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Neue Einheit: 3/3 Memorandum zum Atomausstieg

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Jul 8, 2000, 3:00:00 AM7/8/00
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Teil 3/3
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...


Die erlaubten Fusionen im Zusammenhang mit dem Konsens


Zum anderen aber gibt es einen sehr konkreten Schachzug, der diesem
Konsens endgültig die Basis zur Durchsetzung gegeben hat.

Seit dem Amtsantritt der neuen Regierung im Herbst 98 arbeitet sie
zugleich massiv der sog. Liberalisierung auf dem Strommarkt entgegen
und spricht einer weiteren Konzentration der Energieunternehmen in
Deutschland das Wort. Man schaue hier zweimal hin: eine Regierung
unter Beteiligung der Grünen, die früher öfter das Monopol der
Stromerzeuger als eines der maßgeblichen Übel angegriffen haben,
arbeitet auf eine weitere Konzentration dieser Stromerzeuger hin.
Der Wirtschaftsminister dieser Regierung, Müller, ein früherer
Manager des VEBA-Konzerns, arbeitet seit ca. einem Jahr daran, diese
sog. Ausstiegsbeschlüsse der Regierung mit einer Genehmigung für den
Zusammenschluß der vier größten Energiekonzerne zu zwei Konzernen zu
verbinden. Schon im Januar dieses Jahres 2000 wurde bekannt, dass
Müller gleichzeitig mit den sog. Atomausstieg die Verschmelzung des
VEBA-Konzerns (Nordrhein-Westfalen) mit der VIAG (Bayern), und des
RWE und der VEW betreibt. Diese zwei entstehenden neuen
Riesenkonzerne, insbesondere der neue EON (so heißt die vereinigte
VEBA/VIAG), sind ein Produkt dieses Abkommens, des sog. Konsenses.
Im Klartext: diese Regierung köderte die EVU-Unternehmen, dem
Konsens zuzustimmen, wenn sie zugleich sich mit einem
marktbeherrschenden Energieduopol absichern können, den Fall der
Strompreise bremsen können, die Monopolpreise, die in Deutschland
sowieso extrem hoch sind und die gesamte Ökonomie behindern,
weiterhin aufrecht erhalten können. Diese Kombination gab den EVUs
den lukrativen Unterbau.
Die Strom erzeugenden Konzerne können in der Bilanz folgendes für
sich verbuchen. Sie können die Kernenergie noch eine ganze Zeitlang
benutzen und "dürfen" mit der Kernenergie eine noch vergleichsweise
hohe Zahl von Megawattstunden erzeugen, wobei ihnen die Aufteilung
auf die verschiedenen Kernkraftwerke selbst überlassen wird. Sie
können diesen Strom zu Monopolpreisen verkaufen, und selbst wenn sie
die Kernenergie später verschrotten müssen, obwohl diese
Kernkraftwerke noch weiter existieren könnten und für Milliarden von
DM oder Euro weiter produzieren könnten, so haben sie bis zu diesem
Zeitpunkt bereits gewaltigen Gewinn gemacht. Sie spekulieren
wahrscheinlich obendrein darauf, dass sich die jetzige Koalition
nicht ewig hält und sie, falls politisch opportun, später eine
Revision des Abkommens erreichen können. Das ist allerdings eine
gefährliche Kalkulation.
Die grün/rote Regierung billigt diesen Konzernen diese Profite auf
Grund von Hochpreispolitik zu, billigt ihnen das Duopol zu, um im
internationalen Wettkampf der verschiedenen Konzerne bei den
Fusionen fit zu sein und dort wahrscheinlich die gleiche Denkweise
der Stagnation und des Stillstandes zu verbreiten. Sie fördert die
parasitärsten, altüberkommenen, bürokratisch-staatskapitalistischen
Formen ungeniert, um nur ihr eines Ziel des Stillegungsbeschlusses
durchzuziehen.
Ihre frühere Propaganda gegen marktbeherrschende Stromkonzerne
vergessen sie dabei gerne, genauso wie die Nazis ihre Propaganda für
die Vergesellschaftung des Grund- und Bodens alsbald vergessen
hatten, sobald sie im Kapitalismus konkret aktiv waren, und
betreiben eine Politik nicht nur des Stillstandes, sondern sogar der
fortgesetzten Erdrosselung der Ökonomie, denn in der Folgezeit
werden diese ganzen Unkosten, sowohl die Stillegung als auch die
Profite dieses Duopols, von den Stromabnehmern bezahlt werden, auch
und gerade von den privaten Haushalten.

Es ist eine Politik, die in ihrer Substanz vor allem die Bürokratie
fördert, die jetzt, ganz nach dem Sinn aller Öko-Ideologen, der
Kernenergie Quoten zuteilt. Ein Kernkraftwerk soll nicht solange
produzieren, bis es technisch und wirtschaftlich keinen Sinn mehr
macht, weil es veraltet ist, sondern "darf" nur noch gemäß
bürokratischer Abmachung eine bestimmte Strommenge produzieren. Die
Bürokratie wir nicht abgebaut sondern verstärkt, die technische
Entwicklung nach deren Wünschen eingeengt.Damit werden die
Strukturen, ähnlich denen, wie sie in Nordrhein-Westfalen als
berüchtigte Stillstandstrukturen vorhanden sind, gefestigt und auf
das gesamte Bundesgebiet übertragen.
Der ostdeutsche Stromkonzern VEAG wird an eine US-Gesellschaft
verkauft, die USA bekommen auch ein Stück vom Kuchen des Abkommens,
sodass die verschiedenen Mächte und Garanten an dieser Ausbeutung,
an diesem System des Stillstandes und der Knebelung der Bevölkerung,
auch der Industrie, auch der Mittelindustrie und der Haushalte,
beteiligt sind.
Es ist eines der schmutzigsten Geschäfte, die je in der
Bundesrepublik betrieben worden sind, und zeugt von der
Skrupellosigkeit der gegenwärtigen Regierung, die eine stinkende,
ins Quadrat gehobene Reaktion vertritt. Das wird nicht nur an der
Ungeniertheit einer internationalen Aggressionspolitik deutlich,
sondern auch an der inneren Politik, und der politische Sumpf der
sog. "Linken", die Anti-Akw-Idiotie, die all dies mit in die Wege
geleitet haben, sie stehen heute Pate bei diesem System der
Rückwärtsgewandtheit

Es gehört zu den Perversitäten dieses Beschlusses, dass sich
hinterher grüne Vertreter hinstellen und sagen, dass nun Deutschland
eine Voranreiterrolle übernommen habe, da in einem großen
Industrieland es gelungen sei, die Kernenergie auf einen
prinzipiellen Stopp zu bringen, und dass man nun neue, moderne
Energieerzeuger, gemeint sind vor allen Dingen Windgeneratoren,
fördern wolle. Es ist völlig unklar, was an die Stelle der
Kernenergie treten kann. Man muß hier an Schweden erinnern, das vor
zwanzig Jahren, in einer wahren Schwindelabstimmung, bei der es
keine Möglichkeit gab, für die Kernenergie abzustimmen, erreicht
hat, dass die Kernenergie auf "avvekla", auf Abwickeln, gestellt
wurde. Aber inzwischen hat sich die Realität stärker durchgesetzt,
und obwohl ein Reaktor in Barsebäck gegen den Widerstand zahlreicher
Arbeiter und Angestellter abgeschaltet worden ist, und zwar
ausschließlich aus politischen, aus sog. symbolischen Gründen,
sollen die übrigen Kernkraftwerke noch lange, lange laufen, und man
nimmt nach neuen Berichten weiter Abstand von dem Kernkraftausstieg.


Der sog. Konsens ist eine wackelige Konstruktion, deren
rechtliche und ökonomische Grundlagen mehr als unklar sind


Eine Regierung beschließt zusammen mit bestimmten Konzernen den
Ausstieg. Was passiert aber eigentlich, wenn ein neuer Konzern
entsteht, der Kernkraft aufbauen will? Außerdem gibt es
stromerzeugende Konzerne, die an diesem Konsens gar nicht beteiligt
waren, auch sie könnten weiterhin Kernenergie aufbauen und
betreiben. Aber diese Regierung vertraut darauf, dass sie zusammen
mit den Konzernen, die dies unterzeichnet haben, über genügend
Einfluß verfügt, dass das praktisch nicht realisierbar ist. Zudem
wird geplant, in einem Atomgesetz das Verbot des Ausbaus und der
Neuentwicklung von Kernenergie zu betreiben.
Die gesamten Umstände werden die Revision dieser Entscheidung
erzwingen. Die internationale Entwicklung der Kernenergie wird diese
irrationale Entscheidung verschwinden lassen, sofern es nur ein
Minimum an Bestrebungen geben wird, diesem Land eine einigermaßen
eigenständige Basis zu erhalten - und wie anders kann es existieren!
Das ist ein Angriff nicht nur auf die Kernenergie, sondern überhaupt
auf technische Grundlagen in diesem Land. Das ist es aber nicht erst
seit dem Konsens, sondern schon seit über zwanzig Jahren, seitdem
diese Energie von maßgeblichen Kräften, von den eigenen Medien
verunglimpft worden ist. Die Blockierung und die Demontage dieser
Energie sind schon in der Vergangenheit mit Hunderten von Milliarden
durch überhöhte Energiepreise, aus den Steuern und aus den
Extraprofiten aus der ganzen Welt bezahlt worden. Es fragt sich, ob
dies im weiteren so fortgesetzt werden kann, ob zum Beispiel durch
eine erneute Welle an Zufluß von Profiten von außen dieses Land auch
eine derartige Ausstiegspolitik noch verkraften kann, ob dies alles
überbrückt werden könnte, zum Beispiel durch vorwiegenden
Energieimport von außen.

Die CDU hat sofort nach Bekanntwerden dieses sog. Konsenses erklärt,
sollte sie an die Regierung kommen, werde dieser Beschluß wieder
revidiert werden. Na hoffentlich! Es wird sich zeigen. Es wird auch
nicht ausreichen, nur diesen Konsens aufzuheben, es muß die ganze
Vergangenheit dran, die ganze Diffamierung durch die Medien, Kirchen
und andere öffentliche Institutionen, die auch mit der CDU/CSU enge
Bindungen haben, in denen die CDU/CSU eine starke Mitwirkung hat.
Diese Partei hat immer nur partiell die Kernenergie verteidigt, die
prinzipiellen Fragen umgangen, und aus den Kreisen des CDU-
"Wertkonservativismus" ist die Anti-Kernenergie-Strömung
ursprünglich gekommen.
Verschiedene Verlautbarungen, die die CDU in der Vergangenheit
gemacht hat, und auch die konkrete Politik in den sechzehn Jahren
zuvor lassen Zweifel an diesem Vorhaben aufkommen.Vielleicht aber
wird ja die konkrete Entwicklung zu einem derartigen Umbruch nach
hinten führen, dass auch bei der CDU einiges Nachdenken ausgelöst
wird, dass die Kompromisse, die man in der Vergangenheit immer
wieder mit Rücksicht auf politische Konstellationen gemacht hat,
letztlich nur die Demontage verschärfen und damit die Katastrophe
vertiefen. Das wird abzuwarten sein.
Zwei Bundesländer haben dieses Abkommen kritisiert und angekündigt,
dass sie versuchen werden, vor dem Bundesverfassungsgericht gegen
diese Entscheidung vorzugehen. Zurecht können sie darauf verweisen,
dass ihre Interessen als Länder durch solch einen Konsens vollkommen
übergangen werden. Sogar der frühere CDU-Generalsekretär Biedenkopf,
heute Ministerpräsident von Sachsen, der in seiner früheren Funktion
mehr als einmal seine Sympathie gegenüber den Alternativen, den
Grünen erklärt hat, sagte, dass dies ein rechtlich vollkommen
haltloser Schritt gewesen sei.

Der Präsident des deutschen Atomforums, Otto Majewski, der
urprünglich einen solchen Konsens ausgeschlossen hat, ist heute
unter denjenigen zu zitieren, die diesen "Konsens" unterzeichnet
haben:

"Unser erklärtes Ziel, die deutschen Kernkraftwerke zu
wirtschaftlich akzeptablen Bedingungen weiterhin nutzen zu
können, haben wir erreicht."

Ja, sie haben sich mittelfristig den Profit gesichert, aber die
gesellschaftliche Entwicklung ist ihnen egal, selbst da wo es um
ihre eigene Industrie geht, kann man doch mit den Gewinnen dann in
die internationale Energiegewinnung oder andere Sektoren einsteigen.
Ob sie aber die weitere Ruhe im Lande haben werden, das ist noch
sehr die Frage (eine Ruhe der Zerstörung der Arbeitstätten für
Hunderttausende). Wer sagt denn, dass nicht die nächste Gelegenheit
benutzt wird, wenn es politisch opportun ist, diesen Streit wieder
von vorne anzufangen, um die Kernenegie weiter unter Druck zu
setzen?
Es wird viel darüber spekuliert, dass dieser Beschluß sowieso nicht
durchzuhalten sei. Wenn man aber der Ansicht ist, dass in zwei
Jahren sowieso diese Regierung nicht mehr existiert, dann stellt
sich doch die Frage, weshalb man dann überhaupt ein solches Abkommen
unterzeichnet. Ein solches Abkommen weckt Hoffnungen auf weitere
Aktivitäten in dieser Richtung. Man sollte daran erinnern, dass die
Internetseite des Wall-Street-Journal, msnbc, am Tage des
Abschlusses dieses Abkommens mit dem Artikel hervortrat: "Germany to
eliminate nuke plants", in dem dieser Beschluß Deutschlands als
Vorbild für die übrige Welt hingestellt wird. Solch eine
Entscheidung setzt immer Maßstäbe. Man kann es drehen und wenden wie
man will, es ist letztlich ein Resultat, das aus der inneren
politischen Struktur der Bundesrepublik selbst kommt.
Allerdings wird im weiteren an der gesamten Politik der
Bundesregierung, an ihrer sozialen Politik, die schlimmer ist als
die der vorherigen konservativen Regierung, deutlich, dass der Kampf
gegen diese Regierung jetzt unvermeidlich wird und in der ganzen
Schärfe zu entfachen ist.


Internet-Statement 2000/17

[Dokument als HTM: http://www.neue-einheit.com/memo/is2000-17.htm ]

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