On Tue, 2023-10-24 at 20:31 +0200, Marcel Mueller wrote:
> Am 20.10.23 um 11:13 schrieb Rolf Bombach:
> > Marcel Mueller schrieb:
> > > Am 15.10.23 um 10:42 schrieb Volker Bartheld:
> > > > Lesson learned: Missionskritische Geräte gelegentlich mal aus- und
> > > > wieder einschalten, idealerweise dann, wenn man einen Moment auf sie
> > > > verzichten kann.
> > > Das kann den latenten Schaden triggern, muss es aber nicht.
> > Trotzdem scheint mir, dass man am besten mit einer der beiden Varianten
> > fährt:
> > - nie abschalten
> > - regelmässig schalten
> > während unregelmässig selten schalten den meisten Ärger bringt.
> > Besonders blöd, erfahrungsgemäss, ist, alte Anlagen stilllegen,
> > nie wieder versuchsweise starten und dann nach drei Jahren doch
> > wieder einschalten.
> Aber mit "regelmäßig schalten" hast du doch exakt denselben Ärger, nur
> eben früher. Ich verstehe den Sinn dahinter nicht.
Elektrolytkondensatoren - das wissen die Blitzfotografen unter uns - langweilen
sich gerne mal tot, wenn man sie längere Zeit sich selbst überläßt.
Lüftermotoren und -räder stauben nach längerem Stillstand ein und haben dann
Probleme mit dem Wiederanlauf. Manche CMOS-Batterien sind eigentlich Akkus und
wenn sie nach etlichen Jahren in Betrieb genommen werden, sind sie tiefentladen
oder zumindest sind die wertvollen BIOS-Settings weg, die man zum erfolgreichen
Boot braucht. Mehrschichtkondensatoren mögen keine mechanischen Spannungen oder
Temperaturwechsel, denen ist möglicherweise Nichtstun im dunklen, temperierten
Keller lieber. Dort laufen aber echte Batterien gerne aus, besonders berüchtigt
sind alkalische (außer bei Chuck Schellong natürlich, der hatte das noch nie),
deren gefräßiger Elektrolyt sich dann über die Kupferleiterbahnen und
Bauteilanschlüsse hermacht. Das erfordert natürlich ein Blick aufs Innenleben
des Geräts, auch eine Form von "regelmäßig schalten", m. M. n.
Wegen Vernachlässigung verklebte Spindellager in Festplatten habe ich zwar schon
seit Ewigkeiten nicht mehr erlebt, den Berichten nach gibt es dieses Phänomen
aber. Daß man SSDs keine ewige Datenintegrität abverlangen sollte, sondern die
Zellen gelegentlich (im laufenden Betrieb) aufgefrischt werden müssen, wurde
hierzugroup bereits hinlänglich diskutiert. Optische Medien altern gerne
graduell/schleichend: Liest man sie periodisch zurück, könnte der Prozeß
rechtzeitig auffallen und noch Handlungsoptionen lassen, bevor es endgültig zu
spät ist. Das Thema mit dem "Magnetic Print Through" bei aufgewickeltem
Bandmaterial hatte ich schon erwähnt, auch hier kann es Warnungen geben bis
irgendwann ein Schwellenwert erreicht ist, ab dem nichts mehr geht.
Außerdem deutet "nach drei Jahren doch wieder einschalten" darauf hin, daß man -
meist plötzlich und dringend - vom System Daten braucht. Dann antiquarisch
erhältliche CMOS-Batterien zu tauschen, Jumperdrähte auf die Platine zu löten,
Netzteile und Lüftermotoren zu ersetzen, verkrustete Wärmeleitpaste von CPUs zu
kratzen, auf die Suche nach dem einen Adaptec AHA2940UW zu gehen, den man für
besondere Anlässe noch irgendwo rumfliegen hatte und auf
archive.org
Motherboard-Doku zu recherchieren, nervt. Windows-User dürfte dann auch nerven,
plötzlich mit Softwareupdates zugeschissen zu werden (oder beim ersten
Internetkontakt mit allen erdenklichen Viren infiziert zu werden - Stichworte:
Sasser, GDI+, libwebp), auch auf Linuxsystemen gibt es möglicherweise Accounts
mit Verfallsdatum für Paßwörter, komische Netzwerkprotokolle (SAMBA/SMB1/2),
usw.
Und dann herscht nach drei Jahren erstmal Stillstand, die Experten habe alle
gekündigt oder sind in Rente, statt dem NAS von damals liegt alles in der Cloud
und der Zombie-PC hat kein passendes Zertifikat mehr.
Volker