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Karkoschka E14 (Beobachtungsbericht 15.03.2004)

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Frank Stefani

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Mar 18, 2004, 12:04:03 PM3/18/04
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Karkoschka E14 (Beobachtungsbericht 15.03.2004)
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Datum/Zeit: 15.03.2004, 21:00 bis 00:30 MEZ
Optiken: Augen (immer dabei), 250 mm Dobson
Okulare 1.25" Durchmesser: 32 / 15 / 7.5 / 5.2 mm / 3.5 mm
Vergrößerungen dazu etwa: 40 / 80 / 160 / 240 / 360-fach

Hinweise:
* Alle Beobachtungen/Beschreibungen beziehen sich auf meine
Wahrnehmung und müssen nicht der Realität entsprechen.
* Richtungen im Gesichtsfeld (GF) anhand Uhren-Zifferblatt.
* Anmerkungen in eckigen Klammern kommentieren oder
korrigieren den Beobachtungseindruck nachträglich.
* Ich verwende manchmal ASCII-Grafik, bitte Zeichensatz mit
fester Breite (Courier) verwenden! Folgende beiden Zeilen
dienen als Test und müssen gleich breit erscheinen!
!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
MMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMM
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Frühlingszeit - Galaxienzeit! Rein statistisch stimmt das
für Amateurbeobachter sicherlich, denn zu dieser Zeit steigen
auf und kulminieren die reichen Galaxienhaufen zwischen Löwe,
Berenikes Haar und der Jungfrau.

Ein wunderschöner Tag geht zuende, das Blau des Himmels ist
von geradezu herbstlicher Güte. Ich kann unmöglich drinnen
bleiben, aber bis ich endlich raus komme, ist es nach 21 Uhr.

Jupiter
-------
Jupiter bietet einen doppelten Mondtransit, Europa zieht ab
etwa 21:30 Uhr vorbei. Bald darauf folgt Io und so zeigen sich
in den nächsten Stunden gleich zwei schöne Schatten auf Jupi's
Oberfläche. Gegen Ende meiner Nachtsession sollte ich die besten
Bedingungen aller meiner bisherigen Beobachtungen an Jupiter
haben: Richtig runde, kleine Monde, richtige scharfe Schatten
und richtige Wolkenwirbel in den Bändern.

Die Hauptsache des Abends ist aber meine Absicht, mich wieder
einmal durch den Virgo-Galaxienhaufen zu arbeiten. Bald ist die
Messiernacht angesetzt und es kann nicht schaden, diesen "großen
Brocken" schon mal anzutesten. Als Arbeitsgrundlage dient mir der
Karkoschka und dort vor allem die Karte E14, die besagte Gegend
abdeckt.

Aufwärmen beim Löwen
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Bevor ich mich ins Gewühle stürze, teste ich den Himmel am
Leo-Triplet (Galaxiendreieck im Sternbild Löwe), bestehend aus
M65, M66 und NGC3628 - einer meiner Lieblingsgalaxien. Sie ploppen
ohne Mühe ins Gesichtsfeld (GF), nachdem ich von Theta Leonis aus
ein wenig nach Süden (unten) geschwenkt habe.

Weil ich schon mal dort bin, nehme ich noch die schöne Dreiergruppe
NGC3608, NGC3607 und NGC3605 mit, die zwischen Delta und Theta
Leo zu finden sind. Vor allem letztgenannte ist durchaus keine
leichte Beute: Mit nur 12m8 bei 1.5' (Bogensekunden) maximaler
Ausdehnung braucht sie ein gutes Maß an Vergrößerung, um überhaupt
wahrgenommen zu werden.

Virgo Galaxienhaufen
--------------------
Nun geht's in den Virgo-Haufen. Ich beginne mit M60 und M59, die
bei 40x problemlos gemeinsam ins GF passen. Anschließend folge
ich sehr konzentriert per Sternhüpferei (star hopping) über M58,
M89 zu M90. Von M90 zu M91 wird es geringfügig mühsamer, weil
gute Orientierungssterne jeweils außerhalb des GF liegen und ich
somit den sicheren Hafen der gerade noch sichtbaren schon bekannten
Galaxie verlassen muss.

Naja, dramatisch ist es nun auch wieder nicht und so gelange ich
auch noch zu M88, die den Anfang (oder das Ende) von "Markarian's
Galaxienkette" markiert, die bis zu M86 reicht. Diese Kette enthält
allerdings keine Messier-Objekte und da ich mich heute mal auf
die Orientierung der "Messiers" konzentrieren will, fahre ich
von M88 über M91 und M90 wieder zurück, bis ich M89 erreiche.

Hier nun heißt es aufpassen: Der Sprung zu M87 ist weit und M87
ist beileibe nicht das einzige Schimmerfleckchen, dass mir unter
die Augen kommt. Bin direkt froh, dass ich nicht noch ein licht-
stärkeres Gerät im Einsatz habe ... wobei ... Galaxienbaden muss
auch ganz schön sein :-)

Nach M87 folgt M84, gleich in der Nähe Richtung 9 Uhr im GF.
Dann hole ich wieder Schwung und springe in großen Sätzen zu M99,
die etwas einsam in einer spärlichen aber hellen Sterngruppe liegt.

Es folgt ein weiterer Linksschwenk zu M98, dem westlichsten
Messier-Objekt dieser Gruppe. Wieder zurück zu M99, folgt
anschließend die leichte Reise - obwohl relativ weit - zu M100.
Konzentration ist alles: Der Knackpunkt ist, dass die im Karkoschka
gezeigten Einzelsterne gerne mit vielen anderen, nicht eingezeichneten
Sternen, vermischt sind. Aber es klappt dann doch ganz gut und
so meistere ich auch noch den sehr weiten Sprung zu M85, die
ich weit nördlich finde.

Natürlich reise ich auch schön brav wieder auf der gefundenen
Strecke zurück und hoffe, dass das ein oder andere Bild haften
bleibt, sollte ich am Wochenende bei der Messiernacht antreten.

Wenn schon, denn schon ...
--------------------------
... denke ich mir, als ich die Wanderung auf der Karkoschka-
Skizze nachvollziehe: "Ich werd' die anderen Objekte auch noch
ansteuern!"

M49, eine reichlich helle Spiralgalaxie, ist schnell gefunden,
indem ich von Delta Vir kommend gut ein Drittel der Strecke
in Richtung Beta Leo verfolge. Im GF ist die Galaxie dann bei
kleiner Vergrößerung sicher zu sehen. M49 gehört wohl auch
zum Virgo-Galaxienhaufen, liegt aber deutlich abseits der von
uns aus sichtbaren dichten Gruppe, die ich zuvor besucht habe.

Was mich stärker interessiert, als diese eher detailarme
Galaxie, ist die nicht weit von hier gelegene Galaxie NGC4526.
Mit M49 in der Mitte des GF's verlasse ich dieses in Richtung
1 Uhr, bis kurz darauf ein 6m0 heller Einzelstern sichtbar
wird, der mit zwei weiteren, nur geringfügig lichtärmeren
Sternen eine Gerade bildet. Zwischen diesen beiden schwächeren
Sternen steht wunderschön eingebettet NGC4526:


.
~ *
* ~~ --- NGC 4526
° ~
*


o
.
.
.
~~ .
~%%~
~~


Legende
-------
~ nebliger Fleck, Halo
% Helligkeitszentrum einer Galaxie
* Stern ca. 6m0 - 6m9
o Stern ca. 7m0 - 7m9
° Stern ca. 8m0 - 8m9
. Stern <= 9m0


Ich muss sagen, dass ich hier vor allem die Ästhetik loben
muss - es sieht einfach schön aus, wie sie da zwischen den
beiden Sternen steht und mich an strahlt :-)

Naja, das mit dem Strahlen ist nicht ganz so üppig, denn
NGC4526 bringt es nur auf 10m0 (Magnituden), die aber recht
gleichmäßig von der 4' großen Galaxie ausgehen.

M61
---
M61 heißt mein nächstes Ziel. Sie liegt so viel weiter süd-
westlich von M49, wie M49 von M58. Oder anders gesagt: M49
liegt ziemlich genau in der Mitte von M58 und M61. Auch M61
gehört noch zu dem großen Gebiet des Virgo-Haufens. Es ist
interessant, sich in Messiers Zeit zurück zu versetzen und
sich diese Entdeckungsorgie vorzustellen: Nicht weniger als
16 Objekte wurden hier katalogisiert!

Ich vergrößere hoch, um dieses 10m0 helle Spiralrad, das
wir in Draufsicht sehen, besser erkennen zu können. Tatsäch-
lich wird die Scheibe immer besser sichtbar und ich kann
im Ansatz Spiralarme erkennen. Ein schönes Bild!

Nochmal kurz ins Getümmel
-------------------------
Der Ehrgeiz siegt und ich schwenke nochmal zurück zum
Virgo-Haufen, denn es fehlen mir noch zwei Objekte von der
Seite E14 im Karkoschka-Atlas: NGC4762 und NGC4216.

Erstere ist nach einigen Ansätzen doch noch schnell gefunden,
indem ich zunächst wieder über Epsilon Vir zu M60 peile,
dann durch den Telrad-Finder schaue und die Hälfte dieser
Strecke wieder zurück schwenke.

Man kann diese Galaxie doch relativ leicht übersehen, denn
zum einen ist sie mit 10m5 nicht gerade hell und zum anderen
sehen wir sie nur als sehr schmalen, schimmernden Strich,
denn sie zeigt sich uns von ihrer Kante. Hohe Vergrößerung
bringt viel, da durch Abdunkelung des Hintergrundes der
Kontrast besser wird und die Kantenlage gut zu erkennen ist.

Gleich in der südöstlichen Nachbarschaft erkenne ich noch
einen schwachen Schimmer: Es handelt sich um NGC4754, die
mit nur noch 11m2 deutlich lichtschwächer ist. Direkt davor
liegt allerdings ein 6m2 Stern, sodass man sich auf die
Wahrnehmung des relativ großen Halos konzentrieren muss. Das
ist aber diesmal kein Problem.

Anschließend "jogge" ich nochmal schnell zu M60 und gleich
weiter über M59, M58, M89, M87, M86 und M84 zu M99, von wo
aus ich meine Suche nach NGC4216 starte. Mit dem Anpeilen
und Verlängern von Geraden, die ich mir zwischen jeweils
zwei Sternen denke, ist sie schnell gefunden.

Schwach, aber sehr prägnant modelliert, steht diese wunder-
schöne schlanke Nadel vor meinen Augen. Bei 10m5 integrierter
und nur 13m0 Flächenhelligkeit braucht es schon recht gute
Bedingungen, um sie mit 250 mm Spiegeldurchmesser zu sehen.
Das trifft allerdings für diese Nacht zu und so komme ich
in den Genuss des absichtslosen Schauens und Staunens.

Mit diesem schönen Schlußstrich - eigentlich sogar im Wortsinn -
beende ich die ebenso spannende wie anstrengende Reise in den
Virgohaufen und freue mich auf kleine Häppchen für Genießer.

Erstmal in den Whirlpool
------------------------
Nach getaner Arbeit ist Auflockern angesagt: Die Whirlpool-Galaxie
M51 in den Jagdhunden bietet sich an. Über den ersten Deichselstern
des Großen Wagens ist sie ruckzuck gefunden und bietet mir heute
eine Pracht, wie ich sie noch nie erlebt habe!

Bei 40x bereits schemenhafte Spiralarmansätze an M51, flächig und
sehr gut zu sehen und auch die Nachbarin NGC5195 ist hell und
glockenklar vorhanden. Bei 80x und 160x ist es geradezu phänomenal,
denn ich erkenne sogar Sternverdichtungen, Knoten in den Spiral-
armen. Auch die Materiebrücke zu NGC5195 steht deutlich vor meinen
Augen. Ich vergrößere weiter, aber es bringt keinen Gewinn mehr,
da das Gesamtbild zu groß und hell wird.

Seltener Anblick
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Seit längerem finde ich auch M109 wieder einfach, die 10m0 Spirale
direkt neben Gamma UMa. Zwar erkenne ich keine Strukturen, aber
wenn ich bedenke, dass ich sie in den letzten Wochen mehrmals nicht
auffinden konnte, erstaunt ihre Präsenz umso mehr. Mit dem 8" Dobson
hatte ich sie im Winter 2002/2003 mehrmals gut gesehen ...

Bärin-Quartett
--------------
Was natürlich nie beim Gourmet-Spechteln fehlen darf, ist das ebenso
bekannte wie beliebte Galaxienpaar M81 und M82. Klarer Fall, dass
sie absolut prominent und beinahe strahlend hell ins GF springen.
M81, die wir von der Seite her, also in Kantenlage, sehen, haut mich
aber beinahe vom Hocker: Jede Menge Details, Knoten, Staubwolken
und -bänder kann ich erkennen. Abgesehen von der nicht sichtbaren
Farbe, habe ich mehr vor Augen als ich in dem kürzlich auf La Palma
von mir gemachten Foto (http://www.fotocommunity.de/pc/pc/display/1137951)
von M82 erkennen kann. Es ist einfach unglaublich! Es ist der
helle (sic!) Wahnsinn!!

Ich weiß ja, dass die beiden bekannten Galaxien nicht alleine dort
oben sind, sondern noch zwei weitere schöne Exemplare in ihrer
Nähe beobachtet werden können: NGC3077 und NGC2976. Sie sind 10m0
und 10m5 hell bei allerdings vergleichsweise bescheidenen drei und
vier Bogenminuten (3' und 4') Maximalausdehnung. Hier eine Skizze:


NGC 2976 M 81 M 82 NGC 3077

| | | |

~*
~ %~
°
° °



°
. ~
~%~
~%%~
~%~
~~



.


~%%~

Legende
-------
~ nebliger Fleck, Halo
% Helligkeitszentrum einer Galaxie
* Stern ca. 5m0 - 5m9
o Stern ca. 6m0 - 6m9
° Stern ca. 7m0 - 7m9
. Stern ca. 8m0 - 8m9


[Anm: Okay, das war viel Aufwand für eine kleine Skizze ...]


Besuch bei der Giraffe
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Ein stilles Dasein im Schatten von M81/M82 scheint eine schöne
Galaxie in der Giraffe (Camelopardalis, Cam) zu führen: NGC2403.
Von UMa 23 peile ich über Tau und Pi UMa an einen Punkt, der
gut das Doppelte der Strecke entfernt liegt. Mit 40x wird sie
nach leichtem Verschieben des GF sofort sichtbar.

NGC2403 ist eine vergleichsweise helle Galaxie: Die integrierte
Helligkeit beträgt immerhin 8m5, die sich allerdings auf eine
größte Ausdehnung von 12' verteilen. Schließlich bleiben nur noch
13m0 in der Flächenhelligkeit übrig, sodass NGC2403 nicht die
aller leichteste Beute ist.

Das Sternbild Giraffe ist mir erst vor wenigen Monaten neu
ins Bewußtsein gerückt, weil ich dort so schöne Dinge wie
"Kemble's Kaskade", den kleinen offenen Sternhaufen NGC1502
und den ebenfalls kleinen planetarischen Nebel NGC1501 für
mich entdeckt habe. Die Gegend dort ist nicht so sternreich.
Das erschwert zwar die Orientierung, dafür heben sich die
genannten Kleinode sehr schön vom Himmelshintergrund ab.

Schluss - Aus - Ende
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Eine besonders gute Beobachtungsnacht neigt sich zum Ende. Beim
Einräumen wird mir bewusst, dass es keinen nennenswerten
Tauniederschlag oder gar Vereisung gegeben hat. Müsste ich
nicht am Morgen zur Arbeit, ich wollte noch länger schauen!

Viele Grüße aus den Alpen,
Frank
--
My Home: 47°31'29" N / 11°06'51" E

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