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Sie sind noch alle da! (Beobachtungsbericht 15.01.2004)

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Frank Stefani

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Jan 17, 2004, 5:13:01 PM1/17/04
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Sie sind noch alle da! (Beobachtungsbericht 15.01.2004)
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Datum/Zeit: 15.01.2004, 23:00 bis 01:00 MEZ
Optiken: Augen (immer dabei), Fernglas 20x60, Fotostativ

Hinweis:
* Alle Beobachtungen und Beschreibungen beziehen sich auf
meine Wahrnehmung und müssen nicht unbedingt der
Realität entsprechen.
* Richtungen im Gesichtsfeld anhand Ziffernblatt
* Anmerkungen in eckigen Klammern kommentieren oder
korrigieren den Beobachtungseindruck
------------------------------------------------------------

Am 25.12.2003 war ich das letzte Mal beobachten. Anlässlich
der Weihnachtsfeiertage waren keine großen Sprünge möglich
und so beobachtete ich, hinten am Loisachdamm, nur eine
gute Stunde mit dem 10x50 Fernglas. Es war -12°C kalt ...

Inzwischen ist es bereits Mitte Januar geworden und der
Himmel ist seit Wochen mehr oder weniger beständig bedeckt,
mit Cirren geschmückt oder durch Talnebel verborgen. Wie
so oft, erfreuten die Tage um Vollmond mit brauchbaren
Bedingungen, aber auch das ist schon einige Tage her und
von guten Beobachtungsbedingungen konnte keine Rede sein.

Ich bin müde ... lustlos ... und es ist spät, fast 23 Uhr.
Bereits im Nachtgewand, sinniere ich beim Zähneputzen
über die Schönheit des Nachthimmels, wenn er sich doch
endlich mal wieder zeigen würde. Wie so oft öffne ich
noch einmal das Fenster im Badezimmer und schaue in die
dunkle, eiskalte Nacht hinaus: Ein Schreck durchzuckt
mich: Es ist klar! Sowas von klar! Prächtige, dunkle
Nacht und unzählige Sterne!!!

Schnellen Schrittes eile ich zur Terrasse, um an einem
größeren Himmelsausschnitt zu prüfen, ob es sich nur um
ein schnell vergehendes Wolkenloch handelt. Nein! Kein
Wolkenloch .... der ganze Himmel ist frei und so prächtig,
als wolle er das versäumte Strahlen der vergangenen Wochen
auf dieses eine Mal wieder gut machen.

Ich zögere nur kurz, aber dann steht fest: Schlafen kann
ich ein andermal, sowas muss man nutzen! Ich springe mit
dem Schlafanzug in die Daunen-Latzhose und ziehe die
Daunenjacke an, Socken noch, Schuhje, Mütze ...

Schnell das 20x60 Fernglas mit Fotostativ, Schreibzeug,
Drehhocker und den Karkoschka geschnappt und raus in den
Garten. Der Dobson bleibt im Haus, weil die Zeit - wie
ich am Vorabend erleben musste - einfach zu kurz sein
kann. Die nächsten Wolkenfelder können bei dieser
Wetterlage nicht weit sein.

Das 20x60 Fernglas habe ich vor kurzem bei Ebay ersteigert
und einen guten Fang gemacht. Es ist ein Tento und ich
wusste, dass man beim Kauf dieser Geräte (Tento, Kronos,
Lome usw.) Glück haben kann ... oder auch nicht. Mein
Glas war etwas dejustiert, aber ich konnte es hinkriegen
und diese Nachtstunden werden zeigen, dass mein Fang ein
ganz hervorragender war. In den folgenden zwei Stunden
erarbeite und beobachte ich eine große Zahl von Objekten,
die ich vor Zeiten erstmals im 8" Dobson entdeckt hatte.

Hier stichwortartig die Zusammenfassung, gegliedert
nach Sternbildgrenzen:

Sternbild Großer Hund (Canis Major, CMa)
M41 + NGC2354 + NGC2360 + NGC2362
---------------------------------------
Das Sternbild CMa und seine Nachbarsternbilder sind reich
an offenen Sternhaufen - eine Fundgrube für die Fernglas-
Beobachtung!

M41
---
Pächtiger offener Sternhaufen, 5m0 hell und über 30' Durch-
messer, also größer als der Vollmond. Ich sehe ohne Probleme
mehrere blaue und einige gelb leuchtende Sterne, zwei davon
nahe der Mitte und schön strahlend. Auch die übrigen
größeren Sterne strahlen kräftig. Toller Kontrast!

NGC2354
-------
Visuell erscheint dieser Sternhaufen mit 6m5, trotzdem ist
es etwas geschummelt, wenn ich sage, dass ich ihn beobachten
kann: Etwa 100 Sterne, deren hellste Vertreter bei 9m0
liegen, lassen sich nicht mit dem Fernglas auflösen. Dennoch
habe ich an der einprägsamen Position die leichte Verdichtung
der (helleren) Sterne gesehen - viele feine Stecknadelstiche,
die sich im Teleskop in die besagten etwas 100 Mitglieder
auflösen müssten. Der Durchmesser ist mit 19' ziemlich groß
und daher wirkt der Haufen nicht besonders konzentriert.

NGC2360
-------
Ein wunderschönes Fernglasobjekt, bereits um Weihnachten im
10x50 entdeckt, ist dieser offene Sternhaufen. Für mich ist
er ein besonders schönes Objekt, weil er dicht am Rande eines
Sterndreiecks von 5m5 bis 6m5 hellen Sternen steht. Sein
Durchmesser beträgt etwa 12' bei einer Helligkeit von 7m2.
Damit ist er kleiner und lichtschwächer als NGC2354, aber
doch einfach zu finden, da es außer den erwähnten drei hellen
Sternen in direkter Nachbarschaft nicht allzuviel helle
Sterne gibt. Wenn man von Iota CMa östlich Richtung M47
wandert, kommt man nach gut der Hälfte der Strecke zwanfs-
läufig an NGC2360 vorbei - erkennbar an diesem etwas helleren
Dreieck, bei dem er leicht zu lokalisieren ist.


NGC2362
-------
Direkt bei Tau CMa gelegen, ist dieser Sternhaufen leicht
zu finden und mit Stativ auch gut zu erkennen. Seine
Größe beträgt etwa 8', was ihn für das 20x60 Fernglas schon
zu einem etwas schwierigeren Objekt macht. Durch die
Fixierung und wegen der nicht zu großen Höhe ist er aber
ebenso wundervoll und genussreich zu beobachten, wie alle
anderen Objekte in CMa. Seine Helligkeit von 4m1 wird nicht
sofort sichtbar, weil dort der Mehrfachstern Tau CMa die
gesamte Gegend überstrahlt.


Sternbild Achterschiff (Puppis, Pup)
M46 + M47 + M93 + NGC2423 + NGC2539
------------------------------------
Topografisch zu Pup gehörend, findet man einige der folgenden
Objekte jedoch sehr leicht in der Nachbarschaft der soeben
beobachteten CMa-Objekte.

M46 + M47 + NGC2423
-------------------
Folgt man der Strecke von Iota Cma nach NGC2360, wie weiter
oben beschrieben, erreicht man eine auffällige Gruppe von
mehreren offenen Sternhaufen, für die das Fernglas ohne
Zweifel ein besonders geeignetes Instrument darstellt:

M47, mit etwa 30' Durchmesser ein Vollmond großer Haufen,
zeigt sich zusammen mit M46 (weiter links) und NGC2423
(oberhalb) im wundervoll reichen Gesichtsfeld. M47 liegt
mit 4m5 im Bereich der mit bloßem Auge wahrnehmbaren Objekte.
Sehr anmutig und detailreich wird er von dem etwa gleich
großen aber lichtschwächeren M46 (6m0, viele feine Sterne)
und dem nochmals lichtschwächeren NGC2324 (knapp 7m0,
20' groß) begleitet. Besonders reizvoll erscheint die
nebligkeit des Hintergrunds dieser Sternhaufen, die durch
die nicht auflösbaren, lichtschwachen Sterne verursacht wird.

NGC2539
-------
Wander man noch ein Stück weiter ostwärts - es lohnt sich
in jedem Fall, diese reiche Gegend durch Spazierensehen zu
erkunden - gelangt man zu einem weiteren offenen Sternhaufen,
NGC2539. Etwa 50 Sterne sollen in diesem visuell 6m5 hellen
Objekt liegen. Davon kann ich kaum etwas erkennen, lediglich
eine gewisse Nebligkeit. Dennoch ist dieses Objekt reizvoll,
weil an seinem südöstlichen Rand der 4m7 helle Mehrfachstern
Pup 19 zu finden ist. Es sieht so auf den ersten Blick so
aus, als sei NGC2539 von diesem Mehrfachstern erleuchtet.

M93
---
Nicht weit von Xi Pup, nämlich etwa 1:30' in nordwestlicher
Richtung, liegt dieser kleine und konzentrierte Sternhaufen,
der mit 6m5 bei einer Größe von 15' Durchmesser (halber
Vollmond) leuchtet.


Sternbild Einhorn (Monoceros, Mon)
M50 + NGC2343 + NGC2238 + NGC2239 + NGC2244
-------------------------------------------
Mit bloßem Auge wie immer schwach zu erkennen, erfordert
das Einhorn etwas mehr Zeit für die Orientierung.

M50
---
Dieser schöne offene Sternhaufen liegt fast exakt in der
Mitte der Linie Mon Alpha nach Mon Beta. Er ist 5m9 hell
und hat ebenfalls etwa halben Vollmond-Durchmesser (16').
Dies ist das einzige Messier-Objekt im Einhorn.

NGC2343
-------
Nur etwa halb so groß wie M50 (7') aber mit 6m7 ist dieser
offene Sternhaufen noch ausreichend hell, dass er ohne großes
Suchen links unterhalb (südöstlich) von M50 gefunden wird.
Übrigens ist hier wieder die Brücke zu den oben beschrieenen
Objekten im Großen Hund zu schlagen, die in Verlängerung der
Achse M50 nach NGC2343 liegen. Also ist auch hier Spazieren-
sehen angebracht und empfohlen. Es gibt viele kleine offene
Sternhaufen dort.

NGC2238 + NGC2239 + NGC2244
---------------------------
Was sich hier so abenteuerlich liest, ist tatsächlich nur
das Sternenhaufensystem in und um den bekannten Rosettanebel.
Dieser ausgedehnte Komplex ist leicht zu finden, indem man
die Strecke vom Kopf des Orion über seine linke Schulter gut
verdoppelt. Im Fernglas-Gesichtsfeld hat man dann unweigerlich
die genannten Objekte ... und noch mehr.

Der Rosettanebel-Komplex hat einen Durchmesser von beinahe
3 Vollmond-Durchmessern (1:20') und enthält eine Vielzahl
von Objekten, die sich überlagernd im flachen Bild eines
jeden Teleskops finden lassen. Erst durch Entfernungsmessung
der einzelenen Sterne wurden die Haufenzugehörigkeiten
festgelegt und somit von den Vorder- oder Hintergrundsternen
unterschieden


Sternbild Wasserschlange (Hydra, Hya)
M48
-------------------------------------
Schon gerade so eben zum Sternbild Wasserschlange gehörend,
liegt der große offene Sternhaufen M48 doch viel näher am
Sternbild Einhorn. Mit dem großen GF des 20x60 Fernglases
ist es überhaupt kein Problem, ihn östlich der Strecke von
Alpha nach Zeta Mon zu finden. Mit 54' ist M48 etwa doppelt
so groß wie M46 oder M47 und mit 6m0 ungefähr gleich hell.


Sternbild Löwe (Leo, Leo)
M65 + M66 + M96 + M105 + NGC2903 + NGC3384
------------------------------------------
Inzwischen ist der Löwe deutlich über den Gipfel des Wank
hinauf gestiegen und ich schwenke das Fernglas zu diesem
Galaxien schwangeren Sternbild. Will doch mal sehen, ob ich
ein paar alte Bekannte treffe.

M65 + M66
---------
Schon beim freihändigen Testblick sehe ich eine ganz geringe
Aufhellung zitternd umherhuschen, sodass das Einrasten im
Stativ Sinn machen wird. Etwas unterhalb von Theta Leonis
finde ich aufgrund des großen Gesichtsfeldes ohne lange Suche
zwei blasse Tupfer am sternarmen Ausschnitt. Rechts davon
identifiziere ich den 5m3 hellen Doppelstern Leo 73 und
gleich darunter zwei weitere, relativ helle Sterne mit 6m5
und 6m8 Helligkeit. M66 steht links und hat eine schmale
Elipsenform. Diese Galaxie ist mit 9m0 etwas heller als die
weiter rechts (westlich) stehende Begleitgalaxie M65 (9m5).
m65 ist eine deutlich schmälere Galaxie.

Oberhalb des 18" weiter nördlich stehenden Sterns, der M65
am nächsten steht, versuche ich ein Aufblitzen von der
schönen Galaxie NGC3628 zu erhaschen, die mit den beiden
Vorgenannten das bekannte "Leo Triplett", also das Galaxien-
dreieck im Sternbild Löwe bilden. Die Sichtung kann ich
leider nicht bestätigen - vielleicht müsste ich noch einige
Stunden warten, bis der Löwe hoch am Himmel steht.

Ich muss sagen, dass ich sehr angenehm überrascht bin, dass
mein neues Billigfernglas sogar solche Objekte zeigen kann,
die ich ehedem im 8" Dobson gesucht habe!

NGC3384 + M105 + M96
--------------------
M105 liegt mit M95 und M96 rund acht Bogenminuten weiter
östlich als das Leo-Triplett und die Gegend dort ist mir
noch gut bekannt. Wissend, dass diese Galaxien nochmals
lichtschwächer sind als das Triplett, mache ich mich auf
die Pirsch.

Interessanterweise finde ich beinahe auf Anhieb zwei ganz
dicht nebeneinander stehende Galaxien und bin etwas verwirrt.
Der Herr Karkoschka klärt mich dann auf, dass das unerwartete
geschehen ist: Ich habe M105 und - in unmittelbarer Nachbar-
schaft NGC3384 gesehen. Erstere ist 9m5 und letztere sogar
nur 10m0 hell, was mich erneut über mein Fernglas staunen
lässt :-)

M96 kann ich ebenfalls eindeutig sichten, etwas unterhalb
(südlich) der beiden anderen. M96 ist auch 9m5 hell. Etwas
rechts (westlich) von ihr sollte noch M95 zu finden sein,
die ich aber nicht zweifelsfrei erkennen kann. Das wundert
mich etwas, denn M95 ist in Größe und Helligkeit mit NGC3384
zu vergleichen, die ich ja ziemlich problemlos sehen kann.

Übrigens ist durchaus fein, diese komplette Galaxiengruppe
im gleichen Gesichtsfeld zu sehen - so einen Eindruck hatte
ich bisher beim Telesko nicht!

NGC2903
-------
Eine weitere, etwas isoliert stehende Galaxie, ist am Kopf
des Löwen, etwas südlich von Lambda (1:26'), zu finden. Ich
nehme sie noch mit, weil ich inzwischen sehr zuversichtlich
bin, was noch viele weitere DeepSky-Objekte mit diesem
Fernglas beobachtet werden können. Mit 9m0 Helligkeit und
einem Durchmesser von 10' schaffe ich es sogar ohne Stativ,
einige Blicke auf diese bereits ziemlich hoch am Himmel
stehende Galaxie zu erhaschen.


Sternbild Krebs (Cancer, Cnc)
M44
-----------------------------
Der Vollständigkeit halber, denn M44 ist so groß und stolze
3m5 hell, sodass man ihn mit bloßen Augen sehen kann.Trotz-
dem macht es natürlich SPaß, so ein Leuchtfeuer im großen
Gesichtsfeld und bei mäßiger Vergrößerung richtig strahlen
zu sehen.

Da ich nun gerade das Fernglas vom Stativ entfernt habe, geht
es nun für kurze Zeit zu einigen hoch am Himmel stehenden
Objekten, die ich stehend und freihändig beobachten kann.
Ich beschreibe sie deshalb nur in kurzem Überblick:


Sternbild Fuhrmann (Auriga, Aur)
M36 + M37 + M38 + NGC1907 + NGC1893
---------------------------------------------
Sehr schön die Tatsache, dass ich im großen GF gleichzeitig
die offenen Sternhaufen M36, M38, NGC1893 und sogar den
kleinen NGC1907 gemeinsam sehen kann. Das ist ein wirklich
wundervoller Anblick:


_
(_) M38

o 1907


_
(_) M36

_
(_) 1893


Natürlich widme ich mich danach auch noch M37, der mit 24'
der größte dieser Sternhaufen ist.


Sternbild Stier (Taurus, Tau)
M1 + M45
-----------------------------
Der Krebsnebel M1 ist als deutliches Oval (Eiform) gut zu
erkennen, allerdings sehe ich freihändig keine Strukturen.
M45, die Plejaden sind auch fein, die Lichtstärke des Glases
läßt die Hauptsterne blendend hell erscheinen.


Sternbild Zwillinge (Gemini, Gem)
M35 + NGC2158
---------------------------------
Der große Sternhaufen M35 am äußeren Fuß des Castor ist noch
etwas größer als M37 in Aur, nämlich 28' und damit knapp so
groß wie der Vollmond. Mit 5m1 ist er allerdings ein Stück
heller als die Nachbarn im Fuhrmann. Was mir an diesem Objekt
besonders gefällt, ist der kleine, komprimierte Sternhaufen
NGC2158 direkt daneben. Letzterer ist nur gut ein Sechstel so
groß wie M35, nämlich 5' und seine Helligkeit beträgt 8m6.

Nachdem beide Sternhaufen sehr ausgeprägt und sternreich
sind, ist der Anblick dieser beiden (auch im Teleskop) für
mich ein wirkliches Schmuckstück unseres Himmels.

Sternbild Andromeda (Andromeda, And)
M31 (+ M32 + M110)
------------------------------------
Andromeda steht schon weit im Westen. Etwas kraftlos wirkt
die Galaxie bereits und ihre beiden Begleiter M32 und M110
kann ich nur aufgrund ihrer zweifelsfreien Position orten,
ohne milchige oder neblige Aufhellungen ihrer Kerne und Halos.


Sternbild Perseus (Perseus, Per)
M34 + NGC869 + NGC884
--------------------------------
Zwischen And und Per liegt der große offene Sternhaufen M34,
dem ich auch noch schnell "Hallo" sage. Einfach wundervoll,
wie die helleren Sterne vor dem schwarzen Hintergrund strahlen.

Der Doppel-Sternhaufen zwischen Per und Cas ist natürlich
immer Pflicht, wenn ich in der Gegend bin. Diesmal bin ich
allerdings direkt sprachlos - so prächtig habe ich ihn noch
nie gesehen ... was ich kurz erklären will: Im Teleskop sind
beide natürlich leuchtstark und schön. Aber hier im 20x60
Fernglas habe ich auch noch ein großes Gesichtsfeld und so
wird gerade hier dieser besondere Doppelhaufen eindrucksvoll
sichtbar. Viel schwarzer Himmel mit einzelnen Sternen und
dann diese doppelte Zusammenballung mittendrin - das macht's!


Sternbild Kassiopeia (Cassiopeia, Cas)
NGC129 + NGC7789 + NGC663 + M103
--------------------------------------

Hier ein ASCII-Lageplan (feste Zeichenbreite) mit den fünf
Hauptsternen (*) der Kassiopeia, die auch "Himmels-W" heißt:


M103 NGC129
| |
* | |
| |
o ° * O
| * *
|
| o
| |
NGC663 * |
|
NGC7789

Vier schöne offene Sternhaufen und noch viele weitere Dinge
gibt es in dieser sternreichen Gegend zu sehen: NGC129 ist
mit 21' Durchmesser und 6m5 der größte und hellste Haufen. Es
folgen NGC7789 mit 16' Durchmesser und 6m7 Helligkeit, damm
der gleichgroße NGC663, der allerdings mit 7m1 nicht ganz so
hell ist wie NGC7789. Das Schlusslicht bildet M103, der nur
mit 7m4 leuchtet und gerade mal 6' Durchmesser hat.

Charles Messier wird die anderen Sternhaufen in Cas sehr wohl
gesehen haben und mir kommt wieder die Frage in den Sinn,
wieso er wohl M45, die prächtigen Plejaden, in seinen Katalog
der nebelobjekte aufgenommen hat.


Sternbild Giraffe (Camelopardalis, Cam)
NGC1502 + Kemble's Kaskade
---------------------------------------
Die vor wenigen Wochen entdeckte Sternreihung "Kemble's
Kaskade" ist ein Fernglas-Objekt allererster Güte. War ich
bei ihrer Entdeckung mit dem 10x50 Fernglas schon sehr von
ihrer Schönheit und Linie beeindruckt, so überwältigt mich
ihr Glanz im 20x60 geradezu: Noch immer passt sie komplett
ins Gesichtsfeld, ihr Glanz ist durch die höhrere Vergrößerung
und die größere Lichtstärke um einiges eindrucksvoller als
im 10x50 Fernglas. Hinzu kommt die Tatsache, dass der kleine
offene Sternhaufen NGC1502, der an ihrem südwestlichen Ende
sitzt, geradezu wundervoll funkelt. Er ist mit 8' ziemlich
kompakt im Durchmesser, enthält aber in seinem Zentrum ein
vergleichsweise sehr helles und somit strahlendes Sternpaar
mit je etwa 7m0 Helligkeit. Die Sterne der Kaskade sind alle
deutlich lichtschwächer, was den Gesamteindruck noch stark
verschönert.


Sternbild Orion (Orion. Ori)
M42 + M43 + NGC1981
----------------------------
Orion ist inzwischen am Meridian vorbei und steht über
Garmisch-Partenkirchen. Schon mehrmals habe ich mich heute
an seinen schönen Nebeln geweidet und auch jetzt muss noch
einmal das Stativ ran.

M42 und sein Trapez
-------------------
Im großen, das Gesichtsfeld überragenden, Orionnebel sehe ich
sehr viele Details. Der Kontrast ist gut und meine inzwischen
gut dunkel adaptierten Augen sind beinahe geblendet. Die
sichtbaren Sterne flimmern kaum, das Seeing ist also recht
gut.

Tatsächlich gelingt es mir blickweise das zentrale Trapez,
das aus vier Sternen besteht, visuell zu trennen. Ich sehe
den südlichsten Stern des Trapezes unten wie die Spitze des
Buchstabens "v" und darüber - quasi an den Ecken des "v"
zwei weitere Sterne, wobei der rechte länglich verzerrt
erscheint.

[Anm: Der scheinbar länglich verzerrte Stern sind
die zwei besonders eng stehenden Komponenten des
Mehrfachsterns Theta Ori. Sie stehen tatsächlich
nur winzige 4" (Begensekunden) nebeneinander. Die
drei Sterne, die ich wie ein winziges "v" sehen
konnte, stehen dagegen in Abständen von 14" oder
21" von einander.]


Sternbild Große Bärin (Ursa Major, UMa)
M81 + M82 + M101
---------------------------------------

M81 + M82
---------
Auch die Große Bärin besuche ich ohne Stativbenutzung, weil
sie hoch über meinem Kopf steht. Genauer gesagt steht der
mich interessierende Teil des Sternbildes hoch über meinem
Kopf: Das schöne, bekannte und relativ lichtstarke Galaxien-
paar M81/M82 ist in der relativ sternarmen Gegend problemlos
zu sehen. Mit 7m0 Helligkeit bei 18' Durchmesser in der
Längsachse macht M81 keine Schwierigkeiten. Auch die kleinere
Nachbarin M82, die wir von ihrer Kante her sehen, ist ohne
jeden Zweifel gut zu erkennen. Sogar ihre schmale, durch die
Kantenlage bedingte Form ist mit ihrem Maß von 10' gut zu
erkennen.

M101
----
Über den ersten beiden Deichselsternen des Asterismus
"Großer Wagen" steht als Spitze eines gleichseitigen Dreiecks
die Spiralgalaxie M101. Sie ist mit 28.5' fast so groß wie
der volle Mond, hat allerdings eine visuelle Helligkeit von
nur 8m0, was bei dieser großen Fläche nicht gerade üppig ist.
Mit dem 20x60 Fernglas auf Stativ sehe ich den großen Nebel
deutlich und ausgedehnt, allerdings ohne auch nur den Ansatz
von Spiralarmen erkennen zu können. Allenfalls ist die hellere
Kernzone deutlich oval verzogen und nicht Kreisrund, wie man
es bei einer Draufsicht auf eine Spiralgalaxie erwarten kann.


Sternbild Jagdhunde (Canes Venatici, CVn)
M51 + M63 + M94 + M106
-----------------------------------------

M51
---
Die berühmte Whirlpoolgalaxie peile ich immer über den ersten
Deichselstern des Großen Wagens an und natürlich möchte ich
wissen, ob ich sie mit dem Fernglas sehen kann. Ich sehe sie!
Ziemlich problemlos, zumindest mit recht gutem Kontrast kann
ich die Scheibenform erkennen. Ihre Begleitering NGC5195 ist
allerdings vollständig unsichtbar. Möglicherweise wäre sie
einige Stunden später sichtbar, wenn dieser Teil des Himmels
zum Meridian empor gestiegen ist.

M94
---
Die Jagdhunde stehen nun über dem Horizont, links vom Fricken,
der die Sicht bis in den Nordosten verwehrt. Ähnlich wie M101
über den ersten beiden Deichselsternen des Großen Wagens
steht, befindet sich M94 über Alpha und Beta CVn, nur dass
sie die Spitze eines flacheren Dreiecks bildet, also dichter
an der Achse Alpha nach Beta CVn steht.

M94 ist mit 8m5 recht gut zu sehen, obwohl sie noch tief am
Himmel steht. Ihre Ausdehnung ist mit 8' allerdings nicht so
groß, dass das schwache Licht über eine noch größere Fläche
verteilt würde.

M63
---
Knapp ein Drittel der Strecke von Cor Caroli (Alpha CVn) in
Richtung erstem Deichselstern des Großen Wagens entfernt
befindet sich eine kleine Sterngruppe aus vier Mitgliedern,
deren hellere beiden Sterne um 4m5 hell sind und somit auch
mit dem freien Auge erkannt werden können. In dieser Nacht
kann ich auch die beiden 5m7 hellen Begleiter gut erkennen.

Nur wenig oberhalb dieser - im Fernglas völlig markanten und
hellen Gruppe - befindet sich die Spiralgalaxie M63, die ein
wenig lichtschwächer ist als M51 oder M94, nämlich 9m0 und
mit ihrer Größe von 6' genau zwischen der größeren M51 und
der kleineren M94 liegt. Eine blasse ovale Aufhellung ist
alles, was ich von dieser Galaxie sehen kann.


Sternbild Haar der Berenike (Coma Berenices, Com)
Coma Sternhaufen + M53
-------------------------------------------------
Nachdem der Löwe inzwischen ein Stück höher hinauf gestiegen
ist, wird hinter ihm das kleine Sternbild "Haar der Berenike"
sichtbar. Unterhalb folgt bereits die Jungfrau ... und ich
weiß, dass hier der ergiebigste Brocken einer Messiernacht
lauert: Der Virgo-Galaxienhaufen.

Nein, den werde ich mir heute noch nicht antun. Es ist spät
und kalt und meine warmen Augen lassen die Fernglasokulare
immer wieder beschlagen, sodass ich zwischendurch auch einmal
zum Fönen hinein gehe.

Ich gönne mir nur einen Übersichtsblick in den Coma Sternhaufen,
der etliche Sterne fünfter Helligkeit besitzt. Dann kommt mir
noch ein Objekt in den Sinn: M53, einer der hier nicht gerade
üppig vertretenen Kugelsternhaufen.

M53
---
Ganz in der Nähe des 5m2 hellen Alpha Com ist dieser Kugel-
sternhaufen schnell gefunden. Da die Gegend dort auch arm an
helleren Sternen ist, finde ich den 7m6 hellen und wohl
relativ großen Kugelhaufen M53 schnell und problemlos. Von
einem dickeren Stern unterscheidet ihn nur sein etwas blasseres
Aussehen. Details erkenne ich natürlich nicht mit 20-facher
Vergrößerung. Er ist 8m0 hell und hat laut Karkoschka nur 7'
Durchmesser.

[Anm: XEphem meldet für M53 einen Durchmesser von
stolzen 14.4', was ja mehr als doppelt so groß
ist. Der Sky Atlas 2000.0 gibt 12' an, also auch
wesentlich größer als Karkoschka.]


Sternbild Jungfrau (Virgo, Vir)
M49 + M60
-------------------------------
Nein, nein ... nicht noch den Virgohaufen ... nur mal gucken,
ein schneller Blick!

Freihändig schwenke ich in Ruhe südlich des Coma Sternhaufens
durch die ziemlich sternarme Gegend und entdecke zwei gut
erkennbare Galaxien. Dort, in dieser mysteriösen, sternarmen
Gegend ... dort beginnt der Virgo Galaxienhaufen, das weiß
ich und darauf freue ich mich in ein bis zwei Monaten!

Was ich heute auf die Schnelle und im Vorbeiflug mitnehme,
sind M60 und M49. Erstere ist 9m0 hell und damit schon zu den
schwierigeren Objekten dieser Nacht zu zählen. Durch die sehr
sternarme Umgebung verrät sie sich aber aufgrund ihres Kontrasts
recht leicht. Sie hat einen größten Durchmesser von 7.6'.

Etwa auf gleicher Höher über dem Horizont, knapp 5 Grad weiter
rechts (westlich) befindet sich M49. Sie ist nur etwas größer
als M60 - der größte Durchmesser leigt bei 9' und ihre
Helligkeit beträgt 8m5.

Planeten
--------
Nur der Vollständigkeit halber und weil sein Aufgang überm
bewaldeten Wank im Fernglas wunderschön aussah, schaue ich
noch einmal zu Jupiter und seinen vier hellen Monden, die
jetzt blendend hell sind.

Bevor ich endgültig Schluss mache, geht der Blick noch
kurz zu Saturn hoch über meinem Kopf. Freihändig sehe ich
nicht viel. Nur soviel: Zwei kleine schwarze Löcher zittern
um den Planetenkörper - es werden die Zwischenräume zwischen
den Ringen und Saturn sein, die ich bei 20-facher Vergrößerung
gerade so erkennen kann.


Schluss
-------
Gegen 01:00 MEZ sind mein vereistes Stativ mit dem Fernglas
und die anderen Utensilien schnell wieder ins Haus gebracht.
Die Stiefel und die Daunenklamotten lasse ich beim Terrassen-
eingang liegen. Weil ich den Schlafanzug schon vor Stunden
angezogen hatte, kann ich nun ebenso schnell wie still unter
die Bettdecke kriechen und sofort in Tiefschlaf versinken.

Was ich all denen gerne sagen möchte, die seit Wochen keinen
Sternenhimmel mehr gesehen haben:

Sie sind noch alle da!

Viele Grüße aus den Alpen,
Frank
--
My Home: 47°31'29" N / 11°06'51" E

Frank Feger

unread,
Jan 18, 2004, 8:04:44 PM1/18/04
to
On Sat, 17 Jan 2004, Frank Stefani wrote:

>Was ich all denen gerne sagen möchte, die seit Wochen keinen
>Sternenhimmel mehr gesehen haben:
>
>Sie sind noch alle da!

Und ich hatte schon befürchtet, der Stern von Bethlehem hätte seine
Kumpels alle mitgenommen und Petrus müßte das kaschieren ... *g*

Netter Bericht, btw.


Grüße,

F^2

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