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Re: Assoziativität und Transitivität

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Fritz Feldhase

unread,
Aug 24, 2021, 1:55:28 PM8/24/21
to
On Tuesday, August 24, 2021 at 4:45:43 PM UTC+2, Juergen Ilse wrote:
> Hallo,
> Fritz Feldhase wrote:
> > On Tuesday, August 24, 2021 at 1:53:35 PM UTC+2, Juergen Ilse wrote:
> >
> >> Fuer endliche Mengen ist das richtig. Fuer unendliche Mengen ist der Begriff "Anzahl der Elemente" unsinnig.
> >
> > Das ist Deine persönliche Meinung, die aber nicht von allen geteilt wird. Z. B. unter anderem auch nicht von mir.
> >
> > Mehr noch, wenn ein Denker wie FREGE davon ausgegangen ist, dass der Begriff auch für unendliche "Mengen" sinnvoll verwendet werden kann [...]

> Hatte Frege nicht in seinen Schriften klargestellt, dass der Begriff
> "Gleichzahligkeit" bei ihm nicht unbedingt woertlich zu nehmen sein,

Ja, so ähnlich. Er hat den Begriff halt entsprechend definiert - und hält dies (wie es später sagt) offenbar für eine angemessene Definition - denn zum einen deckt sie (weiterhin) den endlichen Fall ab, zum anderen aber auch den unendlichen.

Wäre man also in Bezug auf die Definition des Begriffs "Anzahl" (in einem mathematisch-logischen Kontext) FREGE gefolgt, hättest AUCH DU heute keine Probleme damit. :-P

Leider hatte CANTOR zuvor schon den Begriff der "Anzahl" für etwas anderes verwendet. Und eben DAS hat m. E. verhindert, dass sich FREGEs Begriffsbildung durchgesetzt hat, auch wenn CANTORs "Bezeichnung" später fallen gelassen wurde (da sie offenbar WIRKLICH einigermaßen unpassend war). :-/

Hier also nochmal die Definition von Frege zur "Gleichzahligkeit":

"Ich will der Kürze wegen den Begriff F dem Begriffe G /gleichzahlig/ nennen,
wenn die[.] Möglichkeit vorliegt [die unter den einen den unter den andern
Begriff fallenden Gegenständen beiderseits eindeutig zuzuordnen], muss
aber bitten, dies Wort als eine willkührlich gewählte Bezeichnungsweise zu
betrachten, deren Bedeutung nicht der sprachlichen Zusammensetzung,
sondern dieser Festsetzung zu entnehmen ist."

(Gottlob Frege, Grundlagen der Arithmetik, 1884)

Später führt er dann den Begriff der "Anzahl" ein... Im Wesentlichen deckt sich dieser mit CANTORs Begriff der "Mächtigkeit" bzw. "Kardinalzahl".

Nach der Definition des Begriffs "gleichzahlig" und des Begriffs "Anzahl" gilt in Freges "Ansatz":

F ist gleichzahlig mit G gdw. Anzahl(F) = Anzahl(G).

Dem entspricht in CANTORs transfiniter Mengenlehre (in heutiger Notation):

M ist gleichmächtig mit M' gdw. card(M) = card(M')

> sondern den Sachverhalt beschreibt, die Cantor "Gleichmaechtigkeit"
> nannte? Die entsprechende Passage wurde doch vor kurzem erst hier
> zitiert ...

Ja, Du meinst vermutlich:

§ 85. Die cantorschen unendlichen Anzahlen; "Mächtigkeit". Abweichung in
der Benennung.

Vor Kurzem hat G. Cantor in einer bemerkenswerthen Schrift unendliche
Anzahlen eingeführt. Ich stimme ihm durchaus in der Würdigung der Ansicht
bei, welche überhaupt nur die endlichen Anzahlen als wirklich gelten lassen
will. Sinnlich wahrnehmbar und räumlich sind weder diese noch die Brüche,
noch die negativen, irrationalen und complexen Zahlen; und wenn man
wirklich nennt, was auf die Sinne wirkt, oder was wenigstens Wirkungen hat,
die Sinneswahrnehmungen zur nähern oder entferntern Folge haben können, so
ist freilich keine dieser Zahlen wirklich. Aber wir brauchen auch solche
Wahrnehmungen gar nicht als Beweisgründe für unsere Lehrsätze. Einen Namen
oder ein Zeichen, das logisch einwurfsfrei eingeführt ist, können wir in
unsern Untersuchungen ohne Scheu gebrauchen, und so ist unsere Anzahl oo_1
so gerechtfertigt wie die Zwei oder die Drei.
Indem ich hierin, wie ich glaube, mit Cantor übereinstimme, weiche ich doch
in der Benennung etwas von ihm ab. Meine Anzahl nennt er "Mächtigkeit,"
während sein Begriff der Anzahl auf die Anordnung Bezug nimmt. Für endliche
Anzahlen ergiebt sich freilich doch eine Unabhängigkeit von der
Reihenfolge, dagegen nicht für unendlichgrosse. Nun enthält der
Sprachgebrauch des Wortes "Anzahl" und der Frage "wieviele?" keine
Hinweisung auf eine bestimmte Anordnung. Cantors Anzahl antwortet vielmehr
auf die Frage: "das wievielste Glied in der Succession ist das Endglied?"
Darum scheint mir meine Benennung besser mit dem Sprachgebrauche
übereinzustimmen. Wenn man die Bedeutung eines Wortes erweitert, so wird
man darauf zu achten haben, dass möglichst viele allgemeine Sätze ihre
Geltung behalten und zumal so grundlegende, wie für die Anzahl die
Unabhängigkeit von der Reihenfolge ist. Wir haben gar keine Erweiterung
nöthig gehabt, weil unser Begriff der Anzahl sofort auch unendliche Zahlen
umfasst.

(Gottlob Frege, Grundlagen der Arithmetik, 1884)
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