die Ursache eher in der
>Bandstruktur des Halbleiters vermuten.


Der Wirkungsgrad von Si-Solarzellen ist wärmeabhängig.
Schau Dir mal ein U/I-Diagramm bei unterschiedlichen Temperaturen an.

>>Gefühlsmäßig sind mir die 75% einfach zu hoch; eine Glühbirne hat glaube
ich
>>2%-5%.
>Die 2-5% ist das, was an sichtbarem Licht erzeugt wird. Der Rest
>ist Wärme.


Das sagte ich!

>>>>Weißt Du von der Abhängigkeit von Temperatur zu Wirkungsgrad?
>Damit spielst du vermutlich auf den Carnot-Wirkungsgrad an. Der


Nein, ich bin zwar schon häufig etwas später in die Vorlesung gekommen ...
..., aber in Thermodynamik hatten wir keine Solarzellen. ;-)

>>>Davon habe ich bisher tatsächlich nie etwas gehört. Aber warum sollte
>>>das nicht lösbar sein, Hitze war nun wirklich noch nie ein Problem,
>>>das man nicht in den Griff bekam.


Das habe ich nicht geschrieben. In meinem Antwortposting habe ich auch
auf den Zusammenhang mit AKWs hingewiesen.

Mit (sonnig) strahlenden Grüßen

Rainer


Friedhelm Hamhuis

unread,
Oct 6, 1998, 3:00:00 AM10/6/98
to
Glühbirne??? Gibts nicht!!

Das Ding nennt sich immer noch Glühlampe.

;-)))

(Wenn ihr euch schon um Prozente streitet)

Friedhelm

Nico Hoffmann

unread,
Oct 6, 1998, 3:00:00 AM10/6/98
to
In <6vds0o$pl6$1...@rztsun2.tu-harburg.de> hat
*Rainer* geschrieben:

>>Ich kann mir aber nicht vorstellen, daß man da auf ein
>>Wärmeproblem stößt. Ich würde die Ursache eher in der
>>Bandstruktur des Halbleiters vermuten.

>Der Wirkungsgrad von Si-Solarzellen ist wärmeabhängig.
>Schau Dir mal ein U/I-Diagramm bei unterschiedlichen Temperaturen an.

Aber der Zusammenhang hat nichts mit der Carnot-Formel zu tun,
oder? Wenn man "Wirkungsgrad" und "Temperaturabhängigkeit"
liest, denkt man zuerst daran :-)

Einen Temperaturgang einer Si-Solarzelle kann ich mir gut
vorstellen, den gibt es ja praktisch bei allen
Halbleiterbauelementen. Aber der physikalische Zusammenhang ist
anders als bei der pdV-Thermodynamik, denke ich?

Rainer

unread,
Oct 6, 1998, 3:00:00 AM10/6/98
to
Hallo Friedhelm,

Friedhelm Hamhuis schrieb in Nachricht <6vdthm$7is$1...@news.nordwest.net>...


>Glühbirne??? Gibts nicht!!
>Das Ding nennt sich immer noch Glühlampe.


echt? Darüber hab' ich mir noch nie Gedanken gemacht.
Hast Du da eine Bildungslücke aufgerissen?
Sieht doch aus wie eine Birne...
Kann eine Glühbirne nicht auch eine Glühlampe sein?

<Auf die Finger hau> nein, nein, nein nicht wieder F'ups
Sind gerade erst aus d.a.a gekommen.

Mit freundlichen Grüßen
Rainer


Rainer

unread,
Oct 6, 1998, 3:00:00 AM10/6/98
to
Hi Nico,

Nico Hoffmann schrieb in Nachricht ...

>In <6vds0o$pl6$1...@rztsun2.tu-harburg.de> hat
> *Rainer* geschrieben:

>>Der Wirkungsgrad von Si-Solarzellen ist wärmeabhängig.
>>Schau Dir mal ein U/I-Diagramm bei unterschiedlichen Temperaturen an.
>
>Aber der Zusammenhang hat nichts mit der Carnot-Formel zu tun,
>oder?

NEEEEIIIIIIINNNNN! ;-)
hattest Du mein Posting bis zum Schluß gelesen?
Wegen Deines Smileys tippe ich mal auf: Ja...
War wohl auch nicht so glücklich von mir formuliert, egal.

>Einen Temperaturgang einer Si-Solarzelle kann ich mir gut
>vorstellen, den gibt es ja praktisch bei allen
>Halbleiterbauelementen. Aber der physikalische Zusammenhang ist
>anders als bei der pdV-Thermodynamik, denke ich?


Das denke ich auch! Aber wir sind ja unter Profis in d.s.p:
Vielleicht bekommen wir ja ein paar Profi-Antworten.
Ich glaube, daß allein durch die brownsche Molekularbewegung schon
viele Elektronen Lust haben in ein Leitungsband zu springen. :-)

Wer weiß mehr?

Bis die Tage

Rainer

Axel Farr

unread,
Oct 27, 1998, 3:00:00 AM10/27/98
to
Hallo Christian,

Christian Ade schrieb in Nachricht
<361A1B...@track.informatik.uni-stuttgart.de>...


>Der mit der Kernenergie unweigerlich verknüpfte gefährliche Abfall,
>der eine Gefahr für unzählige folgender Generationen darstellt, ist
>ein mehrfacher Aspekt gegen die Kernenergie. Da das Topic "Ausstieg
>aus Atomenergie" heißt möchte ich aber auch gerne die übrigen
>Gefahrenquellen diskutiert sehen.


Der Abfall ist insgesamt das gefährlichste. Auch unter allen anderen
Aspekten: Bei Zerstörung des Reaktordruckbehälters besteht die größte Gefahr
darin, daß radioaktiver Abfall in die Umgebung abgegeben wird. ("Plutonium"
reihe ich hier auch einmal unter Abfall ein, was eigentlich nicht ganz
korrekt ist).

>Was ist z.B. im Kriegsfall? Da werden selbst die hochmodernsten
>Kernreaktoren zu höchstgefährlichen Fallen im eigenen Land.
>Ein gefundenes Ziel für Nationen mit konventionellen Waffen.
>Es wird mir niemand weismachen können, daß ein Atmkraftwerk
>jegliches Bombardement standhält.


Tut es auch nicht. In diesem Punkt hast Du völlig recht.

>Was ist mit der Sicherheit? Niemand, und ich betone _niemand_ wird
>jemals eine 100%ige Sicherheit in jeglicher Hinsicht garantieren können,
>wer dies dennoch behauptet macht andern und womöglich sogar sich
>selber was vor. Der GAU eines konventionellen Kraftwerks ist noch
>zu verkraften, bei einem Atomkraftwerk ist ein Land, sogar ein ganzer
>Kontinent betroffen. Die Verantwortung, wer zwischen dem Nutzen und
>der möglichen Gefahr abwägen darf, darf nicht bei einigen wenigen
>Experten liegen, die über unsere Köpfe hinweg entscheiden, es ist
>auch unser eigenes und das unserer Kinder Risiko mit dem hier gespielt
>wird.


1. GAU (=größter Anzunehmender Unfall) ist eine Terminologie aus der
Kernenergie. Bei einem konventionellen Kraftwerk gibt es kein GAU (der ist
da nicht _definiert_). Da kann bestenfalls mal ein Kessel durchbrennen, so
wie es in Offenbach im Müllheizkraftwerk vor einigen Jahren passiert ist.
Das ist zwar ein Problem für die Feuerwehr, aber schon 1 km weiter wirst Du
nichts mehr davon merken.

2. Ein "Super-GAU" gibt es nicht (der GAU ist schon der "größte"). Daß der
GAU von Tschernobyl ein bischen größer war als das, was bei einem deutschen
AKW an GAU passieren kann, liegt am Konstruktionsprinzip: Reaktoren vom
Tschernobyl-Typ haben das "Brennmaterial" für den GAU gleich mit eingebaut:
Der Moderator ist Kohlenstoff. Kohlenstoff ist sehr temperaturstabil, also
geht die Kettenreaktion auch bei hohen Temperaturen weiter. Außerdem ist
Kohlenstoff brennbar: durch das Feuer werden die Spaltprodukte super
verteilt und außerdem noch in große Höhen transportiert.
Ein wassermoderierter Reaktor schaltet sich "von alleine" ab, wenn der
Druckbehälter platzen sollte, weil der Moderator verdampft. Auch werden
keine Temperaturen von über 1000 °C auftreten, weil der Moderator da nicht
mehr funktioniert und folglich eine Übertemperatursicherung eingebaut ist
(Die Kettenreaktion kommt zum Erliegen). Dadurch werden aber die Brennstäbe
halten und nicht zerstört werden. Was an Radioaktivität beim GAU eines
Druckwasserreaktors hiesiger Bauart austritt, ist folglich zum größten Teil
nur das radioaktive Kühlwasser des Primärkreises. Three Miles Island war ein
solcher GAU. Die Folgen sind weit weniger gravierend als die Folgen von
Tschernobyl.

>Und damit kommen wir zu der Höhe des abgeschätzten Gefahrenpotentials:
>ich weiß nicht, wie hoch das ist, ich schätze jetzt einfach mal
>1 SuperGAU pro 10 000 Jahre, wobei dieser Wert von Kraftwerk zu
>Kraftwerk
>zum Teil stark variieren wird. Nun, bei zwei Kraftwerken steigert sich
>das Potential auf das doppelte, d.h. der Zeitraum muß halbiert werden,
>also 5 000 Jahren, bei zehn Kraftwerken sinds schon 1 000 Jahre,
>bei hundert Kraftwerken weltweit ist bereits alle 100 Jahren mit einen
>SuperGAU zu rechnen usw. Tschernobyl ist kein Sonderfall sondern
>traurige Zahl in einer kalten Statistik. Das Muckieren darüber,
>man könne die mangelhafte Sicherheit in ehemalig sowjetischen
>Atomkraftwerken nicht mit den technisch hochmodernen westlichen
>Kraftwerken gleichsetzen ist gerechtfertigt, dieser Sachverhalt
>allerdings dazu zu benutzen, den Laien in eine trügerische Sicherheit
>einzubetten wäre ein Verbrechen. Selbst in einem vermeidlichen absolut
>sicheren amerikanischen Reaktor wäre es, ich glaube in den 70er beinahe
>zu einem SuperGAU gekommen.

Die Ursache für den GAU in Tschernobyl war schlicht und einfach
Fahrlässigkeit. Der Reaktor war durch zu tiefes Einfahren der Regelstäbe
"verhungert", die Kettenreaktion fast zum Erliegen gekommen. Anstelle nun
einige Regelstäbe herauszufahren und abzuwarten, bis die Kettenreaktion
wieder _langsam_ in Gang kam, hat das Bedienpersonal fast alle Regelstäbe
herausgefahren. Als die Kettenreaktion wieder in Gang kam, stellte sich
heraus, daß die Motoren für den Antrieb der Regelstäbe nicht in der Lage
waren, die Regelstäbe schnell genug in den Reaktor zu fahren, um das
Verhängnis noch aufzuhalten. Durch die enorm hohe Temperatur, die dann im
Reaktor auftraten, verkeilten sich die Regelsäbe und waren nicht mehr in die
Position für das Herunterfahren des Reaktors zu bewegen. Was dann folgte,
ist heute Geschichte.

>(gerade hier in meiner Nähe hat man ein Kraftwerk auf gefährlich
>unsicherem Grund errichtet, das zumindest behauptet ein Geologie-
>professor, dessen Vorlesungen ich besuchen durfte,
>er durfte damals ein Gutachten erstellen, und obschon er die
>Lage bemängelte hat man sich darüber hinweggesetzt, bis heute
>ärgert er sich über diese Leichtsinnigkeit und Arroganz der
>Verantwortlichen)


Hier hätte man es besser wissen sollen - nach dem deutschen Atomrecht dürfte
beispielsweise in Japan kein einziger Kernreaktor betrieben werden.

>Hinzu kommt noch die Vorbildfunktion: wenn die hochentwickelten
>Industrienationen die Atomenergie als hochmoderne Energiegewinnung
>anpreisen und sich ihrer bedienen, werden es die heutigen Entwicklung-
>sländer auch tun, mit geringerem finanziellen und
>sicherheitsspezifischen
>Aufwand. Und je mehr Kraftwerke, desto größer das Gefahrenpotential.


In vielen Fällen wurden Atomreaktoren von Entwicklungsländern entweder aus
Prestigegründen gebaut oder um an spaltbares Material für Atomwaffen zu
kommen.
Trotzdem wird ein Abschalten der Atomkraftwerke hierzulande nichts an dem
Interesse von Entwicklungsländern an der Atomkraft ändern - aus den zwei
genannten Gründen. Nur eine sinnvolle Kontrolle von Seiten der int.
Atomenergiebehörde kann da etwas ausrichten.

>Angesichts dieser Tatsachen ist es schon faßt lächerlich darüber zu
>streiten, ob ein Kohlekraftwerk mehr Abgase in die Luft bläst als ein
>vermeindlich sauberes Atomkraftwerk oder ob die Strahlung am Castor-
>Behälter nun von einer undichten Stelle her rührt oder nicht.


Man kann die Umweltbelastungen, die ein konventionelles Kraftwerk und ein
Atomkraftwerk bewirken, schlicht und einfach nicht vergleichen. Das ist
schon mehr als nur Äpfel und Birnen durcheinanderzuschmeißen.

>Zum Fortschritt gehört Gehirn, nicht Muskeln, daher können Kernkraft-
>werke, wie beeindruckend und hochinteressant ihre Technologie und wie
>hoch deren Energieausbeute auch sein mag, nicht als Fortschrittlich
>bezeichnet werden.

Ein bischen viel Polemik, oder ? Für viele Bereiche der Wirtschaft ist eine
Versorgung mit preiswerter Energie nötig. Zu der Zeit, als hierzulande die
Kernenergie eingeführt wurde, wollte man ein Exempel bringen für die
friedliche Nutzung einer vormals rein militärischen Entwicklung (die ersten
Atommeiler, die Strom produzierten, waren eigentlich Brutreaktoren für
Plutonium). In den 60er und 70er Jahren war man der festen Überzeugung, daß
die Vorräte an fossilen Energieträgern bei Öl nur noch bis 2030, bei Erdgas
bis etwa 2100 und bei Kohle bis etwa 2400 reichen würden.
Wasserkraft kann hier in Deutschland nur einige % des Primärenergiebedarfs
decken, auch Windenergie (die eine weit bessere Ausbeute liefert als
Solarzellen) können maximal einige 10% der Energie decken. Außerdem sind
dezentrale Anlagen zur Stromerzeugung auf die netzstabilisierende Wirkung
der Großkraftwerke angewiesen - keine Windkraftanlage kann im Moment einen
halbwegs sauberen Sinus liefern, ohne daß von Stromnetz her eine
niederohmige Anbindung da ist.
Wir werden auch bei einer verbesserten Nutzung von alternativen Energien
weiter auf Großkraftwerke angewiesen bleiben - womit die eines Tages beheizt
werden, ist eine andere Frage.

Anmerkung: Ich stehe der Kernkraft auch kritisch gegenüber, aber die blanke
Angsmache, die von Seiten der Anti-AKW-Bewegung geschührt wird, verurteile
ich. Dummerweise haben wir das Problem mit den nuklearen Abfällen aber
schon - ein Ausstieg jetzt hilft da wenig. Für mich wird es höchst
Eisenbahn, daß auf internationaler Ebene geregelt wird, was mit den
nuklearen Überbleibsel des Kalten Krieges passieren soll - nicht nur mit den
hiesigen Atomabfällen, sondern mit den Abfällen weltweit und auch mit den
riesigen Mengen spaltbaren Materials, das in den Atomsprengköpfen der
Kernwaffen steckt.


Gruß, Axel


Christian Ade

unread,
Oct 27, 1998, 3:00:00 AM10/27/98
to Axel Farr
Hallo Axel,


Axel Farr wrote:
[...]


> Der Abfall ist insgesamt das gefährlichste. Auch unter allen anderen
> Aspekten: Bei Zerstörung des Reaktordruckbehälters besteht die größte Gefahr
> darin, daß radioaktiver Abfall in die Umgebung abgegeben wird. ("Plutonium"
> reihe ich hier auch einmal unter Abfall ein, was eigentlich nicht ganz
> korrekt ist).

Bei einem tatächlichen GAU in deiner näheren Umgebung, der weit und
breit alles verstrahlt, der das Krebsrisiko der Bevölkerung eines ganzen
Landes, das deinige, das deiner Kinder um ein vielfaches erhöht, der die
gesamte Ernte, den Boden für lange Zeit verseucht, bei einem solchen
tatsächlich eintretenden GAU (und niemand wird abstreiten können, daß
solch ein Szenario mit 100%er Sicherheit niemals eintreten kann, d.h.
hier geht es nicht um Panikmache, hier geht es um das Skizzieren real
möglicher Szenarien) wirst du mit Sicherheit nicht weiter behaupten, der
Abfall sei hierbei insgesamt das Gefährlichste. Zu hoffen bleibt
vielmehr, daß es "nur" beim Abfall bleibt. Daher ist es unabdingbar, bei
diesem Topic vor allem die wirklich schweren Gefahren und Risiken, die
mit der Kernenergie verbunden sind, in den Mittelpunkt zu rücken, und
nicht an den zweitrangigen Problemen und Risiken klebenzubleiben, nur
weil diese ständig in Medien und Alltag präsent sind (ein GAU hingegen
ereignet sich selten, dafür aber umso heftiger, und so folgt das Klagen
und die hohe Weisheit immer erst im nachhinein)


[...]

Mir ist bekannt, daß GAU eine Terminologie aus der Kernenergie ist. Ich
habe hier einen Vergleich zwischen den größten anzunehmenden Unfall in
einem konventionellen und dem in einem Kernkraftwerk ziehen wollen, ohne
groß nach den richtigen Definitionen Ausschau zu halten. Hätte ich also
das Kürzel GAU ausgeschrieben, hätte ich eine penible Debatte über die
exakte Anwendung der Begriffe und deren korrekte Definition vermeiden
können.
Das der Begriff "Super-GAU" nicht anwendbar ist, war mir hingegen nicht
bekannt. Ich spreche ihm den gleichen Stellenwert zu wie dem Begriff GAU
auch, d.h. ob GAU oder Super-GAU, mit beiden meine ich stets das
gleiche. Ich meine dennoch diesen Begriff in einer Doku über Tschernobyl
auf arte gehört zu haben, soll heißen: dieser Begriff scheint nicht
ungebräuchlich zu sein.
Aber nun zurück zum Thema:

Hier darf ich nochmals auf die vor nicht allzulanger Zeit auf arte
gesendete Doku zurückgreifen: hier wurden die offiziellen Begründungen
der Ursachen des GAUs in Tschernobyl kritisch hinterfragt und man stieß
auf zahlreiche Ungereimtheiten. Die Zeichen deuteten eher auf ein kurzes
aber heftiges Beben zur Zeit des Unglücks. Tatsächlich wurde die
geographische Lage des Kraftwerks stark bemängelt und darauf
hingewiesen, daß Kernkraftwerke tatsächlich zwangsläufig an geographisch
ungeeigneten Orten gebaut werden, nämlich stehts in der Nähe von
Flüssen. Falls dies stimmt, so ist Tschernobyl ein Wahrzeichen für die
aller Kernkraftwerke weltweit zugrundeliegende potentielle Gefahr, nicht
das schlampiger Nutzung, und es ist klar, daß sich hier das Interessen
bezüglich der genauen Ursachen des Unglücks in gewissen Kreisen,
insbesondere in jenen, die hier Aufklärungsarbeit leisten könnten, eher
in Grenzen hält. Das ist nur oberflächlich wiedergegeben, tatsächlich
hat man sich die Begründungen für diese Vermutung zur Ursache der
Katastrophe nicht aus den Fingern gesaugt. Allerdings bin ich kein
Experte, um mich hier mit dir anlegen zu können. Ich kann nur an deine
eigenen Vernunft appelieren, dich gegebenenfalls bei näherem Interesse
vorurteilsfrei damit intensiver zu beschäftigen.


> >(gerade hier in meiner Nähe hat man ein Kraftwerk auf gefährlich
> >unsicherem Grund errichtet, das zumindest behauptet ein Geologie-
> >professor, dessen Vorlesungen ich besuchen durfte,
> >er durfte damals ein Gutachten erstellen, und obschon er die
> >Lage bemängelte hat man sich darüber hinweggesetzt, bis heute
> >ärgert er sich über diese Leichtsinnigkeit und Arroganz der
> >Verantwortlichen)
>
> Hier hätte man es besser wissen sollen - nach dem deutschen Atomrecht dürfte
> beispielsweise in Japan kein einziger Kernreaktor betrieben werden.

Hätten wir hier bei uns jene geographischen Verhältnisse Japans, so
hätten wir auch ein anderes, ein entsprechend darauf zugeschnittenes
Atomrecht. Das ist keine Behauptung, das ist eine Vermutung meinerseits.


> >Hinzu kommt noch die Vorbildfunktion: wenn die hochentwickelten
> >Industrienationen die Atomenergie als hochmoderne Energiegewinnung
> >anpreisen und sich ihrer bedienen, werden es die heutigen Entwicklung-
> >sländer auch tun, mit geringerem finanziellen und
> >sicherheitsspezifischen
> >Aufwand. Und je mehr Kraftwerke, desto größer das Gefahrenpotential.
>
> In vielen Fällen wurden Atomreaktoren von Entwicklungsländern entweder aus
> Prestigegründen gebaut oder um an spaltbares Material für Atomwaffen zu
> kommen.
> Trotzdem wird ein Abschalten der Atomkraftwerke hierzulande nichts an dem
> Interesse von Entwicklungsländern an der Atomkraft ändern - aus den zwei
> genannten Gründen. Nur eine sinnvolle Kontrolle von Seiten der int.
> Atomenergiebehörde kann da etwas ausrichten.

Eines deiner beiden Argumente, jenes das Prestige betreffende, spricht
nicht für deine Schlußfolgerung, denn das Prestige von Kernenergie
sinkt, wenn sie in den Industrienationen nicht weiter geschetzt wird.
Des weiteren kann man anderen nur dann gut zureden, wenn man zuvor sein
eigenes Haus bereinigt hat.


[...]


> Man kann die Umweltbelastungen, die ein konventionelles Kraftwerk und ein
> Atomkraftwerk bewirken, schlicht und einfach nicht vergleichen. Das ist
> schon mehr als nur Äpfel und Birnen durcheinanderzuschmeißen.

Die Art der Belastung nicht, denn die ist verschieden, die
Umweltbelastung als ganzes hingegen kann man durchaus nebeneinander
stellen und abwegen, welches Risiko man aufgrund welcher Kriterien als
schwerwiegender einzustufen hat. Doch das ist nicht ganz einfach, denn
nach welchen Kriterien will man entscheiden, ob die Verpestung der Luft
schwerer wiegt als jahrtausende lang verseuchter Abfall und umgekehrt?
Nun werden aber diese beiden Aspekte durch eine weitere viel gewaltigere
den Kernkraftwerken anhaftende potentielle Gefahr in den Hintergrund
gerückt und das Abwegen fällt auf einmal nicht mehr allzu schwer.


> >Zum Fortschritt gehört Gehirn, nicht Muskeln, daher können Kernkraft-
> >werke, wie beeindruckend und hochinteressant ihre Technologie und wie
> >hoch deren Energieausbeute auch sein mag, nicht als Fortschrittlich
> >bezeichnet werden.
>
> Ein bischen viel Polemik, oder ?

Polemik schließt Unsachlichkeit mit ein. Ich hatte hier meine
vorgehenden Ausführungen in einer abschließenden Bewertung
zusammengefaßt. Die "Muskeln" sind als Analogie zu reiner Funktionalität
zu verstehen. Mit "Gehirn" ist darauf hingewiesen, daß Fortschritt sich
nicht in reine Funktionalität alleine auszeichnet, sondern alle damit
verbundenen Schwachstellen und Risikofaktoren mit einschließt.
Fortschritt zeichnet sich auch durch Selektion der gebotenen Optionen
aus, und Selektion erfolgt durch Abwegen, und zwar durch Abwegen nicht
der geforderten Ausbeute allein, sondern ebenso der damit verbundenen
Nachteile. Letzteres, nicht ersteres entscheidet dann letztendlich
aufgrund der von mir davor vorgebrachten Argumente gegen und nicht für
die Kernenergie als fortschrittliche Energieversorgung.
Wenn du mir also Polemik unterstellen möchtest, so seihst du hiermit
aufgefordert, jene Unsachlichkeit meiner Ausführungen aufzuzeigen,
welche die Unterstellung einer Polemik meinerseits rechtfertigen würde.


> Für viele Bereiche der Wirtschaft ist eine
> Versorgung mit preiswerter Energie nötig. Zu der Zeit, als hierzulande die
> Kernenergie eingeführt wurde, wollte man ein Exempel bringen für die
> friedliche Nutzung einer vormals rein militärischen Entwicklung (die ersten
> Atommeiler, die Strom produzierten, waren eigentlich Brutreaktoren für
> Plutonium). In den 60er und 70er Jahren war man der festen Überzeugung, daß
> die Vorräte an fossilen Energieträgern bei Öl nur noch bis 2030, bei Erdgas
> bis etwa 2100 und bei Kohle bis etwa 2400 reichen würden.
> Wasserkraft kann hier in Deutschland nur einige % des Primärenergiebedarfs
> decken, auch Windenergie (die eine weit bessere Ausbeute liefert als
> Solarzellen) können maximal einige 10% der Energie decken. Außerdem sind
> dezentrale Anlagen zur Stromerzeugung auf die netzstabilisierende Wirkung
> der Großkraftwerke angewiesen - keine Windkraftanlage kann im Moment einen
> halbwegs sauberen Sinus liefern, ohne daß von Stromnetz her eine
> niederohmige Anbindung da ist.
> Wir werden auch bei einer verbesserten Nutzung von alternativen Energien
> weiter auf Großkraftwerke angewiesen bleiben - womit die eines Tages beheizt
> werden, ist eine andere Frage.

Ich möchte dir nicht widersprechen, nur das Augenmerk darauf richten,
daß du erst mit Kernkraftwerken beginnst, anschließend zu Alternativen
schreitest, dann zu solchen dezentraler Art übergehst und letztendlich
zu dem Schluß kommst, auch bei der Nutzung von alternativer Energie sei
man auf Großkraftwerken angewiesen. Nun, hier geht es um Kernkraft
allgemein und Kernkraftwerke im speziellen, nicht um Großkraftwerke, zu
denen man eben auch Wasser- und Kohlekraftwerke ebenso hinzuzählt. Und
die Nichtkernenergie ist es letztendlich, die die Hauptversorgung des
Landes sichert, nicht die Kernenergie, die nur einen Bruchteil davon
schafft.


> Anmerkung: Ich stehe der Kernkraft auch kritisch gegenüber, aber die blanke
> Angsmache, die von Seiten der Anti-AKW-Bewegung geschührt wird, verurteile
> ich. Dummerweise haben wir das Problem mit den nuklearen Abfällen aber
> schon - ein Ausstieg jetzt hilft da wenig. Für mich wird es höchst
> Eisenbahn, daß auf internationaler Ebene geregelt wird, was mit den
> nuklearen Überbleibsel des Kalten Krieges passieren soll - nicht nur mit den
> hiesigen Atomabfällen, sondern mit den Abfällen weltweit und auch mit den
> riesigen Mengen spaltbaren Materials, das in den Atomsprengköpfen der
> Kernwaffen steckt.

Zustimmung.
Im übrigen möchte ich dir nicht unterstellen wollen, daß du mir wiederum
Angstmacherei unterstellen würdest. Ich denke rational und nicht
überzogen argumentiert zu haben, und auf allen meiner Argumente kann man
eingehen und sie näher untersuchen, widerlegen oder Gegenargumente
bieten. Damit bin ich für jeden der ernsthaft über dieses Thema
debattieren möchte, gleich welche Position er einnimmt, "faßbar" und so
kann mir niemand eine dogmatische Parteilichkeit unterstellen, solange
ich meine Position argumentativ stütze und auf Gegenargumente sachlich
eingehe.

Gruß,
Christian

Udo Klasmeier

unread,
Oct 28, 1998, 3:00:00 AM10/28/98
to
Christian Ade wrote:
>
> Hallo Axel,
>

> Bei einem tatächlichen GAU in deiner näheren Umgebung, (....)

Es gibt keinen *tatsächlichen* GAU !

Es handelt sich um eine virtuelle Größe.

Christian Ade

unread,
Oct 28, 1998, 3:00:00 AM10/28/98
to
Udo Klasmeier wrote:
[...]

> > Bei einem tatächlichen GAU in deiner näheren Umgebung, (....)
>
> Es gibt keinen *tatsächlichen* GAU !
>
> Es handelt sich um eine virtuelle Größe.

Ja, bin ich denn hier im Kindergarten gelandet?
Wer sein Augenmerk auf das eigentliche Thema richtet anstatt über
Spitzfindigkeiten zu debattieren, wird nachvollziehen können was gemeint
ist. Argumente sind gefragt, nicht oberlehrerhafte Belehrungen.

Christian

Lars Nielsen

unread,
Oct 28, 1998, 3:00:00 AM10/28/98
to
Christian Ade schrieb:

> Ich möchte dir nicht widersprechen, nur das Augenmerk darauf richten,
> daß du erst mit Kernkraftwerken beginnst, anschließend zu Alternativen
> schreitest, dann zu solchen dezentraler Art übergehst und letztendlich
> zu dem Schluß kommst, auch bei der Nutzung von alternativer Energie sei
> man auf Großkraftwerken angewiesen. Nun, hier geht es um Kernkraft
> allgemein und Kernkraftwerke im speziellen, nicht um Großkraftwerke, zu
> denen man eben auch Wasser- und Kohlekraftwerke ebenso hinzuzählt. Und
> die Nichtkernenergie ist es letztendlich, die die Hauptversorgung des
> Landes sichert, nicht die Kernenergie, die nur einen Bruchteil davon
> schafft.
>

Moin Moin,

der Ausstieg aus der Atomenergie ist ein sehr interessantes Thema.
Sicher-
lich waere es wuenschenswert seine Energie moeglichst sauber und sicher
zu liefern. Die Gefahr eines GAU's und die Probleme der radioaktiven
Abfaelle forcieren verstaendlicher weise den Wunsch zum Ausstieg. Du
schreibst die Kernenergie leistet nur einen Bruchteil der
Hauptversorgung
in unserem Land, dem moechte ich widersprechen. Ich berufe mich dabei
auf
eine Broschuere des DVG (Deutsche Verbundgesellschaft e.V.) von 1998.
Demnach liefert die Kernenergie 160.1 TWh netto (entsprechend 30.2 %)
des "Stromes" im Jahre 1997, gerundet etwa 1/3. Es sollte ersichtlich
sein, das zur Zeit als einziger Ersatz konventionelle Waermekraftwerke
mit Kohle oder Oel als Primaerenergietraeger in Frage kommen. Man sollte
bei allen Ausstiegsgedanken auch daran denken, die Versorgung aufrecht
zu erhalten, den grosze Einsparpotentiale gibt es nicht und die
Einfuehrung
eines "stromfreien Montags" stoeszt wohl nicht auf viel Gegenliebe. Man
koennte natuerlich seinen Strom z.B. aus Frankreich beziehen, nur deckt
in Frankreich die Kernenergie etwa 75% der Stromerzeugung. Leider sind
wir
aufgrund der geographischen Gegebenheiten nicht wie Norwegen in der Lage
99% unserer Energie in Wasserkraftwerken zu "erzeugen".

MfG
Lars

--
Lars Nielsen Mobil: 0177/5614631
Harzbuger Str. 24 Berliner Str. 28
38304 Wolfenbuettel 25813 Husum
Tel.: +49533168753 Tel.:+4948414952


Christian Ade

unread,
Oct 29, 1998, 3:00:00 AM10/29/98
to
Lars Nielsen wrote:
>
> Christian Ade schrieb:

>
> > Ich möchte dir nicht widersprechen, nur das Augenmerk darauf richten,
> > daß du erst mit Kernkraftwerken beginnst, anschließend zu Alternativen
> > schreitest, dann zu solchen dezentraler Art übergehst und letztendlich
> > zu dem Schluß kommst, auch bei der Nutzung von alternativer Energie sei
> > man auf Großkraftwerken angewiesen. Nun, hier geht es um Kernkraft
> > allgemein und Kernkraftwerke im speziellen, nicht um Großkraftwerke, zu
> > denen man eben auch Wasser- und Kohlekraftwerke ebenso hinzuzählt. Und
> > die Nichtkernenergie ist es letztendlich, die die Hauptversorgung des
> > Landes sichert, nicht die Kernenergie, die nur einen Bruchteil davon
> > schafft.
> >
>
> Moin Moin,
>
> der Ausstieg aus der Atomenergie ist ein sehr interessantes Thema.

Nun, um ehrlich zu sein, es gibt interessanteres, aber das ist
sicherlich Geschmackssache.


> Sicher-
> lich waere es wuenschenswert seine Energie moeglichst sauber und sicher
> zu liefern.

Ohne Frage.


> Die Gefahr eines GAU's und die Probleme der radioaktiven
> Abfaelle forcieren verstaendlicher weise den Wunsch zum Ausstieg. Du
> schreibst die Kernenergie leistet nur einen Bruchteil der
> Hauptversorgung
> in unserem Land, dem moechte ich widersprechen. Ich berufe mich dabei
> auf
> eine Broschuere des DVG (Deutsche Verbundgesellschaft e.V.) von 1998.
> Demnach liefert die Kernenergie 160.1 TWh netto (entsprechend 30.2 %)
> des "Stromes" im Jahre 1997, gerundet etwa 1/3.

Mir sind diese Zahlen bekannt, soll heißen, ich weiß, daß nur 30% aus
Atomenergie stammt, nicht etwa zu 50% oder 75%, wie in Frankreich der
Fall, wo eine exzessive Atompolitik betrieben wird. Und gerade dieser
Umstand, der Umstand daß 70% aus Nichtkernenergie stammt hat mich zu der
korrekten Aussage bewogen, die Kernenergie leiste hier in Deutschland
nur einen Bruchteil des insgesammt gelieferten Stromes. In welchem Punkt
bitteschön möchtest du mir also gerne widersprechen?


> Es sollte ersichtlich
> sein, das zur Zeit als einziger Ersatz konventionelle Waermekraftwerke
> mit Kohle oder Oel als Primaerenergietraeger in Frage kommen.

Als einziger Arsatz zu den konventionellen Kraftwerken mit Kohle oder
Öl, wird die Kernenergie angesehen. Die Frage lautet vielmehr, ob diese
Ersatzenergie nun entbehrlich oder doch nicht so ganz entbehrlich ist.
Ich halte mich für einen Realisten und sehe in naher Zukunft keine
Möglichkeit eines radikalen Ausstiegs aus der Atomenergie, die Industrie
darf unter einem radikalen Kahlschlag nicht zurückgeworfen werden,
ansonsten würden wir Fortschritt und sozialen Frieden einbüßen, doch
langfristig dürfen wir nicht auf die Ersatzenergie Kernkraft setzen, das
sollte allen klar sein.


> Man sollte
> bei allen Ausstiegsgedanken auch daran denken, die Versorgung aufrecht
> zu erhalten, den grosze Einsparpotentiale gibt es nicht und die
> Einfuehrung
> eines "stromfreien Montags" stoeszt wohl nicht auf viel Gegenliebe. Man
> koennte natuerlich seinen Strom z.B. aus Frankreich beziehen, nur deckt
> in Frankreich die Kernenergie etwa 75% der Stromerzeugung. Leider sind
> wir
> aufgrund der geographischen Gegebenheiten nicht wie Norwegen in der Lage
> 99% unserer Energie in Wasserkraftwerken zu "erzeugen".

Bei der Diskussion um den Ausstieg aus der Atomenergie sollte man auch
berücksichtigen:
1. alle Vor- und Nachteile, unabhängig davon, ob wir gegenwärtig in der
Lage sind, den Ausstieg zu vollziehen oder nicht, d.h. die Nachteile
dürfen aufgrund der Tatsache, daß wir Atomenergie von heute auf morgen
nicht von 30% auf null reduzieren können, nicht verschönigt werden, sie
sind da und sie müssen diskutiert werden.
2. die Zukunft im Visier haben, nicht auf die eingeschränkten
Möglichkeiten der Gegenwart fixiert bleiben. Wer mit der Eistellung
startet, Ausstieg aus Atomenergie sei prinzipiell nicht machbar, der hat
bereits von vornherein aufgegeben. Aber Rückständig wollen wir ja nicht
bleiben, oder?


Christian

Ralf Zeitler

unread,
Oct 29, 1998, 3:00:00 AM10/29/98
to

>Bei der Diskussion um den Ausstieg aus der Atomenergie sollte man auch
>berücksichtigen:
>1. alle Vor- und Nachteile, unabhängig davon, ob wir gegenwärtig in der
>Lage sind, den Ausstieg zu vollziehen oder nicht, d.h. die Nachteile
>dürfen aufgrund der Tatsache, daß wir Atomenergie von heute auf morgen
>nicht von 30% auf null reduzieren können, nicht verschönigt werden, sie
>sind da und sie müssen diskutiert werden.

Sicher sind Nachteile da, aber diese sollten bitte auch nicht derart
uebertrieben werden, wie es einige Umweltschuetzer nur allzugerne tun. Man
sollte dabei schon sachlich bleiben, und sich auf Tatsachen stützen.

Eines will ich hier dazu noch sagen. Unsere Englischlehrerin ist fanatische
Umweltschützerin, und hat als Argument gegen Die Atomenergie angeführt, daß
die Transportkosten des "Atommülls" so hoch seien (unter anderem wg. der
nötigen Polizeibewachung)... naja was soll man denn dazu noch sagen. Wenn
man sich seine Argumente immer so leicht "beschaffen" dürfte....das wär
schön :-)


>2. die Zukunft im Visier haben, nicht auf die eingeschränkten
>Möglichkeiten der Gegenwart fixiert bleiben. Wer mit der Eistellung
>startet, Ausstieg aus Atomenergie sei prinzipiell nicht machbar, der hat
>bereits von vornherein aufgegeben. Aber Rückständig wollen wir ja nicht
>bleiben, oder?


Da geb ich Dir vollkommen Rest. Nur eine Frage dazu: Unter was ordnest Du
die Kernfusion ein? Sicher ist man noch weit von einem "serienreifen"
Reaktor entfernt, aber wir wollen ja nicht auf die Gegenwart fixiert
bleiben, gelle?


MfG
Ralf Zeitler

Christian Ade

unread,
Oct 29, 1998, 3:00:00 AM10/29/98
to
Ralf Zeitler wrote:
>
> >Bei der Diskussion um den Ausstieg aus der Atomenergie sollte man auch
> >berücksichtigen:
> >1. alle Vor- und Nachteile, unabhängig davon, ob wir gegenwärtig in der
> >Lage sind, den Ausstieg zu vollziehen oder nicht, d.h. die Nachteile
> >dürfen aufgrund der Tatsache, daß wir Atomenergie von heute auf morgen
> >nicht von 30% auf null reduzieren können, nicht verschönigt werden, sie
> >sind da und sie müssen diskutiert werden.
>
> Sicher sind Nachteile da, aber diese sollten bitte auch nicht derart
> uebertrieben werden, wie es einige Umweltschuetzer nur allzugerne tun. Man
> sollte dabei schon sachlich bleiben, und sich auf Tatsachen stützen.

Andere Umweltschützer interessieren mich nicht, ich habe meinen eigenen
Verstand. Im übrigen geht es mir nicht um den Umweltschutz, sondern um
die Sicherheit von Mensch und Tier. Da gehöre ich schon faßt zu den
Außenseitern, denn spreche ich mich gegen Atomenergie als
zukunftsträchtige Stromversorgungstechnologie aus, so werde ich leicht
in die Schublade von militanten Umweltschützern und Fanatikern gesteckt.
Aber ich bin sicher, deine Differentiationsgabe reicht über die des
gemeinen Gurchschnitts hinaus.


> Eines will ich hier dazu noch sagen. Unsere Englischlehrerin ist fanatische
> Umweltschützerin, und hat als Argument gegen Die Atomenergie angeführt, daß
> die Transportkosten des "Atommülls" so hoch seien (unter anderem wg. der
> nötigen Polizeibewachung)... naja was soll man denn dazu noch sagen. Wenn
> man sich seine Argumente immer so leicht "beschaffen" dürfte....das wär
> schön :-)

Echte Argumente gegen die Atomenergie sind solche, die die Atomenergie
aufgrund ihrer Nachteile selber liefert, da hast du völlig recht.
Allerdings wiederum sind die Tumulte um die Castortransporte auch ein
Indikator für den sozialen Sprengstoff, den die Kernenergie liefert.
Dieses Faktum darf also auch berücksichtigt werden.


> >2. die Zukunft im Visier haben, nicht auf die eingeschränkten
> >Möglichkeiten der Gegenwart fixiert bleiben. Wer mit der Eistellung
> >startet, Ausstieg aus Atomenergie sei prinzipiell nicht machbar, der hat
> >bereits von vornherein aufgegeben. Aber Rückständig wollen wir ja nicht
> >bleiben, oder?
>
> Da geb ich Dir vollkommen Rest.

Mit Resten kann ich nichts anfangen :o)


> Nur eine Frage dazu: Unter was ordnest Du
> die Kernfusion ein? Sicher ist man noch weit von einem "serienreifen"
> Reaktor entfernt, aber wir wollen ja nicht auf die Gegenwart fixiert
> bleiben, gelle?

Richtig, wir dürfen nicht auf die gegenwärtigen Gefahren fixiert
bleiben, müssen auch die zukünfigen berücksichtigen um sie rechtzeitig
verhindern zu können solange uns noch Zeit dazu bleibt. Das hast du
schön erkannt, gratuliere.


Christian

Joachim Schulz

unread,
Oct 30, 1998, 3:00:00 AM10/30/98
to
Christian Ade wrote:

>
> Lars Nielsen wrote:
>
> > Demnach liefert die Kernenergie 160.1 TWh netto (entsprechend 30.2 %)
> > des "Stromes" im Jahre 1997, gerundet etwa 1/3.
>
> Mir sind diese Zahlen bekannt, soll heißen, ich weiß, daß nur 30% aus
> Atomenergie stammt, nicht etwa zu 50% oder 75%, wie in Frankreich der
> Fall, wo eine exzessive Atompolitik betrieben wird. Und gerade dieser
> Umstand, der Umstand daß 70% aus Nichtkernenergie stammt hat mich zu der
> korrekten Aussage bewogen, die Kernenergie leiste hier in Deutschland
> nur einen Bruchteil des insgesammt gelieferten Stromes. In welchem Punkt
> bitteschön möchtest du mir also gerne widersprechen?

Hallo Christian,
Du hast zwar Recht, wenn Du sagst, 1/3 sei nur ein Bruchteil, aber bist
Du nicht auch der Meinung, dass 1/3 ein ziemlich grosser Bruchteil ist?
Versuch' doch einmal in einem Monat 30% Energie zu sparen. Das duerfte
ziemlich hart werden.

Dennoch denke auch ich, dass wir dieses Drittel so schnell wie moeglich
einsparen oder anders erzeugen sollten.

Gruesse,
Joachim

Ralf Mueller

unread,
Oct 30, 1998, 3:00:00 AM10/30/98
to
On Fri, 30 Oct 1998 09:39:36 +0100,
Joachim Schulz <sch...@mail.desy.de> wrote:
>> Lars Nielsen wrote:
>>
>> > Demnach liefert die Kernenergie 160.1 TWh netto (entsprechend 30.2 %)
>> > des "Stromes" im Jahre 1997, gerundet etwa 1/3.
> ...

>
>Dennoch denke auch ich, dass wir dieses Drittel so schnell wie moeglich
>einsparen oder anders erzeugen sollten.

Ehrlich gesagt erschiene es mir sinnvoller, wenn wir die nahezu 2/3
Energie, die wir aus der Verbrennung von Kohle/Gas/Öl gewinnen anderweitig
erzeugen würden. Zum einen erscheint mir eine Klimakatastrophe auf Dauer
deutlich gefährlicher als gelegentliche Atomunfälle und zum anderen kann
man das was wir da verbrennen anderweitig deutlich nutzbringender einsetzen.

Nur so als Kommentar - wenn wir durch die Erzeugung von Treibhausgasen
wirklich an einer Klimakatastrophe basteln, dann ist das Ergebnis ein
weltweiter Dauerzustand, der mit Sicherheit mehr Menschenleben kostet und
mehr Umwelt zerstört, als wenn gelegentlich ein Kernkraftwerk hochgeht.
Und selbst in Tschernobyl ist es nur nach extremer bewuster Fehlbedienung
zum GAU gekommen.

Ralf

--
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e-mail: ra...@bj-ig.de
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An unbreakable toy is useful for breaking other toys.


Ralf Zeitler

unread,
Oct 30, 1998, 3:00:00 AM10/30/98
to

>> Sicher sind Nachteile da, aber diese sollten bitte auch nicht derart
>> uebertrieben werden, wie es einige Umweltschuetzer nur allzugerne tun.
Man
>> sollte dabei schon sachlich bleiben, und sich auf Tatsachen stützen.
>
>Andere Umweltschützer interessieren mich nicht, ich habe meinen eigenen
>Verstand. Im übrigen geht es mir nicht um den Umweltschutz, sondern um
>die Sicherheit von Mensch und Tier.

Sowas nennt man doch im Allgemeinen Umweltschutz, oder? Aber ich schlag noch
mal in einer Enzyklopädie nach ;-)

> Da gehöre ich schon faßt zu den
>Außenseitern, denn spreche ich mich gegen Atomenergie als
>zukunftsträchtige Stromversorgungstechnologie aus, so werde ich leicht
>in die Schublade von militanten Umweltschützern und Fanatikern gesteckt.

Hab ich nicht gemacht! Wollte ich hier nur mal anmerken. Sollte also keine
Kritik an Deiner Argumentationsweise sein :-)...nur eben an der von
betsimmten Leuten.

>> Eines will ich hier dazu noch sagen. Unsere Englischlehrerin ist
fanatische
>> Umweltschützerin, und hat als Argument gegen Die Atomenergie angeführt,
daß
>> die Transportkosten des "Atommülls" so hoch seien (unter anderem wg. der
>> nötigen Polizeibewachung)... naja was soll man denn dazu noch sagen. Wenn
>> man sich seine Argumente immer so leicht "beschaffen" dürfte....das wär
>> schön :-)
>
>Echte Argumente gegen die Atomenergie sind solche, die die Atomenergie
>aufgrund ihrer Nachteile selber liefert, da hast du völlig recht.
>Allerdings wiederum sind die Tumulte um die Castortransporte auch ein
>Indikator für den sozialen Sprengstoff, den die Kernenergie liefert.
>Dieses Faktum darf also auch berücksichtigt werden.


Das ist aber keine legitime Argumentationsweise. Ich kann nicht Argumente
anführen, die ich durch eigenes Verhalten erst entstehen lasse. So wären
diese Tumulte gar nicht dar, wenn der öffentliche Diskurs etwas mehr von
Wissen (und damit sachliche Argumente) um diese Dinge geprägt wäre, als von
Meinungsmachern.


>> Da geb ich Dir vollkommen Rest.
>
>Mit Resten kann ich nichts anfangen :o)


Ähm..ja.


>
>> Nur eine Frage dazu: Unter was ordnest Du
>> die Kernfusion ein? Sicher ist man noch weit von einem "serienreifen"
>> Reaktor entfernt, aber wir wollen ja nicht auf die Gegenwart fixiert
>> bleiben, gelle?
>
>Richtig, wir dürfen nicht auf die gegenwärtigen Gefahren fixiert
>bleiben, müssen auch die zukünfigen berücksichtigen um sie rechtzeitig
>verhindern zu können solange uns noch Zeit dazu bleibt. Das hast du
>schön erkannt, gratuliere.


Damit hast Du die Frage wohl auf Umwegen beantwortet. Dann sag aber mal
vernünftige Argumente gegen Kernfusion. Da bin ich nun mal gespannt drauf!!

MfG
Ralf Zeitler


Stefan Jaag

unread,
Oct 30, 1998, 3:00:00 AM10/30/98
to
On Tue, 27 Oct 1998, Axel Farr wrote:

> Ein wassermoderierter Reaktor schaltet sich "von alleine" ab, wenn der
> Druckbehälter platzen sollte, weil der Moderator verdampft.

So weit so gut ...

> Auch werden
> keine Temperaturen von über 1000 °C auftreten, weil der Moderator da nicht
> mehr funktioniert und folglich eine Übertemperatursicherung eingebaut ist
> (Die Kettenreaktion kommt zum Erliegen).

Ja, die Kettenreaktion kommt zum erliegen, aber nicht die
Energieproduktion! Denn die Brennstäbe haben auf Grund ihrer
Radioaktivität eine Ergieerzeugungsrate, die durchaus in der Größenordnung
von mehreren Prozent der Betriebsleistung liegt!

> Dadurch werden aber die Brennstäbe
> halten und nicht zerstört werden.

Und genau dadurch _werden_ die Brennstäbe _schmelzen_, da die Kühlung weg
ist!

> Was an Radioaktivität beim GAU eines
> Druckwasserreaktors hiesiger Bauart austritt, ist folglich zum größten Teil
> nur das radioaktive Kühlwasser des Primärkreises.

Das Wasser - auch im Primärkreis - ist praktisch nicht radioaktiv !

Was passiert ist, dass die heissen Brennstäbe bzw. die Kernschmelze das
Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff spalten ... d.h. es besteht
explosionsgefahr ... und wenn die Sache tatsächlich in die Luft fliegt und
das Containment nicht hält haben wir auch die Sauerei ...

> Die Folgen sind weit weniger gravierend als die Folgen von
> Tschernobyl.

Was wieder richtig ist ... hauptsächlich aber daran liegt, dass das
radioaktive Inventar in Tschernobyl wesentlich größer war als es z.B. in
einem deutschen Reaktor ist.

> Die Ursache für den GAU in Tschernobyl war schlicht und einfach
> Fahrlässigkeit.

Nein, der Reaktor hatte auch eine Reihe konstruktionsbedingter Fehler; so
einfach, wie du das hier darstellst ist das ganze nicht ... die exakten
Zusammenhänge sprengen aber diesen Rahmen.

> In vielen Fällen wurden Atomreaktoren von Entwicklungsländern entweder aus
> Prestigegründen gebaut oder um an spaltbares Material für Atomwaffen zu
> kommen.

Falsch! Man brauch keinen Reaktor um Atomwaffen zu bauen, U-235 tut's da
vollends ... BTW, Prestigedenken, kann ich hierbei eigentlich auch nicht
erkennen. Aber egal ...

> Ein bischen viel Polemik, oder ? Für viele Bereiche der Wirtschaft ist eine
> Versorgung mit preiswerter Energie nötig.

Kernenergie ist _nicht_ preiswert ... zumindest momentan nicht, da das Gas
so schön billig ist!

> In den 60er und 70er Jahren war man der festen Überzeugung, daß
> die Vorräte an fossilen Energieträgern bei Öl nur noch bis 2030, bei Erdgas
> bis etwa 2100 und bei Kohle bis etwa 2400 reichen würden.

Prinzipiell hat sich bis heute nichts an dieser Aussage geändert ... nur
die Zahlen sehen ein wenig anders aus und das CO2 Problem kommt dazu ...

> Wasserkraft kann hier in Deutschland nur einige % des Primärenergiebedarfs
> decken, auch Windenergie (die eine weit bessere Ausbeute liefert als
> Solarzellen) können maximal einige 10% der Energie decken. Außerdem sind
> dezentrale Anlagen zur Stromerzeugung auf die netzstabilisierende Wirkung
> der Großkraftwerke angewiesen

> Wir werden auch bei einer verbesserten Nutzung von alternativen Energien


> weiter auf Großkraftwerke angewiesen bleiben - womit die eines Tages beheizt
> werden, ist eine andere Frage.

Mit sauberer Braunkohle a la Gatzweiler II *lol*

Ich bin der festen Überzeugung, dass man in ein paar Jahrzehnten wieder
ein "come back" der Kernenergie erleben wird ... schlicht und ergreifend
auf Grund objektiver Zwänge, begründet durch eine Energieverknappung, die
Verteuerung fossiler Brennstoffe, die Verschärfung des CO2 Problems und
nicht erfüllter Hoffnungen in regenerative Energien oder die
Fusionstechnologie.

> Eisenbahn, daß auf internationaler Ebene geregelt wird, was mit den
> nuklearen Überbleibsel des Kalten Krieges passieren soll - nicht nur mit den
> hiesigen Atomabfällen, sondern mit den Abfällen weltweit und auch mit den
> riesigen Mengen spaltbaren Materials, das in den Atomsprengköpfen der
> Kernwaffen steckt.

Wenn das Problem so schön einfach wäre: es gibt so viel Kernwaffen
Plutonium, dass man die Welt-Uran-Produktion für 10 Jahre einstellen
könnte ... der Haken, wenn man dieses Pu "konventionell" in
Kern-Kraftwerken verheizt, entsteht daraus Americium und Curium (und dann
noch Neptunium). Die Kameraden sind derart radiotoxisch, dass hierbei
nicht viel gewonnen ist (ausser Energie vielleicht und der Tatsache, dass
man aus dem Zeugs praktisch keine Bomben mehr bauen kann) - das Problem
bekommt nur einen anderen Namen.

Das Problem muss fundamentaler gelöst werden. Und auch hierin liegt ein
Problem des Ausstiegs aus der Kernenergie: Das Müllproblem kann nur
kerntechnisch gelöst werden, verabschiedet man sich aus der Kerntechnik
bleibt einem der Müll erhalten ...

Gruß
Stefan


Joachim Schulz

unread,
Oct 30, 1998, 3:00:00 AM10/30/98
to
Ralf Mueller wrote:

> Ehrlich gesagt erschiene es mir sinnvoller, wenn wir die nahezu 2/3
> Energie, die wir aus der Verbrennung von Kohle/Gas/Öl gewinnen anderweitig
> erzeugen würden. Zum einen erscheint mir eine Klimakatastrophe auf Dauer
> deutlich gefährlicher als gelegentliche Atomunfälle und zum anderen kann
> man das was wir da verbrennen anderweitig deutlich nutzbringender einsetzen.

Hallo Ralf,
Vielleicht hast Du Recht, aber Du musst auch bedenken, dass ein GAU, so
unwahrscheinlich er sein mag viel zerstoererischer ist, als eine
erhoehte (oder erniedrigte) Umgebungstemperatur.
(Naja, ist wohl nicht ganz sicher, aber das glaube ich jedenfalls)



> Nur so als Kommentar - wenn wir durch die Erzeugung von Treibhausgasen
> wirklich an einer Klimakatastrophe basteln, dann ist das Ergebnis ein
> weltweiter Dauerzustand, der mit Sicherheit mehr Menschenleben kostet und
> mehr Umwelt zerstört, als wenn gelegentlich ein Kernkraftwerk hochgeht.

Das erklaer' doch mal jemandem, der direkt neben einem Atomkraftwerk
wohnt. Bei einem GAU stirbt dieser fast sicher, bei einer
Klimakatastrophe kann er sich selbst auf einem Uberflutungsgebiet noch
retten.

Letztlich ist Energiesparen doch einzige Schritt in die richtige
Richtung.

Gruss,
Joachim

Christian Ade

unread,
Oct 30, 1998, 3:00:00 AM10/30/98
to
Joachim Schulz wrote:
[...]

> Hallo Christian,
> Du hast zwar Recht, wenn Du sagst, 1/3 sei nur ein Bruchteil, aber bist
> Du nicht auch der Meinung, dass 1/3 ein ziemlich grosser Bruchteil ist?
> Versuch' doch einmal in einem Monat 30% Energie zu sparen. Das duerfte
> ziemlich hart werden.
>
> Dennoch denke auch ich, dass wir dieses Drittel so schnell wie moeglich
> einsparen oder anders erzeugen sollten.

Hallo Joachim,

30% sind viel, keine Frage, daher schrieb ich auch, daß ich in naher


Zukunft keine Möglichkeit eines radikalen Ausstiegs aus der Atomenergie

sehe. Doch dürfen wir deshalb einen Ausstieg auf langer Sicht nicht aus
den Augen verlieren. Insofern unterscheiden sich unsere Ansichten
keinesfalls voneinander.

Gruß,
Christian

Christian Ade

unread,
Oct 30, 1998, 3:00:00 AM10/30/98
to
Ralf Mueller wrote:
[...]

> Ehrlich gesagt erschiene es mir sinnvoller, wenn wir die nahezu 2/3
> Energie, die wir aus der Verbrennung von Kohle/Gas/Öl gewinnen anderweitig
> erzeugen würden. Zum einen erscheint mir eine Klimakatastrophe auf Dauer
> deutlich gefährlicher als gelegentliche Atomunfälle und zum anderen kann
> man das was wir da verbrennen anderweitig deutlich nutzbringender einsetzen.

100% Atomenergie und wir haben
1. eine höhere Sicherheit
2. eine bessere Ausnutzung der vorhandenen Ressourcen

Punkt 1 ist absurd, ein GAU in Deutschland oder in einem unserer
Nachbarstaaten, insbesondere in einem des ehemaligen Ostblocks, wird
mehr zur Folge haben, als ein bloßer Verzicht deinerseits auf
Milchprodukte und Waldpilzen. Ich wünsche den Leuten um Tschernobyl, die
aufgrund der Evakuierung ihr Hab und Gut, ihr Dach über den Kopf und
ihre Gesundheit eingebüßt haben, den Opfern, die mißgebildete Kinder in
die Welt setzen mußten nur das beste. Lieber hätte ich ihnen eine
Überschwemmung gewünscht, nachder sie wieder in ihre Dörfer zurückkehren
und neu aufbauen konnten, anstatt auf Jahrzehnte verseuchter für nichts
zu gebrauchender Boden. So würde es nämlich im kleinen Deutschland
aussehen, aber da trifft es nicht ein paar Dörfer, hier leben wir auf
engem Raum zusammen. Ein GAU in Deutschland wird im nachhinein teuer,
sehr teuer für dieses Land. Die Gesundheit, der Lebensraum und der
materielle Wohlstand einer ganzen Nation stehen hier auf dem Spiel, wenn
nicht noch mehr.
Punkt 2 wirkt Paradox, denn wie können die Ressourcen besser ausgenützt
sein, wenn dadurch die Sicherheit von Mensch und Tier eingebüßt wird?


> Nur so als Kommentar - wenn wir durch die Erzeugung von Treibhausgasen
> wirklich an einer Klimakatastrophe basteln, dann ist das Ergebnis ein
> weltweiter Dauerzustand, der mit Sicherheit mehr Menschenleben kostet und
> mehr Umwelt zerstört, als wenn gelegentlich ein Kernkraftwerk hochgeht.

Frage: Woher weißt du, daß eine durch Treibhausgasen erzeugte
Klimakatastrophe mehr Menschenleben kosten wird als durch gelegentliche
Super-GAUs? Du weißt auch nicht mit Sicherheit, wie groß der Einfluß der
Treibhausgase auf das Weltklima ist. Die Gefahren eines GAUs sind
annähernd bekannt, die Auswirkungen der Treibhausgase auf das Klima
hingegen nicht. Sollen wir uns also aufgrund der wagen Fakten den
gesicherten entledigen? Wollen wir denn radioaktive Umweltbelastungen zu
weltweiten Dauerzuständen werden lassen?


> Und selbst in Tschernobyl ist es nur nach extremer bewuster Fehlbedienung
> zum GAU gekommen.

Da wäre ich mir nicht so sicher, denn die offiziellen Annahmen der
Ursachen der Katastrophe im ehemaligen Sowjetstaat werden mittlerweile
stark angezweifelt, und es sieht ganz so aus, als wäre Tschernobyl kein
Sonderfall gewesen.


Christian

Franz Gerl

unread,
Oct 30, 1998, 3:00:00 AM10/30/98
to
Joachim Schulz (sch...@mail.desy.de) wrote:
: Ralf Mueller wrote:
:
: > Ehrlich gesagt erschiene es mir sinnvoller, wenn wir die nahezu 2/3

: > Energie, die wir aus der Verbrennung von Kohle/Gas/Öl gewinnen anderweitig
: > erzeugen würden. Zum einen erscheint mir eine Klimakatastrophe auf Dauer
: > deutlich gefährlicher als gelegentliche Atomunfälle und zum anderen kann
: > man das was wir da verbrennen anderweitig deutlich nutzbringender einsetzen.
:
: Hallo Ralf,

: Vielleicht hast Du Recht, aber Du musst auch bedenken, dass ein GAU, so
: unwahrscheinlich er sein mag viel zerstoererischer ist, als eine
: erhoehte (oder erniedrigte) Umgebungstemperatur.
: (Naja, ist wohl nicht ganz sicher, aber das glaube ich jedenfalls)
:
: > Nur so als Kommentar - wenn wir durch die Erzeugung von Treibhausgasen

: > wirklich an einer Klimakatastrophe basteln, dann ist das Ergebnis ein
: > weltweiter Dauerzustand, der mit Sicherheit mehr Menschenleben kostet und
: > mehr Umwelt zerstört, als wenn gelegentlich ein Kernkraftwerk hochgeht.
:
: Das erklaer' doch mal jemandem, der direkt neben einem Atomkraftwerk

: wohnt. Bei einem GAU stirbt dieser fast sicher, bei einer
: Klimakatastrophe kann er sich selbst auf einem Uberflutungsgebiet noch
: retten.
:

Man sollte den Punkt einmal genauer abklären, aber ich bin
der Meinung, daß in diesem ablaufenden Jahr die globalen Schäden
durch Wetterkatastrophen an Menschenleben, an ökonomischen
und ökologischen Kosten die Auswirkungen von Tschernobyl
übertreffen. Es ist natürlich im Einzelfall nicht nachzuweisen,
welche der Katastrophen bereits die menschliche Handschrift
tragen.

Einem GAU eines Kernkraftwerks sollt man auch einen Klima-GAU
gegenüberstellen. Ein realistisches Szenario, das von
W. Broecker vertreten wird, beschreibt das Zusammenbrechen
des Thermohalinen Zirkulationssystems der Weltmeere. Die
Auswirkungen auf Europa, wenn sich der Nordatlantik abkühlt,
wären verheerend: Es bliebe wohl nur der Juli als
frostfreier Monat übrig, und wir hätten viel Tundra
nördlich der Alpen. Die Alternativen beschränken sich
dann wohl auf Verhungern oder Atomkrieg.

Für mich ist dieses Szenario weniger weit hergeholt,
als ein GAU in einem vernünftig betriebenen Kernkraftwerk.

: Letztlich ist Energiesparen doch einzige Schritt in die richtige
: Richtung.
:
Ganz egal, wieviel Energie gespart wird, der von einem
Kernkraft vermiedene CO2-Ausstoß bleibt gleich.

Franz

Martin Uecker

unread,
Oct 30, 1998, 3:00:00 AM10/30/98
to
Franz Gerl <ge...@Theorie.Physik.UNI-Goettingen.DE.NO-SPAM> wrote:

[...]

>: Letztlich ist Energiesparen doch einzige Schritt in die richtige
>: Richtung.
>:
>Ganz egal, wieviel Energie gespart wird, der von einem
>Kernkraft vermiedene CO2-Ausstoß bleibt gleich.

In einer Welt unbegrenzter Resourcen kann man gleichzeitig
Energiesparlampen und Atomkraftwerke kaufen. In meiner
Welt hat man die Wahl, und eine Mark, die man für Energie-
sparen ausgibt, vermindert den CO2-Ausstoß mehr, als eine
Mark, die man in die Kernenergie steckt.

>Franz

Martin

--
Martin Uecker <mue...@mayn.de>
2047/1DA839B1 - DD62 39E7 265F 77E8 5396 4762 8D3C 232A

Ralf Mueller

unread,
Oct 30, 1998, 3:00:00 AM10/30/98
to
On Fri, 30 Oct 1998 15:03:56 +0100,
Christian Ade <ad...@track.informatik.uni-stuttgart.de> wrote:
>Ralf Mueller wrote:
>[...]

>> Ehrlich gesagt erschiene es mir sinnvoller, wenn wir die nahezu 2/3
>> Energie, die wir aus der Verbrennung von Kohle/Gas/Öl gewinnen anderweitig
>> erzeugen würden.
>
>100% Atomenergie und wir haben
>1. eine höhere Sicherheit
>2. eine bessere Ausnutzung der vorhandenen Ressourcen
>
>Punkt 1 ist absurd, ein GAU in Deutschland oder in einem unserer

Nun eventuell nicht so absurd wie man es in den Medien immer wieder
hört. Es ist einfach die Frage, ob wir kurzfristige lokale Aussagen
treffen wollen oder langfristige globale.

>Ich wünsche den Leuten um Tschernobyl, die aufgrund der Evakuierung

>ihr Hab und Gut, ... eingebüßt haben ... nur das beste. Lieber hätte
>ich ihnen eine Überschwemmung gewünscht, ...

Das ist der Punkt - wenn von Klimakatastrophe die Rede ist, geht es nicht
um _eine_ Überschwemmung oder _einen_ Orkan oder 10 cm Meeresspiegel-
Anstieg. Dann geht es um eine dramatisch ansteigende Häufigkeit von
Naturkatastrophen in bisher unbekanntem Ausmaß.

>engem Raum zusammen. Ein GAU in Deutschland wird im nachhinein teuer,
>sehr teuer für dieses Land. Die Gesundheit, der Lebensraum und der
>materielle Wohlstand einer ganzen Nation stehen hier auf dem Spiel, wenn
>nicht noch mehr.

Ist aber im Vergleich mit einem _weltweiten_ Klimawechsel ein sehr
lokales Ereignis.

>Punkt 2 wirkt Paradox, denn wie können die Ressourcen besser ausgenützt
>sein, wenn dadurch die Sicherheit von Mensch und Tier eingebüßt wird?

Ich frage mich nur warum die Argumentation der Leute, die alle Indizien
für einen Klimaumschwung zerreden und erst glauben, das die Menschheit
eben doch einen maßgeblichen Einfluß auf das Weltklima hat, wenn ihnen
der Orkan um die Ohren pfeift und die ersten Küstenstädte im Meer versinken,
glaubhafter sein soll, als die ständigen Versicherungen der Atomindustrie,
das ihre Kraftwerke 100% sicher sind. Ich glaube _beiden_ nicht.
Atomkraftwerke _haben_ ein inherentes Sicherheitsproblem - obwohl es
wahrscheinlich um Größenordnungen niedriger ist als von den Umweltschützern
immer wieder verbreitet. Und einen Klimawechsel erst dann anzuerkennen, wenn
man die Katastrophen aus keiner Statistik mehr rausreden kann ist schlicht
und ergreifend _dumm_.

>> Nur so als Kommentar - wenn wir durch die Erzeugung von Treibhausgasen
>> wirklich an einer Klimakatastrophe basteln, dann ist das Ergebnis ein
>> weltweiter Dauerzustand, der mit Sicherheit mehr Menschenleben kostet und
>> mehr Umwelt zerstört, als wenn gelegentlich ein Kernkraftwerk hochgeht.
>

>Frage: Woher weißt du, daß eine durch Treibhausgasen erzeugte
>Klimakatastrophe mehr Menschenleben kosten wird als durch gelegentliche
>Super-GAUs?

Super-GAU ist zwar ein toll klingender Begriff, ist aber dummerweise die
Steigerung eines Superlativs: _Größter_ anzunehmender Unfall.

>Du weißt auch nicht mit Sicherheit, wie groß der Einfluß der
>Treibhausgase auf das Weltklima ist. Die Gefahren eines GAUs sind
>annähernd bekannt, die Auswirkungen der Treibhausgase auf das Klima
>hingegen nicht. Sollen wir uns also aufgrund der wagen Fakten den
>gesicherten entledigen?

Stimmt ich weiß es nicht. Aber was vermutest du, was passiert, wenn der
Meeresspiegel um >10m ansteigt, die Durchschnittstemperatur tropischer
Gewässer steigt ... - nur für den Fall, daß du es nicht weißt - die Energie,
die ein tropischer Wirbelsturm entwickelt wird maßgeblich durch die
Temperatur des Wassers, über dem er entsteht bestimmt.

>> Und selbst in Tschernobyl ist es nur nach extremer bewuster Fehlbedienung
>> zum GAU gekommen.
>
>Da wäre ich mir nicht so sicher, denn die offiziellen Annahmen der
>Ursachen der Katastrophe im ehemaligen Sowjetstaat werden mittlerweile
>stark angezweifelt, und es sieht ganz so aus, als wäre Tschernobyl kein
>Sonderfall gewesen.

Wie auch immer, die haben diverse Atommeiler von diesem Typ laufen und es
ist nicht direkt so, daß die alle paar Jahre platzen. Bisher hat es einen
dieser Reaktoren medienwirksam ermittelt. Und nachgewiesener maßen sind
diese Teile wesentlich unsicherer als z.B. ein Reaktor deutscher Bauart.

Ralf Mueller

unread,
Oct 30, 1998, 3:00:00 AM10/30/98
to
On Fri, 30 Oct 1998 14:25:18 +0100,
Joachim Schulz <sch...@mail.desy.de> wrote:

>Ralf Mueller wrote:
>
>> Nur so als Kommentar - wenn wir durch die Erzeugung von Treibhausgasen
>> wirklich an einer Klimakatastrophe basteln, dann ist das Ergebnis ein
>> weltweiter Dauerzustand, der mit Sicherheit mehr Menschenleben kostet und
>> mehr Umwelt zerstört, als wenn gelegentlich ein Kernkraftwerk hochgeht.
>
>Das erklaer' doch mal jemandem, der direkt neben einem Atomkraftwerk
>wohnt. Bei einem GAU stirbt dieser fast sicher, bei einer
>Klimakatastrophe kann er sich selbst auf einem Uberflutungsgebiet noch
>retten.

Mh - ist eine Frage der Relationen. Jemandem der neben einer Sprengstofffabrik
wohnt ist sicher auch mulmig bei dem Gedanken an die Gefahren, die davon
ausgehen. Bleibt die Frage warum jemandem, der auf diesem Planeten lebt
nicht mulmig wird, wenn er von der großtechnischen Freisetzung von CO2
hört. Es ist halt einfacher, die ersten Symptome des Treibhauseffekts zu
verdrängen als die Möglichkeit eines plötzlich auftretenden rauchenden
Kraters neben (in) der eigenen Wohnung. Im Gegensatz zu dem rauchenden
Krater haben wir aber einen Klimaumschwung (sollte er auftreten) diverse
dutzend/hundert Jahre am Hals, noch dazu mit steigener Tendenz ...

>Letztlich ist Energiesparen doch einzige Schritt in die richtige
>Richtung.

Das auf jeden Fall.

Bye Ralf

Ralf Zeitler

unread,
Oct 30, 1998, 3:00:00 AM10/30/98
to

>Ein GAU in Deutschland wird im nachhinein teuer,
>sehr teuer für dieses Land. Die Gesundheit, der Lebensraum und der
>materielle Wohlstand einer ganzen Nation stehen hier auf dem Spiel, wenn
>nicht noch mehr.

Die Gefahr eines GAUs besteht zwar immer, wenn auch äußerst
unwahrscheinlich. So kommt es nach einer Risikostudie gerade mal einmal in
10000 Reaktorbetriebsjahren zu einem Vorkommen, bei der eine Kernschmelze
eintritt. Aber selbst dann ist es nochmal extrem unwahrscheinlich, daß es zu
einer Störung kommt, bei der Todesfälle auftreten können. So müsste dann
entweder der Sicherheitsbehälter gesprengt werden (durch entsprechende
Sicherheitsmaßnahmen auch sehr unwahrscheinlich), oder sich aber die
Brennstäbe durch die Betonummantelung schmelzen (würde aber, falls es denn
geschehen sollte Monate dauern). Und selbst wenn (nach Studie höchstens
einmal in 1Million Reaktorbetriebsjahren), sind die Folgen wie Du sie
darstellst wohl leicht übertrieben. Klingt eher wie der Abwurf einer A-Bombe
denn nach einem GAU, was ich eh für wahrscheinlicher halten würde.

>> Nur so als Kommentar - wenn wir durch die Erzeugung von Treibhausgasen
>> wirklich an einer Klimakatastrophe basteln, dann ist das Ergebnis ein
>> weltweiter Dauerzustand, der mit Sicherheit mehr Menschenleben kostet und
>> mehr Umwelt zerstört, als wenn gelegentlich ein Kernkraftwerk hochgeht.
>

>Frage: Woher weißt du, daß eine durch Treibhausgasen erzeugte
>Klimakatastrophe mehr Menschenleben kosten wird als durch gelegentliche
>Super-GAUs?

Wissen tut es keiner, aber es besteht sehr wohl die Gefahr, und die ist um
einiges größer und wahrscheinlicher als die eines GAUs.

> Du weißt auch nicht mit Sicherheit, wie groß der Einfluß der
>Treibhausgase auf das Weltklima ist. Die Gefahren eines GAUs sind
>annähernd bekannt, die Auswirkungen der Treibhausgase auf das Klima
>hingegen nicht.

Man weiß zumindest mit Sicherheit, daß CO2 als Treibhausgas dient. Bei einer
Erhöhung der Konzentration von CO2 in der Atmosphäre kommt es also auch zu
einer Erwärmung eben dieser. Es ist nur nicht bekannt, wie sich die
Konzentration verändert. So hat man mittlerweile herausgefunden, daß die
Pflanzen bei erhöhter CO2- Konzentration schneller wachsen, und mehr CO2
umsetzen. Es können dadurch aber trotzdem nicht die abgerodeten
Urwaldflächen ausgeglichen werden. Und somit wird der enorme CO2 Ausstoß
wohl auch zu einer Erhöhung des CO2 in der Atmosphäre führen, wenn alle
Urwälder abgeholzt werden.

>Sollen wir uns also aufgrund der wagen Fakten den
>gesicherten entledigen?

Nein, aber sie sind halt nicht so gewagt. Außerdem hast Du doch gesagt, daß
man in die Zukunft schauen soll, und nicht nur auf die Gegenwart fixiert
bleiben soll! :-)

>Wollen wir denn radioaktive Umweltbelastungen zu
>weltweiten Dauerzuständen werden lassen?


Radioaktive Umweltbelastungen sind, und waren schon immer da. Und dem
Menschen hats auch nix gemacht.

>> Und selbst in Tschernobyl ist es nur nach extremer bewuster Fehlbedienung
>> zum GAU gekommen.
>
>Da wäre ich mir nicht so sicher, denn die offiziellen Annahmen der
>Ursachen der Katastrophe im ehemaligen Sowjetstaat werden mittlerweile
>stark angezweifelt, und es sieht ganz so aus, als wäre Tschernobyl kein
>Sonderfall gewesen.


Ein Sonderfall war es auf jeden Fall. Von einem weiteren Vorfall dieses
Ausmasses hätte man sicher Notiz genommen. Welche neuen Fakten gibt es denn
dazu?


Schlag doch mal Alternativen zur Atomenergie vor. Der Kernfusion scheinst Du
ja auch abgeneigt zu sein. Windkraft kommt in Deutschland auch nicht in
Frage, ist außerdem auch nicht der Weisheit letzter Schluß. Wasserkraft ist
auch nicht in ausreichendem Maße möglich. Sonnenenergie auch nicht in
Deutschland. Und die Fossilen Brennstoffe sind früher oder später weg....
also was bleibt?
Wir könnten uns ein Schwarzes Loch suchen und den ganzen Abfall
reinschmeißen, dann hätten wir gleich zwei Fliegen mit einer Klappe
geschlagen ;-)

MfG
Ralf Zeitler

Christian Ade

unread,
Oct 31, 1998, 3:00:00 AM10/31/98
to
Ralf Zeitler wrote:
[...]

> >Andere Umweltschützer interessieren mich nicht, ich habe meinen eigenen
> >Verstand. Im übrigen geht es mir nicht um den Umweltschutz, sondern um
> >die Sicherheit von Mensch und Tier.
>
> Sowas nennt man doch im Allgemeinen Umweltschutz, oder? Aber ich schlag noch
> mal in einer Enzyklopädie nach ;-)

Wenn du einem Unfallopfer zu Hilfe eilst, nennst du das dann auch
Umweltschutz?


[...]


> >Echte Argumente gegen die Atomenergie sind solche, die die Atomenergie
> >aufgrund ihrer Nachteile selber liefert, da hast du völlig recht.
> >Allerdings wiederum sind die Tumulte um die Castortransporte auch ein
> >Indikator für den sozialen Sprengstoff, den die Kernenergie liefert.
> >Dieses Faktum darf also auch berücksichtigt werden.
>
> Das ist aber keine legitime Argumentationsweise. Ich kann nicht Argumente
> anführen, die ich durch eigenes Verhalten erst entstehen lasse. So wären
> diese Tumulte gar nicht dar, wenn der öffentliche Diskurs etwas mehr von
> Wissen (und damit sachliche Argumente) um diese Dinge geprägt wäre, als von
> Meinungsmachern.

Auch ein Wissender (der also nicht von Meinungsmachern geprägt ist) kann
zu dem Schluß gelangen, daß Atomenergie eine Gefahr und keine Lösung ist
und könnte die Tumulte aufgrund der sonstigen Ohnmacht gegenüber der
mächtigen Atomwirtschaft befürworten und als Proteststimme nutzen. Kampf
mit anderen Mitteln also. Der Castor-Transport als solcher ist ja nicht
das Ziel des Protestes, sondern die Atomindustrie als ganzes.


[...]


> >Richtig, wir dürfen nicht auf die gegenwärtigen Gefahren fixiert
> >bleiben, müssen auch die zukünfigen berücksichtigen um sie rechtzeitig
> >verhindern zu können solange uns noch Zeit dazu bleibt. Das hast du
> >schön erkannt, gratuliere.
>
> Damit hast Du die Frage wohl auf Umwegen beantwortet. Dann sag aber mal
> vernünftige Argumente gegen Kernfusion. Da bin ich nun mal gespannt drauf!!

Ich kenne keine, dazu weiß ich viel zu wenig darüber. Vielleicht gibt es
keine, vielleicht schon, ich weiß es nicht, vor allem aber gilt,
insbesondere auch die sich abzeichnenden Gefahren (nicht nur die
Vorteile) im Auge zu behalten und abzuwägen.


Christian

Christian Ade

unread,
Oct 31, 1998, 3:00:00 AM10/31/98
to
Ralf Zeitler wrote:
>
> >Ein GAU in Deutschland wird im nachhinein teuer,
> >sehr teuer für dieses Land. Die Gesundheit, der Lebensraum und der
> >materielle Wohlstand einer ganzen Nation stehen hier auf dem Spiel, wenn
> >nicht noch mehr.
>
> Die Gefahr eines GAUs besteht zwar immer, wenn auch äußerst
> unwahrscheinlich. So kommt es nach einer Risikostudie gerade mal einmal in
> 10000 Reaktorbetriebsjahren zu einem Vorkommen, bei der eine Kernschmelze
> eintritt. Aber selbst dann ist es nochmal extrem unwahrscheinlich, daß es zu
> einer Störung kommt, bei der Todesfälle auftreten können. So müsste dann
> entweder der Sicherheitsbehälter gesprengt werden (durch entsprechende
> Sicherheitsmaßnahmen auch sehr unwahrscheinlich), oder sich aber die
> Brennstäbe durch die Betonummantelung schmelzen (würde aber, falls es denn
> geschehen sollte Monate dauern). Und selbst wenn (nach Studie höchstens
> einmal in 1Million Reaktorbetriebsjahren), sind die Folgen wie Du sie
> darstellst wohl leicht übertrieben. Klingt eher wie der Abwurf einer A-Bombe
> denn nach einem GAU, was ich eh für wahrscheinlicher halten würde.

Wenn im dichtbesiedelten Raum Mitteleuropas ein GAU vonstattengeht (und
hier handelt es sich um _größte_ anzunehmende Unfälle, nicht um
Vorkommen glücklicher Umstände), dann wird das anders aussehen als in
der weitgestreckten und im Vergleich zu hier rarbesiedelten ehemaligen
Sowjetunion, wo "nur" ein paar Dörfer evakuiert werden mußten
(vielleicht auch mehr, aber man tat nur das "nötigste")
Nehmen wir also an, ein GAU (also ein _größter_ anzunehmender Unfall,
keine Kernschmelze ohne größere Folgen) ereigne sich alle 1 Million
Jahren, klingt recht viel und überaus sicher. Bei zwei Reaktoren
verdoppelt sich das Risiko, aus 1 Million werden 500000, bei 10
Reaktoren 100000, bei 100 Reaktoren Weltweit bereits tausend Jahre.
Entsprechend steigt das Risiko bei einer exzessiven weltweiten
Atompolitik rasant weiter, wobei viele Staaten, darunter möglicherweise
auch ärmere Nachbarstaaten Reaktoren unsichereren Typs bauen werden.
Wenn wir das verhindern wollen (ausreden können wir ihnen die
Atompolitik nicht, denn wir würden sie dann ja selbst exzessiv
betreiben) so müßten wir ihnen entweder finanziell unter die Arme
greifen, oder wir liefern ihnen selbst Strom, womit eine exzessive
Atompolitik und eine dichtere Bebauung von Atomreaktoren und damit ein
wachsendes Risiko auf deutschem Boden begünstigt wird.
Wie man die Sache auch anpackt, man stößt auf unüberwindbare Probleme.


> >> Nur so als Kommentar - wenn wir durch die Erzeugung von Treibhausgasen
> >> wirklich an einer Klimakatastrophe basteln, dann ist das Ergebnis ein
> >> weltweiter Dauerzustand, der mit Sicherheit mehr Menschenleben kostet und
> >> mehr Umwelt zerstört, als wenn gelegentlich ein Kernkraftwerk hochgeht.
> >
> >Frage: Woher weißt du, daß eine durch Treibhausgasen erzeugte
> >Klimakatastrophe mehr Menschenleben kosten wird als durch gelegentliche
> >Super-GAUs?
>
> Wissen tut es keiner, aber es besteht sehr wohl die Gefahr, und die ist um
> einiges größer und wahrscheinlicher als die eines GAUs.

Na da wäre ich mir bei weitem nicht so sicher.


[...]


> >Sollen wir uns also aufgrund der wagen Fakten den
> >gesicherten entledigen?
>
> Nein, aber sie sind halt nicht so gewagt. Außerdem hast Du doch gesagt, daß
> man in die Zukunft schauen soll, und nicht nur auf die Gegenwart fixiert
> bleiben soll! :-)

Richtig, bauen wir also einem möglicherweise aufkommenden Sturm den wir
wiederum womöglich schon lange nicht mehr aufhalten können keine
Reaktoren in den Weg. Die Alternative kann also in keinem Fall
Kernenergie heißen.


> >Wollen wir denn radioaktive Umweltbelastungen zu
> >weltweiten Dauerzuständen werden lassen?
>
> Radioaktive Umweltbelastungen sind, und waren schon immer da. Und dem
> Menschen hats auch nix gemacht.

Erzähl das des Opfern von Tschernobyl.


> >> Und selbst in Tschernobyl ist es nur nach extremer bewuster Fehlbedienung
> >> zum GAU gekommen.
> >
> >Da wäre ich mir nicht so sicher, denn die offiziellen Annahmen der
> >Ursachen der Katastrophe im ehemaligen Sowjetstaat werden mittlerweile
> >stark angezweifelt, und es sieht ganz so aus, als wäre Tschernobyl kein
> >Sonderfall gewesen.
>
> Ein Sonderfall war es auf jeden Fall.

Nicht auf jeden Fall. Im Sinne eines real aufgetretenen GAUs vielleicht
(vielleicht daher, weil der Vorfall dort anscheinend sich noch
gravierender hätte ereignen können als tatsächlich geschehen), im Sinne
einer einzigartigen, nicht wiederholbaren Ursächlichkeit des Unglücks
hingegen nicht.


> Von einem weiteren Vorfall dieses
> Ausmasses hätte man sicher Notiz genommen. Welche neuen Fakten gibt es denn
> dazu?

Die Fakten bringt die Zukunft.


> Schlag doch mal Alternativen zur Atomenergie vor. Der Kernfusion scheinst Du
> ja auch abgeneigt zu sein.

Wo habe ich mich bitteschön gegen Kernfusion ausgesprochen?


> Windkraft kommt in Deutschland auch nicht in
> Frage, ist außerdem auch nicht der Weisheit letzter Schluß. Wasserkraft ist
> auch nicht in ausreichendem Maße möglich. Sonnenenergie auch nicht in
> Deutschland. Und die Fossilen Brennstoffe sind früher oder später weg....
> also was bleibt?

Was bleibt ist eine durch den europäischen Einigungsprozeß aufkommende
liberale Energiepolitik, die so manche verkrusteten alten Strukturen
aufbrechen wird und man wird sehen, daß so manches plötzlich doch
möglich wird, was zuvor von den Oligarchisten der Energiewirtschaft als
"unmöglich" da schlicht "unvernünftig" und "unmachbar" oder als
überzogene Wunschträume von in Korksandalen umherlaufenden Ökofreaks
bezeichent wurde. Da bietet doch ein Noch-Oligarchist tatsächlich Strom
aus Sonnenkraft, verlangt dafür aber, wie soll es auch anders sein,
einen Umweltbeitrag, d.h. der Strom aus der Sonne ist ungefähr doppelt
so teuer. Tatsächlich aber fallen keine Mehrkosten an, die einen
Umweltbeitrag nötigen würden, das Geld steckt man sich als Gewinn in die
eigene Tasche, rühmt sich umweltfreundlichen Stom zu liefern und
schreckt Leute vor alternativem Strom gleichzeitig ab. Das ist die
gegenwärtige Politik, und die zukünftige wird sich durch Einverleibung
der kleinen Konkurrenten die auf Alternativen setzen durch die
Großkonzerne auszeichnen. Die werden dann wiederum die Macht behalten
und den Preis diktieren, allerdings werden sie sich zwangsläufig mehr
und mehr den Alternativen zuwenden müssen.


> Wir könnten uns ein Schwarzes Loch suchen und den ganzen Abfall
> reinschmeißen, dann hätten wir gleich zwei Fliegen mit einer Klappe
> geschlagen ;-)

Jaja, Schwarze Löcher und Kernkraftwerke, die haben was gemein. ;o)


Christian

Christian Ade

unread,
Oct 31, 1998, 3:00:00 AM10/31/98
to
Ralf Mueller wrote:
[...]

> >100% Atomenergie und wir haben
> >1. eine höhere Sicherheit
> >2. eine bessere Ausnutzung der vorhandenen Ressourcen
> >
> >Punkt 1 ist absurd, ein GAU in Deutschland oder in einem unserer
>
> Nun eventuell nicht so absurd wie man es in den Medien immer wieder
> hört.

Absurd genug um die Medien außen vor lassen und sich dennoch berechtigte
Sorgen machen zu können.


> Es ist einfach die Frage, ob wir kurzfristige lokale Aussagen
> treffen wollen oder langfristige globale.

Eine exzessive weltweite Atompolitik ist mit langfristigen und globalen
Risiken und Problemen verbunden.


> >Ich wünsche den Leuten um Tschernobyl, die aufgrund der Evakuierung
> >ihr Hab und Gut, ... eingebüßt haben ... nur das beste. Lieber hätte
> >ich ihnen eine Überschwemmung gewünscht, ...
>
> Das ist der Punkt - wenn von Klimakatastrophe die Rede ist, geht es nicht
> um _eine_ Überschwemmung oder _einen_ Orkan oder 10 cm Meeresspiegel-
> Anstieg. Dann geht es um eine dramatisch ansteigende Häufigkeit von
> Naturkatastrophen in bisher unbekanntem Ausmaß.

Es geht aber nicht um die Klimakatastrophe, es geht darum, ob diese
selbstverschuldet ist oder nicht. Ist sie das nicht, können wir ihr
Auftreten nicht als Argument für Kernenergie nehmen, im Gegenteil:
Kernenergie in durch Naturgewalten geschüttelten Regionen oder Epochen
der Erdgeschichte ist für die Menschheit ein unnötigerweise gesteigertes
Gefahrenpotential.


> >engem Raum zusammen. Ein GAU in Deutschland wird im nachhinein teuer,


> >sehr teuer für dieses Land. Die Gesundheit, der Lebensraum und der
> >materielle Wohlstand einer ganzen Nation stehen hier auf dem Spiel, wenn
> >nicht noch mehr.
>

> Ist aber im Vergleich mit einem _weltweiten_ Klimawechsel ein sehr
> lokales Ereignis.

Zwar ein lokales Ereignis, allerdings ein globales Problem.
Kernkraftwerke gibt es weltweit, überall besteht die Gefahr eines
Super-GAUs. Wird hingegen auch noch die Angst vor einer
selbstverschuldeten Klimakatastrophe biblischen Ausmaßes geschürt, um
die Atomenergie als vermeintlich umweltfreundlich und sicher zu
etablieren, als vermeintlichen Ausweg aus der Katastrophe zu
propagieren, so wird die globale Gefahr einer exzessiven Atompolitik
weltweit sich um ein weiteres erhöhen.


> >Punkt 2 wirkt Paradox, denn wie können die Ressourcen besser ausgenützt
> >sein, wenn dadurch die Sicherheit von Mensch und Tier eingebüßt wird?
>
> Ich frage mich nur warum die Argumentation der Leute, die alle Indizien
> für einen Klimaumschwung zerreden und erst glauben, das die Menschheit
> eben doch einen maßgeblichen Einfluß auf das Weltklima hat, wenn ihnen
> der Orkan um die Ohren pfeift und die ersten Küstenstädte im Meer versinken,
> glaubhafter sein soll, als die ständigen Versicherungen der Atomindustrie,
> das ihre Kraftwerke 100% sicher sind. Ich glaube _beiden_ nicht.
> Atomkraftwerke _haben_ ein inherentes Sicherheitsproblem - obwohl es
> wahrscheinlich um Größenordnungen niedriger ist als von den Umweltschützern
> immer wieder verbreitet. Und einen Klimawechsel erst dann anzuerkennen, wenn
> man die Katastrophen aus keiner Statistik mehr rausreden kann ist schlicht
> und ergreifend _dumm_.

Extreme Klimaschwankungen gab es schon immer auf der Erde, einen
letztendlichen Beweis für die Ursächlichkeit dessen aufgrund des
menschlichen Wirkens wird es daher niemals geben, selbst wenn dir die
Stadt nur so um die Ohren fliegt (ausgenommen du zeugst mißgebildete
Kinder und bist hochgradig Krebsgefährdet, dann ist klar woher das
kommt). Ich will die Sache nicht schönreden, einen Zusammenhang kann es
sehr wohl geben und man muß sich daran machen, es so gut als möglich zu
verhindern, doch sich als Quasi-Lösung der Kernkraft, einer weiteren
Gefahrenquelle aus der Zauberküche des Menschen zu bedienen, ist nicht
gerade das klügste.


> >> Nur so als Kommentar - wenn wir durch die Erzeugung von Treibhausgasen
> >> wirklich an einer Klimakatastrophe basteln, dann ist das Ergebnis ein
> >> weltweiter Dauerzustand, der mit Sicherheit mehr Menschenleben kostet und
> >> mehr Umwelt zerstört, als wenn gelegentlich ein Kernkraftwerk hochgeht.
> >
> >Frage: Woher weißt du, daß eine durch Treibhausgasen erzeugte
> >Klimakatastrophe mehr Menschenleben kosten wird als durch gelegentliche
> >Super-GAUs?
>

> Super-GAU ist zwar ein toll klingender Begriff, ist aber dummerweise die
> Steigerung eines Superlativs: _Größter_ anzunehmender Unfall.

Nicht schon wieder eine spitzfindige Debatte um die richtige Anwendung
der Begriffe und deren Definition. Ich habe in einem anderen Post
bereits geschrieben, daß ich mit Super-GAU und GAU dasselbe meine.

> >Du weißt auch nicht mit Sicherheit, wie groß der Einfluß der
> >Treibhausgase auf das Weltklima ist. Die Gefahren eines GAUs sind
> >annähernd bekannt, die Auswirkungen der Treibhausgase auf das Klima

> >hingegen nicht. Sollen wir uns also aufgrund der wagen Fakten den
> >gesicherten entledigen?
>

> Stimmt ich weiß es nicht. Aber was vermutest du, was passiert, wenn der
> Meeresspiegel um >10m ansteigt, die Durchschnittstemperatur tropischer
> Gewässer steigt ... - nur für den Fall, daß du es nicht weißt - die Energie,
> die ein tropischer Wirbelsturm entwickelt wird maßgeblich durch die
> Temperatur des Wassers, über dem er entsteht bestimmt.

Nochmals: es geht nicht darum, was passiert, wenn..., sondern ob dieses
"wenn" selbstverschuldet ist oder nicht. Ist es nicht selbstverschuldet
oder doch selbstverschuldet aber bereits zu spät (es soll ja ein paar
Jahre oder gar Jahrzehnte dauern, bis der Dreck den man z.B. heute in
die Umwelt schleudert sich in einer Klimaveränderung bemerkbar macht,
aber das ist auch nicht gesichert wie alle Kenntnisse auf diesem
Gebiet), so ist es auch nicht klug, weltweit jetzt Kernkraftwerke zu
errichten, um den gesamten Energiebedarf des Planeten zu decken. Bauen
wir also dem aufkommenden Sturm noch Kernkraftwerke in den Weg?


> >> Und selbst in Tschernobyl ist es nur nach extremer bewuster Fehlbedienung
> >> zum GAU gekommen.
> >
> >Da wäre ich mir nicht so sicher, denn die offiziellen Annahmen der
> >Ursachen der Katastrophe im ehemaligen Sowjetstaat werden mittlerweile
> >stark angezweifelt, und es sieht ganz so aus, als wäre Tschernobyl kein
> >Sonderfall gewesen.
>

> Wie auch immer, die haben diverse Atommeiler von diesem Typ laufen und es
> ist nicht direkt so, daß die alle paar Jahre platzen. Bisher hat es einen
> dieser Reaktoren medienwirksam ermittelt. Und nachgewiesener maßen sind
> diese Teile wesentlich unsicherer als z.B. ein Reaktor deutscher Bauart.

Ich finde es recht makaber, daß du über das Unglück von Tschernobyl
davon sprichst, daß da "einen dieser Reaktoren _medienwirksam_" erwischt
("ermittelt"?) hat. Eine gewisse gesunde kritische Haltung gegenüber den
Medien ist geboten, doch hier zeugt die Sache schon von einer ins
inobjektive, ins überzogen gehende Aversion. Aber gut:
Als tatsächliche Ursache für den Super-GAU in Tschernobyl wird ein
kurzes aber heftiges Beben kurz vor dem Unglück vermutet. Und ein
solches kommt tatsächlich nicht "alle paar Jahre" im unmittelbaren
Gebiet von Kernkraftwerken vor, obschon Atomkraftwerke zwangsläufig in
geographisch eher ungeeigneten Gebieten errichtet werden, nahe an
Flüssen nämlich.
Im übrigen beschwichtigt mich die Tatsache, daß Deutsche Reaktoren
sicherer sind als die im ehemaligen Sowjetstaat nicht allzu besonders.
Und ich bin da sicher nicht der einzige, dem es so geht.


Christian

Ralf Zeitler

unread,
Oct 31, 1998, 3:00:00 AM10/31/98
to

>[...]
>> >Echte Argumente gegen die Atomenergie sind solche, die die Atomenergie
>> >aufgrund ihrer Nachteile selber liefert, da hast du völlig recht.
>> >Allerdings wiederum sind die Tumulte um die Castortransporte auch ein
>> >Indikator für den sozialen Sprengstoff, den die Kernenergie liefert.
>> >Dieses Faktum darf also auch berücksichtigt werden.
>>
>> Das ist aber keine legitime Argumentationsweise. Ich kann nicht Argumente
>> anführen, die ich durch eigenes Verhalten erst entstehen lasse. So wären
>> diese Tumulte gar nicht dar, wenn der öffentliche Diskurs etwas mehr von
>> Wissen (und damit sachliche Argumente) um diese Dinge geprägt wäre, als
von
>> Meinungsmachern.
>
>Auch ein Wissender (der also nicht von Meinungsmachern geprägt ist) kann

>zu dem Schluß gelangen, daß Atomenergie eine Gefahr und keine Lösung ist.

Das kann er sicher. Ist auch nichts dagegen einzuwenden. Jeder darf sich
schließlich seine eigene Meinung bilden, was aber viele eben nicht machen.
So sehe ich die Atomenergie in der jetzigen Form auch nicht als der Weisheit
letzter Schluß, da es eben viel zu viele Nachteile gibt. Ich wehre mich nur
gegen Übertreibungen dieses Risikos im öffentlichen Diskurs durch
Umweltschützer, die zum größten Teil von der Materie nicht allzuviel Ahnung
haben (du gehörst nicht dazu). Außerdem bleibe ich realistisch, und denke,
daß es eben im Moment leider keine vernünftigen Alternativen gibt.

>und könnte die Tumulte aufgrund der sonstigen Ohnmacht gegenüber der
>mächtigen Atomwirtschaft befürworten und als Proteststimme nutzen. Kampf
>mit anderen Mitteln also.

Er kann es sicher als eine Art Proteststimme nutzen. Aber eine Person, die
sich auf sachliche Weise mit diesem Problem auseinandersetzt, wird wohl
nicht zu dieser Methode greifen. Da soetwas nicht mehr sachlich ist. Sondern
das Risiko, daß etwas schiefgeht nur erhöht. Und das liegt ja wohl nicht in
deren Absicht. Erinnert mich an Aktionen, wo "Tierschützer" Tiere aus
Laboren (oder Zuchtfarmen) befreien, und damit erst recht deren Tod
besiegeln, da sie ja in der freien Wildnis nicht überlebensfähig sind. Mal
genz abgesehen von den weiteren Gefahren, die das mit sich bringt. Und so
etwas ist dann eben nicht mehr sachlich und zeugt noch mehr von Unwissen der
Leute.
Davon Abgesehen geht Deine Argumentation gar nicht auf das Problem ein,
welches ich eigentlich angesprochen habe. So ging es nicht darum eine solche
Art des Protestes zu verurteilen (was ich aber auch tue s.o.), sondern
darum, so etwas dann als Argument für die Gefahr der Atomenergie anzuführen.
Und das ist meiner Meinung nach in keinster Weise legitim.


> Der Castor-Transport als solcher ist ja nicht
>das Ziel des Protestes, sondern die Atomindustrie als ganzes.

Ändert aber auch nichts daran.


>Ich kenne keine, dazu weiß ich viel zu wenig darüber. Vielleicht gibt es
>keine, vielleicht schon, ich weiß es nicht, vor allem aber gilt,
>insbesondere auch die sich abzeichnenden Gefahren (nicht nur die
>Vorteile) im Auge zu behalten und abzuwägen.


Das sollte wohl immer so sein. Ist aber wohl nicht immer so durchzusetzen,
da man teilweise die Folgen nicht vorrauszusehen vermag, leider.


MfG
Ralf Zeitler

H.G. Huelsmann

unread,
Oct 31, 1998, 3:00:00 AM10/31/98
to

Ralf Zeitler <rz1...@bingo.baynet.de> schrieb im Beitrag
<71euun$2at$1...@zeus.bingo.baynet.de>...


>
>
> >[...]
> >> >Echte Argumente gegen die Atomenergie sind solche, die die Atomenergie
> >> >aufgrund ihrer Nachteile selber liefert, da hast du völlig recht.
> >> >Allerdings wiederum sind die Tumulte um die Castortransporte auch ein
> >> >Indikator für den sozialen Sprengstoff, den die Kernenergie liefert.
> >> >Dieses Faktum darf also auch berücksichtigt werden.
> >>
> >> Das ist aber keine legitime Argumentationsweise. Ich kann nicht Argumente
> >> anführen, die ich durch eigenes Verhalten erst entstehen lasse. So wären
> >> diese Tumulte gar nicht dar, wenn der öffentliche Diskurs etwas mehr von
> >> Wissen (und damit sachliche Argumente) um diese Dinge geprägt wäre, als
> von
> >> Meinungsmachern.
> >
> >Auch ein Wissender (der also nicht von Meinungsmachern geprägt ist) kann
> >zu dem Schluß gelangen, daß Atomenergie eine Gefahr und keine Lösung ist.
>
> Das kann er sicher. Ist auch nichts dagegen einzuwenden. Jeder darf sich
> schließlich seine eigene Meinung bilden, was aber viele eben nicht machen.
> So sehe ich die Atomenergie in der jetzigen Form auch nicht als der Weisheit
> letzter Schluß, da es eben viel zu viele Nachteile gibt. Ich wehre mich nur
> gegen Übertreibungen dieses Risikos im öffentlichen Diskurs durch
> Umweltschützer, die zum größten Teil von der Materie nicht allzuviel Ahnung
> haben (du gehörst nicht dazu). Außerdem bleibe ich realistisch, und denke,
> daß es eben im Moment leider keine vernünftigen Alternativen gibt.

Ich finde deine Argumente sehr vernuenftig - und moechte nur ergaenzen, dass
meiner Ansicht nach das Schlimmste an der ganzen Hysterie gegen Atomkraft-
werke ist, dass demnaechst dann die Sicherheit der Atomkraftwerke ganz denen
ueberlassen wird, die da am unzuverlaessigsten sind. Einen so hohen
Sicherheits-
Standard wie bei uns in Deutschland gibt es in der Industrie sonst nirgends auf

der Welt!

Gruss,
hg

--
Hans-Georg Huelsmann <Hg...@aol.com>


Martin Uecker

unread,
Oct 31, 1998, 3:00:00 AM10/31/98
to
Ralf Zeitler <rz1...@bingo.baynet.de> wrote:
[...]
>>> >Echte Argumente gegen die Atomenergie sind solche, die die Atomenergie
>>> >aufgrund ihrer Nachteile selber liefert, da hast du völlig recht.
>>> >Allerdings wiederum sind die Tumulte um die Castortransporte auch ein
>>> >Indikator für den sozialen Sprengstoff, den die Kernenergie liefert.
>>> >Dieses Faktum darf also auch berücksichtigt werden.
>>>
>>> Das ist aber keine legitime Argumentationsweise. Ich kann nicht Argumente
>>> anführen, die ich durch eigenes Verhalten erst entstehen lasse. So wären
>>> diese Tumulte gar nicht dar, wenn der öffentliche Diskurs etwas mehr von
>>> Wissen (und damit sachliche Argumente) um diese Dinge geprägt wäre, als
>von
>>> Meinungsmachern.

Oder die "Tumulte" wären erst Recht da. Aber Du hast Recht, die Proteste
selbst sind kein Argument.

>>Auch ein Wissender (der also nicht von Meinungsmachern geprägt ist) kann
>>zu dem Schluß gelangen, daß Atomenergie eine Gefahr und keine Lösung ist.
>
>Das kann er sicher. Ist auch nichts dagegen einzuwenden. Jeder darf sich
>schließlich seine eigene Meinung bilden, was aber viele eben nicht machen.
>So sehe ich die Atomenergie in der jetzigen Form auch nicht als der Weisheit
>letzter Schluß, da es eben viel zu viele Nachteile gibt. Ich wehre mich nur
>gegen Übertreibungen dieses Risikos im öffentlichen Diskurs durch
>Umweltschützer, die zum größten Teil von der Materie nicht allzuviel Ahnung
>haben (du gehörst nicht dazu). Außerdem bleibe ich realistisch, und denke,
>daß es eben im Moment leider keine vernünftigen Alternativen gibt.

Ich würde die Anti-Atom-Panik eher den Betreibern und Politikern
anhängen, die es versäumt haben eine vernünftige Informationspolitik
zu machen, als den Umweltschützern, die zumindest meiner Erfahrung
nach wesentlich besser informiert sind. (Natürlich gibt es auch
die Leute, die einfach eine irrationale Angst vor unverständlichen
Technologien haben. Doch sind diese wohl auch eher weniger dumm,
als die, die im blinden Vertrauen ein "Die deutschen Atomkraftwerke
sind die sichersten der Welt." als Argument anführen.)

>>und könnte die Tumulte aufgrund der sonstigen Ohnmacht gegenüber der
>>mächtigen Atomwirtschaft befürworten und als Proteststimme nutzen. Kampf
>>mit anderen Mitteln also.
>
>Er kann es sicher als eine Art Proteststimme nutzen. Aber eine Person, die
>sich auf sachliche Weise mit diesem Problem auseinandersetzt, wird wohl
>nicht zu dieser Methode greifen. Da soetwas nicht mehr sachlich ist. Sondern

Und wenn sachliche Argumente keinen Erfolg haben?

[...]


>Davon Abgesehen geht Deine Argumentation gar nicht auf das Problem ein,
>welches ich eigentlich angesprochen habe. So ging es nicht darum eine solche
>Art des Protestes zu verurteilen (was ich aber auch tue s.o.), sondern
>darum, so etwas dann als Argument für die Gefahr der Atomenergie anzuführen.
>Und das ist meiner Meinung nach in keinster Weise legitim.

Ja.

Ralf Mueller

unread,
Nov 2, 1998, 3:00:00 AM11/2/98
to
On Sat, 31 Oct 1998 12:42:10 +0100,
Christian Ade <ad...@track.informatik.uni-stuttgart.de> wrote:
>Ralf Mueller wrote:
>
>Es geht aber nicht um die Klimakatastrophe, es geht darum, ob diese
>selbstverschuldet ist oder nicht. Ist sie das nicht, können wir ihr
>Auftreten nicht als Argument für Kernenergie nehmen, im Gegenteil:
>Kernenergie in durch Naturgewalten geschüttelten Regionen oder Epochen
>der Erdgeschichte ist für die Menschheit ein unnötigerweise gesteigertes
>Gefahrenpotential.

Es geht schon um die Klimakatastrophe - selbst wenn sie nicht ursächlich
eigenverschuldet ist, glaube ich nicht, daß es notwendig ist den natürlichen
Ursachen dafür noch unter die Arme greifen zu müssen. Abgesehen mal davon
dürfte ein KKW durch die ohnehin vorgeschriebenen Sicherheitseinrichtungen
mit Unwettern besser klarkommen als jede alternative Energiequelle
(eventuell Wasserkraftwerke und geothermische Kraftwerke mal ausgenommen).
Wenn also eine stabile Energieversorgung ein Kriterium ist, sind KKW nicht
die schlechteste Lösung - und wenn du sagst der Schutz von Menschenleben
ist ein Argument dann ist das ein wichtiges Kriterium. Oder wie bringst
du 80 Mill. Leute auf der Fläche der Bundesrepublik durch den Winter
ohne Energie ?

>Zwar ein lokales Ereignis, allerdings ein globales Problem.
>Kernkraftwerke gibt es weltweit, überall besteht die Gefahr eines
>Super-GAUs.

Sie gehen aber nicht alle nacheinander in die Lust, bloß weil eins davon
den Geist aufgibt. Ein GAU bleibt also ein lokales Problem.

>die Atomenergie als vermeintlich umweltfreundlich und sicher zu
>etablieren, als vermeintlichen Ausweg aus der Katastrophe zu

>propagieren ...

Nenne eine anderen Ausweg der machbar ist - also eine Energiequelle mit
der man mal eben >30% des Energiebedarfs decken kann, besser noch nahe
100% da ja Kohle auch nicht ewig hält.

>Extreme Klimaschwankungen gab es schon immer auf der Erde, einen
>letztendlichen Beweis für die Ursächlichkeit dessen aufgrund des
>menschlichen Wirkens wird es daher niemals geben,

Die Frage ist nicht ob es sowas nicht vorher schon gab, die Frage ist,
wie gut wir damit umgehen können, daß es uns gerade jetzt passiert und
ob wir es uns leisten können den Effekt auch noch zu verstärken. So
selbstlos, daß ich sage "na dann war's das eben für die Menschheit" bin
ich nun auch nicht.

>Ich will die Sache nicht schönreden, einen Zusammenhang kann es
>sehr wohl geben und man muß sich daran machen, es so gut als möglich zu
>verhindern, doch sich als Quasi-Lösung der Kernkraft, einer weiteren
>Gefahrenquelle aus der Zauberküche des Menschen zu bedienen, ist nicht
>gerade das klügste.

Was hättest du denn gern - das ein grünes Männchen vom Himmel steigt,
eine kleine Kiste mit großen vergoldeten Anschlüssen auspackt und sagt
hier - das ist eure saubere, kostenlose Energiequelle für die restliche
Zeit bis zum Ende des Universums ?

>Nochmals: es geht nicht darum, was passiert, wenn..., sondern ob dieses
>"wenn" selbstverschuldet ist oder nicht. Ist es nicht selbstverschuldet
>oder doch selbstverschuldet aber bereits zu spät

>, so ist es auch nicht klug, weltweit jetzt Kernkraftwerke zu
>errichten, um den gesamten Energiebedarf des Planeten zu decken. Bauen
>wir also dem aufkommenden Sturm noch Kernkraftwerke in den Weg?

[x] du hast nicht verstanden.

Es wird nicht besser dadurch, daß man weitere Treibhausgase erzeugt.
Und wie gesagt - ich traue einem KKW noch am ehesten zu mit dem
"aufkommenden Sturm" fertig zu werden.

>Ich finde es recht makaber, daß du über das Unglück von Tschernobyl
>davon sprichst, daß da "einen dieser Reaktoren _medienwirksam_" erwischt
>("ermittelt"?) hat.

Sorry - war wohl etwas überzogen formuliert.

>Eine gewisse gesunde kritische Haltung gegenüber den
>Medien ist geboten, doch hier zeugt die Sache schon von einer ins
>inobjektive, ins überzogen gehende Aversion.

Nun das ist direkte Folge der inobjektiven, überzogenen Berichterstattung.

>Aber gut:
>Als tatsächliche Ursache für den Super-GAU in Tschernobyl wird ein
>kurzes aber heftiges Beben kurz vor dem Unglück vermutet. Und ein
>solches kommt tatsächlich nicht "alle paar Jahre" im unmittelbaren
>Gebiet von Kernkraftwerken vor, obschon Atomkraftwerke zwangsläufig in
>geographisch eher ungeeigneten Gebieten errichtet werden, nahe an
>Flüssen nämlich.

Ups - den kannte ich noch nicht - bisher dachte ich, daß denen
ein Experiment aus dem Ruder gelaufen ist. Ändert aber nichts daran,
daß selbst diese - nach unseren Maßstäben geradezu als Selbstmordkandidaten
geltenden KKW trotz allem bisher nur einmal in diesem Ausmaß versagt haben.

>Im übrigen beschwichtigt mich die Tatsache, daß Deutsche Reaktoren
>sicherer sind als die im ehemaligen Sowjetstaat nicht allzu besonders.
>Und ich bin da sicher nicht der einzige, dem es so geht.

Und ? Mich beschwichtigt die Tatsache, daß sich Greenpeace zum Thema CO2
weitgehend zurückhält auch nicht - aber ändert das was ?

Tschüß Ralf

Christian Ade

unread,
Nov 2, 1998, 3:00:00 AM11/2/98
to
Franz Gerl wrote:
[Klima-GAU]

> Für mich ist dieses Szenario weniger weit hergeholt,
> als ein GAU in einem vernünftig betriebenen Kernkraftwerk.

Du hältst einen GAU als weniger weit hergeholt, als einen Zusammenbruch
des "Thermohalinen Zirkulationssystems der Weltmeere", eine aufkommende
Quasi-Eiszeit mit einem einzigen frostfreien Monat im Jahr und viel
Tundra nördlich der Alpen.
Habe ich dich richtig verstanden?


Gruß,
Christian

Christian Ade

unread,
Nov 2, 1998, 3:00:00 AM11/2/98
to
Hallo Ralf,

Ralf Zeitler wrote:
[...]


> >und könnte die Tumulte aufgrund der sonstigen Ohnmacht gegenüber der
> >mächtigen Atomwirtschaft befürworten und als Proteststimme nutzen. Kampf
> >mit anderen Mitteln also.
>
> Er kann es sicher als eine Art Proteststimme nutzen. Aber eine Person, die
> sich auf sachliche Weise mit diesem Problem auseinandersetzt, wird wohl
> nicht zu dieser Methode greifen. Da soetwas nicht mehr sachlich ist.

Das Problem ist aber: die Atomindustrie (in Zusammenarbeit mit der
entsprechenden Atompolitik der Bundesregierung) hat sich längst über
jegliche Sachlichkeit hinweggesetzt, denn ihr Handeln vollzieht sich
bereits seit langem über die Köpfe der Menschen hinweg, d.h. sie
entmündigt die Menschen dadurch, daß sie ihnen ein unnötiges Risiko
aufbürdet und sich so eine (zumindest von mir) nicht legitimierte
Verantwortung anmaßt, über die Sicherheit und Gesundheit meiner Person,
und die deiner und die deiner Kinder, mit zu entscheiden. Ein echtes
Mitbestimmungs, oder besser: Selbstbestimmungsrecht, über die mir
unnötigerweise aufgebürdeten Risiken, hat sie mir nicht eingeräumt.
Setzen sich die Kontrahenten also an einem Tisch, so haben wir zwei
unterschiedlich mächtige Parteien vor uns, die einen sind die Macher,
die anderen die Ohnmächtigen, und wenn nun der eine sagt: "seid
sachlich", so sollte der andere darauf aufmerksam machen, daß diese
"Sachlichkeit" bereits lange übergangen worden ist, denn es ginge ja
schließlich nicht um "Atomenergie - ja/nein", sondern um "_Ausstieg_ aus
Atomenergie - ja/nein". Aber selbst das ist Utopie, denn einen solchen
Tisch gibt es nicht und hat es niemals gegeben. Denn von Ausstieg will
die Atomindustrie nichts hören und wenn sie einmal zu einer "sachlichen"
Auseinandersetzung auffordert, so geht es nicht um die _ernsthafte_
Frage "Ausstieg - ja/nein" (es sei denn, dies Thema wird zum Zwecke der
Propagande genutzt) sondern um Themen, die der Firmenpolitik dienlich
sind (z.B. um Alternativen, wobei dieses Thema dazu genutzt wird, die
Alternativen schlechtzureden und die Atomenergie als Unverzichtbar zu
verkaufen, oder es wird "Aufklärung" angeboten, wobei dies dazu dient,
die Gefahren der Kernenergie schönzureden und zu beschwichtigen) Eine
echte Debatte um Ausstieg hat es nie gegeben. Wieso sollte ein
Monopolist auch seine Macht freiwillig abgeben? Tut er nicht, und ruft
vielmehr zur "sachlichen" Auseinandersetzung auf, denn die kann nur ihm
nützen, davon profitiert nur er allein, weil während drinnen alle
miteinander "vernünftig" reden, (und man kann ewig dabatieren), arbeiten
die Kernkraftwerke draußen weiter ungestört im Akkord.
Wenn nun also keine sachliche Auseinandersetzung mehr möglich ist,
nicht, weil diese nicht gewollt, sondern weil diese nicht machbar da
effektlos ist, dann gibt es ein weiteres Mittel: den Protest. Der
Protest ist das Mittel des Schwachen sich gegen die Ausnutzung und
Hintergehung durch den Starken zu erwehren. Und weil der Protest keine
überzogene und daher entbehrliche Spinnerei sondern wichtiges Mittel zur
Aufmerksammachung der Stimme des Schwachen zum Zwecke einer größeren
Gerechtigkeit ist, daher ist der Protest auch in jeder echten Demokratie
(welche selbst meist ihre Existenz dem Protest ihrer Vorväter verdankt)
in Form von Demonstration etwa legitimiert, und wird nicht rigoros
unterbunden, wie in Diktaturen etwa.


> Sondern
> das Risiko, daß etwas schiefgeht nur erhöht. Und das liegt ja wohl nicht in
> deren Absicht. Erinnert mich an Aktionen, wo "Tierschützer" Tiere aus
> Laboren (oder Zuchtfarmen) befreien, und damit erst recht deren Tod
> besiegeln, da sie ja in der freien Wildnis nicht überlebensfähig sind. Mal
> genz abgesehen von den weiteren Gefahren, die das mit sich bringt. Und so
> etwas ist dann eben nicht mehr sachlich und zeugt noch mehr von Unwissen der
> Leute.

Richtig. Man muß noch unterscheiden, für was demonstriert wird, also ob
dieser Protest wirklich zum Zwecke einer größeren Gerechtigkeit dient
(fraglich etwa bei extremistischen Gruppierungen, deren Grundansichten
sich gegen einen Grundpfeiler der Gerechtigkeit, der demakratischen
Ordnung nämlich, richtet etc.) und, was du hier ansprichst, mit welchen
Mitteln dieser Protest vollzogen wird. Doch hier muß ich die Mehrheit
der Demonstranten in Schutz nehmen und dich darum bitten, die Sache
etwas Differenzierter zu betrachten. Die autonomen Gewalttäter gehörten
nicht zu der Mehrheit und haben einen schlechten Ruf auf alle, auch jene
die es nicht verdient haben, geworfen. Doch der friedliche Protest als
solcher (dazu gehören auch Menschenblockaden) halte ich für
gerechtfertigt.


> Davon Abgesehen geht Deine Argumentation gar nicht auf das Problem ein,
> welches ich eigentlich angesprochen habe. So ging es nicht darum eine solche
> Art des Protestes zu verurteilen (was ich aber auch tue s.o.), sondern
> darum, so etwas dann als Argument für die Gefahr der Atomenergie anzuführen.
> Und das ist meiner Meinung nach in keinster Weise legitim.

Wenn die Ursächlichkeit einer den sozialen Frieden gefährdenden
Auflehnung gegen Kernkraft auf reine Meinungsmache zurückzuführen ist,
dann könnte ich dir zustimmen, doch wenn diese Ursächlichkeit gerade
einer Aufklärung und Bewußtmachung der mit der Kernkraft verbundenen
Risiken zu verdanken ist, so darf man diesen sozialen Aspekt aus der
Problematik um die Kernenergie nicht ausschließen, weil man diesen
Aspekt dann nicht weiter einer bloßen Unaufgeklärtheit und übertriebenen
Hysterie in die Schuhe schieben kann, die nicht prinzipiell der
Kernenergie zuzuschreiben ist sondern jegliche andere Technologie hätte
unberechtigterweise treffen können, sondern es als inhärent, also der
Atomproblematik innewohnend zu betrachten hat. Daher ist ein solches
Argument nicht "in keinster Weise" legitim, aber auch nicht absolut
legitim, da sich aus dem sozialen Aspekt nicht ableiten läßt, inwieweit
sich ein sozialer Unfriede ereignet, denn dieser ist von der Zeit, den
Verhältnissen und der Mentalität eines Landes abhängig. In Frankreich
ist Atomstrom eine Sache von nationaler Ehre, dort wird eine objektive
und kritische Sicht der Sache durch den blendenden Mantel des Stolzes
verdeckt. Anderswo herrscht ein gemäßigter Aufklärungswille, wie in den
USA beispielsweise. Nur hier, in good old Germany stellt man sich
Castor-Behältern in den Weg, und daher ist das Argument deiner Lehrerin
gegen Kernkraft nicht allgemeingültig. Hier in Deutschland allerdings
muß man es berücksichtigen, in den USA oder Frankreich nicht. Und man
kann nicht sagen, es sei kein wirkliches Argument gegen Atomkraft, weil
die Auflehnung, wie gesagt, der Atomproblematik inhärent ist und man ihr
Aufkommen daher keiner reinen Meinungsmache zuschreiben kann.

Gruß,
Christian

H.G. Huelsmann

unread,
Nov 2, 1998, 3:00:00 AM11/2/98
to
Christian Ade schrieb:

> Das Problem ist aber: die Atomindustrie (in Zusammenarbeit mit der
> entsprechenden Atompolitik der Bundesregierung) hat sich längst über
> jegliche Sachlichkeit hinweggesetzt,

> [... usw.]

Du hast offenbar nicht die geringste Ahnung davon, wieviel Aufwand für
die Ausarbeitung von Sicherheitsstandards getrieben wird, deren Einhal-
tung dann nicht nur gesetzlich vorgeschrieben ist, sondern von unabhän-
gigen Prüfern laufend überprüft wird, die ihrerseits wieder laufend von
unabhängigen Prüfern überprüft werden. Und das wird nirgends so gründ-
lich betrieben wie in Deutschland.
Und bei der Ausarbeitung der Sicherheitsstandards sitzen Befürworter
und Gegner durchaus gleichberechtigt an einem Tisch.

Informier dich bitte erst einmal über die Arbeit des IEC, bevor du
solchen Quatsch wie oben behauptest.

>[...]

> USA beispielsweise. Nur hier, in good old Germany stellt man sich
> Castor-Behältern in den Weg, und daher ist das Argument deiner Lehrerin
> gegen Kernkraft nicht allgemeingültig. Hier in Deutschland allerdings
> muß man es berücksichtigen, in den USA oder Frankreich nicht. Und man
> kann nicht sagen, es sei kein wirkliches Argument gegen Atomkraft, weil

Man kann aber sagen, daß es ein Argument dafür ist, die Atomkraftnutzung
auf keinen Fall den anderen zu überlassen

Gruß,

Stefan Jaag

unread,
Nov 3, 1998, 3:00:00 AM11/3/98
to

Leute, ich habe mal einen ganz pragmatischen Ansatz zu dem Problem:

Der Mensch braucht Energie. Diese wird er sich beschaffen. Wenn er
auswählen kann, was für Energie er verwendet, wird er die billigste
verwenden, die zur Verfügung steht. Ist genügend Geld vorhanden leistet er
sich den Luxus auch mal was anderes auszuprobieren. Wenn wir annehmen,
dass - begründet durch irgebndwelche "Einsichten" - auf irgendetwas
verzichtet wird, so ist dies eine Illusion. Die Menschheit wird, CO2
Problem hin oder her, alle fossilen Brennstoffe verheizen, die er auf der
Erde vorfindet, dies ist nur eine Frage des Zeitraums. Die Sekundärkosten,
z.B. durch eine Klimakatastrophe, werden hierbei keine Rolle spielen.
Allein "Mitch" hat diese Woche in Lateinamerika mehr Menschen umgebracht
als der Unfall von Tschernobyl ... wer kann guten Gewissens zu 100%
ausschliessen, dass "Mitch" nicht bereits ein Produkt der
Klimaverschiebung war? Sperrt man einen Menschen ohne Nahrung ein wird er
irgendwann seine Scheiße fressen, seinen toten Nachbarn oder Insekten.
Menschen denken anders, wenn es kalt und dunkel ist. Solange es Uran gibt
wird es Kernkraftwerke geben. Wenn das Uran knapp wird, geht es zum
Plutonium und wir werden die Bruttechnologie haben. Das einzige, was diese
Entwicklung aufhalten kann, wäre der Verlust der Fähigkeit Kernkraftwerke
zu bauen (dies ist nur denkbar unter katastrophalsten Bedingungen) oder es
findet sich etwas, das deutlich billiger ist (Sonne oder Wind wird das
nicht sein, lassen wir uns überaschen).

Der Weltenergiebedarf wächst momentan um 3% pro Jahr. Selbst bei einem
Wachstum von nur 1.2% wird sich dieser Bedarf in 50 Jahren ungefähr
verdoppeln. Es wird zwangsläufig der Zeitpunkt kommen, zu dem auch in
Deutschland die Politik wieder ein "Zurück zur Kernenergie" fordern wird -


schlicht und ergreifend auf Grund objektiver Zwänge, begründet durch eine
Energieverknappung, die Verteuerung fossiler Brennstoffe, die Verschärfung
des CO2 Problems und nicht erfüllter Hoffnungen in regenerative Energien
oder die Fusionstechnologie.

Fazit: Wir werden beides bekommen Klimaverschiebung _und_ Kernenergie !

Wen interessiert in unserer globalen Gesellschaft und unter den gegebenen
Randbedingungen schon der Atomausstiegsbschluß einer Rot/Grün-Regierung?
Wen interessiert, ob und in wie weit Deutschland auf Kernstrom verzichten
kann? Halb Asien propagiert den Atomeinstieg bzw. Ausbau und westliches
Know-How ist willkommen. Deutsche Großforschungseinrichtungen erhalten
japanisches Geld, um reaktorphysikalische Experimente vorzubereiten, die
letztendlich in Kasachstan durchgeführt werden. Wen interessiert da, was
im deutschen Atomgesetz steht? RWE schaltet die Kernkraftwerke ab und
verdient das Geld mit Braunkohle. Schell und BP sind die weltgrößten
Solarzellenhersteller - wer eine Ideologie vermutet findet sie schlicht
in Wunsch Geld zu machen.

Welchen Schluß ziehe ich daraus? Wenn ich etwas nicht ändern kann,
muss ich versuchen das Beste daraus zu machen!

Durch die momentane, kerntechnik-feindliche Politik werden entscheidende
Chancen hierfür verpaßt: der Erhalt deutscher Sicherheitskultur und
(national) die Fähigkeit zur Entwicklung und Erforschung neuer,
kerntechnischer Technologien, wie z.B. zur Transmutation von atomaten
Abfällen (d.h. Entschärfung/Vermeidung der Endlagerungsproblematik) oder
zu inhärent sicheren Kraftwerkstypen. Dies sind Aufgaben, die für
"Kernenergie-Neueinsteiger" _so_ noch keine Priorität besitzen bzw.
Problemstellungen, die von ihnen nicht (bzw. noch nicht) gelöst werden
können, womit wir eine weitere, entscheidende Problematik westlicher
Ausstiegsmodelle vor Augen haben: wir können das Problem angehen, werden
aber von der Politik daran gehindert ... Dennoch, eine Atommacht wie z.B.
Indien oder China wird sich nicht von einem grünen Außenminister Fischer
vorschreiben lassen, wie sie ihre Energie erzeugt!

Die Menschheit wird auf sehr, sehr lange Zeit nicht auf den Energieträger
Kernenergie verzichten (können/wollen). In Anbetracht der CO2 Problematik
ist davon auszugehen, daß - im Gegenteil - die Kernenergie zukünftig einen
weit höheren Stellenwert erhalten wird. Das Ziel einer global
orientierten, weitsichtigen und verantwortungsvollen Energiepolitik sollte
daher lauten, _aktiv_ dabei mitzuhelfen die - ohne jeden Zweifel
vorhandenen - Probleme der Kernenergieerzeugung zu lösen, und dies trifft
vor allem die Müllproblematik! Ein solcher Lösungsweg kann nur
kernphysikalischer Natur sein und daher nur in einem "kerntechnischen
Umfeld" gefunden werden! Ein Land wie Deutschland, mit seinem _noch_
existierenden Potential an Sachkenntnis trägt hierbei auch eine moralische
Verantwortung.

Ein Kernenergie-Ausstieg, wie er von unserer neuen Regierung geplant wird,
verschließt die Augen vor den real existierenden Gegebenheiten (auch
innerhalb Deutschlands) und verschiebt damit - vom volkswirtschaftlichen
Schaden einmal ganz abgesehen - die Problematik weiterhin auf künftige
Generationen, denn der bereits vorhandene Müll ist eine real existierende
Tatsache.

Gruß
Stefan


Udo Klasmeier

unread,
Nov 3, 1998, 3:00:00 AM11/3/98
to
Joachim Schulz wrote:
(.....)

> Letztlich ist Energiesparen doch einzige Schritt in die richtige
> Richtung.

Aber leider völlig nutzlos solange die Weltbevölkerung schneller
wächst als alle Einsparmöglichkeiten kompensieren können.

--
-----
Udo Klasmeier
SELST
ZIT/A5 tel 45477

Axel Farr

unread,
Nov 3, 1998, 3:00:00 AM11/3/98
to
Hallo Christian,


(Anmerkung: Christian hat von mir eine etwas umfangreichere Antwort
erhalten, der Newsserver wollte diese aber wegen zuviel zitiertem Text nicht
nehmen, deshalb hier eine gekürzte Fassung)

Christian Ade schrieb in Nachricht
<36362F...@track.informatik.uni-stuttgart.de>...
>Hallo Axel,
>
>
>Axel Farr wrote:
>[...]


[schnipp]

>Bei einem tatächlichen GAU in deiner näheren Umgebung, der weit und
>breit alles verstrahlt, der das Krebsrisiko der Bevölkerung eines ganzen
>Landes, das deinige, das deiner Kinder um ein vielfaches erhöht, der die
>gesamte Ernte, den Boden für lange Zeit verseucht, bei einem solchen
>tatsächlich eintretenden GAU (und niemand wird abstreiten können, daß
>solch ein Szenario mit 100%er Sicherheit niemals eintreten kann, d.h.
>hier geht es nicht um Panikmache, hier geht es um das Skizzieren real
>möglicher Szenarien) wirst du mit Sicherheit nicht weiter behaupten, der
>Abfall sei hierbei insgesamt das Gefährlichste. Zu hoffen bleibt
>vielmehr, daß es "nur" beim Abfall bleibt. Daher ist es unabdingbar, bei
>diesem Topic vor allem die wirklich schweren Gefahren und Risiken, die
>mit der Kernenergie verbunden sind, in den Mittelpunkt zu rücken, und
>nicht an den zweitrangigen Problemen und Risiken klebenzubleiben, nur
>weil diese ständig in Medien und Alltag präsent sind (ein GAU hingegen
>ereignet sich selten, dafür aber umso heftiger, und so folgt das Klagen
>und die hohe Weisheit immer erst im nachhinein)

Sorry, ich habe mich vielleicht nicht ganz klar ausgedrückt - aber mit
"Zerstörung des Reaktordruckbehälters" habe ich das gemeint, was Du unter
"GAU" schreibst.

Also sind wir uns hier wohl einig, daß der Abfall das Gefährlichste ist -
wenn er bei einem GAU mehr oder weniger gleichmäßig in der Gegend verteilt
wird.


>
>[...]

[GAU gesnipt]

>> 2. Ein "Super-GAU" gibt es nicht (der GAU ist schon der "größte"). Daß
der
>> GAU von Tschernobyl ein bischen größer war als das, was bei einem
deutschen
>> AKW an GAU passieren kann, liegt am Konstruktionsprinzip: Reaktoren vom
>> Tschernobyl-Typ haben das "Brennmaterial" für den GAU gleich mit
eingebaut:
>> Der Moderator ist Kohlenstoff. Kohlenstoff ist sehr temperaturstabil,
also
>> geht die Kettenreaktion auch bei hohen Temperaturen weiter. Außerdem ist
>> Kohlenstoff brennbar: durch das Feuer werden die Spaltprodukte super
>> verteilt und außerdem noch in große Höhen transportiert.


>> Ein wassermoderierter Reaktor schaltet sich "von alleine" ab, wenn der

>> Druckbehälter platzen sollte, weil der Moderator verdampft. Auch werden


>> keine Temperaturen von über 1000 °C auftreten, weil der Moderator da
nicht
>> mehr funktioniert und folglich eine Übertemperatursicherung eingebaut ist

>> (Die Kettenreaktion kommt zum Erliegen). Dadurch werden aber die
Brennstäbe
>> halten und nicht zerstört werden. Was an Radioaktivität beim GAU eines


>> Druckwasserreaktors hiesiger Bauart austritt, ist folglich zum größten
Teil

>> nur das radioaktive Kühlwasser des Primärkreises. Three Miles Island war
ein
>> solcher GAU. Die Folgen sind weit weniger gravierend als die Folgen von
>> Tschernobyl.
>
>Mir ist bekannt, daß GAU eine Terminologie aus der Kernenergie ist. Ich
>habe hier einen Vergleich zwischen den größten anzunehmenden Unfall in
>einem konventionellen und dem in einem Kernkraftwerk ziehen wollen, ohne
>groß nach den richtigen Definitionen Ausschau zu halten. Hätte ich also
>das Kürzel GAU ausgeschrieben, hätte ich eine penible Debatte über die
>exakte Anwendung der Begriffe und deren korrekte Definition vermeiden
>können.
>Das der Begriff "Super-GAU" nicht anwendbar ist, war mir hingegen nicht
>bekannt. Ich spreche ihm den gleichen Stellenwert zu wie dem Begriff GAU
>auch, d.h. ob GAU oder Super-GAU, mit beiden meine ich stets das
>gleiche. Ich meine dennoch diesen Begriff in einer Doku über Tschernobyl
>auf arte gehört zu haben, soll heißen: dieser Begriff scheint nicht
>ungebräuchlich zu sein.


Ja, weil der GAU von Tschernobyl so viel größer war als das, was hier in
Notfallplänen als GAU firmierte, hat irgend ein Reporter das Ereignis
spontan "Super-GAU" getauft. Also ein "Super größter anzunehmender Unfall".
Wobei mir nicht ganz klar ist, was daran so super ist...

>Aber nun zurück zum Thema:

[SuperGAU gesnipt]


[offizielle Version der Ursache für die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl
gesnipt]

>Hier darf ich nochmals auf die vor nicht allzulanger Zeit auf arte
>gesendete Doku zurückgreifen: hier wurden die offiziellen Begründungen
>der Ursachen des GAUs in Tschernobyl kritisch hinterfragt und man stieß
>auf zahlreiche Ungereimtheiten. Die Zeichen deuteten eher auf ein kurzes
>aber heftiges Beben zur Zeit des Unglücks. Tatsächlich wurde die
>geographische Lage des Kraftwerks stark bemängelt und darauf
>hingewiesen, daß Kernkraftwerke tatsächlich zwangsläufig an geographisch
>ungeeigneten Orten gebaut werden, nämlich stehts in der Nähe von
>Flüssen. Falls dies stimmt, so ist Tschernobyl ein Wahrzeichen für die
>aller Kernkraftwerke weltweit zugrundeliegende potentielle Gefahr, nicht
>das schlampiger Nutzung, und es ist klar, daß sich hier das Interessen
>bezüglich der genauen Ursachen des Unglücks in gewissen Kreisen,
>insbesondere in jenen, die hier Aufklärungsarbeit leisten könnten, eher
>in Grenzen hält. Das ist nur oberflächlich wiedergegeben, tatsächlich
>hat man sich die Begründungen für diese Vermutung zur Ursache der
>Katastrophe nicht aus den Fingern gesaugt. Allerdings bin ich kein
>Experte, um mich hier mit dir anlegen zu können. Ich kann nur an deine
>eigenen Vernunft appelieren, dich gegebenenfalls bei näherem Interesse
>vorurteilsfrei damit intensiver zu beschäftigen.


"Ein kurzes, aber heftiges Beben zur Zeit des Unglücks" könnte auch dadurch
aufgezeichnet worden sein, daß die Seismometer die Zerstörung des
Reaktorkerns registriert haben. Das ist durchaus nichts ungewöhnliches.
Seismometer sind sehr empfindlich. Auch Einstürze von alten
Bergwerksschächten in der Region Osthessen werden zuweilen als geologische
Ereignisse von den Seismographen aufgezeichnet, soweit ich weiß.

Außerdem war mir bis jetzt nicht bekannt, daß die Ukraine (eine ausgedehnte,
relativ ebene Region) geologisch irgend einem erdbebengefärdeten Gebiet
zugeordnet wird.

Bei einem hiesigen Reaktor könnte ein Erdbeben zwar einen GAU auslösen, aber
dieser wäre nicht mit einer "Kernschmelze", also einem Aufschmelzen des
Reaktorkerns nach dem Muster der Katastrophe von Tschernobyl verbunden -
eben aus den oben in meinem vorangehenden Posting genannten Gründen.


Es gibt übrigens Flüsse, die in geologisch unbedenklichen Gebieten
verlaufen - ich denke da mal an die Elbe im norddeutschen Flachland.
Der Rheingraben ist dagegen erbebengefährdet, weil dort eine geologische
Bruchkante verläuft.

[erdbebengefärdete Standorte und Atomrecht gesnipt]

>> >Hinzu kommt noch die Vorbildfunktion: wenn die hochentwickelten
>> >Industrienationen die Atomenergie als hochmoderne Energiegewinnung
>> >anpreisen und sich ihrer bedienen, werden es die heutigen Entwicklung-
>> >sländer auch tun, mit geringerem finanziellen und
>> >sicherheitsspezifischen
>> >Aufwand. Und je mehr Kraftwerke, desto größer das Gefahrenpotential.


>>
>> In vielen Fällen wurden Atomreaktoren von Entwicklungsländern entweder
aus
>> Prestigegründen gebaut oder um an spaltbares Material für Atomwaffen zu
>> kommen.

>> Trotzdem wird ein Abschalten der Atomkraftwerke hierzulande nichts an dem
>> Interesse von Entwicklungsländern an der Atomkraft ändern - aus den zwei
>> genannten Gründen. Nur eine sinnvolle Kontrolle von Seiten der int.
>> Atomenergiebehörde kann da etwas ausrichten.
>
>Eines deiner beiden Argumente, jenes das Prestige betreffende, spricht
>nicht für deine Schlußfolgerung, denn das Prestige von Kernenergie
>sinkt, wenn sie in den Industrienationen nicht weiter geschetzt wird.
>Des weiteren kann man anderen nur dann gut zureden, wenn man zuvor sein
>eigenes Haus bereinigt hat.


Daß die Industrieländer heute immer noch auf die Nutzung der Kernenergie
setzen, hat nichts mit der Frage zu tun, ob ein Kernkraftwerk für ein
Entwicklungsland eine Prestigefrage ist oder nicht. Auch ein großes
Wasserkraftwerk ist für ein Entwicklungs- oder Schwellenland oft eine
Prestigesache, genauso wie es die Verfügbarkeit von Atomwaffen für die
eigenen Streitkräfte oftmals ist. Die Bundesrepublik nutzt zwar die
Wasserkraft, hat aber keine Atomwaffen.


[Umweltaspekt gesnipt]


>> >Zum Fortschritt gehört Gehirn, nicht Muskeln, daher können Kernkraft-
>> >werke, wie beeindruckend und hochinteressant ihre Technologie und wie
>> >hoch deren Energieausbeute auch sein mag, nicht als Fortschrittlich
>> >bezeichnet werden.


>>
>> Ein bischen viel Polemik, oder ?
>

>Polemik schließt Unsachlichkeit mit ein. Ich hatte hier meine
>vorgehenden Ausführungen in einer abschließenden Bewertung
>zusammengefaßt. Die "Muskeln" sind als Analogie zu reiner Funktionalität
>zu verstehen. Mit "Gehirn" ist darauf hingewiesen, daß Fortschritt sich
>nicht in reine Funktionalität alleine auszeichnet, sondern alle damit
>verbundenen Schwachstellen und Risikofaktoren mit einschließt.
>Fortschritt zeichnet sich auch durch Selektion der gebotenen Optionen
>aus, und Selektion erfolgt durch Abwegen, und zwar durch Abwegen nicht

Ist "Abwegen" das, was ich unter "Abwägen" kenne, nur nach der neuen
Rechtschreibung? "Abwege" sind bei mir nämlich was anderes...

>der geforderten Ausbeute allein, sondern ebenso der damit verbundenen
>Nachteile. Letzteres, nicht ersteres entscheidet dann letztendlich
>aufgrund der von mir davor vorgebrachten Argumente gegen und nicht für
>die Kernenergie als fortschrittliche Energieversorgung.
>Wenn du mir also Polemik unterstellen möchtest, so seihst du hiermit
>aufgefordert, jene Unsachlichkeit meiner Ausführungen aufzuzeigen,
>welche die Unterstellung einer Polemik meinerseits rechtfertigen würde.


Sagen wir mal: Deine Erläuterungen zu dem Schlußsatz Deines vorangegangenen
Postings sind die sachliche Erklärung einer polemisierend wirkenden Phrase.


[Entwicklung der Kernenergie und Alternativen gesnipt]

>> Anmerkung: Ich stehe der Kernkraft auch kritisch gegenüber, aber die
blanke
>> Angsmache, die von Seiten der Anti-AKW-Bewegung geschührt wird,
verurteile
>> ich. Dummerweise haben wir das Problem mit den nuklearen Abfällen aber
>> schon - ein Ausstieg jetzt hilft da wenig. Für mich wird es höchst


>> Eisenbahn, daß auf internationaler Ebene geregelt wird, was mit den
>> nuklearen Überbleibsel des Kalten Krieges passieren soll - nicht nur mit
den
>> hiesigen Atomabfällen, sondern mit den Abfällen weltweit und auch mit den
>> riesigen Mengen spaltbaren Materials, das in den Atomsprengköpfen der
>> Kernwaffen steckt.
>

>Zustimmung.
>Im übrigen möchte ich dir nicht unterstellen wollen, daß du mir wiederum
>Angstmacherei unterstellen würdest. Ich denke rational und nicht
>überzogen argumentiert zu haben, und auf allen meiner Argumente kann man
>eingehen und sie näher untersuchen, widerlegen oder Gegenargumente
>bieten. Damit bin ich für jeden der ernsthaft über dieses Thema
>debattieren möchte, gleich welche Position er einnimmt, "faßbar" und so
>kann mir niemand eine dogmatische Parteilichkeit unterstellen, solange
>ich meine Position argumentativ stütze und auf Gegenargumente sachlich
>eingehe.


Nun, ich denke, daß wir die Schwerpunkte bei der Betrachtung unterschiedlich
setzen. Ich möchte im Nachwort aber noch anfügen, daß es meiner Meinung nach
sinnlos ist, hier bei uns die relativ sicheren Kernkraftwerke neuerer Bauart
(Die Druckwasserreaktoren aus den 70er Jahren) stillzulegen, währen die
meist weitaus unsichereren Kraftwerke in den Nachbarländern weiter betrieben
werden und z.T. sogar noch den Strom liefern, der hier in Deutschland nicht
mehr in Kernreaktoren erzeugt werden soll.
Insbesondere die Grünen in der Regierungsverantwortung sollten sich darüber
klarwerden, daß dies keinen Sinn macht. Das einzige, was meiner Meinung nach
sinnvoll wäre, wäre ein gesamteuropäischer Ausstieg aus der Kernkraft, damit
insbesondere die gefährlichen Kohlenstoffmoderierten Reaktoren in Osteuropa
endlich außer Betrieb gehen.


Gruß, Axel


>Gruß,
>Christian

Franz Gerl

unread,
Nov 3, 1998, 3:00:00 AM11/3/98
to
Martin Uecker (mue...@mayn.de) wrote:

: Franz Gerl <ge...@Theorie.Physik.UNI-Goettingen.DE.NO-SPAM> wrote:
:
: [...]
:
: >: Letztlich ist Energiesparen doch einzige Schritt in die richtige
: >: Richtung.
: >:
: >Ganz egal, wieviel Energie gespart wird, der von einem
: >Kernkraft vermiedene CO2-Ausstoß bleibt gleich.
:
: In einer Welt unbegrenzter Resourcen kann man gleichzeitig
: Energiesparlampen und Atomkraftwerke kaufen. In meiner
: Welt hat man die Wahl, und eine Mark, die man für Energie-
: sparen ausgibt, vermindert den CO2-Ausstoß mehr, als eine
: Mark, die man in die Kernenergie steckt.
:
Was den Neubau von Kraftwerken betrifft, hast Du sicher
bis zu einem gewissen Grad recht. Irgendwann wird
wahrscheinlich dieser Punkt überschritten. Durch das
Abschalten von Kernkraftwerken, die in Betrieb sind,
fehlt eine Strommenge, die trotz aller Einsparungen
immer die gleiche ist.

Franz

Franz Gerl

unread,
Nov 3, 1998, 3:00:00 AM11/3/98
to
Christian Ade (ad...@track.informatik.uni-stuttgart.de) wrote:
:

"Weniger weit hergeholt" würde ich durch weniger
wahrscheinlich ersetzen (Einen GAU haben wir ja
schon erlebt). Außerdem hatte ich mich auf "vernünftig"
betriebene beschränkt, soll heißen, mit unserem Standard
vergleichbaren Reaktoren.

Die Physik, die hinter Broeckers Szenario steckt ist
recht einleuchtend, und erscheint nach heutigem Kenntnisstand
fast unausweichlich. Die Frage ist nur, wie schnell und
wie radikal sich das Zirkulationssystem ändert, und wie sehr
andere Faktoren die historischen Beispiele für solche Änderungen
(Jüngeres Dryas) modifizieren.

Die Gefahr eines raschen Zusammenbruchs in den
nächsten 100 Jahren schätze ich um ein bis zwei
Größenordnungen höher ein, als die eine GAUs in einem
westlichen Kraftwerk. Die Schäden würden um mehrere
Größenordnungen darüberliegen.

Die Alternativen, die Du in Deinen anderen postings
suggerierst - exzessiver Ausbau oder Abschalten der
Kernkraftwerke -,sehe ich ebenfalls nicht. Ein
Weiterbetreiben der Kraftwerke verbunden mit Energie-
einsparungen, die durch Ökosteuern gefördert werden,
halte ich für ökonomisch und ökologisch am vernünftigsten.

In 10 bis 15 Jahren wird sich zeigen, ob es unseren
Zielen besser entspricht, eine neue Generation von
Kernkraftwerken zu bauen, oder ob Energieeinsparungen
von der Bevölkerung in einem Ausmaß mitgetragen werden,
das für mich heute noch nicht vorstellbar ist. Ich bin
fast immer gegen die Schaffung vollendeter Tatsachen.

Franz

Martin Uecker

unread,
Nov 3, 1998, 3:00:00 AM11/3/98
to
Franz Gerl <ge...@Theorie.Physik.UNI-Goettingen.DE.NO-SPAM> wrote:
>Martin Uecker (mue...@mayn.de) wrote:
>: Franz Gerl <ge...@Theorie.Physik.UNI-Goettingen.DE.NO-SPAM> wrote:

[...]

>: >Ganz egal, wieviel Energie gespart wird, der von einem


>: >Kernkraft vermiedene CO2-Ausstoß bleibt gleich.
>:
>: In einer Welt unbegrenzter Resourcen kann man gleichzeitig
>: Energiesparlampen und Atomkraftwerke kaufen. In meiner
>: Welt hat man die Wahl, und eine Mark, die man für Energie-
>: sparen ausgibt, vermindert den CO2-Ausstoß mehr, als eine
>: Mark, die man in die Kernenergie steckt.
>:
>Was den Neubau von Kraftwerken betrifft, hast Du sicher
>bis zu einem gewissen Grad recht. Irgendwann wird
>wahrscheinlich dieser Punkt überschritten. Durch das
>Abschalten von Kernkraftwerken, die in Betrieb sind,
>fehlt eine Strommenge, die trotz aller Einsparungen
>immer die gleiche ist.

Es gibt Leute, die reden von Überkapazitäten.

>Franz

Martin Uecker

unread,
Nov 3, 1998, 3:00:00 AM11/3/98
to
Stefan Jaag <ja...@inrpc232.fzk.de> wrote:
>
>Leute, ich habe mal einen ganz pragmatischen Ansatz zu dem Problem:

Meiner ist pragmatischer: Relativ schnell abschalten, und möglichst
schnell eine Endlagerung für den ganzen Scheiß auf den Weg bringen.

[...]


>Problem hin oder her, alle fossilen Brennstoffe verheizen, die er auf der
>Erde vorfindet, dies ist nur eine Frage des Zeitraums. Die Sekundärkosten,
>z.B. durch eine Klimakatastrophe, werden hierbei keine Rolle spielen.
>Allein "Mitch" hat diese Woche in Lateinamerika mehr Menschen umgebracht
>als der Unfall von Tschernobyl ... wer kann guten Gewissens zu 100%
>ausschliessen, dass "Mitch" nicht bereits ein Produkt der
>Klimaverschiebung war? Sperrt man einen Menschen ohne Nahrung ein wird er

Wohl kaum. Und wenn, es geht hier nicht um eine Diskussion Atomkraft
vs. Klimakatastrophe. Dazu müßte erstmal klar sein, daß die
Atomkraft alles in allem wirklich eine wesentliche Verminderung der
CO2-Emission bringen kann.

>irgendwann seine Scheiße fressen, seinen toten Nachbarn oder Insekten.
>Menschen denken anders, wenn es kalt und dunkel ist. Solange es Uran gibt
>wird es Kernkraftwerke geben. Wenn das Uran knapp wird, geht es zum
>Plutonium und wir werden die Bruttechnologie haben. Das einzige, was diese
>Entwicklung aufhalten kann, wäre der Verlust der Fähigkeit Kernkraftwerke
>zu bauen (dies ist nur denkbar unter katastrophalsten Bedingungen) oder es
>findet sich etwas, das deutlich billiger ist (Sonne oder Wind wird das
>nicht sein, lassen wir uns überaschen).

Sparen.

>Der Weltenergiebedarf wächst momentan um 3% pro Jahr. Selbst bei einem
>Wachstum von nur 1.2% wird sich dieser Bedarf in 50 Jahren ungefähr
>verdoppeln. Es wird zwangsläufig der Zeitpunkt kommen, zu dem auch in
>Deutschland die Politik wieder ein "Zurück zur Kernenergie" fordern wird -
>schlicht und ergreifend auf Grund objektiver Zwänge, begründet durch eine
>Energieverknappung, die Verteuerung fossiler Brennstoffe, die Verschärfung
>des CO2 Problems und nicht erfüllter Hoffnungen in regenerative Energien
>oder die Fusionstechnologie.

Ein Aufbau der Atomkraft ist keine Lösung für das CO2-Problem.
Genausowenig, wie die Existenz bestehender Atomkraftwerke wesentlich
zu einer CO2-Vermeidung beitragen dürfte. Die ganze Industrie, die
die hinter einem Atomkraftwerk steht, dürfte den umittelbaren
Vorteil einer CO2-freien Stromerzeugung teilweise wieder zu
nichte machen.

[...]


>Durch die momentane, kerntechnik-feindliche Politik werden entscheidende
>Chancen hierfür verpaßt: der Erhalt deutscher Sicherheitskultur und
>(national) die Fähigkeit zur Entwicklung und Erforschung neuer,
>kerntechnischer Technologien, wie z.B. zur Transmutation von atomaten
>Abfällen (d.h. Entschärfung/Vermeidung der Endlagerungsproblematik) oder
>zu inhärent sicheren Kraftwerkstypen. Dies sind Aufgaben, die für
>"Kernenergie-Neueinsteiger" _so_ noch keine Priorität besitzen bzw.
>Problemstellungen, die von ihnen nicht (bzw. noch nicht) gelöst werden
>können, womit wir eine weitere, entscheidende Problematik westlicher
>Ausstiegsmodelle vor Augen haben: wir können das Problem angehen, werden
>aber von der Politik daran gehindert ... Dennoch, eine Atommacht wie z.B.
>Indien oder China wird sich nicht von einem grünen Außenminister Fischer
>vorschreiben lassen, wie sie ihre Energie erzeugt!

Auch keine (teure) Sicherheitskultur.

>Die Menschheit wird auf sehr, sehr lange Zeit nicht auf den Energieträger
>Kernenergie verzichten (können/wollen). In Anbetracht der CO2 Problematik
>ist davon auszugehen, daß - im Gegenteil - die Kernenergie zukünftig einen
>weit höheren Stellenwert erhalten wird. Das Ziel einer global
>orientierten, weitsichtigen und verantwortungsvollen Energiepolitik sollte
>daher lauten, _aktiv_ dabei mitzuhelfen die - ohne jeden Zweifel

>vorhandenen - PrObleme der Kernenergieerzeugung zu lösen, und dies trifft


>vor allem die Müllproblematik! Ein solcher Lösungsweg kann nur
>kernphysikalischer Natur sein und daher nur in einem "kerntechnischen
>Umfeld" gefunden werden! Ein Land wie Deutschland, mit seinem _noch_
>existierenden Potential an Sachkenntnis trägt hierbei auch eine moralische
>Verantwortung.

Vielleicht kannst Du mal näher erläutern, wie Du die Müllproblematik
auf kernphysikalischen Wege lösen willst?

>Ein Kernenergie-Ausstieg, wie er von unserer neuen Regierung geplant wird,
>verschließt die Augen vor den real existierenden Gegebenheiten (auch
>innerhalb Deutschlands) und verschiebt damit - vom volkswirtschaftlichen
>Schaden einmal ganz abgesehen - die Problematik weiterhin auf künftige
>Generationen, denn der bereits vorhandene Müll ist eine real existierende
>Tatsache.

Du meinst, weiter Müll produzieren, weil sich durch eine wunderbare
Technikrevolution die ganze Müllproblematik in Nichts auflösen wird?
Verquere Logik.

>Gruß
> Stefan

Karl-Rainer Anton

unread,
Nov 4, 1998, 3:00:00 AM11/4/98
to
Udo Klasmeier wrote:
>
> Joachim Schulz wrote:
> (.....)

> > Letztlich ist Energiesparen doch einzige Schritt in die richtige
> > Richtung.
>
> Aber leider völlig nutzlos solange die Weltbevölkerung schneller
> wächst als alle Einsparmöglichkeiten kompensieren können.
>
> --
> -----
> Udo Klasmeier
> SELST
> ZIT/A5 tel 45477

Da hast Du ganz recht. Es ist wohl unser Schicksal:
Wir haben uns selbst aus dem Ökosystem herauskatapultiert. Deshalb
gibt es wahrscheinlich gegen die Überbevölkerung kein Gegenmittel.
Dem Menschen wird die Nichtkontrolliertbarkeit der Übervölkerung
zum Verhängnis. Alle Umweltprobleme gipfeln letztlich darin.
Wie mein "Alter Herr" schon richtig bemerkte. Gegen Ignoranz (oder
soll ich sagen "Heilige Kühe" oder Tabus oder Ideologie oder
Verschiebung von Problemen in die Zukunft oder "Vogel Strauss Politik"
Starrsinn ... Alles das Gleiche - gibt es wohl ich kein Mittel, welches
den humanbiologischen Super-Gau verhindert. Vielleicht gibt es in
ferner Zukunft doch noch Überlebende und eine zweite Chance. Ein Traum.

KR
und eine

Franz Gerl

unread,
Nov 4, 1998, 3:00:00 AM11/4/98
to
Martin Uecker (mue...@mayn.de) wrote:

:
: Es gibt Leute, die reden von Überkapazitäten.
:
Es gibt andererseits Leute, denen ist Öl zu schade, um es in
die Atmosphäre zu pusten. Man könnte auch etwas gegen die
damit verbundenen Folgen haben.

Franz

Hendrik van Hees

unread,
Nov 4, 1998, 3:00:00 AM11/4/98
to
Wie waer's denn mal mit einem Click auf die Seite

http://www.kernenergie.de

Vielleicht findet sich ja da etwas, die die ganze Diskussion ueber
Kernenergie versachlicht. Jedenfalls ist das das erklaerte Ziel der
Anbieter dieser Seite.

Meine eigene Position: Solange wir nichts anderes haben, gibt es keine
Alternative zur Kernenergie. Warum sollten wir anderes suchen? Allein
wegen des Muells. Ansonsten ist ein Kernkraftwerk eine sichere
Technologie, wenn man ueberhaupt sagen will eine Technologie sei sicher.

Der Ausweg aus dem Energiedilemma:

(1) Sparen, sparen, sparen (z.B. Kraft-Waermekopplungen)=> Entwicklung
neuer Technologien dazu
(2) Entwicklung von neuen Energiequellen:

(a) Incinirators ("Energy Amplifier" von Rubbia z.B.). Warum's
dafuer kein deutsches Wort gibt? Ganz einfach: In Deutschland ist
Forschung, die die Loesung des "Atommuell"-Problems in Aussicht stellt
politisch unerwuenscht (das wissen die Experimentatoren bei uns sehr
gut, waere doch die GSI die erste Anlaufstelle zur Messung benoetigter
Grunddaten (Cross-sections etc.)

(b) Traegheitsfusion

Erneuerbare Energien sind (abgesehen von der Sonnenenergie vielleicht)
wohl auf absehbare Zeit keine Alternative (forschen sollte man
natuerlich trotzdem dran).

Aber es kann doch nicht ernsthaft in Erwaegung gezogen werden, die
Verbrennung von fossilen Energietraegern zu forcieren um einen aus rein
ideologischen Erwaegungen vorangetriebenen Ausstieg aus der Kernenergie
zu kompensieren, oder? Herr Trittin jedenfalls will die
CO2-Versprechungen der Frau Merkel beibehalten (haette er wohl auch
schlecht zuruecknehmen koennen ;-))), und das will er erklaertermassen
ohne Zukauf von Kernenergie aus dem Ausland tun, wie er sich die
Energiegewinnung der Zukunft vorstellt, ist er allerdings bisher zu
erklaeren noch schuldig geblieben.

--
Hendrik van Hees Phone: ++49 06159 71-2755
c/o GSI-Darmstadt THE Fax: ++49 06159 71-2990
Planckstr. 1 mailto:h.va...@gsi.de
D-64291 Darmstadt http://www.gsi.de/~vanhees/vanhees.html

Stefan Jaag

unread,
Nov 5, 1998, 3:00:00 AM11/5/98
to
On 3 Nov 1998, Martin Uecker wrote:

... eine Menge Zeugs, das sein Unwissen ausdrückt ...

> Stefan Jaag <ja...@inrpc232.fzk.de> wrote:
> >
> >Leute, ich habe mal einen ganz pragmatischen Ansatz zu dem Problem:
>
> Meiner ist pragmatischer: Relativ schnell abschalten, und möglichst
> schnell eine Endlagerung für den ganzen Scheiß auf den Weg bringen.

Und wo bitte findet sich hier ein Argument???

> Dazu müßte erstmal klar sein, daß die
> Atomkraft alles in allem wirklich eine wesentliche Verminderung der
> CO2-Emission bringen kann.

Du willst also ernsthaft behaupten Atomkraft produziert fast genausoviel
CO2 wie ein Kohlekraftwerk? Bevor ich laut zu lachen anfange, kannst du
das irgendwie vorrechnen oder begründen?

> >findet sich etwas, das deutlich billiger ist (Sonne oder Wind wird das
> >nicht sein, lassen wir uns überaschen).
>
> Sparen.

Kannst du mir das bitte auch vorrechnen? Verdoppelung der Weltbevölkerung
bei gleichzitiger Halbierung des Energiebedarfs - und das vor dem
politischen Hintergrund, dass weder die USA noch die Entwicklungsländer
eine Handlungsabsicht zur CO2-Veringerung erkennen lassen ???

> Ein Aufbau der Atomkraft ist keine Lösung für das CO2-Problem.

Hab' ich nicht behauptet (bitte meinen Text auch lesen, bevor du meine
Aussagen wiederholst)!

> Genausowenig, wie die Existenz bestehender Atomkraftwerke wesentlich
> zu einer CO2-Vermeidung beitragen dürfte.

die machen momentan 17% am der Weltstromproduktion aus

> Die ganze Industrie, die
> die hinter einem Atomkraftwerk steht,

Das hat aber grundsätzlich nix mit Atom oder nicht Atom zu tun, sondern
damit, dass das Zeug läuft, bezahlt ist und Gewinn abwirft ... das steht
keine Ideologie dahinter. Schlag mal vor alle Kohlekraftwerke zu schließen
und du erhälts die gleiche Gegenreaktion. Ich denk da bloß an die
Kohlekumpels, die mehr Subventionen als Gehalt erhalten ... hier von
eine Kohle-Mafia zu reden ist genauso einfach.

> >Indien oder China wird sich nicht von einem grünen Außenminister Fischer
> >vorschreiben lassen, wie sie ihre Energie erzeugt!
>
> Auch keine (teure) Sicherheitskultur.

Nö, woher denn ... die wollen noch nicht mal deutsche Kraftwerke (aber
das hat wohl ehr politische Gründe)

> Vielleicht kannst Du mal näher erläutern, wie Du die Müllproblematik
> auf kernphysikalischen Wege lösen willst?

Atommüll ist Kernphysik, chemisch kannst du daran halt nix drehen. Wer
einen radioaktiven Kern vernichten will braucht schlicht und ergreifend
eine kernphysikalische Methode!

Wie, war in einem anderen Posting zu lesen: d.h. Schließung des
Brennstoffkreislaufs z.B. in Beschleunigergetriebenen unterkritischen
Reaktoren, Einsatz von Thorium Brennstoff, Verwendung von Pu-Brennern.

> Du meinst, weiter Müll produzieren, weil sich durch eine wunderbare
> Technikrevolution die ganze Müllproblematik in Nichts auflösen wird?
> Verquere Logik.

Deine Logik möcht ich haben ... diese "wunderbare Technikrevolution", wie
du sie nennst, ist einfacher zu haben als z.B. ein Fussionsreaktor.
Alles, was fehlt ist ein solider Entwicklungsbedarf .... aber in einer
Kerntechnik feindlichen Umgebung (wie ich schrieb) läßt man die Ingenieure
und Wissenschaftler noch nicht mal daran arbeiten, den Müll wieder
zu vernichtet, sondern schreit danach ihn zu verbuddeln ...

Fazit: die Grünen wollen, dass wir die nächsten Generationen auf unserem
Atommüll hocken bleiben und verbieten uns den selben zu vernichten ...
sowas ist eine intelektuelle Meisterleistung, die nur von ideologisch
verblendeten Politikern ohne Fachkompetenz kommen kann.

Gruß
Stefan

Udo Klasmeier

unread,
Nov 5, 1998, 3:00:00 AM11/5/98
to
Martin Uecker wrote:
(....)

> Wohl kaum. Und wenn, es geht hier nicht um eine Diskussion Atomkraft
> vs. Klimakatastrophe. Dazu müßte erstmal klar sein, daß die
> Atomkraft alles in allem wirklich eine wesentliche Verminderung der
> CO2-Emission bringen kann.
(....)

Wenn alle Antworten so einfach waeren wie auf die Frage nach der
CO2-Emmission von Kernkraftwerken / Verbrennungs-Kraftwerken
waere die Diskussion wohl schon zu Ende und der Ruf wuerde
lauten:

"Wann werden endlich die Verbrennungs-Kraftwerke abgeschaltet?"

-----
Udo Klasmeier
U.Kla...@alcatel.de
Tel +49 711 821 45477

Stefan Jaag

unread,
Nov 5, 1998, 3:00:00 AM11/5/98
to
On Wed, 4 Nov 1998, Hendrik van Hees wrote:

> Der Ausweg aus dem Energiedilemma:

> (a) Incinirators ("Energy Amplifier" von Rubbia z.B.). Warum's
> dafuer kein deutsches Wort gibt?

Ganz so schlimm ist es nicht: das Wort EA ist eine Rubbia-Kreation - der
hat erkannt, dass ein "Einergieverstärker" besser zu verkaufen ist als:
ein beschleunigergetriebener, unterkritischer Kernreaktor. In Fachkreisen
heiß die Mühle mitunterschon "Rubbiatron". International werden eine Reihe
von Worten für das Ding gehandelt: ADS (accelerator driven system), ADTT
(accelerator driven thermal transmutation), oder hybrid system.

> Ganz einfach: In Deutschland ist
> Forschung, die die Loesung des "Atommuell"-Problems in Aussicht stellt
> politisch unerwuenscht

Was ich, als einer der wenigen Wissenschaftler auf dem Gebiet, nur
unterstreichen kann.

> (das wissen die Experimentatoren bei uns sehr
> gut, waere doch die GSI die erste Anlaufstelle zur Messung benoetigter
> Grunddaten (Cross-sections etc.)

Naja, nicht nur das GSI ... woran es in erster Linie - neben
Hochenergiedaten - auch noch fehlt sind genaue (n,gamma) Querschnittsdaten
von Aktiniden und langlebigen Spaltprodukten (im eV oder keV Bereich).

BTW, der Themenbereicht ADS + P&T (d.h. die ganze Transmutation) kommt ins
5te Rahmenprogramm der EU ... (mitunter wohl ein auch Verdienst von
Rubbia) u.a. soll auch der Bereich Nuclear Data mitaufgenommen werden.
Hendrik, ich könnte dir also vorschlagen für das GSI ein Proposal zu
schreiben, um sich daran zu beteiligen ... leider wird es - wie zu
erwarten nicht genug funding geben, um damit wirklich was wirklich
Substantielles zu tun.

Gruß
Stefan


Hendrik van Hees

unread,
Nov 5, 1998, 3:00:00 AM11/5/98
to
Stefan Jaag wrote:
>

> BTW, der Themenbereicht ADS + P&T (d.h. die ganze Transmutation) kommt ins
> 5te Rahmenprogramm der EU ... (mitunter wohl ein auch Verdienst von
> Rubbia) u.a. soll auch der Bereich Nuclear Data mitaufgenommen werden.
> Hendrik, ich könnte dir also vorschlagen für das GSI ein Proposal zu
> schreiben, um sich daran zu beteiligen ... leider wird es - wie zu
> erwarten nicht genug funding geben, um damit wirklich was wirklich
> Substantielles zu tun.
>

Tja, Du sagst es! Deutschland verschlaeft nicht zuletzt deshalb viele
Entwicklungen, weil hier einfach alles zu lange dauert, und political
correctness wichtiger ist als pragmatisches Handeln.

Bestes Beispiel: Hier in Hessen war jahrelang die Gentechnik als Uebel
verpoent. Hoechst hatte die groessten Schwierigkeiten, einen Bioreaktor
fuer genmanipulierte Bakterien zur Humaninsulinproduktion genehmigt zu
kriegen. Dann hat man realisiert, dass man sich auf die Dauer um
Arbeitsplaetze bringt und hinter den internationalen Standard in der
Biotechnologie zurueckfaellt. Jetzt hat man sich um 180 Grad gedreht und
foerdert die Ansiedlung von Biotechnologiefirmen. Das Bloedsinnige daran
ist, dass viele Forschungsarbeiten schon in den USA gemacht wurden,
gerade auch von deutschen Forschern, und die Patentlage entsprechend
aussehen duerfte.

Ein weiteres Beispiel: Hier an der GSI wurde eine Tumortherapie mit
schweren Ionen entwickelt. Das ist eine weltweit geradezu explodierendes
Gebiet. Es hat ueber ein Jahr gebraucht, bis die schwierige Rechtslage
so weit ausgetueftelt war, dass die klinische Forschung beginnen konnte.
Jetzt gibt's ein Proposal fuer den Bau eines eigenen Beschleunigers fuer
die klinische Anwendung, aber ob der kommt, ist fraglich, jedenfalls
scheinen die Politiker nicht ganz abgeneigt. In Japan gibt es bereits
drei solcher Beschleuniger. Der deutsche Vorsprung auf dem Gebiet
duerfte bald wieder verspielt sein.

Ich glaube, dass es viele allzuviele solcher Beispiele gibt.

Aehnlich wird das wohl mit den og. neuartigen Entwicklungen auf dem
Gebiet der Reaktortechnologie sein. Bis man realisiert hat, dass die
Sache sinnvoll ist, ist es schon wieder zu spaet. Jedenfalls ist klar,
dass sich ein weites Forschungsfeld in Sachen angewandter Kernphysik und
Reaktortechnologie eroeffnet, aber aufgrund der Akzeptanzprobleme in der
Oeffentlichkeit in diesem Themenbereich scheut man Deutschland bereits
jetzt (jedenfalls klang das in einem Vortrag bei der letzten DPG-Tagung
durch).

Diese Akzeptanzprobleme sind imho auf einen eklatanten
Informationsmangel der Bevoelkerung in Sachen Naturwissenschaften
allgemein und Kernphysik im besonderen zurueckzufuehren, und unsere
Medien tun auch alles um diesen Status zu erhalten. Es sei nur an die
Castoaffaere erinnert, und bis man da ueberhaupt mal an Daten gekommen
ist um eine vernuenftige Diskussionsgrundlage zu kommen, na ja darueber
braucht man wohl nicht zu reden.

Christian Ade

unread,
Nov 5, 1998, 3:00:00 AM11/5/98
to
H.G. Huelsmann wrote:
[...]

> Du hast offenbar nicht die geringste Ahnung davon, wieviel Aufwand für
> die Ausarbeitung von Sicherheitsstandards getrieben wird, deren Einhal-
> tung dann nicht nur gesetzlich vorgeschrieben ist, sondern von unabhän-
> gigen Prüfern laufend überprüft wird, die ihrerseits wieder laufend von
> unabhängigen Prüfern überprüft werden. Und das wird nirgends so gründ-
> lich betrieben wie in Deutschland.

Das ist mir durchaus bewußt und abgestritten hab ich es nie. Deutschland
ist ja bekannt dafür, daß es für jeden Scheiß eines Beleges und einer
Genehmigung bedarf (im Falle der Kernkrafttechnologie ist diese
Vorgehensweise allerdings mehr als gerechtfertigt) Nein, ein anderer
Aspekt spricht gegen Atomkraft (s.u.) und diesen habe ich in den letzten
Posts zu verdeutlichen versucht, vergeblich wie mir scheint.


> Und bei der Ausarbeitung der Sicherheitsstandards sitzen Befürworter
> und Gegner durchaus gleichberechtigt an einem Tisch.

Welch naive Auffassung.


> Informier dich bitte erst einmal über die Arbeit des IEC, bevor du
> solchen Quatsch wie oben behauptest.

Nun dann werde ich die Problematik noch einmal darlegen: Es geht um zwei
Faktoren: 1. die mit einer Technologie verbundenen Dimension des größten
anzunehmenden Unfalls und 2. das Faktum, daß die grundsätzliche
Sicherheit jedwelcher Technologie von niemandem 100%ig garantiert
werden kann, wer dennoch eine 100%ige Sicherheit propagiert hat seine
Glaubwürdigkeit eingebüßt.
Die Anstrengung eine möglichst hohe Sicherheit zu gewährleisten kann
also nicht als Maßstab genommen werden, sondern die Dimensionalität der
mit der Technologie verbundenen hypothetisch möglichen Katastrophe, d.h.
nicht die Absicherungsmaßnahmen stehen bei der Existenzberechtigung
einer Technologie in Form einer standardmäßiger Nutzung derselben im
Vordergrund, sondern die Potentialität der Gewalt, die man dabei zu
bändigen versucht. Diese ist bei der Kernkraft nun so groß, daß die von
dir angepriesenen hohen Sicherheitsstandards in Deutschland als
_Mindestvoraussatzung_ für eine gerade noch akzeptable Nutzung dieser
Technologie zu werten sind, nicht aber als freudiger Bonus, der die
Kernkraft erst recht rechtfertigen würde.

Ich möchte noch das Wort an Ralf Zeitler richten: du hast recht, die
Auseinandersetzungen um die Castor-Transporte sind keine Argumente
prinzipieller Art gegen die Kernenergie. Ich nehme das gesagte dazu
zurück.


Gruß,
Christian

Christian Ade

unread,
Nov 5, 1998, 3:00:00 AM11/5/98
to Axel Farr
Hallo Axel,

Axel Farr wrote:
[...]


> Ja, weil der GAU von Tschernobyl so viel größer war als das, was hier in
> Notfallplänen als GAU firmierte, hat irgend ein Reporter das Ereignis
> spontan "Super-GAU" getauft. Also ein "Super größter anzunehmender Unfall".
> Wobei mir nicht ganz klar ist, was daran so super ist...

Vielleicht der Aspekt, daß Tschernobyl "so viel größer war als das, was
hier in Notfallplänen als GAU firmierte" sowie die katastrophalen und
weitreichenden Folgen des Unglücks für das Gebiet und die dort lebende
Bevölkerung.


[...]


> "Ein kurzes, aber heftiges Beben zur Zeit des Unglücks" könnte auch dadurch
> aufgezeichnet worden sein, daß die Seismometer die Zerstörung des
> Reaktorkerns registriert haben. Das ist durchaus nichts ungewöhnliches.
> Seismometer sind sehr empfindlich. Auch Einstürze von alten
> Bergwerksschächten in der Region Osthessen werden zuweilen als geologische
> Ereignisse von den Seismographen aufgezeichnet, soweit ich weiß.

In dem Bericht hieß es, es soll kurz zuvor ein Beben gegeben haben.
Könnte sein, daß zu der Zeit zufälligerweise keine Bergwerksschächte in
der Region eingestürzt sind.


> Außerdem war mir bis jetzt nicht bekannt, daß die Ukraine (eine ausgedehnte,
> relativ ebene Region) geologisch irgend einem erdbebengefärdeten Gebiet
> zugeordnet wird.

Ja, du sprichst hier unbeabsichtigt ein großes Problem an: es gibt keine
erdbebenfreie Regionen, es gibt nur solche, die weniger und solche die
mehr erdbebengefährdet sind.


> Bei einem hiesigen Reaktor könnte ein Erdbeben zwar einen GAU auslösen,

Ja, und im Nachhinein heißt es, man hätte es nicht vorhersehen können.
Einen 100% Schutz gibt es nicht, nirgendwo, doch erwischt es ein
konventionelles Kraftwerk haben wir diesen Salat bei weitem nicht, den
ein GAU mit sich bringt. Daher geht es nicht um die realisierbare
Sicherheit bei Kernkraftwerken, sondern um die prinzipielle
Rechtfertigung ihrer Existenz ob ihrer potentiellen Gefahr.


> aber
> dieser wäre nicht mit einer "Kernschmelze", also einem Aufschmelzen des
> Reaktorkerns nach dem Muster der Katastrophe von Tschernobyl verbunden -
> eben aus den oben in meinem vorangehenden Posting genannten Gründen.

Deine "Gründe" sind von Stefan Jaag relativiert (um nicht zu sagen:
widersprochen) worden. Er schreibt: "Ja, die Kettenreaktion kommt zum
erliegen, aber nicht die Energieproduktion! Denn die Brennstäbe haben
auf Grund ihrer Radioaktivität eine Ergieerzeugungsrate, die durchaus in
der Größenordnung von mehreren Prozent der Betriebsleistung liegt!" Du:


"Dadurch werden aber die Brennstäbe halten und nicht zerstört werden."

Stefan: " Und genau dadurch _werden_ die Brennstäbe _schmelzen_, da die
Kühlung weg ist!".
Aber ungeachtet dessen: meine physische Sicherheit ist mir allzu
kostbar, als daß ich ein paar Zeilen in den Newgroups grenzenloses
Vertrauen schenken könnte.


> Es gibt übrigens Flüsse, die in geologisch unbedenklichen Gebieten
> verlaufen - ich denke da mal an die Elbe im norddeutschen Flachland.
> Der Rheingraben ist dagegen erbebengefährdet, weil dort eine geologische
> Bruchkante verläuft.

Nun es gibt alles, auch inaktive Vulkane.


[...]


> >Eines deiner beiden Argumente, jenes das Prestige betreffende, spricht
> >nicht für deine Schlußfolgerung, denn das Prestige von Kernenergie
> >sinkt, wenn sie in den Industrienationen nicht weiter geschetzt wird.
> >Des weiteren kann man anderen nur dann gut zureden, wenn man zuvor sein
> >eigenes Haus bereinigt hat.
>
> Daß die Industrieländer heute immer noch auf die Nutzung der Kernenergie
> setzen, hat nichts mit der Frage zu tun, ob ein Kernkraftwerk für ein
> Entwicklungsland eine Prestigefrage ist oder nicht.

Selbstverständlich hat es das. Prestige erfordert immer zwei Parteien,
diejenige die angeben will und diejenige, gegenüber der man angeben
möchte. Eine weltweit verpönte Technologie kann zwar dennoch genutzt,
allerdings nicht weiter zu Prestigezwecken mißbraucht werden.


> Auch ein großes
> Wasserkraftwerk ist für ein Entwicklungs- oder Schwellenland oft eine
> Prestigesache, genauso wie es die Verfügbarkeit von Atomwaffen für die
> eigenen Streitkräfte oftmals ist.

Ja sicher, siehe Indien und Pakistan. Hier versucht jeder dem anderen zu
imponieren, doch von seiten der übrigen Welt stehen sie wie unreife
Lausbuben da, denn nach außen imponieren sie niemandem.


> Die Bundesrepublik nutzt zwar die
> Wasserkraft, hat aber keine Atomwaffen.

Ja, denn sie braucht keine Atomwaffen um zu imponieren, im Gegenteil,
sie würde sogar den Unmut der übrigen Welt zu spüren bekommen.


[...]


> Ist "Abwegen" das, was ich unter "Abwägen" kenne, nur nach der neuen
> Rechtschreibung? "Abwege" sind bei mir nämlich was anderes...

Drei mal darfst du raten.


> >der geforderten Ausbeute allein, sondern ebenso der damit verbundenen
> >Nachteile. Letzteres, nicht ersteres entscheidet dann letztendlich
> >aufgrund der von mir davor vorgebrachten Argumente gegen und nicht für
> >die Kernenergie als fortschrittliche Energieversorgung.
> >Wenn du mir also Polemik unterstellen möchtest, so seihst du hiermit
> >aufgefordert, jene Unsachlichkeit meiner Ausführungen aufzuzeigen,
> >welche die Unterstellung einer Polemik meinerseits rechtfertigen würde.
>
> Sagen wir mal: Deine Erläuterungen zu dem Schlußsatz Deines vorangegangenen
> Postings sind die sachliche Erklärung einer polemisierend wirkenden Phrase.

Wenn man nicht in der Lage sein sollte, den Schlußsatz des
entsprechenden Posts in Zusammenhang zu den übrigen Ausführungen
desselben Posts zu stellen (weil man nicht zu erkennen im Stande ist,
das z.B. der Begriff "Muskeln" wohl nicht wörtlich zu nehmen sein wird,
sondern augenscheinlich in Assoziation mit einem im übrigen Text
erläuterten Aspekt zu setzen sein müßte), dann kann es ob der eigenen
Kurzsichtigkeit dazu kommen, daß man die auf die Grundproblematik
fokussierende Zusammenfassung aus dem übrigen Text herausreißt und als
polemisierend wirkende Phrase fehlinterpretiert, ja.


Gruß,
Christian

Martin Uecker

unread,
Nov 5, 1998, 3:00:00 AM11/5/98
to
Stefan Jaag <ja...@inrpc232.fzk.de> wrote:
>On 3 Nov 1998, Martin Uecker wrote:
>
> ... eine Menge Zeugs, das sein Unwissen ausdrückt ...

Ich laß mich gerne sachlich aufklären, doch kann ich in
Deiner Antwort nicht allzuviel Argumentation finden.

>> Stefan Jaag <ja...@inrpc232.fzk.de> wrote:
>> >
>> >Leute, ich habe mal einen ganz pragmatischen Ansatz zu dem Problem:
>>
>> Meiner ist pragmatischer: Relativ schnell abschalten, und möglichst
>> schnell eine Endlagerung für den ganzen Scheiß auf den Weg bringen.
>

>Und wo bitte findet sich hier ein Argument???

Und wo bitte steht, daß das ein Argument sein soll?

>> Dazu müßte erstmal klar sein, daß die
>> Atomkraft alles in allem wirklich eine wesentliche Verminderung der
>> CO2-Emission bringen kann.
>

>Du willst also ernsthaft behaupten Atomkraft produziert fast genausoviel
>CO2 wie ein Kohlekraftwerk? Bevor ich laut zu lachen anfange, kannst du
>das irgendwie vorrechnen oder begründen?

Ich habe nicht behauptet, daß die Atomkraft genausoviel CO2 produziert,
wie Kohlekraft. Die Frage ist, wieviel Einsparung man durch
die Atomkraft an CO2-Emission hat, wenn man die Prozeßkette
mitberücksichtigt, und ob sich diese Einsparung für das Geld, das man
dazu für die Atomkraft ausgeben muß, lohnt. Vielleicht kann man
ja größere Einsparungen auf andere Weise billiger erzielen.

>> >findet sich etwas, das deutlich billiger ist (Sonne oder Wind wird das
>> >nicht sein, lassen wir uns überaschen).
>>
>> Sparen.
>

>Kannst du mir das bitte auch vorrechnen? Verdoppelung der Weltbevölkerung
>bei gleichzitiger Halbierung des Energiebedarfs - und das vor dem

Ich habe auch nicht behauptet, daß ich eine Lösung dafür habe. Ich
glaube nur nicht, daß die Atomkraft zu dieser Lösung beiträgt.

>> Ein Aufbau der Atomkraft ist keine Lösung für das CO2-Problem.
>

>Hab' ich nicht behauptet (bitte meinen Text auch lesen, bevor du meine
>Aussagen wiederholst)!

Du hast von "objektiven Zwängen" geredet, die wieder den Ruf
"Zurück zur Kernenergie" laut werden lassen würden. Unter diesen
"objektiven Zwängen" hast Du eine "Verschärfung des CO2-Problems"
angeführt. Daraus habe ich gefolgert, daß Du die Atomkraft
als Lösung des CO2-Problems ansiehst. Wo ist mein Denkfehler?

>> Die ganze Industrie, die
>> die hinter einem Atomkraftwerk steht,
>

>Das hat aber grundsätzlich nix mit Atom oder nicht Atom zu tun, sondern
>damit, dass das Zeug läuft, bezahlt ist und Gewinn abwirft ... das steht
>keine Ideologie dahinter. Schlag mal vor alle Kohlekraftwerke zu schließen

Natürlich nicht.

>und du erhälts die gleiche Gegenreaktion. Ich denk da bloß an die

Welche Gegenreaktion?

>Kohlekumpels, die mehr Subventionen als Gehalt erhalten ... hier von
>eine Kohle-Mafia zu reden ist genauso einfach.

Genauso einfach wie was?

Dein ganzer letzter Absatz war für mich in diesem Zusammenhang
komplett unverständlich. Habe ich mich vielleicht mißverständlich
ausgedrückt? Mit "Die ganze Industrie, die hinter einem Atomkraftwerk
steht" meinte ich die Prozeßkette, die hinter der atomaren
Energieerzeugung steht.

>> Vielleicht kannst Du mal näher erläutern, wie Du die Müllproblematik
>> auf kernphysikalischen Wege lösen willst?
>

>Atommüll ist Kernphysik, chemisch kannst du daran halt nix drehen. Wer
>einen radioaktiven Kern vernichten will braucht schlicht und ergreifend
>eine kernphysikalische Methode!

Die Betonung lag _nicht_ auf "kernphysikalisch".

>Wie, war in einem anderen Posting zu lesen: d.h. Schließung des
>Brennstoffkreislaufs z.B. in Beschleunigergetriebenen unterkritischen
>Reaktoren, Einsatz von Thorium Brennstoff, Verwendung von Pu-Brennern.

Ich habe nichts gegen ein Kernkraftwerk, daß keinen nennenswerten
Müll produziert, und unter der Berücksichtigung aller Folgekosten
ökonomisch betrieben werden kann. Nur dürfte das für die heutige
Diskussion um Kernenergie keine Rolle spielen. Oder wann, meinst
Du, können wir sowas bauen?

>> Du meinst, weiter Müll produzieren, weil sich durch eine wunderbare
>> Technikrevolution die ganze Müllproblematik in Nichts auflösen wird?
>> Verquere Logik.
>

>Deine Logik möcht ich haben ... diese "wunderbare Technikrevolution", wie
>du sie nennst, ist einfacher zu haben als z.B. ein Fussionsreaktor.
>Alles, was fehlt ist ein solider Entwicklungsbedarf .... aber in einer
>Kerntechnik feindlichen Umgebung (wie ich schrieb) läßt man die Ingenieure
>und Wissenschaftler noch nicht mal daran arbeiten, den Müll wieder
>zu vernichtet, sondern schreit danach ihn zu verbuddeln ...

Wie haben jetzt 50 Jahre Kerntechnik mit einer gigantischen
staatlichen Subvention. Warum fehlt dann immer noch solider
Entwicklungsbedarf?

Martin Uecker

unread,
Nov 5, 1998, 3:00:00 AM11/5/98
to
Udo Klasmeier <U.Kla...@alcatel.de> wrote:
>Martin Uecker wrote:
>(....)

>> Wohl kaum. Und wenn, es geht hier nicht um eine Diskussion Atomkraft
>> vs. Klimakatastrophe. Dazu müßte erstmal klar sein, daß die
>> Atomkraft alles in allem wirklich eine wesentliche Verminderung der
>> CO2-Emission bringen kann.
>(....)
>
>Wenn alle Antworten so einfach waeren wie auf die Frage nach der
>CO2-Emmission von Kernkraftwerken / Verbrennungs-Kraftwerken
>waere die Diskussion wohl schon zu Ende und der Ruf wuerde
>lauten:
>
> "Wann werden endlich die Verbrennungs-Kraftwerke abgeschaltet?"

Simmt. Es geht aber um die Frage nach der CO2-Einsparung
der Atomwirtschaft im Vergleich zu den Kosten, und im Vergleich
zu anderen Möglichkeiten, die CO2-Emission zu senken.

Ralf Zeitler

unread,
Nov 5, 1998, 3:00:00 AM11/5/98
to

>> Bei einem hiesigen Reaktor könnte ein Erdbeben zwar einen GAU
auslösen,aber

>> dieser wäre nicht mit einer "Kernschmelze", also einem Aufschmelzen des
>> Reaktorkerns nach dem Muster der Katastrophe von Tschernobyl verbunden -
>> eben aus den oben in meinem vorangehenden Posting genannten Gründen.
>
>Deine "Gründe" sind von Stefan Jaag relativiert (um nicht zu sagen:
>widersprochen) worden. Er schreibt: "Ja, die Kettenreaktion kommt zum
>erliegen, aber nicht die Energieproduktion! Denn die Brennstäbe haben
>auf Grund ihrer Radioaktivität eine Ergieerzeugungsrate, die durchaus in
>der Größenordnung von mehreren Prozent der Betriebsleistung liegt!" Du:
>"Dadurch werden aber die Brennstäbe halten und nicht zerstört werden."
>Stefan: " Und genau dadurch _werden_ die Brennstäbe _schmelzen_, da die
>Kühlung weg ist!".

Ja, die Brennstäbe werden schmelzen, wenn die Kühlung nicht wieder
hergestellt werden kann. Aber das ist auch unwahrscheinlich, da dafür ein
paar Tage Zeit bleiben. Desweiteren führt selbst die Kernschmelze noch nicht
zwangsläufig zur Freisetzung von größeren Mengen an Radioaktivität. Dazu
müssten sich die Reaktorstäbe erst durch den Beton schmelzen, was aber
mehrere Monate dauern würde, und im Normalfall erstarren würde. Man hat also
schon ziemlich lange Zeit etwas dagegen zu machen.
Was aber immer noch nicht die Möglichkeit ganz (wenn auch fast) eines
Unfalls mit verheerenden Folgen ausschließen kann.


MfG
Ralf Zeitler

Udo Klasmeier

unread,
Nov 5, 1998, 3:00:00 AM11/5/98
to
Christian Ade wrote:
(...)

> Ja, und im Nachhinein heißt es, man hätte es nicht vorhersehen können.
> Einen 100% Schutz gibt es nicht, nirgendwo, doch erwischt es ein
> konventionelles Kraftwerk haben wir diesen Salat bei weitem nicht, den
> ein GAU mit sich bringt. Daher geht es nicht um die realisierbare
> Sicherheit bei Kernkraftwerken, sondern um die prinzipielle
> Rechtfertigung ihrer Existenz ob ihrer potentiellen Gefahr.
(...)

Aber ich muss doch auch fair vergleichen. Wir haben die
Verbennungs-Kraftwerke
mit ihrem tatsaechlichen Schaden CO2 zu 100% und wir haben KKWs mit
einem
einem entsprechenden Risiko.
IMHO muesste ein "Schadenskoeffizient" definiert werden der die
Belastungen
und die Wahrscheinlichkeiten jeweils beruecksichtigt, nur dann kann ich
vergleichen.

Stefan Jaag

unread,
Nov 6, 1998, 3:00:00 AM11/6/98
to
On Thu, 5 Nov 1998, Ralf Zeitler wrote:

> Ja, die Brennstäbe werden schmelzen, wenn die Kühlung nicht wieder
> hergestellt werden kann. Aber das ist auch unwahrscheinlich, da dafür ein
> paar Tage Zeit bleiben.

Es bleiben dir nicht ein paar Tage Zeit, sondern nur Zeit in der
Größenordnung von wenigen Stunden ... was machst du wenn dir der
Primärkreis gebrochen ist und die die Notkühlung alle ist?

> Desweiteren führt selbst die Kernschmelze noch nicht
> zwangsläufig zur Freisetzung von größeren Mengen an Radioaktivität.

Wenn infolge einer Wasserdampfexplostion das ganze in die Luft fliegt
und das Containment nicht hält schon ...

> Dazu
> müssten sich die Reaktorstäbe erst durch den Beton schmelzen,

Oder mit der ganzen Reaktor-Halle in die Luft fliegen ...

> was aber
> mehrere Monate dauern würde, und im Normalfall erstarren würde. Man hat also
> schon ziemlich lange Zeit etwas dagegen zu machen.

Du redest von einem modernen Containment bzw. oder sowas wie einem Core
Catcher a la EPR. Sowas gibt es leider noch nicht und dessen Entwicklung
wird ja jetzt von den Grünen verhindert ... eine weitere Schizophrenie
unserer Regierung.

Gruß
Stefan

Stefan Jaag

unread,
Nov 6, 1998, 3:00:00 AM11/6/98
to
On 5 Nov 1998, Martin Uecker wrote:
> Stefan Jaag <ja...@inrpc232.fzk.de> wrote:
> >On 3 Nov 1998, Martin Uecker wrote:
> Ich laß mich gerne sachlich aufklären, doch kann ich in
> Deiner Antwort nicht allzuviel Argumentation finden.

Also, dann solltest du aufmerksamer lesen ...

> Ich habe nicht behauptet, daß die Atomkraft genausoviel CO2 produziert,
> wie Kohlekraft. Die Frage ist, wieviel Einsparung man durch
> die Atomkraft an CO2-Emission hat, wenn man die Prozeßkette
> mitberücksichtigt,

Was verstehst du unter Prozesskette ??? Ich weiss beim besten Willen nicht,
das du mitberücksichtigen willst ...

> und ob sich diese Einsparung für das Geld, das man
> dazu für die Atomkraft ausgeben muß, lohnt. Vielleicht kann man
> ja größere Einsparungen auf andere Weise billiger erzielen.

Ja, indem man Einspart _und_ die Kohlekraftwerke abstellt z.B.

> >Kannst du mir das bitte auch vorrechnen? Verdoppelung der Weltbevölkerung
> >bei gleichzitiger Halbierung des Energiebedarfs - und das vor dem
>
> Ich habe auch nicht behauptet, daß ich eine Lösung dafür habe.

Du argumentierst wie Trittin: ich weiß zwar nicht wie es anders gehen soll,
aber erst mal abschalten.

> Ich
> glaube nur nicht, daß die Atomkraft zu dieser Lösung beiträgt.

Wenn du dich an meine Orginalposting erinnerst: ich hab' nie behauptet, dass
die Atomkraft das CO2 Problem löst! Meine Aussage war: wir werden beides haben:
Klimaproblem _und_ Kernkraft.

> >> Ein Aufbau der Atomkraft ist keine Lösung für das CO2-Problem.
> >

> >Hab' ich nicht behauptet (bitte meinen Text auch lesen, bevor du meine
> >Aussagen wiederholst)!
>
> Du hast von "objektiven Zwängen" geredet, die wieder den Ruf
> "Zurück zur Kernenergie" laut werden lassen würden.

Ja, aber nicht behauptet, dass ich ein Klimaproblem damit löse ... das
die Kernkraft ein Come Back erlebt, ist meine Schlußfolgerung aus den
globalen Entwicklungen, die ich auf uns zukommen sehe!

> Unter diesen
> "objektiven Zwängen" hast Du eine "Verschärfung des CO2-Problems"
> angeführt.

Ja und ? Unter anderem wird dies auch ein Argument sein ...

> Daraus habe ich gefolgert, daß Du die Atomkraft
> als Lösung des CO2-Problems ansiehst.

Hab' ich nicht behauptet ... sie wird dazu beitragen den Effekt zu
vermindern.

> Wo ist mein Denkfehler?

Indem du implizit davon ausgehst, dass ich unbedingt Kernstron haben will.
Wenn ich eine bessere Idee hätte, würde ich mich dafür auch stark machen.
Kein Mensch hat Bock auf Atommüll ...

> >> Die ganze Industrie, die
> >> die hinter einem Atomkraftwerk steht,
> >

> >Das hat aber grundsätzlich nix mit Atom oder nicht Atom zu tun, sondern
> >damit, dass das Zeug läuft, bezahlt ist und Gewinn abwirft ... das steht
> >keine Ideologie dahinter. Schlag mal vor alle Kohlekraftwerke zu schließen
>
> Natürlich nicht.
>
> >und du erhälts die gleiche Gegenreaktion. Ich denk da bloß an die
>
> Welche Gegenreaktion?

Tausende von Kohlekumpels auf der Straße, Marsch nach Bonn, Ausstand der
Gewerkschaften ... etc. etc. etc. ... schon vergessen, gar nicht lange her.
Und dabei wollte die Politik nur keine deutsche Kohle mehr subventionieren,
von den Kohlekraftwerken hat da noch niemand geredet - die kämen ja noch dazu.

> >Kohlekumpels, die mehr Subventionen als Gehalt erhalten ... hier von
> >eine Kohle-Mafia zu reden ist genauso einfach.
>
> Genauso einfach wie was?

Wie von einer Atom-Mafia zu reden.

> Dein ganzer letzter Absatz war für mich in diesem Zusammenhang
> komplett unverständlich. Habe ich mich vielleicht mißverständlich
> ausgedrückt? Mit "Die ganze Industrie, die hinter einem Atomkraftwerk
> steht" meinte ich die Prozeßkette, die hinter der atomaren
> Energieerzeugung steht.

Schon wieder diese Prozesskette ... du hast auch eine Prozesskette hinter
der Kohle/Braunkohle/Wasser-energieerzeugung ... Autoindustrie etc. etc.

> Ich habe nichts gegen ein Kernkraftwerk, daß keinen nennenswerten
> Müll produziert, und unter der Berücksichtigung aller Folgekosten
> ökonomisch betrieben werden kann.

Aha ... da sind wir uns ja restlos einig!

> Nur dürfte das für die heutige
> Diskussion um Kernenergie keine Rolle spielen.

Doch, weil unsere Politik ohne Differenzierung alles verteufelt, was
mit Kernenergie zu tun hat und damit genau _sowas_ verhindert ....

> Oder wann, meinst
> Du, können wir sowas bauen?

Im Rahmen des momentanen politischen Umfelds ? ... wohl nie ... auf
internationaler Ebene ... ohje, welcher Staat gibt schon Geld für
Energieforschung aus solange die fossilen Brennstoffe so schön billig
sind ... da werden lieber Milliarden in einen Golfkrieg gesteckt, um
dem Ölnachschub zu sichern.

Aber das ganze liegt viel, viel näher als z.B. ein Fusionsreaktor,
der (die Leute, die an sowas arbeiten mögen mir verzeihen) IMHO nie
wirtschaftlich Strom erzeugen wird, selbst wenn mal einer gebaut wird.

> Wie haben jetzt 50 Jahre Kerntechnik mit einer gigantischen
> staatlichen Subvention. Warum fehlt dann immer noch solider
> Entwicklungsbedarf?

Gute Frage. Ein konventionelles KKW wird mit Uranoxid betrieben, manche mit
MOX (Uran/Plutonium Mischoxid) - bereits hier wird ein Teil der radiotoxischen
Substanzen verbrannt - das Plutonium, das ja eigentlich auch ein Brennstoff
ist. Leider kann man das Müllproblem _nicht_ mit konventionellen
Keraftwerkstypen und/oder Wiederaufarbeitungsverfahren lösen, dies liegt
z.B. an den Eigenschaften der Neutronenspektren in den betrieben Reaktoren.

Wenn man nun den Müll mitverbrennen will, muss man zu einer anderen
Technologie wechseln: z.B. metallischer Brennstoff, andere
Matrixmaterialien oder molten salt (Flüssigbrennstoff), andere
Kühlmittel etc. ... d.h. z.B. eine ganz neue Wekstoffphysik und Thermohydraulik,
die recht wenig mit den bisherigen Reaktoren gemein hat.
Diese neune Werkstoffe müssen entwickelt und getestet werden. Hinzu kommen die
neutronischen Eigenschaften des Atommülls, der ja verbrannt werden soll.
Teilweise fehlen auch Kerndaten. Für Beschleunigergetriebene Anlagen kommen
so Dinge wie die Entwicklung von hochleistungs Protonen-Quellen hinzu und
der Spallationstarget-Technologie. usw. usw. Vieles ist neu, aber auf vieles
kann man aufbauen ...

Gruß
Stefan


Udo Klasmeier

unread,
Nov 6, 1998, 3:00:00 AM11/6/98
to
Stefan Jaag wrote:
(...)

>
> Ja, aber nicht behauptet, dass ich ein Klimaproblem damit löse ... das
> die Kernkraft ein Come Back erlebt, ist meine Schlußfolgerung aus den
> globalen Entwicklungen, die ich auf uns zukommen sehe!
>
(...)

Der Meinung bin ich auch, ich fuerchte nur sie wird ihr comeback in
den Entwicklungslaendern feiern mit Plutonium in Cola-Dosen, Holzkohle
als Moderator und einem Palmendach als Druckbehaelter :-)

--

Martin Uecker

unread,
Nov 6, 1998, 3:00:00 AM11/6/98
to
Stefan Jaag <ja...@inrpc232.fzk.de> wrote:
>On 5 Nov 1998, Martin Uecker wrote:
>> Stefan Jaag <ja...@inrpc232.fzk.de> wrote:
>> >On 3 Nov 1998, Martin Uecker wrote:

>> Ich habe nicht behauptet, daß die Atomkraft genausoviel CO2 produziert,
>> wie Kohlekraft. Die Frage ist, wieviel Einsparung man durch
>> die Atomkraft an CO2-Emission hat, wenn man die Prozeßkette
>> mitberücksichtigt,
>
>Was verstehst du unter Prozesskette ??? Ich weiss beim besten Willen nicht,
>das du mitberücksichtigen willst ...

Uranabbau, -aufbereitung, -anreicherung, Transport, ...

[...]


>> >Kannst du mir das bitte auch vorrechnen? Verdoppelung der Weltbevölkerung
>> >bei gleichzitiger Halbierung des Energiebedarfs - und das vor dem
>>
>> Ich habe auch nicht behauptet, daß ich eine Lösung dafür habe.
>
>Du argumentierst wie Trittin: ich weiß zwar nicht wie es anders gehen soll,
>aber erst mal abschalten.

Es geht nur darum, was besser oder schlechter ist. Um das zu beurteilen,
muß man nicht unbedingt eine optimale Lösung kennen, die es vielleicht
nicht gibt.

[...]


>> Unter diesen
>> "objektiven Zwängen" hast Du eine "Verschärfung des CO2-Problems"
>> angeführt.
>
>Ja und ? Unter anderem wird dies auch ein Argument sein ...

Aber ist es auch ein "objektiver Zwang"?

[...]


>> Wo ist mein Denkfehler?
>
>Indem du implizit davon ausgehst, dass ich unbedingt Kernstron haben will.
>Wenn ich eine bessere Idee hätte, würde ich mich dafür auch stark machen.
>Kein Mensch hat Bock auf Atommüll ...

Mein Punkt ist nur, daß die Nachteile heutiger Kernreaktoren möglicherweise
größer sind, als ein geringe Verringerung der CO2-Emission.

[...]


>> >und du erhälts die gleiche Gegenreaktion. Ich denk da bloß an die
>>
>> Welche Gegenreaktion?
>
>Tausende von Kohlekumpels auf der Straße, Marsch nach Bonn, Ausstand der
>Gewerkschaften ... etc. etc. etc. ... schon vergessen, gar nicht lange her.
>Und dabei wollte die Politik nur keine deutsche Kohle mehr subventionieren,
>von den Kohlekraftwerken hat da noch niemand geredet - die kämen ja noch dazu.

Ich meinte die Gegenreaktion bei der Atomkraft.

>> >Kohlekumpels, die mehr Subventionen als Gehalt erhalten ... hier von
>> >eine Kohle-Mafia zu reden ist genauso einfach.
>>
>> Genauso einfach wie was?
>
>Wie von einer Atom-Mafia zu reden.

Hat (hier) ja niemand.

>> Dein ganzer letzter Absatz war für mich in diesem Zusammenhang
>> komplett unverständlich. Habe ich mich vielleicht mißverständlich
>> ausgedrückt? Mit "Die ganze Industrie, die hinter einem Atomkraftwerk
>> steht" meinte ich die Prozeßkette, die hinter der atomaren
>> Energieerzeugung steht.
>
>Schon wieder diese Prozesskette ... du hast auch eine Prozesskette hinter
>der Kohle/Braunkohle/Wasser-energieerzeugung ... Autoindustrie etc. etc.

Ja. Aber die scheint bei der Atomkraft vergleichsweise aufwendig zu
sein.

>> Ich habe nichts gegen ein Kernkraftwerk, daß keinen nennenswerten
>> Müll produziert, und unter der Berücksichtigung aller Folgekosten
>> ökonomisch betrieben werden kann.
>
>Aha ... da sind wir uns ja restlos einig!

Gut.

>> Nur dürfte das für die heutige
>> Diskussion um Kernenergie keine Rolle spielen.
>
>Doch, weil unsere Politik ohne Differenzierung alles verteufelt, was
>mit Kernenergie zu tun hat und damit genau _sowas_ verhindert ....

Nur "verteufelt" nicht jeder, der einen Ausstieg aus der (heutigen)
Atomenergie will, auch die Forschung auf diesem Gebiet. Ob sich
diese Forschung lohnt, ist eine ganz andere Frage, als die Frage,
ob der Betrieb heutiger Atomreaktoren sinnvoll ist.

[...]


>> Wie haben jetzt 50 Jahre Kerntechnik mit einer gigantischen
>> staatlichen Subvention. Warum fehlt dann immer noch solider
>> Entwicklungsbedarf?
>
>Gute Frage. Ein konventionelles KKW wird mit Uranoxid betrieben, manche mit
>MOX (Uran/Plutonium Mischoxid) - bereits hier wird ein Teil der radiotoxischen
>Substanzen verbrannt - das Plutonium, das ja eigentlich auch ein Brennstoff
>ist. Leider kann man das Müllproblem _nicht_ mit konventionellen
>Keraftwerkstypen und/oder Wiederaufarbeitungsverfahren lösen, dies liegt
>z.B. an den Eigenschaften der Neutronenspektren in den betrieben Reaktoren.

Konnte man das nicht vorher wissen?

kai-martin

unread,
Nov 6, 1998, 3:00:00 AM11/6/98
to

> Meine eigene Position: Solange wir nichts anderes haben, gibt es keine
> Alternative zur Kernenergie. Warum sollten wir anderes suchen?
Damit wir eine Alternative haben :-)

> Allein wegen des Muells.
Ein zwingender Grund. Denn wer eine Endlagerung plant, die ueber
beinahe geologische Zeitraeume sicher sind, ist ein Beispiel fuer
entschlossenes Wunschdenken.


<snip>

> Erneuerbare Energien sind (abgesehen von der Sonnenenergie vielleicht)

^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^
Eine Alternative reicht doch :-) --> Wann wird sie endlich auch nur
halb so entschlossen gepusht und gefoerdert, wie seit Jahrzehnten die
Kernenrgie?

> wohl auf absehbare Zeit keine Alternative (forschen sollte man
> natuerlich trotzdem dran).

Es geht dabei aber weniger um Grundlagen, fuer die "Forschung"
die richtige herangehensweise waere. Stattdessen braucht es
Randbedingungen, die den Schritt vom Prototypen zum Massenprodukt
erlauben. Denn mit der Menge sinkt der Stueckpreis dramatisch.
Bei anderen Hightech-Produkten, wie Computer oder Autos wird dieser
Effekt eindrucksvoll demonstriert. (Wie teuer waere ein Smart,
wenn seine Stueckzahl bei einigen Tausend stagnieren wuerde...)

Fuer den Schnellen Brueter wurden wenn ich mich richtig eriinnere,
etwa 6Mrd Mark investiert, ohne dass auch nur eine Kilowattstunde
dabei herausgesprungen ist. Man stelle sich ein aehnlich dotiertes
Programm zur Foerderung der Photovoltaik vor.
Man wuerde selbst im Misserfolgsfall, wenn der Preis fuer den
Sonnenstrom nicht sinken wuerde, am eine ansehnliche Zahl von
Megawattstunden an installierter Leistung erhalten.

Utopisch?...Undenkbar? Warum eigentlich?

Tschuess,
---<(kmk)>---

Dr. Peter Kittel

unread,
Nov 7, 1998, 3:00:00 AM11/7/98
to
In article <36416A4C...@gsi.de> Hendrik van Hees <h.va...@gsi.de> writes:
>
>Tja, Du sagst es! Deutschland verschlaeft nicht zuletzt deshalb viele
>Entwicklungen, weil hier einfach alles zu lange dauert, und political
>correctness wichtiger ist als pragmatisches Handeln.
>
>Bestes Beispiel: Hier in Hessen war jahrelang die Gentechnik als Uebel
>verpoent.

Also tut mir leid. Da gehöre ich auch zu den Skepzikern. Alles, was
ich in letzter Zeit gelesen habe, läuft in die Richtung Unverantwort-
lichkeit der Experimentatoren (neue Gene werden schon nicht auf andere
Pflanzen überspringen) und falsche grundsätzliche Ansätze (wir machen
es Herbizid-resistent, die Unkräuter werden das schon nicht davon
lernen, damit die Chemiefirma ihr Alles-Ex verkaufen kann). Nee, so
nicht, wenn ich gefragt werde.

> Jetzt hat man sich um 180 Grad gedreht und
>foerdert die Ansiedlung von Biotechnologiefirmen.

Politiker halt. Keinen Deut besser.

>Diese Akzeptanzprobleme sind imho auf einen eklatanten
>Informationsmangel der Bevoelkerung in Sachen Naturwissenschaften
>allgemein und Kernphysik im besonderen zurueckzufuehren,

Du bist wahrscheinlich blauäugig, wenn Du das annimmst. Wenn die Leute
mehr Informationen hätten, wären sie vielleicht sogar noch mehr dagegen.
Wissenschaftler tendieren nun mal dazu, gewisse Risiken zu übersehen
oder zu unterschätzen bzw. deren Einschätzung durch den Rest der
Bevölkerung falsch vorherzusehen. Sie können sich nicht vorstellen, dass
andere Leute einmal Tschernobyl für einmal zuviel und nicht für ein
unvermeidbares Risiko halten.

> und unsere
>Medien tun auch alles um diesen Status zu erhalten. Es sei nur an die
>Castoaffaere erinnert, und bis man da ueberhaupt mal an Daten gekommen
>ist um eine vernuenftige Diskussionsgrundlage zu kommen, na ja darueber
>braucht man wohl nicht zu reden.

Ja, wurden die Daten nicht gerade von der Industrie zurückgehalten?

--
Best Regards, Dr. Peter Kittel // E-Mail:
Private Site in Frankfurt, Germany \X/ peterk @ combo.ganesha.com


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