Juergen Ilse schrieb am Donnerstag, 19. Mai 2022 um 23:20:34 UTC+2:
> Hallo,
> Ganzhinterseher <
askas...@gmail.com> wrote:
> > Juergen Ilse schrieb am Mittwoch, 18. Mai 2022 um 23:18:24 UTC+2:
> >> Hallo,
> >> Gus Gassmann <
horand....@gmail.com> wrote:
> >> > On Tuesday, 17 May 2022 at 17:23:53 UTC-3, Ganzhinterseher wrote:
> >
> >> Ein "unendlicher schrittweiser Prozess" ist *niemals* beendet. Das ist der
> >> Grund, weshalb man Abbildungen unendlicher Mengen eben *nicht* als Prozess
> >> sieht, sondern als eine Teilmenge des kartesischen Produkts von Definitions-
> >> menge und Bildmenge.
> >
> > Also ist die Teilmenge, obwohl unendlich, doch beendet?
> Welche Teilmenge?
Die oben erwähnte.
> Und was soll eine "beendete Menge" sein?
Das ist, was Cantor fertig nennt:
"Die Totalität aller Alefs ist nämlich eine solche, welche nicht als eine bestimmte, wohldefinirte fertige Menge aufgefaßt werden kann. [...] 'Wenn eine bestimmte wohldefinirte fertige Menge eine Cardinalzahl haben würde, die mit keinem der Alefs zusammenfiele, so müßte sie Theilmengen enthalten, deren Cardinalzahl irgend ein Alef ist, oder mit anderen Worten, die Menge müßte die Totalität aller Alefs in sich tragen.' Daraus ist leicht zu folgern, daß unter der eben genannten Voraussetzung (einer best. Menge, deren Cardinalzahl kein Alef wäre) auch die Totalität aller Alefs als eine best. wohldefinirte fertige Menge aufgefaßt werden könnte." [G. Cantor, letter to D. Hilbert (26 Sep 1897)]
"In meinen Untersuchungen habe ich, allgemein gesprochen, 'fertige Mengen' im Auge und verstehe darunter solche, bei denen die Zusammenfassung aller Elemente zu einem Ganzen, zu einem Ding für sich möglich ist, so daß eine 'fertige M.' eventuell selbst als Element einer andern Menge gedacht werden kann. [...] Derartige Mengen, die die Bedingung 'fertig' nicht erfüllen, nenne ich 'absolut unendliche' Mengen.
Nehmen wir einmal an, es könnten alle Alefs coexistieren, so führt uns dies zu einem Widerspruch. Denn alsdann würden alle Alefs, wenn wir sie nach ihrer Größe geordnet denken, eine wohlgeordnete, fertige Menge M bilden. Mit jeder wohlgeordneten fertigen Menge M von Alefs ist aber nach dem Bildungsgesetz der Alefs ein bestimmtes Alef gegeben, welches der Größe nach auf alle Individuen von M nächstfolgt.
Hier hätten wir also den Widerspruch eines Alefs, das größer wäre als alle Alefs, folglich auch größer als es selbst. Ich schließe also, daß alle Alefs nicht coexistent sind, nicht zu einem 'Ding für sich' zusammengefasst werden können, daß sie mit anderen Worten keine 'fertige Menge' bilden.
Der Widerspruch erscheint mir so, als wenn wir von einer 'endlichen Zahl' sprechen wollten, die größer wäre als 'alle endlichen Zahlen'. Nur ist hier der Unterschied, daß alle endlichen Zahlen eine fertige Menge bilden, die nach oben von der kleinsten transfiniten Cardinalzahl 0 gewissermaßen begrenzt wird. Die absolute Grenzenlosigkeit der Menge aller Alefs erscheint als Grund der Unmöglichkeit, sie zu einem Ding für sich zusammenzufassen.
In dem von Ihnen vorgetragenen Beispiele wird aber die Menge aller Alefs als eine 'fertige M.' vorausgesetzt und damit löst und erklärt sich der Widerspruch, auf den Sie durch Anwendung von Sätzen geführt werden, die nur für fertige Mengen bewiesen und gültig sind." [G. Cantor, letter to D. Hilbert (6 Oct 1898)]
"Aus der Definition: 'Unter einer fertigen Menge verstehe man jede Vielheit, bei welcher alle Elemente ohne Widerspruch als zusammenseiend und daher als ein Ding für sich gedacht werden können.' ergeben sich mancherlei Sätze, unter Anderm diese:
I 'Ist M eine fert. Menge, so ist auch jede Theilmenge von M eine fert. Menge.'
II 'Substituirt man in einer fert. M. an Stelle der Elemente fertige Mengen, so ist die hieraus resultirende Vielheit eine fertige M.'
III 'Ist von zwei aequivalenten Vielheiten die eine eine fert. M., so ist es auch die andere.'
IV 'Die Vielheit aller Theilmengen einer fertigen Menge M ist eine fertige Menge.' Denn alle Theilmengen von M sind 'zusammen' in M enthalten; der Umstand, daß sie sich theilweise decken, schadet hieran nichts.
Daß die 'abzählbaren' Vielheiten {} fertige Mengen sind, scheint mir ein axiomatisch sicherer Satz zu sein, auf welchem die ganze Functionentheorie beruht. Dagegen scheint mir der Satz 'Das Linearcontinuum ist eine fertige Menge' ein beweisbarer Satz zu sein und zwar so: Das Linearcont. ist aequivalent der Menge S = {f()} wo f() die Werthe 0 oder 1 haben kann. [...] Ich behaupte also S ist eine 'fertige Menge'. [...] Nach Satz IV ist aber die Vielheit aller Theilmengen von {} eine fertige Menge; dasselbe gilt also nach Satz III auch für S und für das Linearcontinuum.
Ebenso dürfte das Prädicat 'fertig' für die Mengen 1, 2, ... beweisbar sein." [G. Cantor, letter to D. Hilbert (10 Oct 1898)]
"Unter Bezugnahme auf mein Schreiben v. 10ten, stellt sich bei genauerer Erwägung heraus, daß der Beweis des Satzes IV keineswegs so leicht geht. Der Umstand, daß die Elemente der 'Vielheit aller Theilmengen einer fertigen Menge' sich theilweise decken, macht ihn illusorisch. In die Definition der fert. Menge wird die Voraussetzung des Getrenntseins resp. Unabhängigseins der Elemente als wesentlich aufzunehmen sein." [G. Cantor, letter to D. Hilbert (12 Oct 1898)]
"Ich habe mich jetzt daran gewöhnt, das was ich früher 'fertig' genannt, durch den Ausdruck 'consistent' zu ersetzen;" [G. Cantor, letter to D. Hilbert (9 May 1899)]
"Die Totalität der Alefs lässt sich nicht als eine bestimmte fertige Menge auffassen." [G. Cantor, letter to A. Schönflies via D. Hilbert (28 Jun 1899)]
"Eine Vielheit kann nämlich so beschaffen sein, daß die Annahme eines 'Zusammenseins' aller ihrer Elemente auf einen Widerspruch führt, so daß es unmöglich ist, die Vielheit als eine Einheit, als 'ein fertiges Ding' aufzufassen. Solche Vielheiten nenne ich absolut unendliche oder inkonsistente Vielheiten." [G. Cantor, letter to R. Dedekind (3 Aug 1899)]
"Zu Elementen einer Vielheit, können nur fertige Dinge genommen werden, nur Mengen, nicht aber inconsistente Vielheiten, in deren Wesen es liegt, daß sie nie als fertig und actuell existirend gedacht werden kann." [G. Cantor, letter to P. Jourdain (9 Jul 1904)]
"'Unter einer Menge verstehen wir jede Zusammenfassung von ... zu einem Ganzen', worin doch liegt, daß Vielheiten, denen das Gepräge des fertigen Ganzen oder der Dinglichkeit nicht nachgesagt werden kann, nicht als 'Mengen' im eigentlichen Sinne des Wortes anzusehen sind." [G. Cantor, letter to G. Chisholm-Young (9 Mar 1907)]
Gruß, WM