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Manfred Feodor Koerkel

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May 21, 2017, 5:50:43 PM5/21/17
to
Gerade hatten wir es vom Poststrukturalismus und den Gender-Studies.
Nun zu etwas anderem.

Was sollte man von einem Text wie dem folgenden halten? Sein Autor
ist als Experte wohl anerkannt.

<zitat>
Was ich mir für dieses Zeit-Modell zunutze mache, ist ein Lehrstück,
das seit der Antike schon bekannt ist: Ein "bewegter", nämlich ein
in Ausdehnung begriffener Punkt erzeuge eine Linie, und so erzeuge
eine Linie eine Fläche wie auch eine Fläche einen Körper." Implizit
liegt diesem Lehrstück nämlich eine ganz und gar nicht
selbstverständliche Voraussetzung zugrunde: Durch einen in
Ausdehnung begriffenen Punkt wird eine Linie als eine Ausdehnung nur
unter der Voraussetzung erzeugt, daß beim Entstehen von Ausdehnung
in einer Richtung es gerade nicht auch zum Vergehen von Ausdehnung
in umgekehrter Richtung kommt. Und mache ich erst einmal explizit,
daß sie zugrunde liegt, kann ich diese Voraussetzung auch
unterlassen, um statt ihrer das genaue Gegenteil vorauszusetzen, das
mir absolut-exakt zu diesem Zeit-Modell verhilft. Durch diese Art
von Ausdehnung, die dieser Punkt danach als zeitliche nur innerhalb
von sich besitzt, ist er gerade jenes Nacheinander eines stetig
neuen Punktes. Im Zusammenhang mit seiner jeweiligen Zukunft und
Vergangenheit ist dieser Punkt denn auch jenes bekannte stetig neue
Jetzt der Gegenwart dazwischen.

Das Ergebnis dieser Analyse liefert dann jedoch auch noch als
weiteres, was unter der Synthese insgesamt verstanden werden könnte:
nicht nur der von subjektiver Zeit und subjektivem Raum. Am
schwersten nachvollziehbar ist bei ihm, daß er diese Synthese immer
wieder als Zusammensetzung oder als Verbindung hinstellte, was für
die von Zeit und Raum am allerwenigsten verständlich sein kann. Denn
in diesem Sinn setzt sie bereits voraus, was sie doch allererst
synthetisieren soll. Da sie sonach einen unendlichen Regreß in Gang
setzt, ist sie aufzugeben. Wo er selbst das einsieht, sagt er
deshalb mehrfach, daß Synthese sich nicht als Zusammensetzung oder
als Verbindung, sondern nur als ursprüngliches Ausdehnen von Zeit
und Raum verstehen läßt", was somit insbesondere aufrechtzuerhalten
ist.

Nicht zufällig macht das Modell für subjektive Zeit denn auch die
Art des Ausdehnens noch deutlich, das allein- zu der Gesamtsynthese
aller jener Formen führen kann, wovon die subjektive Zeit ja nur die
erste, grundlegende Stufe ist. Und das kann eben nur die
ursprüngliche Selbstausdehnung eines Punktes sein, aus der dann auch
noch weitere Selbstausdehnungen als abgeleitete erfolgen können.
Denn im Unterschied zu dem Modell für subjektive Zeit, das ich
erzeuge, wird die jeweils subjektive Zeit als solche ja durch jedes
Subjekt selbst erzeugt. Und so ist die ursprünglich-subjektive Zeit
gerade nicht etwa bloß Ausdehnung, sondern ist immer wieder
Ausdehnung und Punkt zusammen, nämlich Ausdehnung nur innerhalb von
Punkt. Denn er dehnt sich zu ihr aus, und nicht etwa umgekehrt, und
darin ist er Spontaneität, die sich zur Rezeptivität macht: eben zu
der Ausdehnung als Form, in die Gehalt ursprünglich einzugehen
vermag. Und so gewiß es sich dabei von vornherein um Punkt und
Ausdehnung zusammen handelt, so doch keineswegs im Sinn einer
Zusammensetzung.

Diese nämlich setzt sowohl den Punkt für sich als auch die
Ausdehnung für sich bereits voraus. Das trifft jedoch nicht zu. Denn
weder dieser Punkt noch diese Ausdehnung besteht etwa zunächst für
sich. Vielmehr entspringen dieser Punkt sowohl wie diese Ausdehnung
erst immer miteinander in Gestalt der subjektiven Zeit, wie sie das
Zeit-Modell bezeugt. Verstand als Punkt und Sinnlichkeit als
Ausdehnung verwirklichen sich also schon von vornherein (in der
Gestalt von subjektiver Zeit) und so auch weiterhin (in allen
anderen Gestalten) immer wieder nur zusammen: eben nur in der
Gestalt von Ausdehnung als Selbstausdehnung eines Punktes. Eine
„Schematisinusproblematik" kann sonach auch gar nicht erst
entstehen. Sie entsteht vielmehr nur unnötig als selbstgemachte
Schwierigkeit, wenn diese Synthesis im Sinn einer Zusammensetzung
falsch verstanden wird. Bei richtigem Verständnis aber setzt gerade
eine Synthesis nicht schon die Wirklichkeit von, sondern nur die
Möglichkeit für Punkt und Ausdehnung oder Verstand und Sinnlichkeit
voraus, was aber als Vermögen für auch nur etwas Somatisches sein
kann und nicht schon das entsprechende Mentale.

Dieser Ansatz für die Synthesis der subjektiven Zeit, wie er aus
deren angemessener und vollständiger Analyse sich ergibt, erscheint
mir aussichtsreich für die Gesamtsynthese aller weiteren Formen"
Geht man nämlich weiter von der Synthesis als Ausdehnung im Sinn der
Selbstausdehnung eines Punktes aus, ergibt sich die Gesamtsynthese
in Gestalt der übrigen Verhältnisse, die zwischen Punkt und
Ausdehnung noch möglich sind, wenn deren erstes jene subjektive Zeit
ist. Diese nämlich war ein Punkt mit Ausdehnung nur innerhalb von
sich als jenes Nacheinander eines stetig neuen Punktes. Ein davon
verschiedenes Verhältnis zwischen Punkt und Ausdehnung ergibt sich
denn auch ganz natürlich dadurch, daß zur Charakterisierung dieses
ersteren Verhältnisses die angemessene Negierung angegeben wird. Die
aber führt zu einem Punkt mit Ausdehnung gerade nicht „nur innerhalb
von sich", sondern „auch außerhalb von sich".

Ein Punkt mit Ausdehnung „auch außerhalb von sich", das ist jedoch
ein Punkt mit Ausdehnung „auch innerhalb von sich", bei der es also
bleibt, indem die andere aus ihr heraus jeweils za ihr hinzu tritt.
Diese Charakterisierung dieser zweiten Ausdehnung im Unterschied zu
jener ersten Ausdehnung ist somit die von zwei verschiedenen
Selbstausdehnungen des jeweils einen Punktes. Eben darin ist sie
auch die angemessene und vollständige Charakterisierung subjektiver
Zeit und subjektiven Raums als einer unlösbaren Einheit. Denn zum
einen kann die Ausdehnung, die dieser Punkt dann jeweils „außerhalb
von sich" besitzt, nur ein formaler Raum als ein Zugleich sein. Doch
zum andern muß er auch ein Zeit-Raum sein, will sagen: ein Zugleich,
das als ein Nacheinander von Zugleich ein stetig neues ist.
</zitat>

--
"Privat bin ich ein ganz reizender Mensch!"
http://feodor.de
http://grausig.info

Sina Da Ponte

unread,
May 22, 2017, 1:27:33 AM5/22/17
to
Am 21.05.2017 um 23:50 schrieb Manfred Feodor Koerkel:
> Gerade hatten wir es vom Poststrukturalismus und den Gender-Studies.
> Nun zu etwas anderem.
>
> Was sollte man von einem Text wie dem folgenden halten? Sein Autor
> ist als Experte wohl anerkannt.
>
> <zitat> Was ich mir für dieses Zeit-Modell zunutze mache, ist ein
> Lehrstück, das seit der Antike schon bekannt ist: Ein "bewegter",
> nämlich ein in Ausdehnung begriffener Punkt erzeuge eine Linie, und
> so erzeuge eine Linie eine Fläche wie auch eine Fläche einen Körper."
> Implizit liegt diesem Lehrstück nämlich eine ganz und gar nicht
> selbstverständliche Voraussetzung zugrunde: Durch einen in Ausdehnung
> begriffenen Punkt wird eine Linie als eine Ausdehnung nur unter der
> Voraussetzung erzeugt, daß beim Entstehen von Ausdehnung in einer
> Richtung es gerade nicht auch zum Vergehen von Ausdehnung in
> umgekehrter Richtung kommt ...

Für alle, die mit den Regeln einer vernunftgeleiteten philosophischen
Diskussion vertraut sind und überhaupt deren Usancen kennen sei hier der
doch wohl notwendige *Kontext* dieses offenbar in mehr
unwissenschaftlicher Absicht eingestellten Zitates angegeben:

Gerold Praus: Aufzugebendes und Aufrechtzuerhaltendes bei Kant; in:
Andreas Lorenz (Hrsg.): Transzendentalphilosophie heute. Breslauer
Kant-Symposion 2004. Königshausen und Neumann, Würzburg 2007; hier S. 173 ff

Mit freundlichen Grüßen

Sina


--
"Ich glaube, es ist eine allgemeine Eigenschaft vieler Kantscher
Behauptungen, dass sie wörtlich verstanden falsch sind, aber in einem
allgemeineren Sinne tiefe Wahrheiten enthalten."

[Kurt Gödel in einem unveröffentlichten Manuskript]

Manfred Feodor Koerkel

unread,
May 22, 2017, 3:43:30 AM5/22/17
to
Sina Da Ponte expressed:
> Am 21.05.2017 um 23:50 schrieb Manfred Feodor Koerkel:
>> Gerade hatten wir es vom Poststrukturalismus und den Gender-Studies.
>> Nun zu etwas anderem.
>>
>> Was sollte man von einem Text wie dem folgenden halten? Sein Autor
>> ist als Experte wohl anerkannt.
>>
>> <zitat> Was ich mir für dieses Zeit-Modell zunutze mache, ist ein
>> Lehrstück, das seit der Antike schon bekannt ist: Ein "bewegter",
>> nämlich ein in Ausdehnung begriffener Punkt erzeuge eine Linie, und
>> so erzeuge eine Linie eine Fläche wie auch eine Fläche einen Körper."
>> Implizit liegt diesem Lehrstück nämlich eine ganz und gar nicht
>> selbstverständliche Voraussetzung zugrunde: Durch einen in Ausdehnung
>> begriffenen Punkt wird eine Linie als eine Ausdehnung nur unter der
>> Voraussetzung erzeugt, daß beim Entstehen von Ausdehnung in einer
>> Richtung es gerade nicht auch zum Vergehen von Ausdehnung in
>> umgekehrter Richtung kommt ...
>
> Für alle, die mit den Regeln einer vernunftgeleiteten
> philosophischen Diskussion vertraut sind und überhaupt deren
> Usancen kennen sei hier der doch wohl notwendige *Kontext* dieses
> offenbar in mehr unwissenschaftlicher Absicht eingestellten
> Zitates angegeben:
>
> Gerold Praus: Aufzugebendes und Aufrechtzuerhaltendes bei Kant;
> in: Andreas Lorenz (Hrsg.): Transzendentalphilosophie heute.
> Breslauer Kant-Symposion 2004. Königshausen und Neumann, Würzburg
> 2007; hier S. 173 ff

Den Kontext kenn' ich gut. Den Band werde ich schließlich noch
mehrfach zitieren (allerdings nicht den Prauss-Beitrag). :-) Ich
habe den Autor absichtlich weggelassen und die Erwähnung von Kant im
Text entfernt, damit der eigentliche Text umso mehr hervortritt. Mit
Google Books findet man den Band jedoch schnell, was ich vorher auch
überprüfte.

Nicht Prauss als Person und Autor sollte beurteilt werden sondern
sein Text.

Üblicherweise werde ich wegen zu vieler Literaturangaben kritisiert.
;-)

--
"Die Sonde registriert etwas. Was immer es ist, es ist nicht tot."
http://feodor.de
http://grausig.info

Sina Da Ponte

unread,
May 22, 2017, 6:25:50 AM5/22/17
to
Am 22.05.2017 um 09:43 schrieb Manfred Feodor Koerkel:
> Sina Da Ponte expressed:
>> Am 21.05.2017 um 23:50 schrieb Manfred Feodor Koerkel:
>>> Gerade hatten wir es vom Poststrukturalismus und den
>>> Gender-Studies. Nun zu etwas anderem.
>>>
>>> Was sollte man von einem Text wie dem folgenden halten? Sein
>>> Autor ist als Experte wohl anerkannt.
>>>
>>> <zitat> Was ich mir für dieses Zeit-Modell zunutze mache, ist
>>> ein Lehrstück, das seit der Antike schon bekannt ist: Ein
>>> "bewegter", nämlich ein in Ausdehnung begriffener Punkt erzeuge
>>> eine Linie, und so erzeuge eine Linie eine Fläche wie auch eine
>>> Fläche einen Körper." Implizit liegt diesem Lehrstück nämlich
>>> eine ganz und gar nicht selbstverständliche Voraussetzung
>>> zugrunde: Durch einen in Ausdehnung begriffenen Punkt wird eine
>>> Linie als eine Ausdehnung nur unter der Voraussetzung erzeugt,
>>> daß beim Entstehen von Ausdehnung in einer Richtung es gerade
>>> nicht auch zum Vergehen von Ausdehnung in umgekehrter Richtung
>>> kommt ...
>>
>> Für alle, die mit den Regeln einer vernunftgeleiteten
>> philosophischen Diskussion vertraut sind und überhaupt deren
>> Usancen kennen sei hier der doch wohl notwendige *Kontext* dieses
>> offenbar in mehr unwissenschaftlicher Absicht eingestellten Zitates
>> angegeben:
>>
>> Gerold Prauss: Aufzugebendes und Aufrechtzuerhaltendes bei Kant;
>> in: Andreas Lorenz (Hrsg.): Transzendentalphilosophie heute.
>> Breslauer Kant-Symposion 2004. Königshausen und Neumann, Würzburg
>> 2007; hier S. 173 ff
>
> Den Kontext kenn' ich gut.

Ich will es zumindest hoffen ...

Allerdings geht es nicht um dich! Denn wenn andere lesen, was du
zitierst, brauchen sie womöglich schon den Kontext -- ich sehe es so,
daß die Weglassung suggestiv ist, weil des Autoren Intention m.E. aus
dem Zitierten nicht klar hervorgeht.

[...]

> Ich habe den Autor absichtlich weggelassen und die Erwähnung von Kant
> im Text entfernt, damit der eigentliche Text umso mehr hervortritt.

Jaja. Ich nenne so etwas jedenfalls suggestiv (es ließen sich auch
andere Ausdrücke finden). Jedenfalls entspricht derlei Vorgehen kaum den
Usancen der philosophischen Diskussion. Und gleich gar nicht im
verhandelten Themenspektrum des Autoren, der sicherlich kaum als ein
Kantinterpret angesehen werden kann -- dagegen sprechen sowohl die
Substanz seiner Texte wie auch sein internationales Renomme --, der mit
seinen Gegenstand nur aus Sekundär- oder Tertiärquellen (und dann
womöglich noch obskurer Couleur) bekannt ist. Prauss weiß sehr wohl,
wovon er spricht, wenn er sich zu Kant äußert! Und sein Denken zielt ja
gerade *nicht* auf ein orthodoxes Verständnis des Königsbergers, sondern
auf eine Anpassung auf die aktuellen Erfordernisse.

[...]

> Nicht Prauss als Person und Autor sollte beurteilt werden sondern
> sein Text.

Nochmals: Ich halte das für gar nicht möglich unter der Prämisse, das
als Zitat Gegebene könne dafür dienlich sein. Und über Intentionen etwa
bezüglich Personen-Bashing wurde hier kein Wort verloren: Warum muß es
dann -- nachholend -- überhaupt thematisiert werden? Nuja, zumindest
psychologisch ist das interessant, auch wenn es kaum etwas zur Frage der
Relevanz des kantschen Denkens für heute und morgen beiträgt.

> Üblicherweise werde ich wegen zu vieler Literaturangaben kritisiert.

Das mag sein. Bekanntlich kann ja Kritik berechtigt sein oder auch nicht ...

Viele Grüße

Sina

--
"Ein Künstler kann sein Werk nicht schützen,
indem er als Glaubenswächter in eigener Sache auftritt."

[Christoph Ransmayr in einem SPIEGEL-Interview über Anselm Kiefer]

Оlе Ѕtrеісhеr

unread,
May 22, 2017, 7:18:49 AM5/22/17
to
Sina Da Ponte <sina.d...@gmx.de> writes:
> Und sein Denken zielt ja gerade *nicht* auf ein orthodoxes Verständnis
> des Königsbergers, sondern auf eine Anpassung auf die aktuellen
> Erfordernisse.

Also ich halte den Text für ein ziemliches pseudowissenschaftliches
Geschwafel.

"ein in Ausdehnung begriffener Punkt"

Sorry, sowas ist Unfug. Punkte sind nicht "in Ausdehnung begriffen".

Ich sehe auch nicht so recht, warum man -- wenn man denn schon über eine
notwendige Anpassung der Begriffe von Raum und Zeit redet, nicht von den
entsprechenden, empirisch sehr gut bestätigten und widerspruchsfreien
physikalischen Theorien ausgeht (und z.B. erklärt, warum der dort
gewählte Zeitbegriff für die Analyse nicht reicht), sondern sich im
Stile einer geselligen Abiturientenrunde selber was zusammenreimt. Dann
würde man auch nicht den Fehler machen, und Objekte im Raum mit jenem in
der Raumzeit zu verwechseln und damit Sätze wie den obigen zu
fabrizieren.

Oder, um mal eine konkrete Kritik zu bringen: Die Unterscheidung
zwischen Newtonscher Physik und relativistischer Physik kann nur
empirisch getroffen werden -- durch Messungen. In der Newtonschen Physik
gibt es aber eine universelle, nicht-subjektive Zeit. Da der ganze Text
aber keinerlei empirische Argumente hat und trotzdem eine subjektive
Zeit folgert, kann er nicht korrekt sein.

Ole

Sina Da Ponte

unread,
May 22, 2017, 8:33:22 AM5/22/17
to
Am 22.05.2017 um 13:18 schrieb Оlе Ѕtrеісhеr:
> Sina Da Ponte <sina.d...@gmx.de> writes:
>> Und sein Denken zielt ja gerade *nicht* auf ein orthodoxes
>> Verständnis des Königsbergers, sondern auf eine Anpassung auf die
>> aktuellen Erfordernisse.
>
> Also ich halte den Text für ein ziemliches pseudowissenschaftliches
> Geschwafel.

Das ist dein gutes Recht.

> "ein in Ausdehnung begriffener Punkt"
>
> Sorry, sowas ist Unfug. Punkte sind nicht "in Ausdehnung begriffen".

Du müßtest dich -- wenn du überhaupt willens bist, den Text verstehen
zu wollen: es ist eben ein philosophischer und kein naturwiss. -- hier
allerdings von der mathematisch-geometrischen Auffassung von 'Punkt'
verabschieden. Gemeint ist vielmehr ein logisches Verständnis davon.
Und falls du meinst, solche Punktbegriffe hätten keinen Sinn, so ist das
dann eben so. Ich möchte allerdings bescheiden darauf hinweisen, daß
z.B. auch gewisse naturwiss. Lehren -- wie etwa die sog.
"Urknalltheorie" -- mit derlei oder ähnlichen Konzepten arbeiten, um
über etwas (angeblich) Relevantes reden zu können, weil sich eben anders
nicht darüber reden läßt ...

Um es mal -- aus meinem Verständnis der Textpartikels -- "auf den Punkt
zu bringen": Hier wird von dem tatsächlich sehr schwierig zu
reflektierenden Feld der subjektiven Zeit gehandelt (die Literatur dazu
ist hinsichtlich Abstraktionsanforderung und Komplexität Legion!); und
es geht speziell bei dem Punkt-Paradigma um den (nicht meßbaren, also
empirisch nicht einholbaren) Moment der sog. "präsentischen
Vergegenwärtigung"; d.h. um jenen "ausdehnungslosen, maßlosen" Punkt der
"Anwesenheit von Präsenz" zwischen (eben verflossener) Vergangenheit und
(gerade werdender) Zukunft.

---> es ist in der dazu einschlägigen Literatur hinreichend gut
dokumentiert, wie schwierig dieser Moment zu beschreiben bzw. gar zu
analysieren ist, da er ja (eigentlich) gar nicht existiert -- also im
Sinn etwas Festhaltbaren --, weil er immer nur im Nachhinein
festgestellt werden kann, also wenn er bereits nicht mehr ist (sondern
eben [bereits gewesen] war).
Das entsprechende Phänomen wird in der Philosophie der (subjektiven)
Zeit u.a. als das Phänomen der sog. A- und B-Reihe namhaft gemacht (vgl.
zum näheren Verständnis etwa hier:
https://de.wikipedia.org/wiki/John_McTaggart_Ellis_McTaggart).

Und damit das Ganze nicht zu abstrakt bleibt, mache dir einfach einmal
klar, was diese Dimension des Zeitphänomens etwa von physikalischen
Zeitauffassungen unterscheidet, ohne daß es in Wirklichkeit irrelevanz
wäre: Denn gäbe es jenen "magischen Moment", der im hiesigen Text als
Punkt aufgefaßt wird, nicht, wäre überhaupt nicht verständlich zu
machen, wie wir überhaupt irgendetwas erinnern könnten ...

Nun können wir aber definitiv erinnern (und damit eben auch erkennen)!
Einmal kurzfristig und einmal sogar langfristig (deshalb McTaggerts
Unterscheidung von A- und B-Reihe). Es muß also diesen Punkt geben,
bzw., er muß irgendeine Relevanz haben, weil wir sonst nicht erklären
könnten, wie es überhaupt angeht, daß wir dessen innewerden, z.B. gerade
ein Auto vorbeifahren gehört zu haben ...
Wir vermögen darüber hinaus auch zu differenzieren: Zwischen dem eben
vernommenen Autogeräusch und dem viel eher stattgehabt habenden
Gewitterhall (sagen wir eine Stunde vorher). Angenommen, es gäbe also
den magischen Punkt nicht (der sich nach der Sprechweise des Textes nach
vorn wie auch nach hinten zu dehnen vermag), so wäre gar nicht
verständlich, wieso wir bspw. zwischen dem gewitterhall (vor einer
Stunde) und dem Autogeräusch (gerade eben) differenzieren könnten und
/ergo/ zu *Erkenntnisleistungen* fäghig wären. denn ohne diesen Punkt
wäre alles nur Erinnerungs-Matsch, schlicht undifferenziert.

Ich kann hinsichtlich dieser sehr komplexen Materie jetzt natürlich nur
so primitive Hinweise geben ujhd die materie in ihren weitreichenden
Dimension nicht aufrollen. Jedoch hoffe ich, damit ein paar Hinweise
gegeben zu haben, worauf da eigentlich -- unter anderem -- angespielt
wird und daß das u.U. philosophisch eben gerade doch nicht unsinnig sein
könnte.


> Ich sehe auch nicht so recht, warum man -- wenn man denn schon über
> eine notwendige Anpassung der Begriffe von Raum und Zeit redet,
> nicht von den entsprechenden, empirisch sehr gut bestätigten und
> widerspruchsfreien physikalischen Theorien ausgeht

Das wurde eben erklärt. Die nützen dazu nichts. 'Subjektive Zeit' hier
und 'physikalische Zeit' dort sind zwei Paar Schuhe. Warum das so ist,
möchte ich nur an einem Phänomen (es gibt deren mehrere) deklarieren:
Die erstere hängt *irreduzibel* an *Erleben*, die letztere natürlich
nicht. Deshalb gibt es im Ggs. zur physikalischen Zeit in der
subjektiven auch keinen allgemeingültigen "Taktgeber". Sondern der Takt
(oder, wie der Text sagt: die Ausdehnungsmodalität) ist eben subjektiv.

Wir kennen das übrigens alle: Irgendeine sensorische Affektion kann A
laut oder lang erscheinen und B leise und kurz etc.pp. Es nützte wenig,
ein Schallwellenaufzeichnungsgerät herzuzueigen und im Abgleich mit
Durchschnittswerten die eine Gefühlsartikulation als richtig und die
andere als falsch einzustufen: Denn wir wissen, daß solche Affektionen
subjektiv sehr unterschiedlich wahrgenommen werden können, wenn auch
nicht immer zwingend müssen. Und es gibt unter Menschen normalerweise
wenig Anlaß, darüber Streit zu führen oder gar Meßgeräte
herbeizuschleppen, um dabei jemanden ins recht resp. Unrecht zu setzen.
Das hat damit zu tun, daß wir eben *wissen*, daß die subjektive Ebene an
individuelle Erlebnisqualitäten gebunden ist, wozu eben auch die
Zeitdimension zählt ...

[...]

Viele Grüße

Sina

--
"Non dico inventus est a ratione, ex se
existit in natura rei."

[Heinrich v. Gent zur Formaldistinktion in /Quodlibeta/ XI, 3]

Sina Da Ponte

unread,
May 22, 2017, 9:10:29 AM5/22/17
to
Am 22.05.2017 um 14:33 schrieb Sina Da Ponte:

["ausgedehnter Punkt" und subjektive Zeit]

> Ich kann hinsichtlich dieser sehr komplexen Materie jetzt natürlich
> nur so primitive Hinweise geben und die Materie in ihren
> weitreichenden Dimension nicht aufrollen. Jedoch hoffe ich, damit
> ein paar Hinweise gegeben zu haben, worauf da eigentlich -- unter
> anderem -- angespielt wird und daß das u.U. philosophisch eben gerade
> doch nicht unsinnig sein könnte.

Ein Nachtrag zur empfohlenen Lektüre, weil da der Erklärungsrahmen etwas
weiter gespannt wird (wobei ich mich persönlich nicht mit allen
Erklärungen des Autoren zufrieden geben möchte):

https://www.philos.uni-hannover.de/fileadmin/institut_fuer_philosophie/Personen/Huebner/Aufsaetze/GibteseineobjektiveGegenwart.pdf

> [...]
>
> Viele Grüße
>
> Sina


--
"Woraus aber für die seienden Dinge das Entstehen ist,
dahinein erfolgt auch ihr Vergehen -- gemäß der Notwendigkeit;
denn sie schaffen einander Ausgleich und zahlen Buße
für ihre Ungerechtigkeit nach der Ordnung der Zeit".

[Anaximander]

Manfred Feodor Koerkel

unread,
Jul 9, 2017, 8:28:51 AM7/9/17
to
Оlе Ѕtrеісhеr expressed:
> Sina Da Ponte <sina.d...@gmx.de> writes:
>> Und sein Denken zielt ja gerade *nicht* auf ein orthodoxes
>> Verständnis des Königsbergers, sondern auf eine Anpassung auf
>> die aktuellen Erfordernisse.
>
> Also ich halte den Text für ein ziemliches
> pseudowissenschaftliches Geschwafel.
>
> "ein in Ausdehnung begriffener Punkt"
>
> Sorry, sowas ist Unfug. Punkte sind nicht "in Ausdehnung
> begriffen".

In der Tat, es handelt sich bestenfalls um dunkle Metaphern.
Das habe ich noch ein wenig ausgeführt und extern abgelegt:
http://grausig.info/node/17

--
"Meine Freunde nennen mich Lenny. Aber ich habe keine Freunde."
http://feodor.de
http://grausig.info

Оlе Ѕtrеісhеr

unread,
Jul 9, 2017, 9:06:26 AM7/9/17
to
Manfred Feodor Koerkel <manfred...@web.de> writes:

> Оlе Ѕtrеісhеr expressed:
>> Sina Da Ponte <sina.d...@gmx.de> writes:
>>> Und sein Denken zielt ja gerade *nicht* auf ein orthodoxes
>>> Verständnis des Königsbergers, sondern auf eine Anpassung auf
>>> die aktuellen Erfordernisse.
>>
>> Also ich halte den Text für ein ziemliches
>> pseudowissenschaftliches Geschwafel.
>>
>> "ein in Ausdehnung begriffener Punkt"
>>
>> Sorry, sowas ist Unfug. Punkte sind nicht "in Ausdehnung
>> begriffen".
>
> In der Tat, es handelt sich bestenfalls um dunkle Metaphern.
> Das habe ich noch ein wenig ausgeführt und extern abgelegt:
> http://grausig.info/node/17

Aber so richtig genau bist Du auch nicht:

| Ein Punkt lässt sich zwar auch als unendlich geschrumpfte Gerade
| auffassen, hierbei entsteht aber auch keine von null verschiedene
| Ausdehnung.

Das ist etwa genauso großer Unfug. Eine Gerade kann nicht "schrumpfen",
auch nicht "unendlich".

Was "schrumpfen" könnte, ist eine Strecke. Aber auch die kann nicht auf
die Länge Null schrumpfen, sondern hat immer eine endliche (von Null
verschiedene) Länge. Daher ist ein Punkt auch keine "unendlich
geschrumpfte" Strecke; es ist nämlich *gar keine* Strecke.

Ole

Verena

unread,
Jul 9, 2017, 10:38:01 AM7/9/17
to
Um es genauer zu sagen: ein Punkt ist ein ORT, mit Null Ausdehnung.
Aus (noch so vielen) Orten mit Null Ausdehnung kann niemals eine extensive Größe entstehen.

Sina Da Ponte

unread,
Jul 9, 2017, 10:51:26 AM7/9/17
to
Am 09.07.2017 um 15:06 schrieb Оlе Ѕtrеісhеr:
> Manfred Feodor Koerkel <manfred...@web.de> writes:

[...]

>> es handelt sich bestenfalls um dunkle Metaphern. Das habe ich noch
>> ein wenig ausgeführt und extern abgelegt:
>> http://grausig.info/node/17
>
> Aber so richtig genau bist Du auch nicht:
>
> |Ein Punkt lässt sich zwar auch als unendlich geschrumpfte Gerade
> |auffassen, hierbei entsteht aber auch keine von null verschiedene
> |Ausdehnung.
>
> Das ist etwa genauso großer Unfug.

Nun hat der gute Manfred Feodor -- ein ausgesprochen exzessiver
Kästchenschubladenauf- und zuzieher -- das ja sinnvollerweise schon
unter der Generalüberschrift 'Grausig' abgelegt ...

Wenigstens ein PlusPunkt, der er zu machen vermochte, auch wenn er ihm
auf's Ganze gesehen womöglich auch nur wenig zur Ehre gereicht.

:-)

Manfred Feodor Koerkel

unread,
Jul 9, 2017, 12:46:43 PM7/9/17
to
Оlе Ѕtrеісhеr expressed:
> Manfred Feodor Koerkel <manfred...@web.de> writes:
>
>> Оlе Ѕtrеісhеr expressed:
>>> Sina Da Ponte <sina.d...@gmx.de> writes:
>>>> Und sein Denken zielt ja gerade *nicht* auf ein orthodoxes
>>>> Verständnis des Königsbergers, sondern auf eine Anpassung auf
>>>> die aktuellen Erfordernisse.
>>>
>>> Also ich halte den Text für ein ziemliches
>>> pseudowissenschaftliches Geschwafel.
>>>
>>> "ein in Ausdehnung begriffener Punkt"
>>>
>>> Sorry, sowas ist Unfug. Punkte sind nicht "in Ausdehnung
>>> begriffen".
>>
>> In der Tat, es handelt sich bestenfalls um dunkle Metaphern.
>> Das habe ich noch ein wenig ausgeführt und extern abgelegt:
>> http://grausig.info/node/17
>
> Aber so richtig genau bist Du auch nicht:
>
>| Ein Punkt lässt sich zwar auch als unendlich geschrumpfte Gerade
>| auffassen, hierbei entsteht aber auch keine von null verschiedene
>| Ausdehnung.
>
> Das ist etwa genauso großer Unfug. Eine Gerade kann nicht
> "schrumpfen", auch nicht "unendlich".

Das stammt natürlich nicht von mir:
https://de.wikipedia.org/wiki/Punkt_(Geometrie)

"In der projektiven Ebene sind die Begriffe Punkt und Gerade sogar
vollständig austauschbar. Damit ist es hier möglich, sich eine
Gerade als unendlich klein und einen Punkt als unendlich lang und
unendlich dünn vorzustellen."

Gut ich füge hier eine Fußnote hinzu.

Dafür, dass Prauss projektive Geometrie betreibt, habe ich nicht den
geringsten Hinweis.

--
"Mein Name ist Winston Wolfe. Ich löse Probleme!"
http://feodor.de
http://grausig.info

Manfred Feodor Koerkel

unread,
Jul 9, 2017, 1:00:24 PM7/9/17
to
Sina Da Ponte expressed:
> Am 09.07.2017 um 15:06 schrieb Оlе Ѕtrеісhеr:
>> Manfred Feodor Koerkel <manfred...@web.de> writes:
>>> es handelt sich bestenfalls um dunkle Metaphern. Das habe ich
>>> noch ein wenig ausgeführt und extern abgelegt:
>>> http://grausig.info/node/17
>>
>> Aber so richtig genau bist Du auch nicht:
>>
>>|Ein Punkt lässt sich zwar auch als unendlich geschrumpfte Gerade
>>|auffassen, hierbei entsteht aber auch keine von null verschiedene
>>|Ausdehnung.
>>
>> Das ist etwa genauso großer Unfug.

Fußnote folgt noch.

> Nun hat der gute Manfred Feodor -- ein ausgesprochen exzessiver
> Kästchenschubladenauf- und zuzieher -- das ja sinnvollerweise schon
> unter der Generalüberschrift 'Grausig' abgelegt ...

In der Tat.

> Wenigstens ein PlusPunkt, der er zu machen vermochte, auch wenn er ihm
> auf's Ganze gesehen womöglich auch nur wenig zur Ehre gereicht.
>
> :-)

https://de.wikipedia.org/wiki/Punkt_(Geometrie)
https://de.wikipedia.org/wiki/Projektive_Ebene
etc.

:-)

Ich gehe aber kaum davon aus, dass Prauss projektive Geometrie
treiben wollte.

> Viele Grüße

Viel Vergnügen

--
"Falls ich in 5 Minuten nicht zurück sein sollte, warten Sie einfach
ein bisschen länger."
http://feodor.de
http://grausig.info

Manfred Feodor Koerkel

unread,
Jul 10, 2017, 8:09:35 AM7/10/17
to
Manfred Feodor Koerkel expressed:
Synthetische Geometrie etwas ausfühlicher gewürdigt & 4 zusätzliche
Fußnoten dazu. http://grausig.info/node/17

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"Zum Glück habe ich meinen Drogenkonsum ziemlich gut im Griff."
http://feodor.de
http://grausig.info
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