On 13 Jan 2021 20:35:44 GMT, Michael Schwingen wrote:
> On 2021-01-13, Axel Berger <Sp...@Berger-Odenthal.De> wrote:
>> als es in Aachen noch den kleinen
>> Elektronikladen mit Ätzanlage für mich gab, habe ich immer zweiseitig
>> gezeichnet. Natürlich nicht durchkontaktiert und die nötigen
>> Verbindungen an ohnehin vorhandene Beine gelegt. War im Vergleich zu
>> einseitig kein nennenswerter Mehraufwand und das Material war auch
>> handelsüblich.
> Da muß jeder seinen sweet spot finden - ich habe das früher auch so gemacht,
> aber wenn einseitig reicht, geht das beim Selberätzen halt nochmal
> einfacher.
Vor einiger Zeit hatte ich mir mal dieses Thermo(toner)transferverfahren
angesehen, weil ich nicht auf kommerzielle Prototypplatinen warten wollte.
Die Bügelei schien mir aber mit der Tonerübertragung nicht so 100%ig
zuverlässig zu sein. Mein Kyocera 2135d bringt wohl auch nicht den
Schwärzungsgrad her, den man für zuverlässigen Schutz beim Ätzen braucht.
Gestern bin ich auf Youtube zufällig über ein Naßverfahren gestolpert, da
druckt jemand of Glanzpapier (z. B. von Illustrierten), feuchtet das Papier
an, klatscht es auf die Platine und träufelt dann Nagellackentferner.
Vermutlich täte es Aceton auch, da hast Du nicht die ganzen
"Pflegesubstanzen" mit dabei. Das wurde dann irgendwie beschwert/gepreßt,
nach dem Trocknen abgezogen und die Leiterbahnen waren dann auf der
Platine.
Sah toll aus. Naja, sieht alles toll aus, bei anderen Leuten. Wenns klappt,
kannst Du mit FeCl3, (NH4)2S2O8 oder HCl/H2O2 jedenfalls recht schnell
eine zweiseitige Platine fummeln. Das Fotoverfahren habe ich mir nie
angetan, wegen UV-Belichter, Ätznatron, usw. zu aufwendig.
> Seit JLCPCB für ~15€ 5 Platinen in unter 2 Wochen liefert, ist das kein
> Thema mehr für mich
Wenn Du die Zeit hast und die Platine nicht *jetzt* brauchst, wäre das auch
meine Empfehlung.
> mit SMD und feineren Pinabständen steigen die Ansprüche
Durchführungen zwischen DIP-Pins traue ich mir DIY-mäßig noch so gerade
eben zu, ist aber schon eher spannend. Wenn man also um die ICs
herumrouten muß, steigt der Aufwand und der Platzbedarf in gleichem Maß,
wie die Laune in den Keller geht. Spätestens, wenn irgendein
Microcontroller, Busleitungen und etwas Peripherie im Spiel sind, würde
ich die Platine professionell fertigen lassen. So ein schön bedrucktes
Teil in FR4, verzinnt und mit Lötstoplack hat schon seinen Charme. Dagegen
stinken die DIY-Teile voll ab.
Hätte ich vor 30 Jahren Angebote wie KiCAD, p/LTspice, JLCPCB,
(Ent)Lötstationen, Heißluftgeräte, Digitaloszis, usw. gehabt, ich wäre
niedergekniet und hätte "Hosianna!" gerufen. Für meinen ersten
Akustikkoppler mußte ich vorher einen Frequenzmeßvorsatz fürs 3 1/2-Digit
Digitalvoltmeter basteln, um die 300 Baud Trägerfrequenzen justieren zu
können. Die Terminalsoftware habe ich dann auf dem Sinclair ZX Spectrum in
Maschinencode geschrieben.
Irgendwann besaß ich dann ein "Exportmodell" vom US Robotics Courier, das
ich auf vEverything geflasht und höchst illegal mit dem Fernmeldenetz der
Post verbunden hatte.
Heutzutage hat sich die Makerszene in Hard- und Software gegenüber den
ehemaligen Monopolisten total emanzipiert, jeder, der will, kann mit
mächtigen Freeware-Tools geile Hard- und Software entwickeln. Obendrauf
kommt noch Rapid Prototyping (klar, diese Plastikfilamente sind jetzt
nicht vergleichbar mit lasergesintertem Metall, aber selbst kleine CNCs
sind durchaus erschwinglich).
Natürlich gibts immer noch Spaßbremsen aus dem Bereich EMV-Prüfung,
CE-Zertifizierung, KBA & Co, die den Privatiers das Leben schwer machen,
aber auch das sind lösbare Probleme, wenn man nicht gerade 10'000er Serien
kommerziell raushauen will.
Rosige Zeiten. Und selbst die leidige SARS-CoV-2-Sache hat Dinge
angeschoben, die wir noch vor 12 Monaten nicht für möglich hielten.
Ciao,
Volker