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Seerose-Tier oder Pflanze?

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Leila Bauer-Oesker

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Jul 23, 2001, 1:12:19 PM7/23/01
to
Hallo,
kürzlich wurde ich gefragt, ob die Seerose eine Pflanze oder ein Tier sei.
Zunächst war ich völlig sicher, dass es sich bei einer Seerose um eine
Pflanze handelt. Jetzt bin ich mir gar nicht mehr so sicher, da ich meine
auch schon mal gehört zu haben, dass die Seerose ein "Zwischending" sei.
Was ist sie nun?
Gruß
Leila


Regina Brockmann

unread,
Jul 23, 2001, 4:47:52 PM7/23/01
to
Hallo Leila,

Das war -soweit ich mich erinnere-vor einiger Zeit mal eine Frage bei "Wer
wird Millionär?".
Du hast recht, wenn Du glaubst, dass die Seerose ein Pflanze ist.
Zusätzlich gibt es aber auch noch eine Tierart, die auch "Seerose" heißt!!!
(Seerosen: Actiniidae; Urticina felina oder Actina equina) Sie gehören zu
den "Blumentieren (Klasse Anthozoa), zu denen u.a. auch die Seenelken
gehören.
D.h. es gibt ein Tier und eine Pflanze, die zufällig (oder vielleicht auch
mit Absicht) die selben Namen haben, phylogenetisch (verwandtschaftlich)
aber nichts miteinander zu tun haben, ausser, dass sie sich etwas ähnlich
sehen.


Viele Grüsse, Regina
--


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Leila Bauer-Oesker <le...@golbo.de> schrieb in im Newsbeitrag:
9jhmrt$c7k$02$1...@news.t-online.com...

Klaus Henkel

unread,
Jul 23, 2001, 5:01:26 PM7/23/01
to
Leila Bauer-Oesker schrieb:

>
> kürzlich wurde ich gefragt, ob die Seerose eine Pflanze oder ein Tier sei.
> Zunächst war ich völlig sicher, dass es sich bei einer Seerose um eine
...

> auch schon mal gehört zu haben, dass die Seerose ein "Zwischending" sei.

Kommt drauf an.
"Die Seerose" hast Du bestimmt schon gesehen: große tellerförmige
Blätter, 50 - 100 cm Durchmesser, oben auf dem Wasser schwimmend, mit
großen, meist weißen Blüten. Auf Seen in Ufernähe, auf Teichen und
großen Weihern.

Dann gibt es da noch, z. B. in der Nordsee:
Urtica felina: Die Seedahlie oder Dickhörnige Seerose
Sagartiogeton undatus: Die Schlangenhaar-Seerose.

Die beiden nur als Beispiele. Es sind Hohltiere, vom Stamm der
Korallentiere. In einem Meerwasseraquarium kannst Du die bewundern.

M f G

--
Klaus Henkel

http://www.mikroskopie-muenchen.de

Thomas Waschke

unread,
Jul 24, 2001, 3:41:25 AM7/24/01
to
Hi Leila,

die wesentlichen Antworten haben Dir andere schon gegeben.

Ich will nur ein paar Zeilen zum 'Zwischending' sagen. Viele Hohltiere
besitzen endosymbiotische pflanzliche Einzeller (Zooxanthellen bzw.
-chlorellen), die einen nicht unerheblichen Teil der Nahrungsversorgung
durch Photosynthese übernehmen. So gesehen sind diese Wesen so was
ähnliches wie Flechten (die aus Algen und Pilzen bestehen). Als
'Zwischending' würde ich das nicht bezeichnen, eher als sehr enge
'Gemeinschaft'.

Grüßle

Thomas

Xenophanes schrieb:

--
Sichere Wahrheit erkannte kein Mensch und wird keiner erkennen
Über die Götter und alle Dinge, von denen ich spreche.
Sollte einer auch einst die vollkommene Wahrheit verkünden,
wüßte er selbst es doch nicht: es ist alles durchwebt von Vermutung.

Yvonne Mueller-Iglisch

unread,
Jul 25, 2001, 5:52:58 AM7/25/01
to

Hallihallo!

Wie so oft handelt es sich bei der Seerose sowohl um ein Tier als auch
eine Pflanze, ganz einfach, weil hier mehrere Lebewesen den gleichen
Namen bekommen haben.
Sowas gibt es häufiger, weil die Menschen unbekannten Tieren/Pflanzen
einfach sprechende Namen gegeben haben.

Wesen, die wirklich gleichzeitig Tier und Pflanze sind, gibt es nicht.

Grüße

* Yvonne Müller-Iglisch
* www.uni-duesseldorf.de

Erik Hüther

unread,
Jul 25, 2001, 7:10:32 PM7/25/01
to
Yvonne Mueller-Iglisch <Yvonne....@uni-duesseldorf.de> schrieb:

>Wesen, die wirklich gleichzeitig Tier und Pflanze sind, gibt es
>nicht.

Zumindest nicht unter den Mehrzellern. Bei den Protozoa gibt es das
schon, bzw. die Grenze ist dann doch sehr fließend, Euglena dürfte das
bekannteste Beispiel sein.

Gruß Erik

--
Die Schüler in der Meisterklasse bewarfen sich mit Kleistermasse Und
aus dem ganzen Massenkleister Erhob sich dann der Klassenmeister.
http://www.Ostertaler.de
http://www.AntrumNequam.de -- The wörst bänd in the wörld

Ralf Muschall

unread,
Jul 29, 2001, 9:44:35 PM7/29/01
to
Yvonne Mueller-Iglisch <Yvonne....@uni-duesseldorf.de> writes:

> Wesen, die wirklich gleichzeitig Tier und Pflanze sind, gibt es nicht.

Heißt das, dass man endlich mal die Taxonomie aufgeräumt hat und sich
über die Einsortierung von Dinoflagellaten im klaren ist?

Sind Pilze jetzt endlich Tiere? :-)
(Schleimpilze solle es ja geschafft haben und jetzt als Protozoa gelten.)

Ralf

--
GS d->? s:++>+++ a C++++ UL+++ UH++ P++ L++ E+++ W- N++ o-- K- w--- !O M- V-
PS+>++ PE Y+>++ PGP+ !t !5 !X !R !tv b+++ DI+++ D? G+ e++++ h+ r? y?

Thomas Waschke

unread,
Jul 30, 2001, 4:00:40 AM7/30/01
to
Hi Ralf,

> > Wesen, die wirklich gleichzeitig Tier und Pflanze sind, gibt es nicht.

> Heißt das, dass man endlich mal die Taxonomie aufgeräumt hat und sich
> über die Einsortierung von Dinoflagellaten im klaren ist?

> Sind Pilze jetzt endlich Tiere? :-)
> (Schleimpilze solle es ja geschafft haben und jetzt als Protozoa gelten.)

ich bin mir jetzt nicht so sicher (Systematik ist nicht meine Baustelle),
aber hat man nicht die 'Monera' abgetrennt? Alle Beispiele für
'Zwitterwesen' wären dann 'weder - noch'.

Oliver Skibbe

unread,
Jul 30, 2001, 12:37:32 PM7/30/01
to
Thomas Waschke <tho...@waschke.de> wrote:

> ich bin mir jetzt nicht so sicher (Systematik ist nicht meine Baustelle),
> aber hat man nicht die 'Monera' abgetrennt? Alle Beispiele für
> 'Zwitterwesen' wären dann 'weder - noch'.

Nein, die Systematik der verschiedenen einzelligen Organismen wird noch
immer sehr uneinheitlich gehandhabt. Einerseits gibt es da den Begriff
der "Protozoen", der die "tierischen" Taxa umfasst. Also beispielsweise
Ciliata (Wimpertiere) oder Apicomplexa (Sporozoen). Andererseits werden
die verschiedenen plastidentragenden Gruppen von den Botanikern als
"Algen" bezeichnet (z.B. Chlorophyta= Grünalgen, Bacillariophyceae=
Kieselalgen). In nicht gerade wenigen Algengruppen gibt es aber auch
farblose Vertreter (z.B. bei den Euglenophyceae, Chrysophyceae,
Dinophyceae), die manchmal von Seiten der Zoologen zu den Zooflagellaten
oder Rhizopoden gerechnet werden. Damit dieses (historisch bedingte)
Durcheinander nicht ganz so unwissenschaftlich wirkt, sind einige
Taxonomen dazu übergegangen, alle einzelligen Tier- und Pflanzengruppen
unter dem Oberbegriff "Protista" zu vereinigen.
Es bleibt aber ein grundsätzliches Problem, daß die Kategorien "Tier"
und "Pflanze" gerade bei mikrobiellen Organismen viel zu pauschal sind.
Beispielsweise stammen die Wimpertiere (Protozoa, Ciliata) wohl von
Vorfahren ab, die den Dinophyceen (braungefärbten Phytoflagellaten)
nahestanden. Und bei manchen Flagellatengruppen (Cryptophyta) gibt es
m.W. ein riesiges Durcheinander mit den Chloroplasten. Da wurden im
Laufe der Evolution wohl mehrfach die Endosymbionten ausgetauscht oder
geraubt. Ja geraubt, so etwas kann man sogar bei rezenten Arten von
Einzellern beobachten. Beispielsweise bei einigen Wimper"tiere",
genauergesagt algenfressenden Arten aus der Gruppe der Oligotichida.
Normalerweise verdauen diese ihre Beute, meist cryptomonade
Phytoflagellaten, vollständig. Aber unter bestimmten Umständen können
sie die Chloroplasten der verschlungenen Algen zurückbehalten und lagern
sie dann in ihren eigenen Cortex ein. Auf diese Weise können die "Tiere"
dann ein paar Tage lang Photosynthese betreiben. Dieser als
Chloroplaten-Retention bezeichnete Vorgang ist übrigens nicht mit dem
Besitz endosymbiontischer Grünalgen ("Zoochlorellen") zu verwechseln,
der bei Einzellern und niederen Tieren recht häufig zu beobachten ist.

HTH, Oliver

--
Dr. Oliver Skibbe
Wissenschaftliche Fotografie und Multimedia
http://www.larger-than-life.de

Thomas Waschke

unread,
Jul 30, 2001, 1:08:57 PM7/30/01
to
Hi Oliver,

> > ich bin mir jetzt nicht so sicher (Systematik ist nicht meine Baustelle),
> > aber hat man nicht die 'Monera' abgetrennt? Alle Beispiele für
> > 'Zwitterwesen' wären dann 'weder - noch'.

[ mehr oder weniger Bekanntes gesnippt ]

wir brauchen uns nicht darüber zu streiten, dass in der Natur meist
Kontinua vorliegen, die der Mensch in Schachteln einordnen will. Deshalb
ändert sich die Systematik auch ab und an. Ist nicht sooo lange her, dass
man die Zuständigkeit für Bakterien bei den Botanikern sah.

Es kommt zudem auch immer darauf an, welches Kriterium man besonders
berücksichtigt. Wenn man den Schwerpunkt auf 'Photosynthese' legt, kriegt
man natürlich Problemchen. Vermutlich aber auch nicht mehr wie bei jedem
anderen Gliederungsversuch.

Ralf Muschall

unread,
Jul 30, 2001, 2:04:15 PM7/30/01
to
ski...@zedat.fu-berlin.de (Oliver Skibbe) writes:

> geraubt. Ja geraubt, so etwas kann man sogar bei rezenten Arten von
> Einzellern beobachten. Beispielsweise bei einigen Wimper"tiere",
> genauergesagt algenfressenden Arten aus der Gruppe der Oligotichida.

Pfiesteria soll das auch gelegentlich machen, wenn sie nicht gerade
Fische jagt oder Säugetiere chemisch bekämpft (www.pfiesteria.org).

> Besitz endosymbiontischer Grünalgen ("Zoochlorellen") zu verwechseln,
> der bei Einzellern und niederen Tieren recht häufig zu beobachten ist.

Irgendwo habe ich mal andeutungsweise was gesehen, dass Chloroplasten
in irgendjemand so komplex aufgebaut sein sollen, dass man ihre
Abstammung von endosymbiontischen Grünalgen vermutet. Weiß jemand,
wieviel da dran ist?

Oliver Skibbe

unread,
Jul 31, 2001, 7:19:05 PM7/31/01
to
Ralf Muschall <ra...@lipsia.de> wrote:

> Irgendwo habe ich mal andeutungsweise was gesehen, dass Chloroplasten
> in irgendjemand so komplex aufgebaut sein sollen, dass man ihre
> Abstammung von endosymbiontischen Grünalgen vermutet. Weiß jemand,
> wieviel da dran ist?

Die Endosymbionten-Hypothese ist inzwischen so gut belegt, daß man
eigentlich nicht mehr daran zweifeln kann. Beispielsweise ist an der
Zusammensetzung der Membranen von Chlorplasten und Mitochondrien gut zu
erkennen, daß hier eine prokariontische Zelle in einem Vesikel
(Nahrungsvakuole) eines Eukaryonten eingepackt ist. Das ist schon unter
dem Elektronenmikroskop zu sehen und wird natürlich von
molekulargenetischen Daten weiter untermauert.

Hoppla, jetzt fällt mir erst auf, daß Du von endosymbiontischen
*Grün*algen und nicht von *Blau*algen als Vorläufer der Chloroplasten
sprichst. Ja, so was in der Art gibt es bei mindestens einer kleinen
Phytoflagellaten-Gruppe (waren es nicht irgendwelche Cryptomonadina? bin
zu faul zum Nachschlagen). Da kann man nämlich feststellen, daß die
Chloroplasten in eine zusätzliche Membranhülle eingepackt sind, ein
klares Indiz dafür, daß die Plastiden aus phagocytierten eukaryontischen
Zellen hervorgegangen sind. Das ist dann fast schon so verschachtelt wie
bei diesen russischen Holzpüppchen ;-).

Daß die Chloroplasten in der Stammesgeschichte der Pflanzen mehrfach
"erfunden" wurden und auch häufig wieder verloren gingen, erkennt man ja
ganz gut an der bunten Vielfalt der Algengruppen. Das macht auch die
Taxonomie auf Grundlage der Photopigmente ja so tückisch. Denn nur weil
zwei Taxa die gleichen Chloroplasten/Endosymbionten besitzen, müssen sie
noch lange nicht miteinander verwandt sein.

Gruß, Oliver

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