On Sat, 19 Mar 2022 23:54:55 +0100, Hanno Foest wrote:
> On 19.03.22 20:39, Sieghard Schicktanz wrote:
>>>> Ich hatte gedacht, LED-Lampen würden wie Energiesparlampen ein
>>>> Bündel von Spektrallinien produzieren, aber nichts da. Es gibt so
>>>> ansatzweise ein paar Bandstrukturen, aber das Spektrum nähert ganz
>>>> gut einen thermischen Strahler an.
Das war ja auch der Sinn der Sache. Das mit dem "thermischen Strahler"
würde ich übrigens nicht unbesehen unterschreiben, je nach dem Mix aus
Treiberdiode und Leuchtstoff kommen da ziemlich unterschiedliche
Farbwiedergabeeigenschaften raus, für Ra>80 muß man sich schon ganz
schön strecken, das im Film- und Fotobusiness gerne gewünschte Ra>95
läßt man sich teuer bezahlen.
Und natürlich gibt es nicht _den_ Farbwiedergabeindex, sondern neben der
Meßmethode mit 8 Testfeldern auf der Tafel durchaus noch
ausgefuchsterere Dinge (Re, TLCI-2021, usw.), wo weiße LED gegenüber
Glühobst aber auch Gasentladungsstrahlern und Xenonblitzgeräten
ziemlich abstinken. Einfach mal auf YouTube ein paar
LED-Filmlichtreviews von Curtis Judd, Make Art Now und Gerald Undone
(
https://www.youtube.com/watch?v=NlVKKdr_r6g) ansehen.
https://www.youtube.com/watch?v=HauiF_AQUIY fand ich auch recht
unterhaltsam.
Und natürlich stimme ich Sieghard dahingehend zu, daß - nur weil Du ein
kontinuierliches Spektrum _siehst_ - es deswegen noch lange kein
kontinuierliches Spektrum _ist_. Da kommen die Linienbreite, die
Empfindlichkeit des menschlichen visuellen Systems und 1001 lustige
Dinge ins Spiel.
Auch ist eine LED kein Laser, daher kriege ich bei "das Licht ist nahezu
monochromatisch" schon ein paar Bauchschmerzen (s.
(
https://de.wikipedia.org/wiki/Leuchtdiode#Spektrale_Charakteristik).
Es gibt keine Güteschaltung, keinen Resonator und je nach Art des
Halbleiterübergangs (Dotierung, direkter/indirekter Übergang, usw.)
schon ein bisserl Auswahl, welche Photonen am Ende rauskommen.
Wenn ich mir die üblichen Spektralplots weißer LEDs so ansehe, schlägt
der blaue Peak jedenfalls ziemlich deutlich durch und das entspricht
genau der Emission der blauen LED, die den Leuchtstoff anregt.
Im Vergleich zu einem Laser - oder dem Emissionsspektrum einer
Quecksilberdampf-Niederdrucklampe, wie sie bei den meisten Leuchtstoff-
bzw. "Energiesparlampen" anzutreffen ist - aber durchaus. Bei
Hochdruckentladungslampen gibt es bereits eine gewisse thermische
Verbreiterung des Spektrum, der Xenonblitz oder HID-Brenner markiert
dann so ziemlich das obere Ende der Skala.
> Die Beobachtung "annähernd thermischer Strahler" erklärt das schon mal
> nicht.
Genau. Weil es eben kein "annähernd themischer Strahler" ist, so wie
eine Banane auch nur (oder eben nicht) annähernd ein Apfel ist.
>> Bei den LED- Lampen zur Beleuchtung leuchten die LEDs allerdings
>> hauptsächlich blau, die übrigen Farben werden mittels Leuchtstoffen,
>> ähnlich wie bei Leuchtstofflampen, erzeugt.
> Bekannt. Die Frage ist aber, warum trotz ähnlicher Funktion wie bei
> Leuchtstofflampen, bei Leuchtstofflampen ein Linienspektrum das Resultat
> ist, und bei weißen LEDs nicht.
Ähnlich ist da nur, daß irgendwie angeregte Elektronen in einen
energieärmeren Zustand übertreten und der Vorgang mit der Emission von
Photonen einhergeht. Im Halbleiter gibts eine mittelgroße Bandlücke
zwischen Valenz- und Leitungsband mit all den festkörperphysikalischen
Ekelhaftigkeiten, die...
https://de.wikipedia.org/wiki/Leuchtdiode#Materialwahl_%E2%80%93_indirekte_und_direkte_Halbleiter
... nur ausgesprochen oberflächlich streift. In der Leuchtstofflampe
hast Du ein massiv verdünntes Gas (meist Quecksilber) mit
vergleichsweise geringer Wechselwirkung der Atome untereinander (d. h.
wenig Stoßverbreiterung der Emissionslinien) und immer noch recht stark
an das Atom gebundene Elektronen.
>>> Ich würde das aber nicht überbewerten. Soweit ich weiß, gibt es
>>> Leuchtstoffröhren mit Ra 100, die durchaus noch ein diskretes
>>> Linienspektrum haben. Und die Farbwiedergabetreue erlebst du direkt,
>> Die Farbwiedergabe ergibt sich allerdings als Faltung aus dem Spektrum
>> der Lichtquelle und der Augenempfindlichkit, gewichtet mit dem Spektrum
>> des betrachteten Gegenstands. Ein Gegenstand, der nur bei einer engen,
>> mit den Linien der (LS-) Lichtquelle nicht zusammenpassenden Frequenz
>> reflektiert, kann daher bei solchem Licht fast schwarz erscheinen,
>> obwohl er im Tageslicht ein satte Farbe zeigen kann.
Die allseits bekannten Metamerieeffekte. Deswegen kommt mir auch immer
ein Lacher aus, wenn jemand zu erklären versucht, mit seinem
RGB-Strahler könnte er ja eh "jede Farbtemperatur" und "jeden
Farbfilter" emulieren. Hätten sich die Hersteller das Gehampel mit
RGBWW-Lampen komplett sparen können. S. dazu auch:
https://www.youtube.com/watch?v=5U-F7EhLp7g (Indy Mogul muß kann man
mögen oder nicht, die Info in dem Clip ist jedenfalls fundiert).
> Sicher *kann* das vorkommen, oder man kann das gezielt konstruieren,
> aber praktisch ist das eher selten der Fall. Ich weiß nicht, ob die
> Messung des Farbwiedergabeindex derlei pathologische Fälle
> berücksichtigt, bezweifele es aber.
Es geht gar nicht um "pathologische Fälle". Zu den 8 (oder wegen mir
auch 14) Testflecken kann ich schon eine Kombo aus blauer LED und
Leuchstoff so hintricksen, daß ein sensationeller Wert rauskommt. Wo
sind denn in
https://de.wikipedia.org/wiki/Farbwiedergabeindex#/media/Datei:DIN_Test_6169.svg
z. B. Orange? Oder ein richtig sattes Magenta? Cyan? Purpur? Violett?
Dunklere Brauntöne?
Wenn ich mein Kolorimeter an den Monitor pappe und mit DisplayCAL eine
Kalibrierung anstoße, will er hunderte vielleicht sogar tausende
Patches durchlassen und mißt gut zwei Stunden herum. Und jetzt komme
mir keiner und erzähle, so ein LCD-Monitor als "Lichtquelle" würde sich
fundamental anders verhalten als eine LED-Lampe, von der man den
Farbwiedergabeindex wissen will. Ist eh schon sportlich, dieses
Kennfeld in eine einzige Zahl quetschen zu wollen, wie es bei einer
Aussage wie "Ra>90" bzw. "sRGB-Farbraumabdeckung>97%" der Fall ist.
>>> (Mein persönlicher Test ist immer: Hand unter die
>>> Leichtquelle halten. Sieht sie nicht unmittelbar ungesund aus, ist
>>> der Farbwiedergabeindex zumindest passabel.)
Mein persönlicher Test: Hand unter das Licht einer Natriumdampflampe
halten, kurz warten, bis sich das visuelle System auf den neuen
Weißpunkt, Farbtemperatur, usw. akkomodiert hat und dann wundern. Denn:
Sieht nicht (mehr) unmittelbar ungesund aus, Farbwiedergabeindex
trotzdem unter aller Kanone. Neulich bei dieser
Saharastaubwitterungslage draußen gewesen? Gewundert, warum die
(moderneren) Straßenlaternen plötzlich alle so blaustichig aussahen?
Fotos der Szene ganz anders gewesen?
Und bei der Geschichte hier:
https://petapixel.com/2017/03/01/photo-no-red-pixels-fascinating-optical-illusion/
wirds dann endgültig absurd.
>> Nur für sehr breitbandige Absorber / Reflektoren. Sicher ist die Haut
>> da geeignet, deren Rückstreuspektrum enthält keine Linien und ist
>> relativ "glatt". Trotzdem kann durch geeignete Beleuchtung der
>> Eindruck deutlich verändert werden, was z.B. bei der Präsentation
>> von Fleisch und Wurst gerne ausgenutzt wird.
> Das dafür verwendete Licht ist allerdings deutlich erkennbar rot.
Oh. Du hast eine absolute Farbwahrnehmung? Das ist natürlich recht
nützlich. Ich wünschte, ich könnte da mitreden. SCNR & ;-)
> Jedenfalls käme ich bei deutlich erkennbar rotem Licht erst gar nicht
> auf die Idee, meinen "Pfote drunterhalten" Test durchzuführen, da eine
> andere wesentliche Grundvoraussetzung offenbar nicht erfüllt ist.
Das Licht einer regulären Haushaltsglühlampe ist - im Vergleich mit
beispielsweise einer Hochdruck-Halogen-Metalldampflampe - deutlich
erkennbar orange. Und nun? Beide können sie das Absorptionsspektrum
Deiner Pfote sehr akkurat darstellen. Präziser jedenfalls als mit jeder
mir bekannten "weißen" LED.
Volker