Axel Berger schrieb:
> Rolf Bombach wrote:
>> Das kenne ich anders. Wer die Modellpolitik von z.B. Lambda Physik
>> erlebt hat... Das war der klassische Billigmist-teuer-verkauft-Weg.
>
> Nach dem Diplom habe ich kurze Zeit an einem Projekt dilettiert, aus dem
> dann doch keine Dissertation für mich wurde. Ein Meßwertgeber hatte eine
> Frequenz als Ausgangssignal. Dafür gab es einen Umsetzer von Frequenz
> auf 0--10 V mit zwei Abgleichpotis, Offset und Steigung. Als ich reinsah
> fand ich *nur* (also auch an kritischen Stellen!)
> Kohleschichtwiderstände und billigste Massenkondensatoren. Preis war vor
> dreißig Jahren iirc knapp tausend Mark -- für die Technik eines
> 20-Mark-Billigdrehzahlmessers, von dem der mit Abtand teuerste Teil, das
> 270 Grad Drehspulinstrunment, auch noch fehlte.
Das ist ein anderes, nicht minder übles Phänomen. Gut entwickelt und
konstruiert, dann aber einem Fertiger überlassen, der seine Fähigkeiten
und Fertigkeiten masslos überschätzt. Und dann noch stolz darauf ist,
was er alles "sparen" konnte.
https://en.wikipedia.org/wiki/Muntzing
Oliver Bartels war da ja mal nicht so happy bei der Produktion eines
spectrum analyzers, IIRC.
Mir kommt es bekannt vor von einem Laser-Pulsenergiemesser, 6000DM-
Preisklasse. Analogdesign sehr gut, Fertigung offensichtlich bei
Robotron oder VEB Vakutronik. Stahlblechgehäuse hammerschlaglackiert,
wahrscheinlich bis 9mm beschussfest, allerdings alles etwas schiefkrumm-
schräg, alle Mechanik klemmte. Teures Drehspulinstrument, das war OK,
aber DDR-Kohleschichtwiderstände, dünnstmögliche Drähte, merkwürdig
hellgraue ICs mit abgeschliffener Bezeichnung (waren durchaus LF356
und LF398 ähnlich). Eine Diode mehr und der Messkopf wäre hot-plug-
fähig gewesen. Eine Ferritdrossel und korrekt angeschlossene Abschirmung,
von mir nachgerüstet, brachten dann 20dB mehr Störabstand...
Wir hatten auch mal einen an sich genialen elektrochemischen Ammoniak-
Sensor fertigen lassen. Das Produkt hat im Gegensatz zu den Prototypen
in der Praxis nicht richtig funktioniert. Der Hersteller hat "optimiert",
etwa eine Temperaturregelung ("das braucht es nicht!") einfach weggelassen.
Der eingangs angetönte Laser hingegen war, wie ich meinte, nicht fertig
entwickelt. Die "Regelung" der Hochspannung erfolgte über einen Regeltrafo,
welcher vom Benutzer geregelt werden musste. Offene Schaltfunkenstrecke
statt Thyratron; beim Öffnen der Transportkiste purzelte nicht zuerst
eine Laserschutzbrille raus, sondern ein Gehörschutz.
Das gibt es durchaus häufiger, dass die Vertriebnixe den Entwicklern was
unfertiges aus der Hand reissen.
--
mfg Rolf Bombach