On 01.09.15 00.53, Ralf Kiefer wrote:
> Die Gewittersaison neigt sich dem Ende zu, letztes Jahr kostete sie mich
> eine Fritzbox [1], dieses Jahr knapp die nächste [2]. Ich habe gerade
> die nächste eingekauft. Laut diverser Forenmeinungen soll die
> Überspannungsfestigkeit am Zweidraht recht bescheiden sein (400V).
400V /zwischen/ den Telefonleitungen sind auch bei Gewitter die
Ausnahme. Oder kann die Fritz nur 400V Common mode? Das wäre wirklich wenig.
> Angeschlossen sind Rechner via 100BaseTX (das sollten 1000V Trennung
> sein)
Eher 0V, da Du dich in D nahezu sicher nicht an die Regel gehalten hast,
dass die Kabelschirme nur an einer einzigen Stelle geerdet sein dürfen.
Dafür geeignete UTP-Kabel sind hierzulande nämlich Mangelware.
Aber Du schmeißt hier möglicherweise auch etwas durcheinander. Diese
Spannungsfestigkeit ist nämlich für Common mode. Dazu unten mehr.
> sowie Analog- und ISDN-Telefon mit jeweils eigenem Netzteil, weil
> DECT-Basisstationen.
Btw.: kann die Fritz kein DECT? Dann sparst Du einen Stromverbraucher.
Ich habe bei mir die Endgeräte einfach direkt an der Fritz angemeldet
und die Basisstation stillgelegt.
> Keine Ahnung, welche Spannungsfestigkeit die haben.
> Und dann hängt aus nostalgischen Gründen ein Modem dran, das im direkt
> angeschlossenen Rechner steckt.
>
> Wie sieht das bei so einer Spannungsspitze von außen aus? Die Fritzbox
> ist potentialfrei, weil Plastikgehäuse und kein Schutzerdekontakt.
Du musst anders Denken. Blitze sind ganz kurze Spannungsimpulse, also
hohe Frequenzen. Da sind Kondensatoren leitfähig. Kurzum, der fließende
Strom (und der richtet den Schaden an) hängt von der Größe der
Koppelkapazitäten ab. Und da trägt jedes Gerät, auch mit Eurostecker
sein Scherflein bei.
Potentialfrei ist also bei Transienten ein relativer Begriff.
> Die
> Basisstationen der Telefone ebenso. Wenn die Spannungsspitze groß genug
> ist, dürfte die sich den Weg durch die Fritzbox und ihr Netzteil in
> Richtung Steckdose "durcharbeiten", ggf. auf weiteren Wegen durch die
> DECT-Basisstationen und deren Netzteile. Richtig? Falsch?
Das ist zumindest abwegig. Das Stromnetz ist normalerweise sehr
niederohmig. Um da signifikant etwas auszurichten braucht man schon
beträchtliche Energieen, die zwar der Blitz mühelos hat, nicht aber die
Fritzbox auch nur temporär weiterleiten könnte.
> Da sich die durch den Blitz induzierte Überspannung nicht unbedingt mit
> 400V begnügt, kann der bei diesem Aufbau auch die 1000V-Hürde ins
> TwistedPair-Kabel zu den Rechnern nehmen. Dort ist noch mal eine
> galvanische Trennung von 1000V.
Ist sie nicht. Die Kabelschirme gehen durch, und die sind das Problem.
Du musst erst mal unterscheiden zwischen Differenziellen Überspannungen,
also zwischen den beiden Telefonadern liegen ein paar hundert Volt, und
Common Mode Überspannungen, also /beide/ Telefonadern gehen mal kurz um
ein paar kV hoch und wieder runter, relativ zum Potentialausgleich im
Haus (PE).
Erstere Überspannungen lassen sich recht leicht einfangen und zerfetzen
meist nur das erste angeschlossene Gerät. Aufgrund dieser Eigenschaft
breiten sie sich auch nicht sehr weit aus. Kurzum, der Radius um den
Einschlagsort, in dem das Schaden anrichtet, ist eher klein.
Letztere sind oft das größere Problem. Sie können sich über Kilometer
verbreiten. Und das nicht nur über Kabel, sondern sogar durch die Luft.
Ein Blitz ist nämlich immer auch ein elektromagnetischer Puls. Dieser
kann von jeder leitenden Leiterschleife wie von einer Trafowicklung
Eingefangen werden und darin einen Ringstrom erzeugen, der durchaus
beträchtlich werden kann, oder aber, wenn die Impedanz in der Schleife
recht inhomogen verteilt ist, lokale Potentialunterschiede im Haus
erzeugt. Je größer die Leiterschleife, desto mehr wird eingefangen.
Und genau an der Front hat sich in den letzten Jahren erheblich etwas
verändert. Hatte man früher nahezu nur die Stromleitung als
Anschlusskabel und vielleicht noch die Dachantenne, gehen heute Kabel
Kreuz und Quer durch's ganze Haus. Netzwerkkabel, AV-Kabel, Kabel-TV,
SAT-Anlage etc.
Die alte Verkabelung war im wesentlichen Sternförmig und damit inhärent
ziemlich sicher, da bifilar. Die neue Verkabelung hingegen fängt sich
jedes EM-Feld ein, das nicht bei 3 auf dem Baum ist.
> Das reicht nicht immer. Der Blitz
> letztes Jahr hat sehr dicht am Haus eingeschlagen, ich nehme an, daß der
> beim nächsthöheren Haus in knapp 50m Entfernung einschlug. Zufällig
> läuft genau in dieser Richtung der Kabelstrang der Telekom unter der
> Straße, direkt daneben übrigens das Stromkabel.
Bei so nahen Einschlägen kannst Du fast gar nichts wirtschaftlich
sinnvolles machen. Der Gerätetausch ist da billiger als die
erforderlichen, mehrstufigen Schutzmaßnahmen. Im Übrigen ist das ggf.
ein Versicherungsfall für die Hausratversicherung.
Einen einfachen Feinschutz, wie er an allen Ecken und Enden zur
Gewissensberuhigung und Umsatzsteigerung gerne mal verkauft wird, hätte
der Blitz einfach mit weggebrannt. So nahe Einschläge sind halt, von
wenigen, besonders exponierten Lagen mal abgesehen eher selten.
> Was tun? Lotto spielen, weil man gar nicht so viel Glück haben kann? ;-)
Wenn man an einer solchen exponierten Lage ist, dann muss man halt in
den sauren Apfel beißen, und einen 4-stelligen Betrag in den
Überspannungsschutz investieren. Dazu zählt im Besonderen der Fall von
Dachträger-Verkabelungen für Strom und/oder Telefon.
Andernfalls würde ich nur dafür sorgen, dass man nicht zu viele Faux-Pas
in der Hausverkabelung macht.
> Im Ernst: jedes Jahr eine Fritzbox wird teuer, wenn's auch wirklich nur
> bei der Fritzbox bleibt.
Check mal die Hausrat. Bei uns ist es drin. Die prüfen natürlich den
Blitzradar, ob es in der Nähe wirklich einen Blitz gab, damit man nicht
zu viel Schmu treibt.
> Gibt's sinnvolle, im Sinne von kein Voodoo,
> Überspannungssicherungen, die weniger als eine einfache gebrauchte
> Fritzbox (um die 25-40EUR) kosten?
Nein.
Aber Du kannst den Gerätepark weniger anfällig verkabeln.
> BTW über die Telekom-Zweidrahtleitung
> läuft DSL mit max. 4,5MB/s, im Frequenzspektrum der Fritzbox mit bis zu
> 1200kHz angezeigt. Mehr geht eh nicht, weil die Vermittlungsstelle am
> anderen Ende vom Dorf ist.
Der mit Abstand beste, bezahlbare Blitzschutz ist WLAN. Leider ist das
in dicht besiedelten Gebieten kaum noch für Datentransfers brauchbar.
Wenn Du aber auf dem Land wohnst, ist das ein guter Ansatzpunkt. Trenne
die DSL/Telefonverkabelung vollständig von der IT-Verkabelung. Also
Fritzbox nur noch über Funk ansprechen, keine LAN-Kabel einstecken. Für
die 4,5MBit wird es ja wohl reichen. Die Modem Verbindung muss auch weg.
Das bringt schon mal eine ganze Menge.
Zusätzlich könnte man noch versuchen, die Zahl der stromversorgten
Endgeräte mit Verbindung zur Box zu reduzieren. Stichwort
DECT-Basisstation. Der Effekt ist allerdings nicht mit obiger Maßnahme
vergleichbar, aber steter Tropfen höhlt den Stein.
Stufe 2 sind dann in sich geschlossene, geschützte Geräte-Parks. Also
z.B. ein Rack in dem wirklich /alle/ nach außen führenden Leitungen über
einen /gemeinsamen/ Überspannungsschutz geführt werden, der zudem eine
gute Verbindung zum häuslichen Potentialausgleich hat. Aber nur eine
einzige Leitung, die daran vorbei geht, kann das ganze Konzept ad
absurdum führen.
Also eine Kiste mit Nertzwerk-Switch, NAS, Home-Server und was weiß ich.
Eine andere Kiste mit Fritzbox und ggf. TK-Anlage. Wenn der Blitz zwei
Häuser weiter in die Leitung knallt,
Falls man TV-Kabel hat, ist weitere Vorsicht geboten. Das ist zwar
üblicherweise gut geerdet, bildet aber auch nicht selten große
Leiterschleifen, weil die Kabelführung komplett unabhängig vom Strom
erfolgt. Das äußert sich gerne auch mal in den berühmten Brummschleifen.
Diese aufzubrechen ist also nicht nur eine Frage der Signalqualität.
SAT-Anlagen können ähnliche Probleme aufwerfen.
Naja, und die absolute Billigvariante sind UTP-Netzwerkabel. durch die
fehlenden Kabelschirme macht man die ganze Verkabelung wesentlich
hochohmiger und trennt viele Masseschleifen auf. Bis GBit ist das
erlaubt, funktioniert und ist z.B. in den USA auch üblich. Der Deutsche
zementiert halt gerne nochmal eine Lage drauf (vor allem, wenn's Umsatz
bringt).
Wenn man es ordentlicher macht, müssten die festverlegten Leitungen STP
sein, und am Patch-Panel in der Verteilung an den Potentialausgleich und
nur die kürzeren Patch-Kabel sind dann UTP. Also vom Patch-Panel zum
Switch /und/ von der Dose zum PC. Aber nicht jeder leistet sich ein
Patchpanel.
Besserung ist in Zukunft zu erwarten, wenn sich Netzwerkkabel mit alle
paar cm unterbrochenen Schirmen für 10G über Kupfer verbreiten.
Ich bin mit der WLAN oder der UTP-Nummer bisher immer durchgekommen.
Allerdings wohnte ich auch nicht in besonders exponierten Lagen,
jedenfalls nicht, seit es daheim Netzwerkkabel gibt.
> Eigentlich stelle ich mir diese Frage noch vor einem ganz anderen
> Hintergrund: da ich sowieso ein paar Kleingeräte mit 12VDC betreibe,
> wollte ich ein etwas größeres OpenFrame-Netzteil an die Wand hängen und
> alle Kleingeräte daraus betreiben statt einen Zoo von Wandwarzen in
> einer Mehrfachsteckdosenleiste zu versenken.
Das wird die Situation möglicherweise weiter verschlechtern.
> Wenn allerdings das
> Steckernetzteil der Fritzbox zum AVM-"Blitzschutzkonzept" gehören
> sollte, ist diese Idee kontraproduktiv. Hm?
Exakt. Allerdings ist die Hoffnung, dass das Steckernetzteil in
irgendeiner Weise etwas besonderes wäre, unbegründet.
Ich habe aber eher die Zahl der 24/7 Geräte reduziert. Übrig sind der
Home-Server mit NAS-Funktion, TV-Recorder, VMs etc., der Switch und halt
die Fritz-Box nebst Antennenverstärker, da Kabel statt DSL. Da die
Geräte sowieso an unterschiedlichen Orten stehen, stellt sich die Frage
nach Wandwarzenablösung nicht mehr. Die Fritz muss halt dahin, wo der
Empfang gut ist, der Server steht neben der (passiven) SAT-Verteilung im
Keller, der Antennenverstärker sowieso und der Switch klebt im
Treppenaufgang, damit die Gesamtlänge der Kabel in alle Etagen minimal
wird und ich keine Riesenlöcher für 10 Kabel in eine Wand rennen muss.
Marcel