Google Groups no longer supports new Usenet posts or subscriptions. Historical content remains viewable.
Dismiss

Lorentzkraft als relativistischer Effekt ?

249 views
Skip to first unread message

Gert Foerster

unread,
Jun 12, 1999, 3:00:00 AM6/12/99
to

Das Problem mit der Bitte um Hilfe ( aus einem Physikkurs der 13. Klasse ):
In einem Draht fließt ein Strom, d.h. positive Atomrümpfe ruhen und negative
Elektronen bewegen sich mit einer bestimmten Geschwindigkeit. Neben dem Draht
soll parallel dazu ein zusätzliches Elektron mit derselben Geschwindigkeit in
derselben Richtung fliegen. Es spürt das Magnetfeld des Stroms und wird von der
Lorentzkraft zum Draht hingezogen. Soweit O.K.
Hierfür gibt es aber auch eine relativistische Erklärung ohne Magnetfeld und
genau die weiß ich nicht mehr. Etwa so:
Vom System des nebenherfliegenden Elektrons aus betrachtet ruhen die vielen
Elektronen im Draht, aber die postiven Atomrümpfe erscheinen (in Gegenrichtung)
bewegt. Der Abstand zwischen diesen bewegten positiven Ladungen erscheint
verkürzt, ihre Dichte also höher als die der vielen Elektronen und deshalb wird
das äußere Elektron angezogen. Hhmmm. Dann müßte ja aber auch ein wirklich (
relativ zu den Atomrümpfen ) ruhendes Elektron die nun bewegten Elektronen
dichter sehen und abgestoßen werden. Ruhende Elektronen spüren aber gar keine
Lorentzkraft. Ist also keine gute relativistische Vorhersage gewesen.
Also: Wie erklärt man die Lorentzkraft auf ein neben dem Strom mitfliegendes
Elektron relativistisch korrekt ?
Danke für alle Tips !

_____________________________________________________________
NewsGroups Suchen, lesen, schreiben mit http://netnews.web.de


Dirk Schmidt

unread,
Jun 12, 1999, 3:00:00 AM6/12/99
to
Hallo Gert,

<Vom System des nebenherfliegenden Elektrons aus betrachtet ruhen die vielen
<Elektronen im Draht, aber die postiven Atomrümpfe erscheinen (in
Gegenrichtung)
<bewegt.

OK, einverstanden.

< Der Abstand zwischen diesen bewegten positiven Ladungen erscheint
<verkürzt,

Wieso? Die Ausdehnung des Elektrons (Längendilatation) und somit der
scheinbare Abstand der Atomkerne, wird sich bei den sehr, sehr geringen
Geschwindigkeiten in einem Leiter nicht merklich ändern.

<ihre Dichte also höher als die der vielen Elektronen und deshalb wird
<das äußere Elektron angezogen


Sollten die Abstände aus irgend einem Grund doch geringer werden, würde mit
deren Dichte auch das elektrische Feld stärker, und somit würden dann auch
die Elektronen aus dem andern Leiter angezogen.

Meine Überlegungen sind noch keine Thesen, sondern nur spontane
Spekulationen

Grüsse

Dirk

-----
Abi '98
Mut zur Lücke

Hergen

unread,
Jun 13, 1999, 3:00:00 AM6/13/99
to

Gert Foerster schrieb in Nachricht <3762...@netnews.web.de>...

>
>Das Problem mit der Bitte um Hilfe ( aus einem Physikkurs der 13. Klasse ):
>In einem Draht fließt ein Strom, d.h. positive Atomrümpfe ruhen und
negative
>Elektronen bewegen sich mit einer bestimmten Geschwindigkeit. Neben dem
Draht
>soll parallel dazu ein zusätzliches Elektron mit derselben Geschwindigkeit
in
>derselben Richtung fliegen. Es spürt das Magnetfeld des Stroms und wird von
der
>Lorentzkraft zum Draht hingezogen. Soweit O.K.
>Hierfür gibt es aber auch eine relativistische Erklärung ohne Magnetfeld
und
>genau die weiß ich nicht mehr. Etwa so:
>Vom System des nebenherfliegenden Elektrons aus betrachtet ruhen die vielen
>Elektronen im Draht, aber die postiven Atomrümpfe erscheinen (in
Gegenrichtung)
>bewegt. Der Abstand zwischen diesen bewegten positiven Ladungen erscheint
>verkürzt, ihre Dichte also höher als die der vielen Elektronen und deshalb
wird

>das äußere Elektron angezogen. Hhmmm. Dann müßte ja aber auch ein wirklich
(
>relativ zu den Atomrümpfen ) ruhendes Elektron die nun bewegten Elektronen
>dichter sehen und abgestoßen werden. Ruhende Elektronen spüren aber gar keine
>Lorentzkraft. Ist also keine gute relativistische Vorhersage gewesen.
>Also: Wie erklärt man die Lorentzkraft auf ein neben dem Strom mitfliegendes
>Elektron relativistisch korrekt ?


Hallo Gert,

* in Erinnerung grab *

Das statische elektrische und magnetische Feld sind abhängig vom Bezugssystem. Das Magnetfeld wird dabei als die Feldgröße definiert, die an die Geschwindigkeit koppelt (vxB).

Eine Ladung, die neben einem Draht ruht, sieht die Ladungsdichte der Elektronen in der Tat lorentzkontrahiert. Der stromdurchflossene Draht erscheint also negativ geladen. Der Effekt hängt nicht allein von der Driftgeschwindigkeit der Elektronen, sondern von I insgesamt ab und ist allerdings bei den in der Praxis realisierten Strömen klein, da die positiven Ladungen ja immer noch abschirmen. Meistens wird dieses Beispiel anh
and zweier stromdurchflossener Leiter in der Literatur diskutiert, dort
spielt das elektrische Feld keine Rolle, wenn in dem anderen Leiter I=0 ist
(der ist dann ja elektrisch neutral).

In einem anderen Bezugssystem, in dem die Ladung bewegt erscheint, würde man
die Kraft durch den Einfluß eines Magnetfeldes beschreiben. Das elektrische
Feld verschwindet in dem Bezugssystem, in dem sich Atomrümpfe und Elektronen
mit gleicher Geschwindigkeit entgegengesetzt zueinander bewegen, es gibt
dann nur ein Magnetfeld. In allen anderen Bezugssystemen gibt es eine
Mischung aus elektrischem und magnetischem Feld. Für die Lorentzkraft
insgesamt kommt aber immer dasselbe Ergebnis heraus.

Die Lorentzkontraktion der Ladungsdichten kannst du dir übrigens auch als
Kontraktion des elektrischen Feldes vorstellen. Das elektrische Feld einer
Punktladung mit v ~=c ist quasi in einer "Scheibe" senkrecht zur
Bewegungsrichtung komprimiert. Da die Ladung lorentzinvariant ist, ist etwas
phänomenologisch ausgedrückt die "Anzahl der Feldlinien" dieselbe wie
vorher, da die Abstände in Bewegungsrichtung kontrahiert werden, werden die
Feldlinien in einer "Scheibe" zusammengepreßt.

Hoffe, deine Welt ist wieder in Ordnung.

Gruß, Hergen

--
Dr. Hergen Scheck
D-29462 Wustrow
sch...@t-online.de
http://home.t-online.de/home/scheck/homepage.htm

Hendrik van Hees

unread,
Jun 13, 1999, 3:00:00 AM6/13/99
to
Du kannst einfach mit Hilfe der Lorentztransformation in das
Bezugssystem gehen, in denen die Draht-Elektronen und das aeussere
Elektron ruhen, denn beide sollen ja gleich scnnell fliegen. Dann kannst
Du das Potential, das das ruhende Elektron im Feld des Drahtes spuert
ausrechnen und wieder zuruecktransformieren.

--
Hendrik van Hees Phone: ++49 6159 71-2755
c/o GSI-Darmstadt SB 3.162 Fax: ++49 6159 71-2990
Planckstr. 1 mailto:h.va...@gsi.de
D-64291 Darmstadt http://theory.gsi.de/~vanhees/vanhees.html

Jürgen Appel

unread,
Jun 13, 1999, 3:00:00 AM6/13/99
to
On Sun, 13 Jun 1999, Hergen wrote:

>Mischung aus elektrischem und magnetischem Feld. Für die Lorentzkraft
>insgesamt kommt aber immer dasselbe Ergebnis heraus.

Seit wann sind Kräfte invariant unter Lorentztransformationen? Die Bahnkurve
des Elektrons im Feld des Leiters muß in allen Systemen die gleiche sein, nicht
aber die Kraft.

Kräfte als Funktion der zweiten Ableitung des Ortes transformieren sich doch
eher häßlich.

Hergen

unread,
Jun 13, 1999, 3:00:00 AM6/13/99
to

Jürgen Appel schrieb in Nachricht <929271891.1586489583@localhost>...


Stimmt, war schlampig formuliert. Natürlich transformieren sich Kräfte,
genauso wie Felder. Aber Bahnkurven transformieren sich auch. ;-)

Heiko Bauke

unread,
Jun 13, 1999, 3:00:00 AM6/13/99
to
Ave,

gute Herleitung des Problems gibt's in

Titel: Physik / Jay Orear. [Uebers. u. Bearb. d. dtsprachigen Ausgabe: Juergen Haeger]
Verfasser: Jay Orear
Beteiligt: Juergen Haeger
Erschienen: Muenchen [u.a.] : Hanser, 1991
Umfang: XVI, 752 S. : Ill., graph. Darst.
Einheitssachtitel: Physics
ISBN: 3-446-12977-4 : DM 64.00


have fun

Heiko

--
-- 9.00 Uhr: Eröffnung und Begrüssung 10.30 Uhr: Kaffeepause
-- 12.30 Uhr: Mittagspause 14.00 Uhr: Fortsetzung 16.00 Uhr: Kaffeepause
-- Ende offen (Von der Gewerkschaft der Polizei (GdP) verschickte
-- Tagesordnung für den ersten Tag eines Bundeskongresses)

Hergen

unread,
Jun 13, 1999, 3:00:00 AM6/13/99
to

Hendrik van Hees schrieb in Nachricht <3763A1AA...@gsi.de>...


>Du kannst einfach mit Hilfe der Lorentztransformation in das
>Bezugssystem gehen, in denen die Draht-Elektronen und das aeussere
>Elektron ruhen, denn beide sollen ja gleich scnnell fliegen. Dann kannst
>Du das Potential, das das ruhende Elektron im Feld des Drahtes spuert
>ausrechnen und wieder zuruecktransformieren.


Konntest du das schon in der 13. Klasse? Alle Achtung! ;-)

0 new messages