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Die sechs Schwestern

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Ganzhinterseher

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Nov 21, 2022, 10:26:31 AM11/21/22
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"Oder ist eine völlige Abkehr von der Mengenlehre im Elementarunterricht zu raten? Wir sind heute geneigt, diese letzte Möglichkeit zu empfehlen." [Herbert Meschkoswki]

Das dachte ich auch. Aber vielleicht sollten wir doch?

Die sechs Schwestern (sehr frei nach den Gebrüdern Grimm)
Ein Beitrag zum Elementarunterricht in der Vorschulerziehung


Es waren einmal sechs Schwestern, die nicht folgen, aber gern mengen wollten, am liebsten Zucker, Kakao, Eigelb und Schlagsahne. Das mochten sie für ihr Leben gern. Die Eltern waren überfordert, und alle litten Hungers. Vor allem Kakao und Eier waren immer knapp. Deshalb setzten sie ihre Töchter in einem dunklen Wald aus. Die wussten nicht mehr aus noch ein und waren sehr traurig. (Auch das Ausstreuen von Hirsekörnern hatte sich als nutzlos erwiesen.) Dort fand sie ein böser alter Zauberer, der die Mädchen mästen wollte, um sie dann aufzufressen. Als die Schwestern das merkten (weil er immer nach ihren Fettpölsterchen fühlte) baten sie um Gnade. Der Zauberer besann sich kurz und stellte ihnen dann eine Aufgabe, in der Folgen mit Mengen sich mischen. Jede Schwester sollte sich nämlich eine Mengenfolge denken. Und der Zauberer versprach, die Mädchen freizulassen, die am Ende aleph_0 Elemente vorweisen konnten. (Er wusste natürlich, dass überhaupt keine von ihnen aleph_0 kannte - er war ja ein böser Zauberer.)

Die beiden Ältesten, Anna und Bertha, fingen an. Sie kannten schon die geraden Zahlen und da dachten sie sich einfach die Folge {2, 4, 6, 8, 10, 12, ..., 2n} aus. Damit aber jede eine eigene Folge vorweisen konnte, nahm Bertha alle Zahlen, die größer als n waren, und Anna den Rest. So meinten die beiden Schwestern gerecht und gleichmäßig zu teilen:

n.......A(n).......B(n)
1.......{ }...........{2}
2.......{2}..........{4}
3.......{2}..........{4, 6}
4.......{2, 4}......{6, 8}
5.......{2, 4}......{6, 8, 10}
6.......{2, 4, 6}..{8, 10, 12}
...

Aber, Ach und Weh! Der Zauberer entschied, dass die Folge von Bertha am Ende ganz leer sei und nichts enthalte. Damit schien Berthas Schicksal besiegelt. (Seid nur nicht traurig. Man muss natürlich mit den Helden einer Geschichte fühlen und empfinden, sonst wirkt sie nicht, - aber auch nicht zu sehr. Hier wird am Ende alles gut!)

Christa und Dora hatten das Missgeschick gesehen und stellten sich klüger an. Sie wählten die Folgen:

n.......C(n).......D(n)
1.......{ }...........{1}
2.......{2}..........{1}
3.......{2}..........{1, 3}
4.......{2, 4}......{1, 3}
5.......{2, 4}......{1, 3, 5}
6.......{2, 4, 6}..{1, 3, 5}
...

Und der Zauberer musste zugeben, dass beide die Aufgabe gelöst hatten.

Nun kamen noch Edda und Frieda, die jüngste, an die Reihe. Frieda hatte den Zauber schon durchschaut, aber sie wollte auch gern die arme Berha retten. (Um die Jüngste ist nämlich immer ein ganz besonderer Zauber.) Als nun Edda wieder mit einer geeigneten Mengenfolge anfing, traf Frieda eine äußerst geschickte Wahl:

n.......E(n).......F(n)
1.......{ }...........{a}
2.......{2}..........{a}
3.......{2}..........{a, b}
4.......{2, 4}......{a, b}
5.......{2, 4}......{a, b, c}
6.......{2, 4, 6}..{a, b, c}
...

Und trotz strenger Nachfrage sagte sie nicht, ob ihre Platzhalter für B oder D stehen sollten. Da lief das Gehirn des Zauberers (der in Wirklichkeit einen nuklear betriebenen automatischen Beweiser im Kopf hatte) so heiß, dass ein Kurzschluss zur Kernschmelze führte und der böse alte Zauberer unter mächtiger Rauchentwicklung in den Boden versank. Daraus erhob sich aber nun ein prächtiger Palast nebst angeschlossener Kakaoplantage und Hühnerfarm mit Freilandhaltung. Und aus sechs Fenstern schauten sechs Prinzen heraus, die der Zauberer einstmals verwunschen hatte. Nun könnt ihr euch wohl schon denken, wie die Geschichte endet? Da heirateten nämlich die sechs Schwestern die sechs Prinzen und wurden so alle zu Prinzessinnen und später sogar zu Königinnen. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.

Und die Moral von der Geschichte: Wie Frieda gezeigt hat, hängen die Ergebnisse der Mengenlehre von willkürlich gewählter Notation ab. Das darf in der Wissenschaft niemals vorkommen, und nicht einmal im Märchen.

Gruß, WM


Gus Gassmann

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Nov 21, 2022, 2:34:29 PM11/21/22
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On Monday, 21 November 2022 at 11:26:31 UTC-4, Ganzhinterseher wrote:
> "Oder ist eine völlige Abkehr von der Mengenlehre im Elementarunterricht zu raten? Wir sind heute geneigt, diese letzte Möglichkeit zu empfehlen." [Herbert Meschkoswki]
>
> Das dachte ich auch. Aber vielleicht sollten wir doch?
>
> Die sechs Schwestern (sehr frei nach den Gebrüdern Grimm)

Ja, ja. Selbst wenn Mückenheim Mathematik treiben will, kommt immer nur eine halb aufgewärmte Märchenstunde heraus.

Rainer Rosenthal

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Nov 21, 2022, 5:40:17 PM11/21/22
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Am 21.11.2022 um 16:26 schrieb Ganzhinterseher:
>
> Und die Moral von der Geschichte: Wie Frieda gezeigt hat, hängen die Ergebnisse der Mengenlehre von willkürlich gewählter Notation ab. Das darf in der Wissenschaft niemals vorkommen, und nicht einmal im Märchen.
>
Du Spaßvogel machst ja sogar aus Dedekinds Abhandlungen Märchen. Siehe
Deine Seite 37 mit dem Wurzel-2-Märchen.
Notationen werden von Dir willkürlich interpretiert, und so etwas sollte
auch nicht vorkommen. Aber immer, wenn's konkret wird, passiert es Dir halt.

Gruß,
RR

Danke für Deine Bemühungen.



Fritz Feldhase

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Nov 22, 2022, 7:21:08 AM11/22/22
to
On Monday, November 21, 2022 at 4:26:31 PM UTC+1, Ganzhinterseher wrote:

> Und die Moral von der Geschichte:

Saudummer Scheißdreck.
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